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No. 2. Beilage ZU „Der Handelsgärtner. Sonnabend, den 9. Januar 1909. Verlag von Bernhard Thalacker, Leipzig-Gohlis. Aus der Zeit — für die Zeit! Das Jahr 1908 hat sich unter dem un günstigsten Eindrücke von uns verabschiedet. Das erschütternde Ereignis in Süditalien, das Erdbeben, das Messina und Reggio vernichtete und ungezählte Tausende von Menschenleben im Augenblick dem Tode preisgab, es steht wie ein düsterer Merkstein am Ende dieses Zeitabschnittes. Für uns ist Messina haupt sächlich um seiner reichen Agrumen-Pflanzungen von Interesse gewesen, deren Produkte den Markt der Welt beherrschen. Kommen doch allein nach Deutschland für 7 200 000 Mark Apfelsinen, Mandarinen, Zitronen usw. Viele reiche Plantagen, welche diese Früchte lieferten, sind vom Erdboden verschwunden und es wird angestrengter Arbeit bedürfen, um diesen lohnenden Erwerbszweig wieder zu einem blühenden zu gestalten. Die Regierung hat 30 Millionen Lire zum Wiederaufbau der Stadt zur Verfügung gestellt. — Mit Wirren der ver schiedensten Art hat uns das scheidende Jahr ausserdem noch belastet. Bei der Umwälzung in Venezuela hat der Präsident Castro seinem Stellvertreter Gomez in der Herrschaft weichen müssen. Während er seiner Gesund heit halber in Berlin weilte, wurde er seines Amtes entsetzt und wohnt seitdem im Hotel Esplanade in der Reichshauptstadt. Man be richtet von 200 Millionen und mehr, die mit ihm über den Ozean gekommen sein sollen, so dass er es, fern dem Treiben seines Vater landes, wird aushalten können. Die Spannung zwischen Serbien und Oesterreich- Ungarn hatte infolge der kriegerischen Reden des Kronprinzen und anderer Ereignisse wieder einmal einen bedrohlichen Charakter ange nommen und scheint bis zum Ausbruch des Krieges gereift. Das serbische Ministerium demissionierte, doch nahm der König den Rück tritt nicht an und gegenwärtig scheint wieder ein neues Pflästerchen auf die Wunde geklebt zu sein. Ob es ohne Kampf zwischen den beiden Staaten abgehen wird, erscheint sehr fraglich. Auch die Kämpfe zwischen Deut schen und Tschechen in Böhmen dauern unglücklicherweise noch fort und es werden neue Unruhen in Prag erwartet. Rechnet man hinzu, dass im Jahre 1908 die wirtschaft lichen Verhältnisse die denkbar ungünstigsten waren, dass wir in politischer Hinsicht unser Ansehen in bedenklichem Masse einbüssten, so darf man wohl den Schmerzensausbruch Ernst von Wildenbruchs verstehen, der dem scheidenden Jahre die Worte nachruft: Eine Stunde, unsers Lebens schlimme Stunde, Geht mit dir zu Grabe, altes Jahr, Aber wann verheilt in uns die böse Wunde, Die du uns geschlagen? Nimmerdar! Im Verkehrswesen wird das neue Jahr einen Wendepunkt bringen, da mit der alten Eisenbahn -Verkehrsordnung aufgeräumt werden wird. Am 1. April 1909 wird die neue Verkehrsordnung in Kraft treten, die in der Anordnung und Ausdrucksweise klarer und knapper sein soll. Nach Abmachungen mit den Regierungen Oesterreich-Ungarns treten dort voraussichtlich gleichzeitig neue, im wesent lichen mit den unsrigen übereinstimmende Betriebsreglements in Kraft. Dem Postscheckverfahren sagt man bereits schwere Mängel nach, die seiner Ent wicklung entgegenstehen werden. Sie liegen in den ziemlich hohen Kosten, welche für den Inhaber des Postscheckkontos erwachsen. Wer mehr als 600 Buchungen im Jahre auf seinem Konto hat, muss für jede weitere Buchung eine Extrasteuer von 7 Pfg. pro Buchung zahlen. Also die besten Kunden erhalten eine Strafauflage! Die Mehrarbeit kann nicht in Betracht kommen, denn es ist gleichgültig, ob ein Beamter täglich zwei oder fünf oder mehr Buchungen zugleich auf einem Konto vornimmt. Warum will man durch eine solche Stafgebühr die Geschäftswelt geradezu zwingen, weniger als 600 Buchungen im Jahre auf dem Konto vornehmen zu lassen? Auch wäre es als ein Nachteil anzusehen, wenn es sich bewahrheiten sollte, dass nur einer physischen Person, also nicht einer Firma, ein Konto eingeräumt werden könnte. Viele Firmen würden der ganzen Einrichtung fernbleiben, wenn sie in dieser Weise behindert wären, ihre Firma auch im Postscheckverfahren zur Anwendung zu bringen. Der erste Teil der Gewerbegesetznovelle ist vom Reichstag, bevor er in die Weihnachts ferien ging, bekanntlich noch erledigt worden. Ueber die Beschäftigung der Arbeite rinnen ist darin folgendes festgelegt worden: Nach § 137 dürfen vom 1. Januar 1910 ab Arbeiterinnen nicht länger als 10 Stunden be schäftigt werden (Zehnstundentag), an Tagen vor Sonn- und Festtagen darf die Arbeitszeit für Ledige höchstens 8 und für Verheiratete sogar nur 6 Stunden betragen. Wöchnerinnen sind im ganzen 8 Wochen von der Beschäf tigung ausgeschlossen. Jedenfalls können sie erst 6 Wochen nach der Niederkunft eingestellt werden. Verboten ist es auch, Arbeit mit ins Haus zu geben, wenn dadurch die zulässige Gesamtarbeitsdauer überschritten wird. Von diesen strengen Vorschriften lässt der § 138 an 40 Tagen Ausnahmen zu. Gegenwärtig ist man dabei, auch die Kon torarbeitszeit zu regeln. Die Anregung ist vom Kaufmannsgericht Berlin ausgegangen, welches eine Mindestruhezeit von 12 Stunden verlangte. Das Kaufmannsgericht Leipzig fordert dagegen eine solche von 13 Stunden. Würde also bis abends 8 Uhr gearbeitet, mit einer Mittagspause von einer Stunde, so könnte am anderen Morgen erst wieder um 8 Uhr begonnen werden. Auch wurde verlangt, dass ein Urlaub gesetzlich festgelegt werden soll. Zweifellos werden auch im neuen Jahre 1909 mancherlei soziale Fragen auftauchen, an denen auch die Gärtnerei Interesse haben wird. Wir werden es nicht unterlassen, unsere Leser, wie bisher, darüber auf dem Laufenden zu erhalten. Die Buchführung in mittleren und kleineren Gärtnerei-Betrieben. IV. 6. Rechnungsabschluss und Inventur. Im dritten Kapitel unserer Artikelserie in Nr. 50 des vorigen Jahrganges haben wir unter den 6. Punkten, die zusammen das Ziel der Buchführung darstellen, als fünften Punkt den Rechnungsabschluss in bestimmten zeit lichen Zwischenräumen genannt. Der Rech nungsabschluss, d. h. der Abschluss der Bücher, bildet aber nur die Vorbereitung für das eigent liche Endziel, die Ermittelung der Vermögens vermehrung oder Verminderung innerhalb eines bestimmten Zeitabschnittes, Diese Ermittelung geschieht durch Gegenüberstellung aller Ver mögensbestandteile unter Trennung von Besitz und Schulden und heisst Bilanz. Bilanz im engeren Sinne bedeutet somit die Berechnung des Reinvermögens zu einem bestimmten Zeit punkt. Dazu ist äusser dem Abschluss der Bücher zunächst ein Verzeichnis der Vermögens bestandteile sowohl zu Beginn wie am Schlüsse dieses Zeitabschnittes notwendig. Das ist die Inventuraufnahme, die man kurzweg mit Inventur zu bezeichnen pflegt. Für den Geschäftsmann, der dem Handels gesetzbuch unterstellt ist und für den die Führung von Büchern eine gesetzlich vorge schriebene Pflicht bedeutet, bestehen feste Vor schriften für Inventuraufnahme und Bilanz. Die Bilanz ist jährlich zu ziehen, die Inventur aufnahme braucht nur in Zwischenräumen von 2 Jahren zu erfolgen. Eine Bilanz ohne un mittelbar vorhergegangene Inventur ist aber nur unvollkommen. Daher ist in kaufmännischen Betrieben die alljährlich wiederholte Inventur gebräuchlicher. Eine wahrheitsgetreue Ueber- sicht über den Stand seines Vermögens erhält der Geschäftsinhaber nur durch Gegenüber stellung aller seiner Vermögensbestandteile. Hierzu gehört also nicht nur die Gegenüber stellung von Einnahmen und Ausgaben, Gut haben und Schulden, sondern auch der Nachweis der Besitzveränderung in den Warenbeständen, den Immobilien, dem kleinen Inventar usw. Leider ist in der Gärtnerei eine jährliche Inventuraufnahme mit Rücksicht auf den dadurch bedingten grossen Zeitaufwand nicht gut tunlich. Man muss sich daher mit einer Bilanz begnügen, die nur einen Teil des Vermögens berücksichtigt oder die Inventur muss schätzungsweise erfolgen. Aus dem bisher Gesagten geht hervor, dass Bücherabschluss, Inventuraufnahme und Bilanz in einander greifen. Es sind un trennbare Begriffe. In der Reihenfolge, wie sie hier genannt sind, bildet der erste Begriff immer die Grundlage für den nächstfolgenden. Deshalb müssen wir uns zunächst mit dem Abschluss und der Inventuraufnahme beschäftigen. Obgleich für die Mehrzahl der Gärtner keine rechtliche, sondern nur eine wirtschaftliche Notwendigkeit vorliegt, den Vermögensstand zu bestimmten Zeiten durch Inventur und Bilanz festzustellen, wird der Wortlaut der Paragraphen 39 und 40 des Handelsgesetzbuches weiterhin dazu beitragen, dem Anfänger die Bedeutung von Inventur und Bilanz klar zu machen. Die betreffende Stelle lautet: § 39. Jeder Kaufmann hat bei dem Be ginn seines Handelsgewerbes seine Grundstücke, seine Forderungen und Schulden, den Betrag seines baren Geldes und seine sonstigen Ver mögensgegenstände genau zu verzeichnen, dabei den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände anzugeben und einen, das Verhältnis des Ver mögens und der Schulden darstellenden Ab schluss zu machen. Er hat demnächst für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres ein solches Inventar und eine solche Bilanz aufzustellen; die Dauer des Geschäftsjahres darf zwölf Monate nicht überschreiten. Die Aufstellung des Inventares und der Bilanz ist innerhalb der einem ordnungsmässigen Geschäftsgang ent sprechenden Zeit zu bewirken. Hat der Kauf mann ein Warenlager, bei dem nach der Be schaffenheit des Geschäfts die Aufnahme des Inventars nicht füglich in jedem Jahre geschehen kann, so genügt es, wenn sie alle zwei Jahre erfolgt. Die Verpflichtung zur jähr lichen Aufstellung der Bilanz wird hierdurch nicht berührt. § 40. Die Bilanz ist in Reichswährung aufzustellen. Bei Aufstellung des Inventars und der Bilanz sind sämtliche Vermögens bestandteile und Schulden nach dem Werte anzusetzen, der ihnen in dem Zeitpunkte bei zulegen ist, für welchen die Aufstellung statt findet. Zweifelhafte Forderungen sind nach ihrem wahrscheinlichen Werte anzusetzen, un einbringliche Forderungen abzuschreiben Soweit das deutsche Handelsgesetzbuch! Man ersieht zunächst aus den Paragraphen, dass selbst das Handelsgesetzbuch den Fall vorsieht, dass eine jährliche Inventuraufnahme nicht überall angängig ist. Ferner geht daraus hervor, dass der Zeitpunkt, an dem Inventur und Bilanz stattzufinden haben, in das Be lieben des Geschäftsinhabers gestellt ist. Er kann sein Geschäftsjahr besinnen, wenn es ihm am passendsten erscheint. In Gärtnereibetrieben würde für die Schätzung der Pflanzenbestände der 1. Oktober weit zweckmässiger sein als der 1. Juli oder der 1. Januar. Im Herbst ist aber in allen Betrieben dringenderes zu tun und im Januar werden die Witterungsverhält nisse in der Regel ein Hindernis für die ord- nungsmässige Inventuraufnahme bilden. Somit wird der 1 Juli, oder besser noch der 1. Au gust als passendster Termin bestehen bleiben. Für den Zeitpunkt der Inventar aufnahme ergibt sich somit folgendes: Sie erfolgt in bestehenden Betrieben am Schlüsse eines jeden bezw. am Schlüsse jedes zweiten Geschäftsjahres oder bei Besitz veränderungen durch Verkauf, Erbschaft etc. oder schliesslich bei Ausbruch des Kon kurses. Sie ist aber auch bei Neugründungen das erste, was der Begründer der Firma vor zunehmen hat, wenn er mit der Rechnungs führung über seine Vermögensbestandteile beginnen will. Er findet hier keine Grundlage vor wie bei Uebernahme eines bestehenden Betriebes, wo gewissermassen die Schluss inventur, die Schlussbilanz des letzten In habers, ihm die Grundlage für die Eingangs inventur liefert. Zur Aufstellung der Inventur, zur Inventar aufnahme gehört zunächst die Aufzählung aller aktiven Vermögensbestandteile. Dahin gehören: 1. Bares Geld. 2. Besitzwechsel (Kunden wechsel) und Wertpapiere. 3. Guthaben oder Aussenstände für gelieferte Waren, geleistete Arbeit, gewährte Darlehen, Bankguthaben etc. 4. Haus- und Grundbesitz, Geschäftsgebäude. 5. Bewegliches Inventar, sogenannte Fahrnisse. 6. Warenbestände. 7. Vorausbezahlte Beträge an Miete, Pacht, Zinsen, Versicherungsprämien. 8. Durch Kauf erworbene Rechte und Privilegien auf nicht greifbare Dinge, z. B. die erworbene undbezahlte Kundschaft, Firma,Verlagsrechte etc. Bei einigen dieser Besitzteile macht die Bewertung Nichtkaufleuten einige Schwierig keiten. Besonders besteht Unklarheit über die sogenannten Abschreibungen. Soweit die Bewertung nicht aus dem bereits im Wortlaut angegebenen § 40 des Handelsgesetzbuches von Einiges über Pflanzenschutz. Von Dr. Arno Naumann-Dresden. XIV. Pflanzenschutz im Winter. Eine ganze Reihe schädlicher Insekten aus allen Familien findet Winterschutz in den Rissen sich ablösender Borke oder in den Flechten und Moosen, welche, zumal in feuchten Lagen, die Baumrinde überkleiden. Hier sind sie ge feit gegen Frost und geschützt gegen Feuchtig keit. Auch Eierhäufchen, bei einzelnen zer streute Eier, können auf diese Weise den Winter überdauern. Es ist deswegen eine zur rationellen Baumpflege unumgängliche Mass nahme, die Rinde der Obstbäume mittels einer Baumscharre oder Stahlbürste abzukratzen. Dies geschieht am besten im Herbst nach einem längeren Regen. Abgekratzte Borken schuppen, Moose und Flechten sind in einem untergelegten Tuch aufzufangen und zu ver brennen. Mengen von Apfelblütenstechern und anderen Rüsslern werden auf diese Weise vertilgt. Mit dieser Säuberung soll ein Kalkanstrich verbunden sein und zwar möglichst bis in die jüngsten Zweige, denn gerade an diesen finden sich die Eier winzigster Schädlinge z. B. von Spinnmilben (Rote Spinne), von Blattläusen, vom grossen Birnsauger usw. Erst kürzlich wurden mir aus Thüringen Apfelzweiglein zu gesandt, auf deren Rinde winzige rötliche Eier in grosser Menge verstreut waren. Ausserdem erstickt der Kalkanstrich fest sitzende Schildläuse der Gattung Aspidiotus und Lecanium, (zumal auch die kleine Komma- laus), und unterdrückt eine neue Flechten- und Mooswucherung. Die zu verwendende Kalkmilch soll nicht zu dünn sein und wird am besten mit einem Maurerpinsel aufgetragen. Professor Weiss empfiehlt, zur Herstellung 8—10 kg frisch- gebrannten Kalk auf 100 Liter Wasser zu ver wenden. Es ist abzuraten, Russ beizumengen, da die dunkle Färbung infolge von Wärme aufnahme das Baumleben vorzeitig weckt. Treten die vorher erwähnten Schildläuse besonders häufig auf, so ist beim Abbürsten eine Flüssigkeit zu Hülfe zu nehmen; damit die vorher unter den Schildern geborgenen, nun mehr freigelegten Eier und Bruthäufchen nicht vom Winde verweht werden und entferntere Bäume infizieren. Am Grunde der Apfelstämme ist dabei nach Blutlauskolonien zu fahnden. Wenn sich solche vorfinden ist der Wurzelhals gründlich einzufetten. Ueberhaupt ist es angeraten, be reits an warmen Februartagen nach Blutlaus kolonien, die sich durch ihren weissen Wachs flaum verraten, auszuspähen. Die nach dem Blattfall leicht bemerkbaren Raupennester vom Goldafter und die kleineren vom Baumweissling sind sorgfältig auszu schneiden und zu verbrennen. Dabei fallen auch eigenartig gedrängte Wucherungen von Aestchen, die sogen. Hexenbesen auf. Sie ver danken ihre Entstehung einem Nacktschlauchpilz, welcher sein Fadengeflecht weit in den Ast hineinsendet. Beim Bekämpfen soll deshalb der ganze besentragende Ast bis zu seiner knolligen Ursprungsstelle entfernt werden. Bei sorglicher Durchmusterung der Krone werden uns auch hängenbleibende Blätter und Früchte auffallen. Das ist stets ein Zeichen, dass Blatt und Frucht von Krankheit versehrt waren. Bei Süsskirschen ist es die sogen. „Blattseuche" oder „Röte der Kirschen", verursacht durch einen Kernpilz, welche die Blätter am Baume überwintern lässt. Sie müssen nebst etwaigen Früchten abgenommen und verbrannt werden. Bei den Pflaumen rühren hängenbleibende, dürre Blätter von dem daran haftenden Gespinst des Lastträger weibchens, emes Schmetterlings, her. Auf den Blättern selbst befinden sich die Eier, im Ge spinst noch die leere Puppenhülse. Die Blätter sind naturgemäss abzunehmen und zu vernichten, damit nicht die jungen Blätter den im Mai daraus entschlüpften, haarigen Raupen zum Opfer fallen. Häufig findet man an Apfelbäumen kleingeblie bene und geschrumpfte, überwinternde Früchte. Sie tragen in ihrem Inneren das kettenförmige Mycel des Fruchtschimmels (Monilia) welches in Gestalt grauweisser Sporenhäufchen auch die Aussenseite bedecken kann. Selbst Birnen, Kir sehen, Pfirsiche, Aprikosen und Pflaumen leiden ebenfalls unter dieser Pilzkrankheit. Ein Ver nichten der hängengebliebenen Früchte ist hier nach notwendig, zumal der Pilz bei Kirschen im Frühjahr auch junge Zweige mit Blatt und Blüte befällt. Hier und da sehen wir an Obstbäumen abgelöste Rindenteile und kleinere, Bohrmehl tragende Rindenlöcher. Das Bohrmehl verrät die Anwesenheit schädlicher Borkenkäfer-, Prachtkäfer- und Rüsslerlarven, die nicht nur absterbende sondern auch gesunde Aeste befallen. Das Absägen solcher ist möglichst streng durchzuführen. Leider ver laufen bei jüngeren Obstbäumen die Angriffe des sogen, ungleichen Borkenkäfers fast stets tödlich. Immerhin kann man bei schwach be fallenen Stämmchen durch dickes Bestreichen mit Lehm-Kuhmist Rettung versuchen. Am Fruchtholz von Kernobst, seltener an Steinobst findet sich die charakterist ische Eispirale, welche das Weibchen des Ringelspinners in reizendem Eifer schon im Juli gelegt und der Ueberwinterung an verlraut hat. Diese Eierringe sind sorgfältig auszuschneiden und in siedendes Wasser zu werfen. Freiherr von Schilling in seiner originellen Art rät das Verbrennen deshalb nicht an, weil bei Unvorsichtigkeit eine „lustige Eierexplosion“ leicht Schaden anrichten könnte. Wenn man in den Herbst- und günstigen Wintermonaten auf diese Weise unter den Schädlingen gründlich aufgeräumt hat, so kann man im Februar und März um so sorgfältiger nach Restbeständen der Schädlingsflora und -fauna Ausschau halten. Dann bemerken wir an jüngeren Apfeltrieben beulige Auftreibungen, oft an 10 — 12 Knospen hintereinander. Sie werden hervorgerufen durch die rötlichen Räupchen der Markschabe, welche im Umkreis der Knospe in das Holz Höhlungen fressen. In der Birne nagt eine Holzwespenlarve das Mark 1- und 2-jähriger Triebe aus und bringt die Rinde derselben zum Runzeln. Solche Triebe sind ebenso, wie die vorhererwähnten des Apfels, rechtzeitig abzuschneiden und zu vernichten. Auch mit dem Abklopfen der Spalierbäume und Kordons kann in den Vorfrühlingsmonaten bereits begonnen werden. Gar mancher über winterte Birnenknospenstecher, welcher in die sich regenden Knospen ein Ei legen möchte, wird dabei ertappt. Neben den genannten Schädlingen gibt es noch eine Reihe anderer dem Gärtner mehr oder weniger bekannte, in deren Bekämpfung er nicht ermüden darf, wenn er seine Kulturen fördern will. Weitere Einzelheiten über winterlichen Pflanzenschutz anzuführen, möchte über den Rahmen dieses Artikels hinausgreifen. Wenn ich hoffen darf, dass das bisher gesagte Be herzigung findet, so wird im Kampfe mit den Schädlingen schon viel erreicht sein, und der lebensfeindliche Winter ist Gärtnern und Garten liebhabern zum Segen geworden.