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Länger, als man es im allgemeinen erwartete, Hai es gedauert, bis nun auch die Deutsche Zentrumspartei, teils der Not gehorchend, teils einem immer energischeren Druck nachgebend, durch ihren Vorsitzenden, den früheren Reichskanzler Dr. Brüning, aufgelöst worden ist; damit schwindet die letzte politische Partei im bisherigen Sinne aus Deutschlands öffentlichem Leben. Eine selt same Ironie der Geschichte ist es, daß diese Auflösung gerade von dem Manne vollzogen wurde, der so zusagen den ersten Spatenstich zum Grabe des parlamen tarisch-politischen Systems getan hat, ein System, das Dr. Brüning aber doch wieder im Kampf gegen die heran brandende Bewegung des Nationalsozialismus wenigstens grundsätzlich zu retten versuchte. Sie hat ihn mitsamt dem Zentrum hinweggespült. Die Geschichte der Nachkriegszeit in Deutschland ist in größtem Umfange identisch mit der Geschichte des Zentrums seit dem Augenblick, als in der neuen deutschen Nationalversammlung von 1919 das Zentrum, das doch lange Jahre hindurch in Preußen, Bayern, zeitweise auch im Reich mit den damaligen Konservativen zu- sammengearbeitet hatte, nun einen Frieden und sogar ein Bündnis mit den Machern und Nutznießern der Revo lution abschloß. In seiner geschichtlichen Entwicklung dem Boden der katholischen Weltanschauung entsprossen, empfanden gerade große Teile des deutschen katholischen Volksteils es dnnkel oder bewußt, daß durch jenes Verhalten des Zentrums im Jahre l919 und seither ein Bruch mit den früheren Grundsätzen vollzogen war. Es war „auf den Boden der Tatsachen getreten*, trieb mit Hilfe der - Demokratie und Sozialdemokratie eine „Politik der Opportunität", die, je länger, deste mehr sehr starke partei-egoistische Züge trug und noch häufiger Zentrum und Katholizismus in einer für diesen ebenso verhängnisvollen Art verwechselte, wie das des öfteren in der Vorkriegszeit geschehen war und damals zu -inem Zusammenprall der Partei mit nationalen Forde rungen geführt hatte. Der stärkste Vorwurf aber, der in der Nachkriegszeit weltanschaulich gegen das Zentrum zu richten ist, bleibt immer der, daß ihm das Zusammengehen mit d e r S ozialdemokratiedie Angriffs-, ja sogar die Verteidigungskraft gegenüber dem Ansturm des rein materialistischen Marxismus und dessen kommu nistischer Gefolgsleute gelähmt hat. Der allzu große Widerspruch zwischen dieser Wirklichkeit und dem „Grundsätzlichen" des Zentrumsprogramms bzw. seiner weltanschaulichen Verwurzelung klaffte immer weiter aus und ließ den Anspruch des Zentrums, alleiniger poli tischer Vertreter der katholischen Interessen in Deutschland ZU sein, immer hinfälliger erscheinen, was schon rein zahlenmäßig bei den Parlamentswahlen zum Ausdruck und Ausbruch kam. Außerdem war die Partei in den Zähren der Nachkriegszeit aufs schwerste dadurch belastet, daß gerade Männer des Zentrums es waren, die, von Erzberger über Wirth, Marx bis zu Brü ning, die eigentliche politische Verantwortung zu tragen hatten, aber nicht bloß vor dem deutschen Volk der jüngsten Vergangenheit und der Gegenwart, sondern vor der Geich,chte. Eine Politisch-parlamentarische Vertretung der kon- fesnonellen Interessen eines Volksteiles war eben in der Nachkriegszeit an sich schon nicht bloß überflüssig geworden, sondern enthielt obendrein ein Prinzip der Ab trennung von anderen Volksgenossen, das jedenfalls im Weltkrieg restlos überwunden war und nie hätte wieder hergestellt werden dürfen. Gegenüber der in nnd nach der Revolution „siegreichen" marxistischen und christentums- feindlicheu Sozialdemokratie hatte die . damalige Grün dung einer „Christlichen Volkspartei", die konfessionell nicht einseitig sein sollte, einen notwendigen Sinn, aber sehr schnell ist diese Idee zugunsten der katholisch-kon fessionellen Wiedereinkapselung im Zentrun, aufgegeben worden, das feinen alten Namen wieder trua. Diese politisch-konfessionelle Verkapse lung hat der Nationalsozialismus unter Hitlers Führung gesprengt. Erstens nach der rein politischen Seite hin, indem er den parlamentarischen Demokra - 1 ismus — in den das Nachkriegszentrum tiefe Wurzeln Hineingetrieben hatte — rücksichtslos beiseiteschob. Und zweitens zerstörte Hitler die konfessionelle Seite der Einkapselung dadurch, daß sich der Nationalsozialis mus im allgemeinen und die Hitler-Regierung im be sonderen bemühten, über das religiös Trennende hinweg das Wollen und Handeln der Protestanten und der Katho liken Deutschlands auf ein einziges großes Ziel einzustellen: Deutschland. In einer großen Berliner Kundgebung hat der Oberpräsident für Brandenburg, Hitlers alter Mit kämpfer Kube, mit Recht darauf verwiesen, es sei „durch die Überbrückung der konfessionellen Ge gensätze schließlich gelungen, daß „das Zentrum aus seinen Hochburgen hinweggefegt wurde". Ausdrücklich stellt dann Kube fest, daß „das Zentrum nicht durch ein ein- Amerika kehrt WM Kea Mike«. Ser Vorhang fällt in London. Die Weltwirtschaftskonferenz vor der Auflösung. Am Donnerstagvormittag sollte in London bei der Sitzung des Büros der Weltwirtschaftskonfe renz die Entscheidung über die Vertagung fallen, an der niemand mehr zweifelt. Das Büro, dem die Ver treter von 16 Staaten angehören, vertagte sich jedoch nach mehrstündiger Sitzung noch einmal auf den späteren Nach mittag. Aus eine Anregung von Macdonald will man es vermeiden, daß irgendein Staat den Vertagungs antrag stellt, und will daher in einer noch einzuberusenden Vollsitzung den Vertagungsantrag des Steuerausschusses zur Debatte stellen — ein fast kindlich anmutendes Spiel, mit dem die Konferenz weder sich selbst noch anderen Sand in die Augen streuen kann. Aber unter der Regie des bekanntlich ans den Genfer Völkerbundbüros zu sammengestellten Sekretariats spielt man die alten, von niemand in der Wett mehr ernst genommenen Tricks, um den blamablen Ausgang der mit so gewaltigen Mitteln zusammengebrachten Konferenz noch irgendwie zu ver schleiern. Wie es tatsächlich steht, ersieht man aus zwei Tat sachen: die Amerikaner haben einschließlich ihrer Pressevertreter bereits auf dem am Sonnabend von Southampton nach Newyork abgehenden großen Übersee dampfer alle noch verfügbaren Kabinen belegen lassen. Und das bereits erwähnte Sekretariat der Weltwirtschaftskonferenz packt ebenfalls die Koffer und hat seine Abreise nach Gens für den Sonnabend festgesetzt. Damit wird also die erneut angesetzte Sitzung des Büros und der Vollkonferenz zu einem nur noch for mellen Akt, die Vertagung als solche steht für alle Teil nehmer fest. Auch hier gehört wieder einmal genau wie für die Genfer Veranstaltungen das Wort her: „Ein großer Auf wand nutzlos vertanl" * Llm „das Gesicht zu wahren" . . . Das Büro der Londoner Wirtschaftskonferenz nahm dann glücklich in den Abendstunden des Donnerstags ein stimmig den Vorschlag des Steuerausschusses an, die Kon- serenzverhandlungen „in beschränktem Umfange s o rt z u s etz e n". Zu diesem Zweck wurden dieUnter - ausschüsse aufgefordert, eine Liste aller Fragen auf zustellen, die unter Berücksichtigung der ungeregelten Währungslage verhandelt werden können. Sobald die Liste aufgestellt ist, wird eine neue Bürositzung einberufen, „um den weiteren Kurs" festzulegen. Man hat also in diesem Londoner Kuriositäten museum noch nicht einmal die Zivilcourage auf gebracht, sich mit dem Odium eines klaren und ein deutigen Vertagungsbeschlusses zu belasten. Trotzdem doch dieser so schamhaft abgefaßte und einstimmig ge billigte Vorschlag des Steuerausschusses zu nichts an derem „gesteuert" hat, als zu dem unwürdigen Be gräbnis der Konferenz. Denn Fragen, „die unter Be rücksichtigung der ungeregelten Währungs frage geregelt werden können, sind im Augenblick von garkeinem Interesse. Aber man hat „das Gesicht gewahrt" und setzt die Verhandlungen „in beschränktem Umfange" fort. — Amerika, das den Mut hat, völlig neue Wege zu gehen, wird sich um das Londoner Possen spiel darum herzlich wenig kümmern. * WA. kehrt Europa den Rügen. Radikale Kursänderung Roosevelts. Während Roosevelt mit aller Kraft bemüht ist, das riesige amerikanische Wirtschaftsprogramm restlos durchzuführen, wird unter der Einwirkung der Lon doner Ereignisse auch eine völlige Umstel lung der amerikanischen Außenpolitik vorge nommen. Washington ist entschlossen, sich von Europa frei zumachen und seine Politik ganz auf Südamerika und die Länder am Stillen Ozean, hauptsächlich Japan und Rußland, einzustcllen. In Washington wird erklärt, daß die inter nationalen Konferenzen nichts eingebracht hätten und Amerika dabei stets den kürzeren gezogen habe. Von der A b r ü st u n g s k o n f e r e n z fei nichts mehr zu erwarten. Es wird bezweifelt, daß der bisherige Abrüstungsdelegierte Norman Davis zur nächsten Genfer Tagung fährt. Da die ausgerüsteten Nationen, wie z. B. Frankreich, sich trotz der verschiedenen amerikanischen Vorschläge gegen die Durchführung einer wirklichen Abrüstung wehren, be zweifle man in Washington den praktischen Wert einer Fortsetzung der Abrüstungsbesprechungen. Es bestehe auch kein Vertrauen mehr zum Kellogg- Pakt und zum Schiedsgerichtsverfahren. Auch in der Kriegsschuldensrage sei Amerika übervor teilt worden. Amerikas Geduld Europa gegenüber sei zu Ende. Schon deshalb könnte es keine Über raschung sein, daß Washington die vorzeitige Dollar stabilisierung glatt verweigert habe. Erste Auswirkungen des Dollarfalls. Ferner berichten Newyorker Blätter, die Regierung sei entschlossen, die Politik der hohen Zollmauern fortzusetzen. Roosevelts Autarkieprogramm ziele daraus ab, daß sich Einfuhr und Ausfuhr die Waage halten. Der starke Dollarfall führe automatisch zu einer Einfuhr- Verminderung, die bereits stark erkennbar sei. Auch sonst beginnt sich die Inflation jetzt für die amerikanische Hausfrau spürbar auszuwirken. Die Klein handelspreise auf dem Lebcnsmittelmarkt sind über Nacht um 30 bis 60 Prozent gestiegen. Landwirtschaftssekretär Wallace gab bekannt, daß gegen Lebensmittelwuchcrer mit den allcrschärfsten Mitteln vorgegangeu werde. * Amerika tritt 1935 vom Alottenvertrag zurüü. „Die Lage in Gens hossnungslos." Wie verlautet, ist Amerika eirtschlossen, mit Ablauf des Londoner Flottenvertragcs am Ende des Jahres 1935 von diesem Vertrage zurückzutretcn. Präsident Roosevelt sei gewillt, die amerikanische Flotte dann nach eigenem Gut dünken auszubauen. Die amerikanische Regierung sei von der Hoffnungslosigkeit der Flottenverhandlungen über zeugt, nachdem sich Japan zum Rücktritt von dem Londoner Vertrag entschlossen habe, falls ihm nicht die volle Flotteu- gleichhcit zugestanden werde. Amerika sei ferner überzeugt, daß die Lage in Genf hoffnungslos sei. An einer Erörterung der Landabrüstung! sei Amerika nicht interessiert. * Neues Zntereffe Washingtons für Sowjetrußland. In Washington wurde der Gesandte Steinhardt mit dem Studillm des Rußlandproblems beauftragt. Stein hardt foll anscheinend die russische Einstellung in der Schul denfrage sondieren und feststellen, wieweit Rußland zah lungsbereit ist. Zu seiner Aufgabe dürfte es auch gehören, klarzustellen, inwieweit die Sowjetunion zur Einstellung jeglicher Propaganda in Amerika nach erfolgter Anerken nung durch die USA. geneigt ist. * Moskau stellt Besserung der Beziehungeu zu Frankreich fest. Moskau, 6. Juli. In politischen Kreisen wird erklärt, daß die Aussprache Litwinows mit dem Außenminister Paul- Boncour und dem Ministerpräsidenten Daladier äußerst freund schaftlichen Charakter trug. Es seien alle zur Zeil schwebenden wirtschaftlichen und politischen Fragen besprochen worben. Auf russischer Seite besteht der Eindruck, daß sich angesichts der letzten politischen Ereignisse die russisch-französischen Beziehun gen stark verbessert haben. Weitere Besprechungen mit Dala- dier sollen demnächst stattfinden. yeltlichesBekenntnis von nationalsozialistische.nProtestan- ten habe überwunden werden können,sondern nur dadurch, daß sich mehr als die Hälfte der deutschen Katholiken zu Adols Hitler bekannte". Und weiter wird — notwendigerweise — sehr scharf unterstrichen: „Es kann von keiner Seite mehr versucht werden, einen neuen Glaubenskrieg zu entfachen." Vielleicht ist für die „Überfälligkeit" des Zentrums übrigens nichts so bezeichnend wie die Tatsache, daß die Verhandlungen über ein Reichskonkordat mit der Katho- Uschen Kirche allein durch den Vizekanzler von Papen als Mitglied der Reichsregierung geführt wurden, ohne daß dabei, ein Führer Lener Partei mitwirkte. die leit 1871 ore alleinige politische Verireterin der katholisch-kirchlichen Interessen in Deutschland zu sein behauptet hat. Die Geschichte des Zentrums ist zu Ende, nicht erst mit dem Tage, an dem es sich auflöste. Das hat es mit Wider streben getan, und der Vorwurf Kubes, nicht „in Schönheit sterben" zu können, wäre Wohl nicht erhoben worden, wen« es eher der Tatsache Rechnung getragen hätte, daß seins Zeit vorbei, daß seine Wurzeln verdorrt waren. Und konfcssionspolitisch sollen wir im Kampf für. Deutschland nicht fragen ob der Mann, der uns führt, otz die Männer, die neben uns stehen, Katholiken oder Prote stanten sind, sondern nur das eine wie einstmals draußen in Not und Tod: ob sie ihre Pflicht in diesem Kampfe tun.