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No. 30. Beilage zu „Der Handelsgärtner.“ Verlag von Bernhard Thalacker, Leipzig-Gohlis. Sonnabend, den 28. Juli 1906. Künstliche Düngemittel und deren Anwendung im Gartenbau von Berthold Trenkner, Handelsgärtner und Leiter der Gartenbau-Versuchsanlagen Quedlinburg. IX. Die für den Gartenbau in Betracht kommenden künstlichen Düngemittel. Schwefelsaures Ammoniak ist eben falls, wie der Chilisalpeter, ein Düngemittel, welches von den Pflanzen - Nährstoffen nur Stickstoff enthält. Es wird als Nebenprodukt bei der Gas- und Koksfabrikation gewonnen und enthält ca. 22°/ 0 Ammoniak-Stickstoff. Seines höheren Stickstoffgehaltes wegen ist es auch bedeutend teurer als wie der Chilisalpeter, der Preis schwankt im Grosshandel zwischen Mk. 12,50 und Mk. 14,— pro Zentner. Die Wirkung des Stickstoffes im Ammoniak ist im Verhältnis zum Chilisalpeter eine grund verschiedene. Im Chilisalpeter verwenden wir eine bodenfreie, bewegliche, nicht flüchtige und von den Pflanzen unmittelbar aufnehmbare Stickstofform. Im Ammoniak dagegen eine Stickstofform, die im Boden zunächst schwer beweglich ist, Neigung zur Verflüchtigung zeigt und durch Bakterientätigkeit erst in Salpeter- Stickstoff umgewandelt werden muss, um als Pflanzennährmittel dienen zu können. Es ist dieses ein Lehrsatz, der aufgestellt ist vom Ge heimrat Professor Dr. P. W a g n e r - Darmstadt und sich mit meinen Erfahrungen in der Praxis nach jeder Richtung hin völlig deckt. Ein kleiner einfacher Versuch, den jeder leicht selbst anstellen kann, zeigt den für den Gartenbau besonders in Frage kommenden Unterschied zwischen diesen zwei hauptsäch lichsten Stickstoffdüngern Chilisalpeter und schwefelsaures Ammoniak. Man dünge eine Gruppe mangelhaft ernährter Pflanzen, denen man den Stickstoffhunger an den Blättern an sieht, also die bekannte gelbliche Färbung hat, mit einer Lösung von 30 g Chilisalpeter in 10 1 Wasser — eine andere Gruppe in gleicher Weise mit derselben Lösung von 22,5 g schwefel saurem Ammoniak, welches dieselbe Menge Stickstoff enthält, als 30 g Chilisalpeter. Es zeigt sich nun die Wirkung des Chilisalpeters bereits nach 8—10 Tagen durch eine dunklere Färbung der Blätter, während die Wirkung des höherprozentigen Stickstoffes erst nach Verlauf von mehreren Wochen eintritt, und die Pflanzen dann meist schon so an Nahrungsmangel ge litten haben, dass ihnen der Stickstoff nicht mehr viel helfen kann. Aber noch weitere Gründe sind dafür massgebend, der Anwendung des Chilisalpeters als Stickstoffdünger im Gartenbau den Vorzug zu geben. Wie schon einmal erwähnt, muss die Anwendung der künstlichen Düngemittel im Gartenbau möglichst vereinfacht werden, wenn deren Anwendung allgemein Eingang finden soll, und da empfiehlt sich wegen seiner vereinfachten Anwendung in allen Fällen der Chilisalpeter als alleiniger Stickstoffdünger. Weiter empfiehlt sich die Verwendung des schwefelsauren Ammoniaks im Gartenbau we niger, weil dieses Düngemittel im Kleinhandel fast gar nicht rein, also als schwefelsaures Ammoniak, zu haben ist, sondern es wird meist mit Superphosphat gemischt verkauft. Dieses ist dann das bekannte 9X9 oder 11X11. Da ¬ runter ist zu verstehen, dass die Mischung 9°/ 0 Stickstoff (Ammoniak) und 9°/ 0 Phosphor säure (Superphosphat) bezw. 11 zu 11 °/ 0 ent hält. Mischdünger empfehlen sich aber aus verschiedenen Gründen, auf die ich noch ein gehend zurückkommen werde, nicht als Dünge mittel im Gartenbau. Ferner ist die Anwendung des schwefel sauren Ammoniaks nicht als Kopfdüngung zu empfehlen. Vorläufig wird sich im Gartenbau die Verwendung der künstlichen Düngemittel in der Hauptsache als Hilfsdünger zu der ge wohnten Stallmistdüngung beschränken. Man wird eine Kunstdüngung erst dann zur An wendung bringen, wenn die Stallmistdüngung versagt, die Kulturen also einen sichtbaren Stillstand in der Entwicklung zeigen. Es kommt dann naturgemäss nur eine Kopf düngung in Frage und hierzu ist das schwefel saure Ammoniak absolut nicht zu verwenden, da hierbei sich ein grosser Prozentsatz von dem Ammoniakstickstoff verflüchtigt. Und ferner, und darauf kommt es ganz besonders an, ist die Wirkung des Stickstoffs in diesem Düngemittel eine zu langsame. Als ein weiteres Düngemittel, das ebenfalls nur den Nährstoff Stickstoff enthält, macht in neuerer Zeit der Kalkstickstoff von sich reden. Dass dieses Düngemittel durch seinen Gehalt an Stickstoff, welcher als Ammoniak frei wird, wenn der Dünger mit der Feuchtig keit der Erde in Verbindung gebracht wird, eine günstige Wirkung auf das Pflanzenwachs tum ausübt, ist ohne Zweifel. Es fragt sich dagegen, was noch durch eingehende Versuche festzulegen ist, wieviel von den 18—21°/ 0 Ge samtstickstoff von der Pflanze verbraucht wer den, da die Bildung des Ammoniaks sehr schnell, viel schneller wie beim schwefelsauren Ammoniak vor sich gehen soll und sich aus diesem Grunde auch mehr verflüchtigt. Der Kalkstickstoff wird gewonnen durch Bindung des Lufistickstoffs mit Carbiden auf elektrischem Wege. Nicht scharf genug dagegen ist die Reklame zu verurteilen, mit der dieses Dünge mittel als Ersatz für Chilisalpeter und schwefel saures Ammoniak empfohlen wird. Diese Behauptung entspricht keineswegs den Tatsachen, und es hat der Erfinder Prof. Dr. Frank eine solche Behauptung auch nie aufgestellt, sondern erst die Gesellschaft, welche die Erfindung ausnutzt. Dass der Kalkstickstoff dem Gärtner und Landwirt niemals den Chilisalpeter wird ersetzen können, geht schon zur Genüge aus dem Umstand hervor, dass er nach den Ergebnissen aller bisherigen Ver suche zur Kopfdüngung nicht geeignet ist, schon aus dem Grunde nicht, da, wie schon erwähnt, die Umsetzung des Kalkstickstoffes in freies Ammoniak sehr schnell vor sich geht und dadurch bei einer Kopfdüngung solche Verluste an Stickstoff entstehen, dass die Ver wendung als Kopfdüngung vollständig aus geschlossen ist. Ferner hat man besonders bei der Anwendung des Kalkstickstoffs zu feineren Kulturen und bei Aussaaten viele Vor sichtsmassregeln zu beachten, um Schädigungen zu vermeiden, welche bei Verwendung von Chilisalpeter und schwefelsaurem Ammoniak völlig ausgeschlossen sind. Ein weiterer Punkt, der gegen die Ver wendung des Kalkstickstoffs spricht, ist die Belästigung der Person, die das Ausstreuen vornimmt, durch den beissenden Staub. Man ist gezwungen, den Kalkstickstoff zur Hälfte mit Erde zu vermengen, was bei den anderen Düngemitteln fortfällt. Äusser den hier genannten gibt es nun noch eine ganze Anzahl Düngemittel, deren Hauptwert in ihrem Gehalt an Stickstoff liegt, wie z. B. Hornmehl, Fleischmehl, Pou- drette und die verschiedenen Guanoarten. In diesen Düngemitteln ist der Stickstoff nur in organischer Form enthalten. Durch die Fäulnis im Boden muss sich dieser organische Stickstoff erst in Ammoniak verwandeln und darauf in Salpeter-Stickstoff, ehe er in dieser Form als nutzbarer Nährstoff von der Pflanze als Nahrung verwendet werden kann. Die Verluste durch diese Umwandlungen sind gar nicht zu kontrollieren, überdies ist der Stick stoffgehalt in diesen Düngern meist ein so schwankender, dass er in den allermeisten Fällen viel zu hoch bezahlt wird. Hochinteressante und für die Praxis äusserst wertvolle Versuchsergebnisse hat Geheim rat Prof. Dr. Paul W a g n e r - Darmstadt über diesen Gegenstand in einer umfangreichen Arbeit niedergelegt. In der nachfolgenden Tabelle finden wir eine Aufstellung, wie der Stickstoff in den ver schiedenen stickstoffhaltigen Düngemitteln von den Pflanzen ausgenützt worden ist. Wenn der Stickstoff gegeben war in Form von so hat die Stick stoff-Ausnutzung betragen odersetztmandie Ausnutzung des Chilisalpeters gleich 100, so er hält man für die Stickstoffaus nutzung der übrigen Dünge mittel die folgen den Werte Chilisalpeter 82 160 Schwefels. Ammoniak . 77 94 Damaraland-Guano . . 75 91 Peruguano 71 87 Grüner Pflanzenmasse 63 77 Hornmehl 61 74 Blutmehl 60 73 Ricinusmehl 60 73 Bremer Poudrette . . 49 60 Krottmann-Dünger . . 42 51 Blankenburger Dünger 40 49 Lützeler Guano . . . 32 39 Wollstaub 21 26 Konzentr. Rinderdünger 18 22 Ledermehl 13 16 Seeschlick 10 12 Klärbeckenschlamm 8 10 Die Zahlen dieser Tabelle sind nicht etwa die Ergebnisse eines einmaligen Versuches, der ja leicht Fehlern durch äussere Einflüsse unter worfen ist, sondern die Tabelle zeigt uns die Gesamtmittelwerte, welche von 5 Versuchs reihen 3—4 Jahre lang in den gleichen Ver suchsgefässen und -Böden fortgesetzt worden sind. Wie diese Wertzahlen anzusehen und wie sie zu verwenden sind, ergibt sich aus folgenden Beispielen aus der Praxis: 100 kg Chilisalpeter kosten in Mittel deutschland ca. Mk. 21,—. Diese 100 kg Chili salpeter enthalten im Mittel 15,5 kg Salpeter stickstoff. Hiervon werden nun nach der vor stehenden Tabelle von den Pflanzen 82% aus genutzt. Von den 15,5 kg Salpeterstickstoff gehen den Pflanzen also nur 18% verloren, so dass von 100 kg Chilisalpeter 12,71 kg Stick stoff als Pflanzennahrung verbraucht werden. Demnach kostet 1 kg Stickstoff, welches von den Pflanzen verbraucht ist, im Chilisalpeter Mk. 1,65. Dagegen kosten 100 kg von dem im Garten bau sehr viel verwendeten Hornmehl in aller bester Qualität Mk. 26,—. Dieses Hornmehl enthält nun ebenfalls 15% Stickstoff. Dieser organische Stickstoff des Hornmehls ist aber für die Pflanze nicht ohne weiteres aufnehmbar. Er muss sich im Boden erst in Ammoniak- Stickstoff und dieser noch in Salpeter-Stickstoff umwandeln, ehe er der Pflanze als solcher zur Nahrung dienen kann, wie dieses schon mehr fach erwähnt ist, aber nicht genug betont werden kann, um den Wert der Stickstoffdünger rich tig bewerten zu können. Bei dieser Umwand lung geht nun ein grosser Teil der 15°/ 0 Stick stoff in Hornmehl verloren. Nach Prof. Wagner werden in Hornmehl nur 61% des Gesamtstickstoffes von den Pflanzen verbraucht, so dass 39% verloren gehen. Es kommen also von den 15 kg Stickstoff des Hornmehls nur 9,15 kg den Pflanzen zu gute. 1 kg Stickstoff, von den Pflanzen ver braucht, kosten demzufolge im Hornmehl Mk. 2,63, oder: im Verhältnis zum Chili salpeter dürfte das Hornmehl nur Mk. 14,70 pro 100 kg kosten. Diese verhältnismässig noch günstige Stick stoffausnutzung gilt nur für fein gemahlenes, entfettetes und gedämpftes Hornmehl. Meist werden in den Gärtnereien jedoch rohe Horn späne, wie solche aus der Drechslerwerkstatt kommen, verwendet, bei welchen die Stickstoff ausnützung eine viel geringere ist. Der Gärtner, der diese Hornspäne verwendet, treibt tatsächlich eine arge Verschwendung. Hiermit soll nun aber keineswegs gesagt sein, dass Hornspäne nicht wirken. Im Gegenteil, sie wirken vorzüglich! Dieselbe Wirkung, jedoch viel schnel ler, sicherer und vor allen Dingen billiger, erzielen wir durch die Anwendung der künstlichen Düngemittel, in diesem Fall, wo es sich ausschliesslich um einen Stickstoff dünger handelt, durch den Chilisalpeter. Kultur. — Schönblühende Delphinium-Arten. Delphinium Brunonianum Royle ist eine seltene Art aus Tibet, die sich im Juni—Juli mit schönen grossen lichtblauen, purpurn gerän derten und in der Mitte dunkelfarbigen Blumen bedeckt, die ebenso wie die Blätter nach Moschus duften. Von dieser Art existiert auch eine schöne weissblühende Form. — Brillant scharlachrot blüht im Sommer das kalifornische D. cardinale Hook, von schlankem, ästigem Wuchs; als ebenso schön und dankbar blühend erweist sich D. cashmerianum Royle, eine Himalaya-Art, die an 40—50 cm hohen Blüten stielen ihre azurfarbenen Blumen entwickelt. Die Varietät Walkeri Hook, hat grössere Blumen als die Stammart, lichtblau mit gelben Petalen. — Einen prächtigen, niedrigbleibenden, vom Frühjahr bis in den Sommer blühenden Ritter sporn besitzen wir in D. nudicaule Torr, et Gray, diese Art ist ebenso vorzüglich geeignet zur Bildung ganzer Gruppen, wie als Einfassung von Rabatten. Das Vaterland ist Kalifornien. — Eine sehr distinkte Spezies ist D. Przewalskii Huth mit weingelben, hin und wieder blau angehauchten Blumen, die wie bei fast allen Delphinien sich im Sommer öffnen. Auffallend und mehr interessant als schön ist das durch schwarzgraue Blüten ausgezeichnete D. triste Fisch, aus Sibirien. Eine der schönsten Arten Vermischtes. — Ernährung und Pflanzengesund heit. Ueber die Beziehungen, die zwischen der Ernährung und der Gesundheit der Pflanzen obwalten, hat, wie der „Jahresbericht über die Neuerungen und Leistungen auf dem Gebiete der Pflanzenkrankheiten“ mitteilt, Woods ein gehende Betrachtungen angestellt. Was die Pflanze zu ihrem Aufbau nötig hat, bezieht sie, mit Ausnahme des Kohlen- und Sauerstoffes, durch den Boden. Die in demselben befind lichen Mineralstoffe werden durch Wasser ge löst. So notwendig die Pflanze des Wassers bedarf, so nachteilig wirkt ein Uebermass des selben, weil es der Luft den Zutritt zum Boden unmöglich macht. Mangel an Sauerstoff führt zur Schwächung und selbst zum Tode der Wurzeln. Sehr leicht wird die Gesundheit der Pflanzen beeinflusst durch die chemische Be schaffenheit des Bodens, besonders in dem Falle, wo ein Element in zu grosser Menge in der Erde enthalten ist. Häufig ist z. B. der Kalkgehalt des Bodens im Verhältnis zum Magnesium zu gering, worunter die Ertrags fähigkeit des Bodens zu leiden hat. Während nun aber auf der einen Seite ein Uebermass von Magnesium wie ein Gift wirkt, ist das Element bei der Samenbildung der Pflanzen unbedingt nötig. Die Abwesenheit von Kalk führt zu krüppelhaftem Wuchs und Gelblaubig- keit. Kalk ist ein wesentlicher Bestandteil der Chlorophyllkörper und des Zellkerns, auch bindet er die bei der Bodenzersetzung frei werdenden Säuren; kann eine derartige Bindung nicht erfolgen, so werden die Wurzeln in Mit leidenschaft gezogen. Hat der Boden Mangel an Kali, so tritt ohne weitere Krankheits zeichen Stillstand im Wachstum ein und es unterbleibt die feinere Bildung von Stärke oder Zucker und Proteinen. Da letztere das haupt sächlichste Material für die Zellbildung liefern, ist es leicht erklärlich, weshalb bei Kalimangel die Gewächse in ihrer Entwicklung stehen bleiben. Neuere Versuche machen es wahr scheinlich, dass die Turgescenz der Zellen durch das Kali bedingt wird. Hiermit würde auch die Tatsache eine Erklärung finden, dass die wasserhaltende Kraft der Pflanze durch die Kaliaufnahme eine Steigerung erfährt. Aus dem gleichen Grunde vermehrt es die wasserhaltende Kraft des Bodens. Krautige Pflanzen, z. B. der Tabak, gewinnen durch Kalizufuhr an Frostbeständigkeit deshalb, weil die wasser haltende Kraft der Zellen derart erhöht wird, dass ein Entzug von Wasser aus denselben und das Gefrieren des letzteren in den Inter zellularräumen erschwert wird. Kalimangel wirkt auch verzögernd auf die Holzreife. Gelb sucht älterer Blätter hat in unzureichender Auf nahme von Phosphorsäure seinen Grund, ebenso führt Mangel an Eisen zur Chlorose der jüngeren Blätter. Fehlen an Stickstoff führt zu vorzeitiger Blüten- und Fruchtbildung, stark mit diesem Element und mit Wasser ge fütterte Pflanzen sind den Angriffen von Para siten leicht ausgesetzt. Ueberernährung von Stickstoff ruft anfangs ein helleres Grün in der Belaubung hervor und das Wachstum ist ein sehr schnelles, bald darauf nehmen jedoch die Blätter entlang den Rändern und den Gefäss bündeln gelbe Färbung an, die Pflanzen küm mern und gehen schliesslich ganz zugrunde. — Unter der Bezeichnung Stamm- früchtler fasst man Pflanzen zusammen, die ihre Blüten und Früchte nicht an der Spitze oder aus den Blattwinkeln der jüngsten Zweige erscheinen lassen, sondern die aus dem Stamm, den älteren Aesten und seltner auch aus dem Holz der Rhizome Blüten und Früchte ent wickeln. Diese Erscheinung gehört mit zu den interessantesten des Pflanzenreichs. Vor allem in den Tropen an Pflanzen der ver schiedensten Familien sich zeigend, finden wir die Stammblütigkeit auch an einem Vertreter unserer Parkflora, nämlich an Cercis canaden- sis, der ebenso wie die anderen Arten dieser Gattung seine schön rosenroten Blumen aus dem Holz des Stammes und der älteren Aeste hervorbrechen lässt. Eine eigentümliche, zur Erklärung der Stammblütigkeit öfters verwertete Tatsache ist es auch, dass die Stammblüher oft grosse und sehr schwere Früchte erzeugen, die an dünnen Aesten und Zweigen gar nicht zur Ausbildung gelangen könnten. Die inter essante biologische Erscheinung war schon sehr früh bekannt, erwähnt sie doch bereits Dioskorides an der Sykomore, auch die Reisenden des Mittelalters, die Tropengegenden besuchten, erwähnen ihrer als für den Nord länder ganz neu und ungewohnt. Aus der Zahl der hierher gehörenden Pflanzen mögen im folgenden einige Beispiele angeführt werden. An erster Stelle möchten wir da den Kakao- bäum erwähnen, dessen Früchte den Stamm und die älteren Aeste zieren; Humboldt er wähnt aber auch beim Kakaobaum Wurzel- früchtigkeit und schildert den Anblick, den eine derartige Pflanzung auf ihn machte, als einen unvergesslichen. Zahlreiche Stamm- früchtler finden sich in der Familie der Mora- ceae, wie die Gattungen Ficus und Artocarpus zeigen, von denen die letztere Früchte bis über 12 kg Schwere entwickelt. Die Familie der Bignoniaceae hat in der auch in botanischen Gärten kultivierten Crescentia Cujete einen würdigen Vertreter, dessen Früchte Kopfgrösse erreichen und die von den Eingeborenen des tropischen Amerika, woher die Pflanze stammt, als Gefässe benutzt werden. Sehr zahlreich finden sich Stammfrüchtler in der Familie der Myrtengewächse, wir erwähnen den sogenannten Kanonenkugelbaum (Couroupita guianensis), der, wie schon der Name andeutet, sehr grosse und schwere Früchte trägt, ferner viele Arten aus den Gattungen Eugenia, fambosa usw. Diese Beispiele dürften genügen, um zu zeigen, dass die Erscheinung des Blühens und Fruch tens am alten Holze in den verschiedensten Familien vorkommt. Hinsichtlich der biolo gischen Bedeutung der Erscheinung dürfte neben mancher anderen die von Haberlandt gegebene Erklärung das meiste für sich haben. Genannter Forscher nimmt eine Art Arbeits teilung an, wie sie auch sonst an Organen von Tropengewächsen häufiger zu beobachten ist. So dient bei den Stammfrüchtlern die Laub krone ausschliesslich der Ernährung, während dem Stamm und den älteren Aesten die Rolle des Blühens und der Fruchtbildung zufällt. — Die Obsternteaussichten in Böhmen, sind, wie uns von anderer Seite berichtet wird, im Verhältnis nicht so günstig, wie man anfänglich angenommen hatte. Die regnerische Witterung während der Blütezeit und wieder holte Schneefälle und Fröste nach dem Frucht ansatz haben die anfänglich vorzüglichen Aus sichten sehr herabgesetzt. Später sind viele Schädlinge aufgetreten und starke Stürme und Hagelschläge trugen zur weiteren Verminderung des Ernteresultates bei. In Aepfeln meldet Ober- und Niederösterreich eine gute Ernte, Kärnten und Tirol einen mittleren Ertrag, während in Birnen, Zwetschen und Kirschen alle die oben angeführten Länder durchschnittlich eine gute Ernte verzeichnen. Aprikosen, Pfirsiche und Nüsse werden in Oesterreich und Tirol nur einen mittel mässigen Ertrag bringen, während Steiermark und Böhmen in der gesamten Obstproduktion über bedeutende Ausfälle berichten, ohne dass bisher die einzelnen Details festgestellt worden sind.