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Wilsdruffer Tageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Gas .Wilsdruffer Tageblatt» erscheint an allen Werktagen nachmittags S Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— AM. Irci Haus, bei Postbestellung 1,80 AW. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Apsg. LLe Postanstalten und Post- boten, unsere Austrägern. Geschäftsstelle, nehmen zu iederZeitDeftellungenent, Wochenblatt sur Wllsdrufs u. Umgegend gegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg od. sonstiger - " "— Betriebsstörungen besteht »ein Anspruch aus Lieserung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke ersolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 20 Rpfg.. die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs pfennige, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RM. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. 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Der Vergleich ist vielleicht etwas kühn, — aber es ist heutzutage wirklich ein Vorzug, wenn man von einem großen Geldinstitut möglichst wenig „spricht" oder „mun- Lelt". Denn was gesprochen wrrrde, war fast immer etwas sehr Unerfreuliches. Das größte Geldinsti tut, die größte „Kreditmacht" in Deutschland sind heute aber immer noch die S P a r k a s s e n. Von ihnen „spricht" -man erfreulich wenig, obwohl sie allein über soviel Gelder verfügen, wie in den Bilanzberichten von allen deutschen Großbanken zusammen ausgewiesen werden. Allmonatlich berichten die Sparkassen über den Stand Lar Einzahlungen, Auszahlungen und Zinsgutschriften: Las geschieht in ein paar kurzen Zeilen, knapp, doch klar. Das ist aber auch notwendig, denn der kleine Sparer soll sich nicht erst durch einen Wust von Ziffern rind Zahlen hindurchwühlen müssen, um zu erkennen, wie «s mit dem Institut steht, dem er sein Geld anvertraut Hat. Allzuviele Zahlen und Ziffern machen heutzutage ober schnell — mißtrauisch, wenn es sich dabei um Geld handelt! Einen Augenblick schweift, wenn man jetzt den gün stigen Novemberbericht der Sparkassen liest, die Erinne rung zurück in jene trübe Sommerzeit des Vorjahres, als -—aus Gründen, mit denen die Sparkassen nicht das geringste zu tun hatten — der große langdauernde Sturm auf diese Kassen erfolgte; rund 1,2 Milliarden haben sie damals binnen vier Monaten mehr auszahlen müssen, als ihnen an Einlagegeldern zu flossen. Bis zum November zogen sich die Ausläufer Lieser Panik hin, — aber dann was das letzte Miß trauen überwunden. Wenn trotzdem bis in den September d. Ls. die Auszahlungsziffer höher war als die der Einlagen, so hatte dies rein wirtschaftliche Gründe: Einkommensschwund, Vermögensverlust, Ar beitslosigkeit fraßen gierig an den ersparten Geldern. Nund 1,800 Millionen beträgt für die Zeit vom Mai 1931 bis zum September 1932 der Auszahlungsüberschuß, und es ist keine Lobeshymne für die — Großstädte, daß hier das. Matz der Abhebungen weit hinausging über den Durch schnitt, und daß z. B. der Auszahlungsüberschuß in Berlin mit 130 Millionen gerade so groß war wie der von ganz Bayern! Wie denn überhaupt der Sturm auf die Spar kassen in den Mittel- und Kleinstädten verhältnismäßig viel mildere Formen annahm, noch mehr übrigens in Landesteilen mit vorwiegend agrarischer Wirtschaftsstruk- tur: am verhältnismäßig vernünftigsten benahm man sich in Niederschlesien. Immer geringer wurde im Sommer 1932 dieser Aus- zahlungsüberschuß, und der Juli d. I. bedeutete mit 9,717 Milliarden den Tiefpunkt des Einlagebestandes. Dann aber ging es wieder aufwärts; denn schon der Ausgleich zwischen Einnahmen und Auszahlungen im August und September bedeutete für die Sparkassen einen Fortschritt. Daß dann aber im Oktober ein klarer Überschuß der Ein zahlungen über die Auszahlungen erzielt werden konnte, obwohl die letzteren wieder gestiegen waren, greift über die Feststellung einer bloßen Sparkassenbilanz hinaus: denn hieraus kann man — wie überhaupt aus den Berichten der Sparkaffen — sich geradezu aufdrängende Rückschlüsse auf die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland ziehen. Bis zum August etwa ging es unverkennbar abwärts, dann, nach einigem Zögern, aber langsam, Schrittlein um Schrittlein vorwärts und ein bißchen aufwärts. Denn das jetzt veröffentlichte Novemberergebnis zeigt wiederum einen klaren Überschuß der Einzahlungen über die Aus zahlungen, ein Überschuß, der sich dann noch um den Be- i z der Zinsgutschriften weiter steigerte. Auch für den ember, dem Weihnachts- und Geschenkmonat, bewegten sich die Abhebungen in durchaus normalen Bahnen. So konnten die Sparkassen endlich wieder auf atmen, als das Jahr 1932 sich allmählich dem Ende näherte. Es geht wieder aufwärts mit ihnen und zu gleich haben sie schon ein Viertel des großen Kredits, den sie bei der Reichsbank 1931 aus Mangel an unmittelbar flüssigen Mitteln aufnehmen mußten, im Laufe des Jahres 1932 zurückgezahlt. Kein Sparer zweifelt mehr an der Sicherheit des Geldes, das er einer deutschen Spar kasse anvertraute. Und diese Sicherheit ist wieder so selbstverständlich, daß man darüber gar nicht mehr spricht! Sie bleibt auch selbstverständlich, wenn man die Spar kassen von allen Experimenten verschont und sie ihre Sachen allein machen läßt. Dann — wird sie gemacht! Braun vom Urlaub zurückgekehrt. Berlin, 29. Dezember. Reichsernährungsminister Frei herr v. Braun ist von seinem Weihnachtsurlaub zurückgekehrt. — Maßgebend für diesen Entschluß dürfte der erneut einge- tretens Sturz der Butterpreise und die damit herbeigeführte, weiterhin verschärfte Lage der bäuerlichen Veredelungswirt schaft gewesen sein. Die weiteren Agrarmaßnahmen — auch die Durchführung der Fettverordnung — werden nunmehr mit al ler erforderlichen Energie beschleunigt werden. WMerung m HMelmrtlM Das deutsch-französische Wirtschaftsabkommen. Das System von Handelsverträgen, durch die die deutsche Wirtschaft mit der Weltwirtschaft verknüpft wurde, ist aufgebaut auf gänzlich anderen Voraussetzun gen, als sie heute bestehen. Inzwischen ist die Weltwirt schaft aus den Fugen gegangen und an ihre Stelle trat eine Mehrzahl einzelner Nationalwirtschaften mit dem Bestreben, sich selbständig zu machen und auf eigene Füße zu stellen. Das brachte eine allgemeine Tendenz, sich abzuschließen und die eigene Wirtschaft durch Zölle zu schützen. Die Staaten, die durch Handelsverträge, die ge wissermaßen den Grundsatz der „Offenen Tür" be deuten, gebunden waren, gerieten in eine kritische Lage, denn ihrer offenen Tür standen mehr und mehr wachsende Zollmauern gegenüber. Zu diesen Staaten gehört auch Deutschland mit seinem System der „M eistbegünsti- g un g". Es sah sich daher durch die wirtschaftliche Ent wicklung drinnen und draußen gezwungen, in seiner Han delsvertragspolitik neue Wege zu gehen und langsam werden dazu die ersten Schritte getan. Die jetzt erfolgte Unterzeichnung eines Zusatzabkommens zum deutsch- französischen Handelsabkommen bedeutet eine, wenn auch nur schwache, Auflockerung der alten Bindungen, um die Möglichkeit zu gewinnen, allmählich Neues an ihre Stelle zu setzen. In dem neuen deutsch-französischen Abkommen wird der Grundsatz der Meistbegünstigung aufrecht erhalten, und auch die Zollbindungen werden grund sätzlich zunächst beibehalten. Der Handelsvertrag ist aber dadurch elastischer geworden, daß beide Parteien nun mehr das Recht haben, mit vierzehntägiger Kün digung jede einzelne Zollbindung aufzuheben. Welchen Gebrauch hiervon die beiden Regierungen machen werden, wird die Zukunft lehren Neu ausgenommen ist eine Währungsschutz klausel, d. h. daß jeder Teil berechtigt ist, falls die Währung des anderen Teiles sich plötzlich um mehr als 10 Prozent verschiebt, Zollzuschläge zu erheben. Der Saarnotenwechsel betrifft lediglich die Einfuhr von Zichorien zum Mindesttarif in Höhe von 100 Tonnen. Parallel mit diesem Vertrage haben Verhandlungen stattgefunden über den Abschluß eines Devisen abkommens. Danach werden im Warenverkehr mit Frankreich die gleichen Erleichterungen geschaffen, wie sie auf Gruud ähulicher Abkommen mit Italien und Schweden bestehen. Verhandlungen über den Abschluß eines Neise- verkehrsabkommens sind noch nicht zum Abschluß gelangt. * , Von zuständiger Stelle wird als Begründung für die Unterzeichnung noch mitgeteilt, daß angesichts der Tat sache, daß unser Handelsvertragsnetz, das in den letzten Jahren aufgebaut worden sei, ohnehin in einer ge wissen Auflösung begriffen sei, den deut schen Unterhändlern daran gelegen hätte, einen handels politischen Bruch mit Frankreich zu vermeiden, besonders da Frankreich seinen Import nach wie vor in Gold be zahle, was nur noch bei verhältnismäßig wenigen Län dern der Fall sei. Der Weg zur Umstellung der SandelspoM. Das deutschnationale Aufbauprogramm. Die Mitteilungen der Deutschnationalen Volkspartei fahren mit der Veröffentlichung der Richtlinien für die Behebung der deutschen Not fort. Die Deutschnationale Volkspartei fordert seit Jahren eine grundsätzliche Umstellung unserer Handelspolitik. Nach dem Raub seines Auslandsvermögens ist Deutschland gezwungen, unter allen Umständen aus seinem Außen handel einen Ausfuhrüberschuß Herauszuwirtschaften, um seine gewaltigen Außenschulden abzahlen zu können. Die durch die deutsche Einfuhr erworbenen fremden Devisen müssen in erster Linie zur Bestreitung der notwendigen Einfuhr verwendet werden. Notwendig ist die Einfuhr ausländischer Rohstoffe für die deutsche Industrie. Ohne diese können wir weder den deutschen Inlandsbedarf befriedigen noch die deutsche Ausfuhr anfrechtervalten. Erst in zweiter Linie können nicht notwendige Einsuhr bedürfnisse, zum Beispiel an Lebensmitteln, befriedigt werden. Die Katastrophe der deutschen Laudwirtschast verlangt gebieterisch eine Beseitigung der Einfuhr von solchen Lebensmitteln, die wir in Deutschland erzeugen oder entbehren können. Mit diesen nationalwirtschaftlichen Interessen trifft drittens das Währungsinteresse zusammen, weil nur durch planmäßige Senkung überflüssiger Einfuhr und Steigerung des Jndustrieexportes der für den Schulden dienst erforderliche Devisenbedarf gedeckt werden kann. Die Kontingentierung ist das einzige, das zurzeit wirkliche Rettungsmöglichkeiten bietet. Jede Regelung des Außenhandels aber bleibt unvollkommen, wenn nicht durch ein Schuldenabkommen die Last der deutschen Außenschulden auf ein der deutschen Leistungsfähigkeit entsprechendes Matz herabgesetzt wird. »er Kampl um ckie Luller. Der Zusammenbruch der Sutterpretse. Reichs-Landbund fordert völlige Buttercinfuhrsperre. Wie der Reichs-Landbund mitteilt, hat der ge schäftsführende Präsident, Graf von Kalckreuth, in Anbe tracht des Zusammenbruches der Butter preise, die am 29. Dezember mit 95 Mark gegenüber 135,5 Mark im Dezember 1913 je Zentner Berliner Notie rung einen neuen Nekordtiefstand erreicht hätten, ein Te legramm an den Reichskanzler gerichtet, indem die völ lige Buttereinfuhrsperre gefordert wird. In dem Telegramm heißt es, daß im Lande allenthalben hellste Empörung über den infolge Tatenlosigkeit der Neichsregie- rung erfolgten völligen Zusammenbruch der Butterpreise herrsche. Es müßten endlich wirkungsvolle Maßnahmen zur Rettung der deutschen Milchwirtschaft getroffen werden. Bis zur Wiederherstellung geordneter Markt- verhältniffe und eines angemessenen Butterpreises müsse die völlige Buttereinfuhrsperre gefordert werden. * Nachdem am Heiligabend bereits die Berliner Butter notierung um zehn Mark für den Zentner herabgesetzt worden war, sah sich die Berliner Notierungskommission gezwungen, abermals einpn Abstrichvon achtMark je Zentner vorzunehmen. Das Angebot in deutscher Butter ist zur Zeit sehr stark. Absatz möglichkeiten sind nur in beschränktem Umfange vorhan den. Die Umsätze der Kleinhandelsgeschäfte sollen nach Schätzungen in der Weihnachtswoche ungefähr 30 Prozent geringer als zu der gleichen Zeit des Vor jahres gewesen sein. Die Berliner Notierungskommission bezeichnet die Tendenz nicht mehr mit sehr ruhig, sondern mit flau, und setzte die Preise — Fracht und Gebinde gehen zu Kaufers Lasten — wie folgt herab: 1. Qualität 95 Mark, 2. Qualität 88 Mark uud abfallende Ware 79 Mark. * Beschleunigte Durchführung -er Agrarmaßnahmen. In einer amtlichen Mitteilung wird ferner gegenüber andersdenkenden Preffedarstellnn- gen eindeutig erklärt, daß die Verordnung zur Neurege lung der Fettwirtschaft von den zuständigen Ministern „einzig und allein auf Grund des vorliegenden sachlichenMaterials ausgearbeitet und auf Grund einmütigen Kabinettsbeschlusses vom Reichskanzler dem Reichspräsidenten vorgelegt worden" sei. Behauptungen, daß der Reichspräsident besonde ren Einfluß auf den Erlaß der Verordnung genommen habe, entsprächen „in keiner Weise der Wahrheit". Der Reichspräsident habe sich den ihm vorgetragenen Gründen, die auch amtlich bekanntgegeben worden seien, nichtver- schlossen und die Verordnung alsdann unterzeichnet. * Der Deutsche Landwirtschaftsrat über den Butterbeimischungszwang. Angesichts der in der Öffentlichkeit vielfach vcr- breiteten unrichtigen Darstellungen teilt der Deutsche Landwirtschaftsrat zu der Verordnung über den Butterbeimischungszwang zur Margarine u. a. folgendes mit: Die Aufnahmefähigkeit des deutschen Marktes für