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154 Vision. daß Alle nur Produktionen seines Innern sind, die aber durch dessen plastische Macht sich gleichsam verkörpern und ihm sinnlich wahrnehmbar werden können. Sehr ergreifend ist es nach einem Münchener Blatt, „wenn er tiefernste Geständnisse macht, seine Leiden und Krämpfe darstellt oder bei den Täuschungen des Riech- und Schmacksinnes über die Grenzen des Aesthetischen erheblich hinausgeheud höchst drastisch die Geruchs-, Aufschnupfungs-, Schmeck- und Leckbewegungen uachahmt". Es fehlt ihm durchaus nicht au Selbstgefühl, wie er z. B. S. 189 seiner Schrift versichert: „Ich bin ein Muster von Tugend, Moral und Mäßigkeit und würde (unter Umständen) einen sehr guten Ehe mann abgeben". Die schöne Theatertänzerin Bertha Lind in Wien, zerschlug in den 70er Jahren bei ihren nächtlichen Visionen Fenster und Spiegel, wobei sie sich ziemlich verletzte und war noch nach Jahren von deren Wirklichkeit fest überzeugt. Die Schauspielerin Julie Herrlinger sah noch mehrere Jahre manchmal das Bild des Girard de Socantou aus Reval, welcher sie mit letzter Kraft aus der Alster zu Hamburg hob, dauu uutersauk und ertrank. Sie sah ihn und zugleich sich selbst, sah auch sich geraume Zeit im Sarge liegen. (Perels' Vorträge über Sinnesempfindungen, Sinnestäuschungen rc., München 1876, S. 123.) Sehr zahlreiche Musiker leiden an Gehörshallucinationen; der berühmte Prof. Lazarus hörte monatelang das Glockenspiel der Parochialkirche und den Choral: Lobe Gott den Herrn! (Perels l. o. S. 61.) Frau Gründorff und Frau Philippine Hemorlein in Wien sahen ringsum weite grünende herrliche Landschaft, „meine (Perels') Schwester Mathild" greuliche Fratzen, Kladdaradatsche, Gnomen, Kobolde, Zwerge ganz wie Julie Herrlinger, Lina Stettner, die k. k. Hofschauspielerin M., Julie Dumont Suvännh. Die Schwester eines Ministerialsektions- chefs in Wien sieht neben sich ihren eigenen Kopf liegen. (I. e. 135.) Zu den betrügerisch ersonnenen oder ausgenützten Maria- phanieen gehört wohl auch die iu Dittrichswalde, Regierungsbezirk Königsberg, unter dem dortigen Pfarrer Weichsel, angeblich beschränkten Fränlein. Einem geistig verkümmerten 13jährigen Mädchen Auguste Schaffrinska, wegen Unfähigkeit von der Kvmmnnion ausgeschlossen, sei im Traum die Jungfrau Maria erschienen und habe ihr tröstend zugesprochen. Am nächsten Tage wollte dieselbe ans einem Ahornbanm Feuer gesehen haben nnd wie dann Maria auf einem goldenen Stuhle sich vom Himmel herabließ, versprach sie täglich 3mal zu kommen und verlangte, daß man ihr eine Kapelle baue. Die Erscheinnug geschah nun Morgens, Mittags und Abends vom 15. Juli bis 3. Sept, nud cs wurde die Fortsetzung im nächsten Jahre versprochen; andere Kinder und auch Erwachsene wollten sie ebenfalls gesehen haben. Ein Theil der Geist lichen verhielt sich abmahnend, andere erschienen beim Wunderahoru, wo Tausende von Menschen sich befanden, auch der Adel sich betheiligte.