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No. 37. Berlin, den 12. September 1901. XVI. Jahrgang. Eigenthum des Verbandes der Handelsgärtner Deutschlands, Organ des Gartenbau-Verbandes für das Königreich Sachsen, herausgegeben unter Mitwirkung der hervorragendsten Fachmänner des In- und Auslandes. Das „Handelsblatt für den deutschen Gartenbau etc.“ erscheint am Donnerstag jeder Woche. Abonnementspreis für Nicht-Verbandsmitglieder in Deutschland u. Oesterreich-Ungarn pr. Jahrgang SM. 50 Pf., für das übrige Ausland IO M., für Verbandsmitglieder kostenlos. Verantwortlicher Redakteur: F. Jobs. Beckmann in Steglitz-Berlin. Verlag: Verband der Handelsgärtner Deutschiands, eingetragen auf Seite 179, Band IV, des Genossenschaftsregisters des Königl. Amtsgerichts zu Leipzig Ausführliches Protokoll der 18. Hauptversammlung des Verbandes der Handelsgärtner Deutschlands. Zweiter Verhandlungstag. Nachmittagssitzung. (Schluss.) Vorsitzender: Die Sitzung ist eröffnet. Wir beginnen mit Antrag 23 der Verbandsgruppe Elsterthai. S. R o 1 d h - Köstritz: Als wir, die Gruppe Elsterthal, in Leipzig den Antrag einbrachten, fand er nicht die Dringlichkeitszustimmung, und wir haben auf Grund dessen den Antrag, der allgemeinen Beifall fand, in diesem Jahre wieder eingebracht. Wir wissen alle, welch grosse Bedeutung die Sache hat; wir sind alle mehr oder weniger durch diesen Handel, der von den Hofgärtnereien be trieben wird, sehr geschädigt, und es ist absolut nothwendig, dass wir versuchen, uns vor diesem Handel zu schützen. Wenn es auch, anscheinend einen Vortheil hat, dass manche Blumengeschäfte von solchen Firmen billig etwas beziehen können, so ist es doch durch aus nöthig, dass wir Schritte dagegen thun und uns dagegen wehren. Wir haben ja ausserdem gesehen, dass wir auch Erfolg gehabt haben, da in Folge unseres Vorgehens in der Hofgärtnerei in Gera der Handel vollständig eingestellt worden ist. Die Herren sehen eben ein, dass wir ganz in unserem Rechte sind. Wenigstens der Privathandel hat aufgel.ört, so dass nur an Handelsgärtner verkauft werden darf. Ich möchte die Herren bitten, den Antrag in jeder Weise zu unterstützen, dass die Petition nicht allein an Verbandsmitglieder geht, sondern an sämmtliche Handelsgärtner Deutschlands, und wenn diese den hohen Herren die Sache vorstellen, dann werden dieselben jedenfalls einsehen, dass wir vollständig in unserem Rechte sind. Ich möchte aber davor warnen, etwa die Portofreiheit, welche die Herren geniessen, anzutühren; das ist durchaus nicht unsere Aufgabe, aber wenn wir an den hohen Sinn der Herren apelliren, werden wir weit besser zurecht kommen, als durch andere kleine Mittel, die nicht von Belang sind, G. Fr i eke-Weissenfels : Meine Herren, ich möchte beantragen, die Petition noch dahin zu erweitern; dass die Staatsbeamten mit einbezogen werden ; wir haben gerade von deren Konkurrenz schwer zu leiden. Ich kann Ihnen' eine Reihe von Fällen vorführen, wo z. B. die Volksschullehrer Baumschulen eröffnet haben. Einer sagt nicht mehr: ich bin Lehrer, er sagt: ich bin Pomologe. Er genirt sich durchaus gar nicht, im Frühjahr und Herbst öffentlich bekannt zu: machen, dass er billiger liefern kann als andere, und wenn man berücksichtigt, dass diese Leute im Volksleben eine bevorzugtere I Vertrauensstellung einnehmen, so liegt die doppelte Gefahr vor, dass der Konsument sich zu ihnen binzieht. Es sind die Volks schullehrer so gestellt durch das Volksschulgesetz, dass sie derartigen Handel nicht zu betreiben brauchen, und verschiedene Departements des Staates haben ihren Beamten solchen Handel I verboten; z. B. den Betriebssekretären ist es verboten, Neben geschäfte direkt oder indirekt zu betreiben. Ich glaube, dass wir gerade bei dieser Gelegenheit den Lehrern das Handwerk legen könnten. Ich bin überzeugt, dass fast allgemein die Lehrer die jenigen sind, die uns schädigen. Sie geben vor, sie wollen dem Obstbau aufhelfen, und wollen doch ihr Geschäft dabei machen; dem kleinen Handelsgärtner machen sie grosse Konkurrenz, denn sie kaufen nie am Platze, wenn sie die Geschäfte vermitteln, sie lassen sich nicht in die Karten sehen. Ich weiss Lehrer, die-lassen sich den Samen, der bei ihnen bestellt wird, weit herkommen; würden sie ihn am Platze kaufen, so würde vielleicht ihr Verdienst daran bekannt werden, und die Leute würden sagen : den Samen können wir uns selber holen. So entgeht den Platzgeschäften ein grosser Verdienst. Wenn man berücksichtigt, das die Volksschul lehrer gerade in den letzten Jahren von der Regierung so gestellt worden sind in ihrem Broterwerb, dass wir grosse Kosten für sie zu tragen haben, dann mögen sie sich damit begnügen und nicht noch andere Sachen treiben. Vorsitzender: Ich muss zunächst Herrn Fricke darauf aufmerksam machen, dass das, was er ausgeführt hat, ein ganz anderes Thema ist, als was der Antrag besagt. Der beschäftigt sich mit den Hofgärtnereien, während Herr Fricke von den Lehrern sprach. Es hebt das eine das andere nicht auf, wir können nach beiden Richtungen etwas thun. Ich bitte daher, die Sachen nicht mit einander zu verquicken. Wir wollen uns erst über den Antrag unterhalten, und dann will ich noch einmal abstimmen lassen, ob Sie auch gegen die Lehrer vorgehen wollen. Die Petitionen müssten doch getrennt bleiben. W: K 1 i e m - Gotha : Ich habe es mit Freuden begrüsst, als dieser Antrag mir zu Gesicht kam. Wir haben in unserer Gruppe verschiedentlich an derselben Sache gearbeitet, weil sich besonders in den kleineren Fürstenthümern die Konkurrenz sehr bemerkbar macht. Kurz vor dem Ableben des Herzogs E r n s t II. haben wir eine Petition eingereicht und haben eine Antwort erhalten, in der wir geradezu als Lügner hingestellt wurden, weil die Hofgärtner es anders ausgelegt, als wir es vorgestellt hatten. Wir petitio- nirten noch einmal und baten um die Bewilligung eines persön lichen Vortrages, das Resultat war, dass dann der Verkauf in den Hofgärtnereien eingestellt wurde, besonders das Betreiben der