Volltext Seite (XML)
Bericht »er „Besprechung über -le Sortenbeschrankung Im benlschen obstban" am 2S. 8.1S2S in Berlin. Am 25. August 192g fand, wie bereits in Nr. 67 und 68 dieser Zeitschrift angekundigt, eine „Besprechung über die Sortcnbeschränkung im deutschen Obstbau" statt, zu der außer den zu ständigen Organen unseres Reichsverbandcs, den Landwirtschaftskammern und den Landesvbst- bauverbänden, auch die in Frage kominenden Behörden des Reiches und der Länder sowie Vertreter des Bundes deutscher Baumschulen besitzer, des Handels, der Konservenindustrie und der Hausfrauenvereine geladen waren. Gartenbandirektor Grob den, Altlangiow, eröffnete die Besprechung und dankte den An wesenden, insonderheit den Vertretern des Reiches und der Länder, im Namen des ReichS- verbandes des deutschen Gartenbaues für ihre Teilnahme an der heutigen Besprechung. Goetz führte in seinem Bericht: „Welche Arbeiten sind bisher aus dem Gebiete d^r Sortenbeschrän kung geleistet worden und unter welchen Gesichtspunkten sind sie erfolgt?" u. a.aus: „Die Anfänge der Sortenbeschränkung liegen bereits 100 Jahre zurück. Es ist das Verdienst des Pfarrers Sickler, der in seinem Werk „Der Deutsche Obstbau" als erster für eine Sortenbeschränkung eintritt. Nach ihm ist es vor allem Koch, Professor der Botanik in Berlin, der 1858 energisch ein Normalsortiment von je 10 Apfel- und Birnensorten sorderte. Leider wurde er von Lucas und Obcrdieck überstimmt und es kam 1857 das erste Normalsortiment mit je 25 Apfel- und Birnensorten heraus, das 3 Jahre später verdoppelt wurde. Nach Grün dung des Deutschen Pomologen-Vereins im Jahre 1860 erhielt das Sortiment in den Jahren 1872—1890 Zusätze nach besonderen Gesichts punkten. Während bisher die Auswahl der Sorten nach Gesichtspunkten des Anbaues (z.B. Straßenpflanzung), der Baumsorm (z.B. Hoch stamm, Pyramide^ und der Verwertung (z.B. Obstwein, Dörrobst) erfolgte, ging man im Jahre 1892 und in den folgenden Jahren auf Anregung des damaligen Vorsitzenden des Deut;chen Pomologen - Vereins, Oekonomierat SMH, mehr aus die Ansprüche des Baumes selbst bezüglich Klima, Lage und Boden ein. Neban dem Pomologen-Verein waren es vor allem dis örtlichen Obstbauvereine und später nach Einrichtung der Gartenbau-Ausschüsse bzw. Abteilungen an den Landwirtschaftskammern auch diese, tie durch Aufstellung von Normal- sortimenlen für bestimmte Bezirke die Sorten- Beschränkung förderten. Auch von diesen Or ganisationen wurden vor allem die vom Deutschen Pomologen-Verein aufgestellten Richtlinien be achtet. Vor allem die Nachkriegsjahre zeigen, daß mit den immer noch sehr zahlreichen Sor ten keine Einträglichkeit erzielt werden kann. Es ist das Verdienst von Landesbaurat Becker, Cassel, der bereits im Jahre 19l6 für die Aus wahl von einer oder zwei Sorten für ge schlossene Bezirke vom Umfange mehrerer Kreise bzw. Regierungsbezirke »intrat. Bei dieser Aus wahl sollten neben den bisher aufgestellten Ge sichtspunkten Schädlings- und Krankheits- immunitüt, reiche und regelmäßige Tragbarkeit und Festfleischigkeit wegen des Versandes maß gebend sein. Sein diesbezüglicher Antrag beim Deutschen Pomologen-Verein, zur Feststellung solcher Sorten einen Ausschuß zu bilden, erregte zunächst in der Fachwelt regen Widerspruch, hatte aber zur Folge, daß man sich mit der Frage erneut eingehend beschäftigte. Auf Grund dieser Anregung wurden im Jahre 1922 die S Reichsobstsorten (3 Aepsel, 3 Birnen) aufgestellt. Der Hauptgesichtspunkt, der bei der Auswahl der Reichsobstsortcn maßgebend war, war die Wirtschaftlichkeit der Sorten und nicht die Anbaufähigkeit im ganzen Reiche. Die Nichtbeachtung dieses Gesichts punktes hat allerdings vielfach Mißerfolge ge zeitigt und die Reichscbstsorten in unberechtigten Mißkredit gebracht. Etwa zur gleichen Zeit, als sich die Dcutche Obst- baugeselljchaft, die Nachfolgerin des Deutschen Pomologen-Vereins, mit der Auswahl der 6 Reichsobstsorten beschäftigte, nahm ein Teil der Gartenbaunusschüsse bzw. Gartenbau-Abteilungen der Landwirtschaftskammern eine neue Zu sammenstellung ihrer Normalsorlimente vor. Hierbei wurde ein sehr wesentlicher neuer Ge sichtspunkt beachtet. Die Sortimente wurden nicht mehr für Kreise oder Bezirke aufgestellt, sondern für sogenannte Anbaugebiete mit gleichen oder ähnlichen Kulturbedingungen. Außerdem wurden die Sorten des Erwerbs- obstbaues von denjenigen des Liebhaberobst baues getrennt. Alle diese geleisteten Arbeiten haben aber zum rechten Erfolg nicht führen können, weil Gesichtspunkte, die für den Handel und sür den Verbraucher von Wichtigkeit sind (z. B. Sortierung, Verpackung, Sorten niit leuchten den Farben), kaum oder zumindest in nicht ausreichendem Maße berücksichtigt wurden. Die Erkenntnis dieser Forderung veranlaßte unseren Reichsverband, den Fragen der Sortierung und Verpackung seit längerer Zeit erhöhte Auf merksamkeit zuzuwenden. Die dabei gesammel ten Erfahrungen ließen klar erkennen, daß Hand in Hand mit den Fragen der Sortierung und Verpackung eine Sortenbeschränkung gehen muß. Fruchtgroßhändler Matthies, Berlin, führte in seinem Vortrage: „Welche Ansprüche stellt der Handel an die gärtnerischen Erzeugnisse, insbesondere an Aepsel «nd Birnen?" etwa aus: „Der Obstzüchter hat die Sortenwahl bis her viel zu sehr vom pomologischen Stand- jpunkt aus betrachtet und viel zu wenig vom wirtschaftlichen. Am Gelbe hängt alles. Es sei mir gestattet, in diesem Zusammenhang eine kleine Anekdote zu erzählen. Ein Pfarrer liefert einem Händler Obst und singt dabei ;ein Loblied über seine schönen Früchte. Der 'Händler erwidert ihm darauf Nur, daß ihm an Zeinen schönen Früchten gar nichts liegt; für ihn hat lediglich das Geld Interesse, das ec dafür bekommt. Diesem Gesichtspunkt muß auch der Obstzüchter in Zukunft mehr Rechnung tragen. Es gibt z. B. Sorten, die stets gut gehen und dadurch Geld bringen. Die Haupt sache sür den Handel liegt allerdings in wenigen Sorten. Es müssen dies vor allem solche sein, welche sich lange halten und beim Verkauf einen guten Erlös bringen. Zur Zeit wird nur nach großen, schönen Früchten! gefragt. Die kleinen, sonst recht schönen Mus katellerbirnen brachten dieser Tage in Berlin pro Zentner nicht mehr als 1,— Mark. Klein- srüchlige Obstsorten, vor allem Birnen, werden zur Zeit gar nicht mehr verlangt. An aus- ländischen Früchten werden zur Zeit viel böhmische, sowohl kleine, die natürlich schlecht gehen, wie große geliefert. Eine Sorte, die berufen ist, viele Frühsorten abzulösen, ist die vor allem in Berlin äußerst viel gefragte Solaner-Birne. Gut ist auch noch Clapps Liebling. Die kleinen Sorten, wie Kuhbirne, Herz« und Muskatellerbirne, als Eßbirnen und Kochbirnen z. B. in den Sorten Keil- und Zimtbirne dürfen in Zukunft gar nicht mehr angebaut werden. Die Solaner-Birne, die vor allem in Norddeutschland gut gedeiht, verdient schon deswegen in erhöhtem Maße angebaut zu werden, weil sie zu einer Zeit auf den Markt kommt, wo auf den Zentner Birnen noch 4,— Mark Zoll liegen. Der Hauptwerk eines guten Geschäftes liegt nicht allein an der Frage der Sortierung und .Verpackung, sondern an der Beschaffenheit der Frucht selbst. Wir müssen zu bestimmten Standardsorten kommen, um den Kamps mit dem Ausland erfolgreich ausnehmen zu können. Nach entsprechenden Richtlinien müssen sich vor allem die organisierten Züchter richten. Bei Aepfeln liegt die Frage ähnlich. Der Verbraucher verlangt vor allem schön auS- sehende Sorten. Sorten wie Edelbühmer oder Edelrot können wir leider in Deutschland im allgemeinen nicht anbauen, aber der Geflammte Kardinal z. B. stellt eine gute Handelsfrucht dar. Er kommt früh, und wegen seines schönen Aussehens ist er leicht und gut abzusetzen. Die hohen Preise, die der Amerikaner für seine Ware vielfach erhält, sind nicht durch die Kisten bedingt, sondern durch die Ware selbst und durch die gleichmäßige Sortierung. Eine der Hauptbedingungen für die Steigerung der Einträglichkeit des deutschen Gartenbaues, ist neben einer planmäßigen Sorteneinschrän-' kung, Sortierung und Verpackung die Ein stellung des Züchters zum Handel." Obstbauinspektor Beckel, Oberzwehren, hält daraus seinen Vortrag: „Welche Wege sind in Zukunft zu beschreiten, um zu einer Sortenbeschrankung zu komme»?" „Damit möglichst nur die für die betreffende Gegend in Frage kommenden wirtschaftlichen Sorten angepslanzt werden, empfiehlt fich zur Nachahmung eine Maßnahme des Regierungs bezirks Cassel. In diesem Bezirk werden in allen öffentlichen Gebäuden wie Schulen, Ge meindehäusern, Bahnhöfen u. a. m. die Nor malsortimente ausgehangen. Sie beschränken sich auf dir tatsächlich wichtigsten Obstsorten von Aepfeln, Birnen und Kirschen. Die Apfel sorten sind wiederum eingeteilt in Erwerbs obstbausorten und Sorten sür besondere Zwecke. Für jeden Kreis werden nur einige Sorten, im allgemeinen nicht mehr als vier emp kMLKZIKWMSk kür dus 1. Hslbjskr 1926 und das 3. Visrtsljakr 1926 verdsn vom 3» sd durod Nsotmskme letrtmrdig einASrogen. 1Vir empksklso allen in ?rsZs kommenden IMxliedsro, die vorxslexten Nseknskmen fohlen. Bet der geringen Ausdehnung de» ge- samten Bezirkes und bei der Gleichmäßigkeit der Verhältnisse in bezug aus Klima, Lage und Boden sinken sich einige Sorten in fast allen Bezirken, so z. B. Ontario, Baumanns Rtt. und Rheinischer Bohnenapfel. Von Birnen: Williams Christ und Gute Graue. Von Kirschen: Große Prinzessin, Koburger Mai- Herzkirsche und Schwarze Knorpel. Um die Einträglichkeit bestehender Anlagen zu steigern, müssen Sorten, die keine befriedigenden Erträge bringen, ausgemerzt werden, indem sie umgepsropst oder, wenn dieses nicht angängig ist, ausgehauen werden. Für die Umpfropsung selbst müssen öffentliche Mittel zur Verfügung gestellt werden. (Fortsetzung folgt.) Vas bedenket Serfichernng au? Gegenseitigkeit. Gothaer Feuerversicherung. Bei der Versicherung aus Gegenseitigkeit sind die Versicherten selbst Mitglieder und zu gleich Träger des Unternehmens; bei dec Aktien gesellschaft sind es dritte Personen, die Aktio näre. Der Gegcnseitigkeitsverein ist genossen schaftlicher Natur, ihm ist die Versicherung Selbstzweck; dagegen ist die Aktiengesellschaft kapitalistisch aufgezogen, ihr ist die Versicherung Mittel zum Zwecke des Erwerbes. So dient die Aktiengesellschaft in erster Linie dem Nutzen der Aktionäre, die Gegenseitigleitsanstalt der Wohlfahrt aller ihrer Mitglieder, d. h. der Versicherten. Von der öffentlichen Feuerversicherungs, anstalt unterscheidet sich der Gegenseitigkeits- Verein durch seinen privatwirtschaft lichen Charakter, durch Unternehmersiiin und Kausmannsgeist. Im Gegensätze zu jener ist er keine Behörde und darum frei von staat lichem Schematismus und Bürokratismus. Der Vertrag mit dem privaten Gegenseitigkeits- Verein trägt demnach auch keinerlei Unter- wersungscharakter. Hin und wieder werden gegen die bei den Gegenseitigkeitsanstalten bestehende Nachschuß- pslicht von der Konkurrenz Bedenken geltend gemacht. Soweit es sich um örtlich eng be grenzte Vereine mit verhältnismäßig geringer Mitgliederzahl handelt, sind diese Bedenken gewiß nicht von der Hand zu iaeisen. Anders aber liegen die Verhältnisse bei den großen Gegenseitigkeitsgesellschasten mit räumlich und zahlenmäßig breiter Basis. Hier bildet die Nachschußpslicht einen Sicherheitsfaktor für die Mitglieder, der so leicht nicht übertroffen wer den kann. Denn auch dem Laien muß es ein leuchten, daß es im äußersten Kataftrophenfalle viel leichter sein wird, einen bei großer Mit gliederzahl den einzelnen nur geringsügig be lastenden Nachschuß aufzubringen, als von einer kleinen Personengruppe das vielfach nicht voll eingezahlte Aktienkapital beizuziehen. Je größer eine Gegenseitigkeitsanstalt ist, desto höhere Sicherheiten bietet sie, desto billigere Prämien vermag sie dem Versicherungsnehmer zuzu gestehen. Die Gothaer Feuerversicherungsbank, die nunmehr über 100 Jahre besteht, ist in der Sachversicherung Deutschlands größter Gegen- seitigkeitsverein. Sie zählt rund 500 000 Mit glieder und arbeitet über das ganze deutsche Reich einschließlich Memel und Danzig. Die Nachschußpflicht bei dieser Bank ist übrigens keine unbeschränkte, sondern satzungsgemäß auf das zweifache einer Jahresprämie begrenzt. Die vorstehend angedeuteten Erwägungen waren sowohl für den Reichsverband des deut schen Gartenbaues als auch für die Garten- bauberufsgenossenschaft in Kassel bestimmend, die Gothaer Feuerversicherungsbank auf Ge genseitigkeit zur Vertragsgesellschaft zu wählen. Das Liegnitzer Gemiisebangediet. Von Dipl.-Landw. Hubmann in Minderleinsmühle. (Schluß.) Bei der alten Tradition des Liegnitzer Ge müsebaues, bei der Möglichkeit, die notwcndi- gen Arbeitskräfte zu nicht allzuhohen Lohn sätzen zu erreichen, und nicht zuletzt bei der vor trefflichen Organisation, die ja die erste Grund bedingung jeder größeren Leistung ist — bei all diesen günstigen Voraussetzungen ist die Mög lichkeit gegeben, einen intensiven Gemüse- und Feldbau zu betreiben. Im großen angebaut werden an Frischgemüse besonders Weißkraut, Zwiebeln, Mohrrüben und Wurzelpetersilie. Für Rohkonserven und zum Einsäuern werden angebaut Gurken und Weißkraut. Während nun entfernter liegende Flächen mehr land wirtschaftlich genutzt werden, dienen die gün stiger gelegenen Grundstücke dem intensiven Ge müse- und Gurkenbau. Hier hat man vielsach folgende Fruchtfolge: Gurken, Zwiebeln oder Frühkartoffeln — Weizen, Roggen, Hafer. Je nach Bedarf werden anstatt Getreide auch Kar- tosfeln oder Rüben gebaut. Die Gurken wer den im Gewächshaus gesät und sind schon nach 6 Tagen verpflanzbar. Ende Juni, An fang Juli werden schon die ersten Gurken abgerissen. Es werden kleine Gurken ge wonnen, sogenannte Psefser- und Essig gurken, dann Salzgurken, von denen fünf Schock — 300 Stück 90 Pfund bis 1 Zentner wiegen, endlich auch Salatgurken. Die Gurken ernte dauert bis Augusi/September. Vom Morgen können 50, 60 bis N Ztr. geerntet werden. Bon Frühkartoffeln werden meist gebaut „Kuckuck" und „Thiles Frühe". Die Früh kartoffeln läßt man ankeimen, bis sie etwa I cm lange Keime getrieben haben, und steckt sie dann sorgsültig und vorsichtig. Diese Ar beiten sind natürlich ziemlich langwierig gegen über dem gewöhnlichen Kartosfelbau. Schon Ende Juni anfangs Juli können die ersten Frühkartoffeln geerntet werden. Sie werden verkauft für 8—10 M. Pro Zentner. Von besonderem Interesse sind in dem Lieg- nitzer Gemüsebauland die Rieselfelder. Es gibt dort ein Areal, in das die Abwässer der Stadt Liegnitz geleitet werden. Interessant sind an den Leitungen die erhöhten Signaleinrich tungen, die auch bei Nacht einen etwaigen Ueberdruck der Leitungen anzeigen, worauf dann von den Bauern bewässert werden muß. Aus den berieselten Flächen haben wir vielsach folgende Fruchtfolge: Gras, Gurken, Winter- gemüse. Das Gras ist entweder italienisches Raygras oder Knaulgras, das in Reinsaat ge sät wird und hohe Erträge liefert. Da hier der Boden ziemlich durchlässig ist und so von den Abwässern viele Nährstoffe in die Tiefen ungenützt verschwinden würden, so sind auch Abzugsgräben angebracht, die das durch den Boden gesickerte Wasser wieder aufnehmen und es zu tiefer gelegenen Wiesen fortleiten. Diese Wiesen werden dann mit den Abwässern über rieselt, wobei nicht unbeträchtliche Nährstosf- reste ausgenützt werden. Auch diese Wiesen liefern noch ganz erstaunliche Erträge. Für die Rieselfelder werden 120—240 M. Pacht preis für den Morgen gezahlt. Die Art des Meerrettich-Anbaues ist eine ganz besondere. Der Meerrettich wird nicht auf Bifängen gepflanzt, sondern auf ebenem Boden. Mit einer Hacke wird eine seichte Grube gemacht, in die der Fechser gelegt und mit Erde zugedeckt wird. Die Fechser wer den im Abstand von 55 zu 55 gelegt. Der Meerrettich wird zweimal gehackt. Bei der zweiten Hacke erst wird der Kopf freigelegt und unnötige Wurzeln entfernt. Gleich ¬ zeitig werden auch die überschüssigen Blatt triebe bis auf einen oder zwei beseitigt. Die Ernte des Meerrettichs scheint eine nicht uner hebliche Arbeit zu machen, da die Wurzeln nicht in Bisängen, sondern in der ebenen Erde stecken. Das Liegnitzer Gemüsebauland, umfassend den Kreis Liegnitz und die umliegenden Kreise, nimmt eine ziemlich beträchtliche Ausdehnung ein. Der Unternehmungsgeist und der uner müdliche Fleiß der ländlichen Bevölkerung, die Fruchtbarkeit des Bodens und die alte Tradition des Gemüsebaulandes haben allent halben Wohlhabenheit verbreitet und selbst der Stadt Liegnitz ist in weitgehendem Maße durch die hochentwickelte Landwirtschaft ihrer Um gebung das Gepräge aufgedrückt. Der Bearbeitung stellen sich sonach keine Hin dernisse in den Weg, weshalb auch, soweit beobachtet werden konnte, fast ausschließlich nur mit Pferden gearbeitet wird. Der Be darf an menschlichen Arbeitskräften ist natür lich bei der außerordentlich intensiven Bewirt schaftung sehr hoch. So erzählte ein dortiger Landwirt, daß er seinen Betrieb, 60 Morgen landwirtschaftlich genutzter Fläche, mit neun Personen bewirtschafte. Es sind der Bauer mit seiner Frau, ein erwachsenes Kind, 1 Knecht, 3 Mägde, 2 Arbeitsfrauen. Bei anderen Be trieben waren die Verhältnisse ganz ähnlich. Der Bedarf an menschlichen Arbeitskräften ist demnach annähernd noch einmal so groß, wie in anderen Landwirtschaftsbetrieben gleicher Größe. Für den intensiven Feldgemüsebau und Hacksruchtbau (Frühkartoffeln) werden große Mengen Stallmist benötigt. Die Rinb- viehhaltung ist demnach auch außerordentlich stark. Es werden schätzungsweise auf vier bis drei und noch weniger Morgen schon ein Rind gehalten und zwar in der Hauptsache Abmelkvieh. Hierfür ist es notwendig, Kraft futter und Stroh zuzukaufen. Ser Großsedlitzer Garten. Von Karl Wagner in Nürnberg. Viele mögen in den letzten Monaten nach Dresden zur Jubiläums-Gartsnbau-Ausstellung gefahren sein, und manche mögen den Weg zu einem Garten, der als einer der schönsten Anlagen französischen Stils in Deutschland gelten darf, zum Großsedlitzer Garten, ge sunden haben. Der Garten hat, wie die meisten alten Gärten Deutschlands, ein wechselvolles Schicksal gehabt, weil er an das Schicksal der einzelnen Besitzer geknüpft war. Im 16. Jahrhundert war der Grund und Boden ein schristsässiges Rittergut'), mit dem Kurfürst Moritz im Jahre 1551 Hans von Wurgewitz belehnte. Bon diesem ging das Gut 1561 in den Besitz Kasper von Körbitz', dann in die Hände einer Familie von Lindemann über. Da diese Familie den Grund und Boden nicht halten konnte, übernahm 1644 der Kursürst Johann Georg I. die Besitzung. Als im Jahre 1700 der nordi sche Krieg ausbrach, kamen schwere Zeiten sür das Land. König August II. von Sachsen und Polen, der mit Rußland und Dänemark gegen Schweden kämpfte, wurde durch die kühne Landung der Schweden aus Seeland aus dem Norden verdrängt. Dänemark fah sich zum Frieden gezwungen, und 1706 dringt Karl XII. mit 20 000 Schweden in Sachsen ein. Unter dem Druck der Verwüstungen und schweren Kriegskontributionen mußten die drei Brüder von Wolffersdorf das Gut mit dem Garten verkaufen. Der Graf von Wackerbarth er warb es 1710 und legte auf dem verwüsteten Besitz einen Lustgarten an, der schon 1723 vom Kursürst Friedrich dem Starken, dem prachtliebendsten deutschen Fürsten seiner Zeit, übernommen wurde. Damit kam es in die Hände eines Herrschers, der schon von 1711 bis 1722 durch Math. Daniel Pöppelmann einen Prachtbau wie den Zwinger in Dresden hatte aussühren lassen. Pöppelmann schuf nun auch nach eigenen Entwürfen einen Garten, der die Hand eines Bauarchitekten in der glücklichsten Form noch heute zeigt. Zum Dvc- bild diente auch hier, wie es natürlich war, für eine Zeit, die ganz unter dem Einfluß des französischen Hofes stand, der Garten zu Versailles. Der Schloßbau jedoch scheiterte an den enormen Kosten, die das ausgesaugte Land nicht aufbringen konnte. Der zweite schlesi sche Krieg brachte wieder neues Unglück über den Garten. Die Oesterreicher hatten nach der verlorenen Schlacht bei Kesscldorf (1745) im Winter die Dörfer Groß- und Kleinsedlitz verwüstet und den Garten in ein Trümmer feld verwandelt. (Forts, folgt.) ') Schriftsässigkeit bedeutete früher das Recht, das Einberufungsschreiben zu den Landtagen von dPn Landmarschallamt un mittelbar zugesandt zu erhalten. Später be zeichnete der Begriff nur das Vorrecht, gleich in der ersten Instanz vor den höchsten Gerichten das Landesrecht zu suchen. Mit der neuen Justizorganisation ist das ost beschwerliche Vor zugsrecht fast überall beseitigt.