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L ver große Ztsatdraiicl vom Zavre 1744. Wollte man die Häuser der inneren Stadt nach dem Jahre ihrer Erbauung fragen, so würden sie uns zum weitaus größten Teile nennen, was einige noch über ihrer Tür zeigen, die Jahre 1745, 46, 47. lieber Bretschneiders Haustür- lesen wir sogar noch einen langen Spruch: Die große Feuersbrunst, so einst (1744) allhier entstand, Die legte auch mich hin in Asche, Staub und Sand. Der Krieg war vor der Thür, und ich lag säst fünf Nahr, Daß mir zu meinem Bau kein Stein geleget war- Bis eines Fremdlings Hand das Werk hat unternommen, Das durch des höchsten Hüls zu End ist nun gekommen. Dahero sei gepreist, 0 Herr, für deine Güte. Für Unglück und für Not uns fernerhin behüte. l. Wer dieses Unglück verursachte, wissen wir nicht genau. Da gibt es erstlich einen alten Bericht, lautet so: Wilßdr 0 ff, am 8. Iuny 1744. Aller Durchlauchtigster, Großmächtigster König und Chur Fürst, Allergnädigster Herr! Lw. Kgl. Majestät und Ckur Fürstl. Durchlaucht können wir in größter Be- stürtzung allerunterthänigst nicht verhalten, daß der Allmächtige verwichenen 5ten -luny nachmittags nach 2 Uhr das Stadtgen Wilßdruf mit einer heftigen Feuers- Brunst in Zorn heimgesuchet, welche bey einem Bürger vorn Zellaischen Thor Chri stoph Döringen, soviel biß dato herauszubringen gewesen, durch Unvorsichtig keit der Haußleuthe entstanden und aller Gegen-Veranstaltungen ungeachtet, da hinglängliches Feuer Geräthe an 3 Spritzen, 15 Feuer Hacken u. 78 Feuer Eymern vorhanden gewesen, es auch nicht an Waßer gemangelt, in kurzem an verschiednen Qrten des Städtgens dermaßen überhand genommen, daß die wenigsten Einwohner in Stande gewesen, etwas von ihren Mobilien zu retten. Wie denn die Hefftigkett der wütenden Flammen daraus höchst-erlauchtest mit abzunehmen, weil 2 Manns und 4 Weibs Personen unvermercket von Rauch und Flammen in ihren Häußern er stickt und mit verbranndt, auch 141 Bürger Häußern nebst Rath Hauß, Caplaney, Schule und Rectorat, auch Thorhäußern und Brau Hauß binnen wenigen Stunden in Asche verwandelt und weiter nichts alß Kirche und Pfarr Wohnung nebst einem einzigen Bürger Hauß in der Ringmauer erhalten worden, wiewohl auch in Kirchen Thurm 1 Glocke wegen der heftigen Hitze geschmeltzet und der Glocken Stuhl aus gebrannt. Ew. Kgl. Majestät und Churs. Durchlaucht bitten wir allerunterthänigst, den Verzug gegenwärtigen Berichts, welchen theils die unbeschreibliche Consternation der gesamten Einwohnere, theils meine, des Gerichtshalters, Unpäßlichkeit, welche mich verhindert, der eigentlichen Beschaffenheit der Umstände hier mich zu erkundi gen, verursacht, nicht in Ungnade zu vermercken, vielmehr denen in eußerstes Elend oersezten Einwohnern und Bürgern Höchst Deroselben Landes Väterlichen Schutz und Lrbarmung angedeihen zu lasten. Gottlob Günther, Verwalter des Schönbergischen Gerichts. > Quellenangabe: Wilsdruffer Tageblatt 1926, Nr. 104—6. 2 Freiberger Str. 106. Demnach trügen die H a u s l e u l e Christoph Dörings^ die Schuld. Bald aber wurde der Seil er geselle Johann Friedrich Wei dauer belastet. Er habe geglaubt, zur Verherrlichung einer großen Hochzeit, die am Markte stattfand, durch Abbrennen einiger Raketen etwas bei tragen zu müssen, das sei von der Schmiede auf der Zellaer Straße aus geschehen. Eine derselben sei auf das Dach des gegenüberliegenden Hauses^ gefallen und habe dessen Stroh entzündet. Man will den Knall der Rakete ganz deutlich vernommen haben. Weidauer wird darum später vor Gericht vernommen. Er sagt aus, er sei eigentlich Seilergeselle, habe aber, da er Lust zum Schmiedehandwerk gehabt, ums liebe Brot in der Schmiede gearbeitet. An jenem unglücklichen 5. Juni habe er — wie oft schon — ein Stück Eisen glühend gemacht, habe es mit der Feuerzange zum Amboß gebracht und mit dem Hammer drausgeschlagen, davon wohl der Knall, den man gehört habe, der aber nichts Außergewöhnliches sei und auch bei anderen Schmieden entstünde, herrühren möchte. Als er Feuerlärm im Dvringschen Hause gehört, sei er sogleich hinübergesprungen, habe der alten Sanni die Kanne mit Wasser aus den Händen genommen, den Oberboden aufgerissen, um zu löschen, aber es habe schon an drei bis vier Orten im Strohdach gebrannt. Er wisse nicht, wie das Feuer entstanden sei, durch seine Unvorsichtigkeit ganz und gar nicht. Als ihm der Gerichtsdirektor vorhält, warum er dann aber sogleich nach Dresden gelaufen sei, antwortet er, er sei nicht gleich weggelaufen, habe erst an der Feuerspritze mit gearbeitet und als das Haus seines Meisters zu brennen angesangen, habe er aus räumen helfen. Aber da sei ihm eine Lade die Treppe herunter auf die Brust ge schossen, und da habe er nichts mehr tun können. Er sei darum in die Löwenapotheke gegangen, habe sich etwas Arznei geben lasten und sei dann allerdings zu seiner Mutter nach Dresden gelaufen, um ihr das Unglück zu berichten, da er doch auch nicht gewußt habe, wo er in Wilsdruff hätte bleiben sollen. Nach Verhör Weidauers wird sein Meister befragt. Da dieser die Aussage sei nes Gehilfen in allen Punkten bestätigt, vermag man nicht, gegen Weidauer ge richtlich vorzugehen. Die Redereien nehmen indes kein Ende, und daher begibt sich der Gerichtsschreiber noch im Jahre 1748 nach Groß-Zschernau, wo Weidauer sich selbständig gemacht hat. Er schwört, von der Entstehung des Brandes nichts zu wissen. II. Den Verlaus des Brandes schildert uns kein Augenzeuge. Wie mags ge wesen sein? Donnerstag ists, Donnerstag, der 4. ?uni 1744. -In Wilsdruff wird eine große Hochzeit gefeiert, die größte und schönste, die man sich denken kann, heiratet doch der Besitzer des größten Gutes, Gotthelf Grase', die Tochter des Bürgermeisters und Weißgerbers Preisker. Vor dem Hause der BraE am Markte wölbt sich eine vierfache Ehrenpforte. Alle Häuser im großen Viereck grüßen mit Kranz und bunter Schleife. Wochen vorher, nein Monate bereits hats in den Häusern nur dies eins Gespräch gegeben, und viel galt die Ehre, zum Feste eingeladen zu sein.^ Schier endlos war der Brautzug gewesen vom Markt, die Meißner Straße herein hin zu den Kirchenstufen. War leichtlich niemand zu Hause geblieben, der die schöne Anna im Brautschmucke nicht hätte sehen mögen. Pfarrer Funcke hatte seine beste Rede gehalten, ehe sie die Ringe gewechselt, und der alte Kantor Gebhardt 2 Zellaer Str. 35 Ernst Hennig. 4 Nr. 25t Vorwerk Bier. b Apotheke Markt 42. 194 195