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2 Die Gartenbauwirtschaft Nr. 100. 14.12. 1S26 Für Ken bodenbewirtschaftenden Gartenbau ist die neue Rechtslage — Gewerbe» steuersreiheit — völlig klar. Richt ganz so einsach lieg«« die Dinge aber bei den Neben- betrieb«-«, gewerblicher Arti Da» Gesetz bestimmt zwar, daß diese Nebenbetriebe genwrbesteuervilichtig sein sollen. Es unterläßt es jedoch, zu erklären, was es unter Reben» betrieben gewerblicher Art verstanden staben Mill. Die Ansfüstrnngsverordnung gibt auch leine Auskunft. Wir finden nur Anhaltspunkte in der Begründung zur Gesetzes- Vorlage und in dem soeben erschienenen K o m incntar , sterausgegeben von Ober- regierungsrat Dr. Schwede'). Da der Ver fasser der Gcmerbestenerrcserent im Finanz ministerium ist, verdienen seine Erläuterungen besondere Beachtung. In der Begründung heißt cS zunächst im allgemeinen Teil (S. 13): „Die Steuerfreiheit des Gartenbaues erstreikt sich künftig auch auf die sogenannte Kunst- und H a n d e! s g ä r t n e r e i (z. B. Baumschulen"), soweit diese die eigene Gewinnung gärtnerischer Er zeugnisse und den Absatz der sei bst ge wonnenen Erzeugnisse in rohem Zu stand oder nach einer Verarbeitung zum Gegenstände bat, die im Bereiche des Gartenbaues liegt. Steuerpflichtig bleibt dagegen nach wie vor der Handel mit fremden fertigen Erzeugnissen des Gartenbaues, wie er z. B. bei reinen Bilanzen- und Samenhandlungen vorliegt. Betriebe, die zum Teil eigene, zum Teil aus fremden Betrieben erworbene fertige Gartenbauerzeugnisse veräußern, unterliegen hinsichtlich des Ertrags aus dem Absätze der eigenen Erzeugnisse nicht der Gewerbesteuer: sie sind aber steuer pflichtig mit dem Ertrag aus dem Handel mit den fremden Erzeugnissen. Ebenso ist das dem Vertriebe der fremden Erzeug nisse dienende Vermögen kein gärtnerisches Vermögen, sondern gewerbliches Betriebs vermögen, und zwar auch im Sinne des Rcichsbcwertungsgesetzcs." Au? dec Begründung zum Z 4 sei folgendes wiedergegcben (S. 17): „Als Nebcnbetriebe gewerblicher Art werden im Bereiche der Landwirt schaft auzusvrechen sein: Zuckerfabriken, Stärke-, Konserven-, Krautfabriken, Bren nereien, dagegen regelmäßig nicht die mit der Landwirtschaft in Zusammenhang flehende Ausübung der Jagd und Fischerei. Im Bereiche des Gartenbaues ge hören hierher die Ausführung von Deko- rationsarbciten, namentlich die Pflege und Instandhaltung von Gärten, sowie die Herstellung von Bindereien in größerem Umfang und in einer Form, bei der die , ') Sächsi sch es Gewe r beste u er ge - se tz vom 30. Juli 1926 nebst Ausführungsver-. ordnung vom 31. Juli 1926. Erläutert von Dr. Hans Schwede, Oberregierungsrat im Sächsischen Finanzministerium. Leipzig 1926. Die in Klammern stehenden Wörter z. B. „Baumschulen" läßt Schwede in seinem Kommentar (s. 80) weg. Baum schulen als Vertreter der sogenannten Kunst» und Handelsgärtnerei find kein gerade glück lich gewähltes Beispiel. Binderei eine besondere Verarbeitung der gärtnerischen Erzeugnisse zu einer feineren und wertvolleren Handelsware darstellt. Auch die Unterhaltung selbständiger V e r kau s f s I ä de n (Blumen- und Bin- dereigeschäste) außerhalb des eigentlichen Gartenbaubetriebes wird als ein Ncbeu- betrieb gewerblicher Art zu gelten haben." (Fortsetzung folgt.) rtichtdeciilWtiWng höherer Aufwertung bel ErmWqnng her Haus- ziussteuer. Von Karl Stephan, Volkswirt R. D. B. in Halle a. d. S. Gegen die a b l e h n e n d e H a l t u n g des Preuß. Finanz m i » isters. 8 9 Abs. 5 der Hauszinösteucrverordnung sieht Minderung der Hauszinssteuer um die lausenden Geldverpflichtungen ans Rcstkans- gcldern u. ü. Forderungen bei höherer ass 25proz. Aufwertung dcrfelben „in v o l l c in Umfange" der betreffenden laufenden Geld verpflichtungen vor. Da in der Praxis vielfach freiwillige Ver einbarungen mit höheren Aufwertungsbeträgen, z. T. auch mit höheren als den Näch H 10 des Aufwertungsgesetzes gegebenen Zinssätzen, er folgt sind, so ist es natürlich, daß die. betr. Steuerpflichtigen die Herabsetzung der Haus» zinssteusr um die vollen, aus jenen Äuf- wcrtungsvercinbarungen sich ergebenden, laufen den Geldverpflichtungen beantragen. Um so erstaunter find sie aber, wenn die Kataster ämter cS ablehnen, eine höhere Geldverpslich- tung als sich nach 8 10 des Slufwertungs- gesetzcs ergeben würde, abzusetzen. Diese ab lehnende Haltung wird mit dein Ministerial erlass vom 26. 3. 1926 (Finanzministerialblatt S. 114) Ziffer 10 begründet, deü seinerzeit zu 8 7s, dem Vorgänger des jetzigen 8 9 der Hauszinssteuerverordnung, ergangen ist. Durch diese Ausführungsvorschrift wird die klare Bedeutung des gesetzlichen Wortlauts da- hin eingeschränkt, daß der Betrag der anzu» rechnenden Geldverpflichtungen auf die jeweili gen gesetzlichen Zinsen beschränkt wird. Soweit jemand freiwillig höhere Zinsen zahlt, sollen sie ausdrücklich außer Betracht bleiben. In einem kürzlich auf Beschwerden ergan» genen Bescheid rechtfertigt der Preuß. Fi nanz Minister diesen ablehnenden Stand punkt. Er sagt darin, daß die „Anrechnung von Zinsen, die sich aus der erhöhten Aus wertung persönlicher Forderungen gegenüber der Aufwertung der dinglichen Last ergeben, auf die im 8 10 des Aufwertungsgesetzes ge nannten Fälle beschränkt bleiben muß, denn ausweislich der Landtagsverhandlungen wollte der Gesetzgeber nur diese Fälle durch die Bor schrist in, 8 7s Abs. 5 (jetzt 8 9 Äbs. 5) des Hanszinssteuergesetzes berücksichtigt wissen." Dieser Ansicht dürste sich aber wohl der Landtag kaum anschlicßen. Bei der am 28. Ok tober d. I. vom Hquptanschuß des Preuß. Landtags beschlossenen Ueberprüfung der zur Hauszinssteuerverordnung ergangenen Aussüh- ruvgsbestimmungen wird auch eine Nach» Prüfung dieser ablehnenden Haltung des Mini sters erfolgen. Wir find der Ansicht, daß eine ausreichende Sicherung gegen Steuerhinter ziehungen darin liegt, daß grundbuchliche Ein tragung der höhere» Auswertung und Nachweis der tatsächlichen Zahlung gefordert wird. Der Holländer und wir. Lon E. Dageförde tn Berlin. Eindrücke und Beobachtung!» auf einer Herbstreisc in Holland. Halt, lieber Kollege! Lies nicht bloß die Ileberschcist, wie du es leider häufig zu tun pflegst, sondern lies einmal diesen Bericht. Denke nicht, daß du von Holland und seinen Kulturen schon so viel gehört und gelesen hast und seinen Vorbildern ja doch nicht nachahmen kannst! Diese Resignation ist vom Uebel und bringt »ns nicht voran. Ich bin Ende November nach Holland gc- kahrcn, also zu einer Zeit, in der man sonst keine „Studienreisen" macht. Ich bildete mir aber ein, das richtige zu treffen. Die Winter kampagne beainnt, und ich wollte sehe», was wir so ung.fähr von ihr zu erwarten lmben. Die vier Gärtnerzentrcn Hollands sind tief- gelegenes ehemaliges Weideland, teils verlandete oder ausgepumte Seen, auf Verein Grunde sich der „Schlick" ablagerte, der heute die sö fabelhaft fruchtbare Ackerkrume, den Polder, bildet, wie im AalSmoer bei Boskoop, und teils im Haar lemermeer oder sandigtorfige Wiesen wie im Westerland und in der Nähe der Stadt Haarlem. Im fetten Polderboden werden hauptsächlich Baumschnlartifel »»h Stauden herangezoge», so in Baskoop und Aalsmcer, an letzterem Orte bekanntlich in der Hauptsache Flieder und Rosen. Im Westerland herrscht das Gemüse und in Haarlem sieht man nichts als Blumen- zwiebelbeete. Unendliche Flächen harren noch der Umwandlung in gärtnerisches Kulturland, und wenn erst der Zuidersee trockengelegt ist — in 20 Jahren soll das Werk vollbracht sein — dann wird halb Holland «ine einzige große Gärtnerei sein. Was dann dem deutschen Gärtner blüht, brauche ich hier wohl nicht erst auszumalen. Rastlos ist der holländische Gärtner am Werk, überall wird Weideland in Kulturland verwandelt,, überall wird gebaut, Glashaus an Glashaus, Aalsmecr und das Westerland wird bald eine einzige große Glasfläche sein, so wie Boskoop eine große Baumschule und Haarlem das Weltmagazin sür Blumen zwiebeln ist. Hier möchte ich gleich einmal eine» weit verbreiteten und allgemein geglaubten Irrtum richtigstellcn. Es ist uns immer gesagt worden, daß der holländische Gärtner die weit gehendste finanzielle Stützung bei seiner Re gierung finde. Märchen! Er hat sich genau wie wir aus eigener Kraft hochzuringen. Der Kredit ist zwar leichter bei Banke» und Priva ten zu beschaffen, der Zinssatz aber ziemlich der gleiche wie bei uns: gedeckt ste,», ungedeckt 7,8°l>. Hypotheken Sh'» »nd 5Ve»ö. Dem holländischen Gärtner stehen allerdings Vorteile zur Seite, die groß sind und die für uns nur in seltenen Fällen zu nutzen sind: Dec. vorzügliche Boden, die günstigen Wasjerverhältnijse und das milde Seeklima. Aber ich behaupte mit voller Ueberzeugung, daß diese drei Faktoren unsere Konlurrcnzmög Ichkeit nicht ausschlieken. Wir können bessere Nelken und Rosen ziehen wie die Holländer, nur eine Rosengärtnerei ist u»S wirklich über, und die steht aus dem allermiserabelste» Sänd.boden, den ich je in Kultur sah. llnfex Flieder ist gleichwertig, die Chrysanthemum ebenfalls. Auch Frühgemüse bringen wir rechtzeitig und qualitativ so gut heran, wenn wir es richtig machen. (Ich komme auf diese Kulturen noch im einzelnen an anderer Stelle zurück.) WaS wir aber nicht können, wenigsten» bisher nicht fertiggebracht haben und waS dem holländischen Gärtner den überragende» Vor teil über uns sichert, ist seine Speziali sierung jn Kulturgebiete und sein ge nossenschaftlich es Zusammen arbei ten. Das können wir in den Ausmaßen nicht nachmachcn. Ganz abgesehen davon, daß uns vielleicht gar nicht solche ausgedehnte passende Kulturgeschichte zur Verfügung steht, würden wir niemals die Leute zusammen- dekommen, die das Werk s o in zielbewußter Zusammenarbeit anpacken und durchführen könnten. Ich wenigstens vermag nach alledem, was man in den letzten Jahren in Vieser Hinsicht erlebt hat, nicht mehr daran zu glauben. Ausnahmen bestätigen die Regel. Eine solche Ausnahme sind die Schiersteiner Gemüse- gärtncr, die in festem Zusammenhalt e? fertig gebracht haben, die holländische Konkurrenz aus de» Miitelrheinstädten hinauszudrängen; auch auf sie komme ich noch an anderer Stelle zurück. Wo aber werden sich wieder einmal solche sprsche Jungens zur gemeinsamen Tat zusammensinden? Wird es erst der deutsche Bauer in die Hand nehmen müssen, so wie der holländische Weidebauer sich zum Gärtner um- gestelkt hat? Wird er, wie sein westlicher Nachbar, die Weisheit richtig erfassen, daß nur Einigkeit stark macht? ES mag wohl sein, daß ich mit diesen Betrachtungen auf starke» Widerspruch stoße; aber wenn man Holland gesehen hat und nun über Mittel und Wege »achsinnt, wie es den Leuten dort gleichgemacht werden könnte, muß man zu diesem Gedanken kommen, daß es nur mit de» Besitzern passenden Landes ge schehen kann. Oder Regierung und Kommunen müßten Land allerbilligst zur Verfügung stellen. Aus eigener Kraft können es di« Gärtner nickst beginnen. Die paar Blocks, die hier und dort jetzt mit Hilfe eines Regierungs kredites neu erstehen, bedeuten nur wenig sür ein 60 Milliomm-Land. Außerdem sind die Kredite viel zu kurzfristig gegeben. Die Versorgung Deutschlands mit gärt nerischen Erzeugnissen würde, wenn man die natürliche Entwicklung obwarten müßte, sich nur ganz langsam bessern, würde kaum mit der Vergrößerung der Einwohnerzahl Schritt halten. ES bedarf kräftigere» Antriebes und wirksamerer Hilfe, um besonders den Gemüsebau Deutschlands zu heben. Und dann bedarf es einer neuen Gärtnergcnerateon. Nur Leute, die keinen Konkurrenzneid kennen, die dis holländische Devise, daß nur durch Gemeinschaftsarbeit etwas geschaffen werden kann, begriffen haben, können das Werk voll bringen, wie es die Schiersteiner in vorbild licher Weise vollbracht habe». Man hört ja außerdem noch von Gorgast, von FinkeMvalde und von Wiutermoor. »ran hört, daß die Indu strie die Sache anfassen wolle und daß im Hannoverschen Landwirte sich zusammentun, um Frühgetnüsekulturen zu betreiben nach holländi schem Muster, also das zu tun beabsichtigen, was ich vorhin als gangbar bezeichnete. Aber was ist das alles, gemessen an den Vorbildern unseres westlichen Nachbarn? Minen der Weihnacht. Von Leo Schmidt in Münster. (Schluß.) Es war ei» unendlich lieblicher Anblick, de» alten Herrn »ritten in dem Jungdamenkranz zu schauen, wie er jetzt hier, jetzt dorthin ge zerrt, bald auf das Kin», dann ans die Nase, dann wieder aus die Brille geküßt wurde. . ." Von dieser Ausschmückung der Wände des Hauses bis zu dem Aufstelle» ganzer Zweige und Bäume ist dann nur noch ein Schritt. Nicht nur wir Deutsche» und unsere Vor fahren hege» eine besondere Zuneigung zu Baum und Wald; zu allen Zeiten und bei allen Völkern hat es heilige Bäume gegeben. Bäume sind Wohnsitze der Götter in allen Erdteilen, ein geheimnisvolles ZnsaiNmcnge- hörjgkeitsgefühl besitzt die gesamte Menschheit zu den wiiuderbaren, riesigen, kraftstrotzen den Bewohner» des Waldes. Unsere immer grünen Nadelhölzer zeigen uns am ausfällig sten die Fortdauer des Lebens durch die in Eis und Schnee zu Tode erstarrte Natur. So ift die Bedeutung des Weihnachtsbaumss als Symbol des ewigen Lebens, das uns die Ankunft des Heilandes bringt, ohne weiteres klar. Wann aber und wo ist der Wcihnachtsbanm zuerst in Deutschland entstanden? Die älteste ermittelte Nachricht stammt aus Straßburg i. E. aus dem Jahre 1604 und lautet: „Auf Weihnachten richtet inan Dannenbäumc zu Straßburg in den Stuben aufs, daran henket man Rosen aus vielfarbigem Papier geschnitten, Aepjel, Ablatte», Zischgold, Zucker u. s. f." Da ist unter heutiger Weihnachtsbaum allerdings noch otiuc Licht, in der Zeit des Knwspans und der Tranlampe eigentlich kein Wunder. Das Hinzukommen der Lichte, sobald es nur die Technik und der Wohlstand erlaubten, ist selbstverständlich. Ucberall da, wo auf Erden Freudenfeste gefeiert werden, hat die Flamme, das Licht, eine hervorragende Nolte gespielt. So ist es naheliegend, daß der Lichterglanz. bei dem ersten Freudenfeste un serer Religion, unserer Nation, bei der deut schen Weihnacht, nicht fehlen darf. Mit „Wer thers Leiden" hat Goethe 1774 den Lichterbaum in die Literatur eingeführt, in der er heute »och ein sehr beliebtes Motiv bildet. Sind in Deutschland zum Christfest Jlcx- zwcfge und Misteln längst heimisch geworden, ja lpit die in England so sehr beliebte, nach Poimctte, einem Amerikafahrcr, benannte Poin- iettic, im Volksmund Weihnachtsstern oder Stern, von Bethlehem geheißen, bis heute noch schwer den Weg zur Weihnachtsfeier der deutschen Familie gesunden. Und dennoch sind die scharlachroten, großen Deckblätter, die wie ein Kranz den ganz unscheinbaren Blütenstand dieser mexikanischen Wolfsmilch umgeben, sehr geeignet, den mystischen Zauber der deutschen Weihnacht noch zu erhöhen. Roezl ent deckte in der Gegend von Kolima in Mexiko bei einer Jndianerhütte diese Kostbarkeit mit massenhaft vorhandene», dichtstehenden ge färbten Schaublüten. Die Pflanze war für den Indianer eine gute Einnahmequelle, in dem er die Blumenbüschel zum Schmust der Altäre und Madonnenbilder der Umgegend verkaufte. Es ist zu erwarten, daß bei deu ständig steigenden Oualitätsleistungen der deut schen Gärtner auch diese köstliche Weihnachts- blnmc unerläßlich sei» wird für unsere Weihnachtsfeier. Eine Blume aber blüht in Wirklichkeit draußen in der Christnacht ohne Zaubcrlpuk und Aberglauben, ob auch Schneeflocken Her abwirbeln und der Sturmwind kalt einher braust. Still, unter dem Schnee verborge», gleich verwunschener Wintermärchcnpracht, blüht mit lieblichen, milchweißen, nusrechkstehende» Blüte» in einem lichtgrüuen Blätterkranz die Christrose, ein Bild der Hoffnung und Rein heit. Möricke jagt von ihr: . „Schön bist du, Kind des Mondes, nicht der (Sonne, Dir wäre tödlich anderer Blumen Wonne, Dich nährt, de» keuschen Leib voll Reis und sDu't, Himmlischer Kälte baljamsüße Luft." „Ehristwnrz, darumb daz sein Blum, die ganz gryne» ist, uff der Christnacht sich uff- tyur und blüet, welches ich auch selbst wahr- gcnomme» und gesehen, mag sür ein gcfpot habe», wer da will", jo schreibt Brunfels in einem der alten Kräuterbücher. Die Christrose blüht von Dezember bis März und ist in Deutschlands Gärten längst heimisch. Jn den Bergwälder» Süd- und West deutschlands ist sie einheimisch und wildwachsend. Jn den österreichischen Alpen hat ihr der Volks mund den bezeichnenden Namen Schncekalk gegeben. Jn England gehört jie zum altherge brachten weihnachtlichen Schmuck der Zimmer. Große Mengen von abgeichnittcnen Blumen und in Töpfen gezogener Pflanze» der Christ rose werde» dort in die Städte, auf den WeilmachtSmarkt gebracht. Weniger bekannt als der Name „Christrose" ist „Schwarze Nießwurz". Der Beiname „Schwarze" bezieht sich aus die Farbe der Würzet. Aus diesen Wurzeln wird der Schnee berger Schnupftabak he.rgestellt. Schon der römische .Komödiendichter Plautus kannte dis niesenerregende Eigenschaft ' der HeMhorus-- Wurzel und auch wohl den heute noch üblichen Satz, daß das Niesen de» Kopf, d. h. das Hirn, reinigt und den Verstand schärst, lind so nannte er einen Menschen, der nicht genügend bei Verstand ist und eine solche Nießwurz nötig hatte, hclleborosus. Doch nicht jedem ist diese Heilkraft bekannt, so nicht den, Dichterling, der, wie uns Lesiing erzählt, von Friedrich dem Großen eine goldene Dose erhielt und ob ihres Inhaltes verdutzt in die Worte ausbricht: „Die goldene Dose — denkt nur! denkt! — Die König Friedrich mir geschenkt, Die war — was das bedeute» muß? — Statt voll. Dukaten, voll — Helleborusü!" Im Volksmund heißt die Christrose auch Wcndewurz, weil sie zur Zeit der Winter sonnenwende blüht. Wegen der heiligen Zeit, zu der sie blüht, wird sie selbst sür heilig ge halten. Sie vermag daher, böse Geister zu bannen. Bei der Pest, dein schwarzen Tod, stach man de» Kranken die Pestbeulen aus und steckte, die Wurzel der Wendewurz in die Wunden. Wir sehe» heute in der Christrose die WeihnachtsbluNie, die mit ihrem schimmernden Blütenglanz, trotz Eis, Schnee und Winter- sturm im Verein mit Mistel, Stechpalme und Christbaunr das deutsche Fest der Liebe, die Weihnacht verschönt, die Blume, die Marx Möller in seinem Weihnachtslied besingt: „Die Winde brausen und tosen Neber Heide und See; - Im Garten die Christusrose» Blüh» heimlich unter dem Schuce . . ." Pflanzen als Wetterpropheten. Warnosrid. Wenn in Floras Heiligtume. Ihre» Kelch die Ringelblume (1) Früh schon öffnet, spät erst schließt: H ü hncrdnrm (2) und PiMpinellc Aufrecht gleiches auch erkießt: Wird das Wetter schön und Helle. Wenn das holde Wetter röschen (3) Ihre frische» Blütenschößchen Nicht eröffnet, wen» die Kelche Der stammlofen Eberwurz (4) Schnell sich schließen unk wenn kurz Sauerklee dis Blätter saltct: (5l Wenn die Wasscrscide, welche (6) Gern an foule» Wassern steht, Sir mit grüner Haut bezieht; Wenn der Klee di« Erde flieht, Mit dem Stengel auswärts geht; Wenn gemeiner Hasenkohl (7) Seine Blüten in der Nacht, Schließend nicht hat zugcmacht. Sonder» offen läßt und hohl Gleich sibirischer Gänsediftel; (8) Wen» des Frühlings Hungerblume (9) Tief herab die Blätter neigt; Wenn der Za sei bl ume Kapseln (10) Sich erweitern, Die fünf Klappe» flach sich breiten; Wenn die Rose Jerichos (11) Die zum Ball sich eng verzweigt, Breitend wieder Zweige zeigt; Legt die Porlieria (12) In die Kämmen Ihr gefiedert Blatt zusammen: Dann ist Regen da. Wenn Waldmeisters dürre Blüten (13) Die nicht in der Sonne glühte», Die im Schatten sind getrocknet, Dann in Linnen eingetiäht. Stark verbreiten Baljamduft; Wenn das Labkraut auf sich bläht, (14) Mit Geruchs füllt die Luft; Wenn der Fe. u<h t i g ke i t en m e sse r (15) Die gewundenen Büchsenstiele Schnell durchregct und sich strecket Und sie in den, freie» Spiele Wallend ausgcwickelt sind; Wenn der Birke Dust Stark durchdringt die Luft: Wird das Wetter schwerlich besser Vielmehr aber ist verstecket Regen oder Regenwind. Wenn dis Farbe an der Eller Sich dem Auge zeiget Heller: Kälte wird mit Frost entstehen. Doch ist dunkel sie zu sehen, Dan» wird auch der Tauwind wehen. (1) Cslenckula pluvislis, — 2. Alsina msciis (auch Nogelmiere genannt). — (8) Iffbiseus Trionum- Staudeneibisch.—(4.jLsr1ins scsulis —(5.) Oxsffm scetosells. — (6) Lonkervs. — (7) Dsmpssns communis — Milchkraut. — (8.j Sonckius sibirjous — (9) Orsks verna. — klvl klesembriantkemum trikolium — (11) ^naststica kierockuntics. (12) Portiers kvLrometrics. — (13) ^spsruls ockorsts. — (14) Oslium verum. — (15) kEnium hy^rometrieum. Aus Häßlers Blumen-Zeitung, IX. Jhrg^ Nr. 40, 12 Okt. 1836. Dr. Zander.