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Wilsdruffer Tageblatt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Nr. 6 — 91. Jahrgang w die VMMiig der Amtszeit UOeubmgs Berlin, 7. Januar. Die Unterredung des Reichskanzlers mit den Sozialdemokraten Wels und Breitscheid begann, wie vorgesehen, am Donnerstag abend um 21 Uhr. Sie war um 22.30 Uhr noch nicht beendet. Gegenstand der Besprechung war die Haltung der soziÄdemekratrchen Partei zur Frage einer Verlängerung der Amtsdauer des Reichspräsidenten. Wie ver lautet, haben die sozialdemokratischen Abgeordneten ihre end gültige Stellungnahme von einer Befragung des Parteivvr- stondes abhängig gemacht. Es ist nicht anzunehmen, daß die Entscheidung der Parteien zur Frage der Reichspräsidentenwahl noch am Freitag fallen wird. Anzeigenpreis: die «gelpoMne M-umzeite 20 Apsg., die 4ge,palten« Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 10 Aeich»- psenntge, die 3 gespaltene Beklamczeile im terllichen Teile I NWK. N-chwei,ung-grdühr 2l> Aeichrpscnnige. Dor. Len nach Kernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 SchW°Ä?^ annahmeblsvorm.10Uhr. - — Für Richlindeit der durch Fernruf übermilielicn Anzeigen Ldern. wir keine Garantie. Jeder Radatiunipruch erlischt, wenn der Betrag durch Konserenz in Raten. In Berliner politischen Kreisen hält man es aus Grund der letzten diplomatischen Verhandlungen für nicht unwahrscheinlich, daß eine Unterbrechung der Kon serenz in Lausanne erfolgen wird. Die Konserenz würde dann zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt werden. In Berliner politischen Kreisen betont man, datz Deutschland alles Interesse daran habe, daß eine end gültige Lösung der Tributfragc erzielt werde. Da zurzeit jedoch die Aussichten für eine Einigung mit den Alliierten nicht besonders stünden, und ein Proviso rium höchst unerwünscht wäre, scheine es nicht aus- geschlosien. daß die Reichsreaicruna einem Vroviko. Hitler teilt mit: Von seitcn der NSDAP, wird parteiamtlich, aus Berlin, mitgctcilt: Adolf Hitler wurde am 5. Januar telegraphisch vom Ncichsinnenminister Gro euer zur Besprechung nach Berlin gebeten. Der Führer hatte am 6. Januar abends mit dem Reichsinncnministcr und heute, am 7. Januar, nachmittags mit dem Reichskanzler Dr. Brü ning und dem Reichsinnenminister Groener Be sprechungen, deren Gegenstand die Frage der Reichsprä- sidcntcnwahl war. Adolf Hitler hat sich eine Stellungnahme dem Reichs kanzler gegenüber Vorbehalten, um vorher den Parteien der Nationalen Opposition seine Auffassung mitzutcilen. Der „Vorwärts" zu den Verhandlungen Brünings Berlin, 8. Januar. Im Zusammenhang mit dem Emp fang der sozialdemokratischen Führer Wels, Breitscheid und Hil ferding durch den Reichskanzler und den Besprechungen Brünings mit Hitler schreibt der Vorwärts u. a., als maßgebender Grund für den Plan, die Amtszeit Hindenburgs zu verlängern, werde angeführt, daß die Aufwühlung des ganzen Volkes durch eine Reichspräsidentenwahl in diesem Frühjahr nicht nur die Wirt schaftslage weiter verschlechtern, sondern auch die lebenswichtigen Verhandlungen mit dem Ausland schwer gefährden könnte. Er wägungen solcher Art von der Schwelle zurückzuweifen, besteht für die SPD. kein Grund. Es gebe zwei Möglichkeiten, die eine Entscheidung der soziatdemokrat. Reichstagsfraktion über flüssig machen oder sie doch außerordentliche erleichtern würden. Wenn Hitler und Hugenberg ablehnten, so sei die Sache erledigt. Stellen sie Bedingungen und geht die Reichsregierung aus diese Bedingungen auch nur zum allergeringsten Teile ein, so möge die sozialdemokratische Reichstagssraktivn vielleicht formell noch eine Entscheidung zu leisten haben, materiell aber werde diese Entscheidung schon gefallen sein. Nie und «immer könne die so zialdemokratische Reichstagssraktivn daran denken, ein zwischen der Reichsregierung und der Rechten etwa abgeschlossenes Han delsgeschäft durch ihre Mitwirkung erst rechtskräftig werden M lasten. Voraussetzung für jede Erwägung des Planes durch die sozialdemokratische Reichstagsfraktion sei also die vollkommenste Sicherheit dafür, daß den Rechstparteien keinerlei Gegenleistun gen für ihr Entgegenkommen in Aussicht gestellt würden. Nur durch die Gewähr einer solchen Sicherheit könne der Plan der Reichsregierung für die sozialdemokratische Reichstagsfraktion diskutabel werden. Andernfalls müßte ja die sozialdemokratische Reichstagsfraktion Gegenforderungen und Gegenbedingungen aufstellen. Auf diesen Weg des Kuhhandels zu treten, besteht keine Neigung. Es müsse sich sür alle um ein einfaches Ja oder Nein handeln. Ein Zusammentritt der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion in der nächsten Woche sei vorgesehen, falls die Entwickelung der Dinge einen entsprechenden Verlauf nehme. SozMemkraten beim Reichskanzler Die Führer der SPD., Wels und Breitscheid, hatten am Donnerstagabend eine Besprechung bei Reichskanzler Brunmg Es ist anzunchmcn, daß diese Besprechung dem gleichen Gegenstand gilt wie die Aussprache Brü- mng—Hitler. Bombenanschlag auf den Kaiser von Japan. Der Kaiser unverletzt. Tokio. Auf den Kaiser von Japan ist soeben ein Bom benanschlag verübt worden. Der Täler, ein koreanischer Kom munist, wurde festgenommen. Der Kaiser ist unverletzt ge blieben, obgleich die Bombe unmittelbar hinter seinem Wagen explodierte. Der Koreaner führte eine zweite Bombe mit sich, die er aber nicht mehr werfen konnte. Die Polizei hatte alle Mühe, den Koreaner vor der erregten Menschenmenge rzu schützen. Selter - Vier - Schnaps - Salz. Großer Beliebtheit erfreut sich die letzte Notverord nung ja gerade nicht was durchaus zu verstehen ist, weil der Staatsbürger an ihr kaum eine einzige angenehme Seite zu finden vermag. Uber eine solche Seite, wenn auch nur winzig kleine, ist doch vorhanden: Die Notver ordnung hat eine Steuer aufgehoben. Die Mineral- wasser st euer. Der Verzicht aus sie mag dem Reichs fiskus weiter nicht schwergefallen sein, denn ihr Ertrag war so gering, daß er längst nicht einmal dicVcrwaltungs- kosten erreichte. Da ist's leicht, den „Großmütigen" zu spielen! Dafür hatte aber diese Steuer geradezu ver heerend auf die Mineralwasserindustrie gewirkt, hatte zu mnem gewaltigen Absatzrückgano und entsprechend großen Erzcugungs- und Vertriebsein^chränkungen geführt und tst überhaupt eine Steuer auf ein Genußmittel gewesen, wie sic — nicht sein soll! Man darf heute daran erinnern, weil schon recht be stimmt auftretende Gerüchte von einer Reform der Bier st euer sprechen. Ist doch der Rückgang des deut schen Bierkonsums — übrigens auch nach zögerndem Ein geständnis der Finanzvcrwaltung — weit größer ge worden, als die sinkende Massenkaufkraft dies hätte ver anlassen können. Die scharfe Erhöhung der Bicrstcuer durch das Reich, noch mehr die kommunale Belastung dieses Genußmittels Hai dem Konsum einen so scharfen Stoß nach unten gegeben, daß der Rcichsfiskus betrübt einen enormen Schwund seiner Einnahmen aus dieser Steuer festjsellen mußte. Was man bekanntlich mit dem treffenden Bild bezeichnet: Überdrehung der Steuer schraube. Die Steuercrhöhung führt praktisch zu einer Einnahmeverminderung, die Schraube faßt nicht mehr. Gegen das Jahr 1030 ist der Bierkonsum um 30 Prozent zurückgegangen, nachdem er schon in jenem Jahr gegen über 1920 erheblich nachgelassen halte. Zu einer solchen Katastrophe wie beim Mineralwasser Hal die überhöhte Bicrvesteuerung zwar nicht geführt, wohl aber brachte sie schillere Zeilen und aroße Verluste über die deutsche B i e r w i r l s ch a f t, vom Erzeuger bis zum letzten Gastwirt. Wenn der Fiskus erst einen Rück gang der Einnahmen spürt, dann läßt er eher mit sich reden, namentlich wenn er einsehcn muß, daß der Rückgang zu erheblichem Teile durch die Übersteuerung verursacht wird. Auffallenderwcise ist die Durchführung der notver- ordneten Verpflichtung, die gebundenen Preise bis zum 1. Januar 1932 um 10 Prozent heruntcrzusetzen, für die Brauindustric bis zum 1. Februar hinausgcschoben worden —, es heißt, daß man die Preissenkung durch eine gleichzeitige Biersteuerermäßigung möglichst drastisch machen wolle. Auch die Frage der kommunalen Bier besteuerung soll in die Reform einbezogen werden. Wenn es dazu kommt, so geschieht das nicht aus väterlicher Liebe des Staates zum Konsumenten oder zur Brauindustric, einschließlich des Gastwirtsgewerbes, sondern ein Zurück- brehen der Steuerschraube würde lediglich dem „suero egoismo" des Fiskus hinsichtlich seiner Einnahmen ent springen. „tzui trop einbrasse, mal ölreinl" sagt der Fran- sosc, was mau mit dem deutschen Sprichwort „allzu scharf flacht schartig" auch für die Steuerverwaltung verständlich twersctzen kann. Wohin die Nichtbefolgung dieses Mahn- wortcs führt, hat sich ja bei der Reichsmonopolverwaltung gezeigt, die jetzt schon auf einen Vorrat von zwei Millionen Hektoliter Weinsprit fcstsitzi, weil der Trinkbrannt- chernkonsum infolge der enorm hohen Steuer gegen 60 Prozent zurückgegangen ist. Infolgedessen nno auch hier endlich Gerüchte aufgetaucht, die von einer Mäßigung dieser Steuer zwecks Hebung des non,ums und dadurch des Steuerertrages sprechen. Die 9^en finanziellen Sorgen der Monopolvcrwaltung wer- oen m,o — nm an Wilhelm Buschs bekanntes Wort zu er- rnnern *- gerade durch die unverkäuflichen Riesenfluten ^Ewndcnen „Likörs" verursacht. Man muß aber auch andere, sehr viel weniger angenehm zu hörende Gerüchte verzeichnen: die Ein führung einer Reichssalz st euer. Der preußische ^-lnanzmlnlster soll dem Reichskanzler diesen Vorschlag gemacht haben. Offenbar denkt er dabei: „Was dem Zucker recht ist, muß dem Salz billig sein! Leicht lassen sich über eine Retchssalzsteuer — von deren Erträgen dann die Länder zwecks Deckung der dortigen Fehlbeträge einen Teil abbekommen wollen und sollen — allerhand hämische Witze machen; und der Historiker erinnert daran, datz diese „Tabelle", die Salzsteuer, eine der Ursachen für die — Französische Revolution war. Auch in Indien wirkte diese Steuer bekanntlich revolutionierend —, womit nun aber nicht etwa gesagt sein soll, daß man es auch Herrn Dr. Brüning „versalzen" wollte, wenn diese Steuer in Deutschland wieder eingeführt würde: sic gab es nämlich schon einmal Allerdings konnte sich Dr. Brüning diesen Vorschlag des Deckung suchenden preußischen Finanz ministers gegenüber auch mit anderen Gründen webren vor allem mu dem emen, daß diese Gesamterträge aller vier groben Genußmittelsteuern - Bier Branntwein Zucker, Tabak - restlos dem Reiche zufließen, eine RZchs' salzstcuer zugunsten auch der Länder also dieses Zustem durchbrechen wurde. System Der Reichskanzler empfängt Hitler. Reichskanzler Dr. Brüning hat im Beisein des Reicksinnenministers Dr. Groener am Donnerstag den FüKe7der E.i°na.s°zia.isten Adolf Hitler^ curpfangen. Dieser Empfang Hitlers ist auf einen Wunsch des Reichs- ^nenmtnffters znrückzuführen, der den Führer der Nat o- nalsoztalistcn telegraphisch nach Berlin gebeten hat.Eitler ist diesem Wunsche umgehend gefolgt und hat in Berlin im Hotel „Kaiscrhos" Wohnung genommen. Die Aussprache zwischen Brüning, Groener und Hitler bezog sich, wie in politischen Kreisen verlautet, aus die bevorstehenden innenpolitischen Entscheidungen, vor allem aber auf die Frage, ob die Amtszeit des Reichspräsidenten von Hindenburg, die tm Mai d. I. abläuft, ohne die in der Verfassung vor geschriebene Volksbefragung verlängert werden soll. In Kreisen der Reichsregierung möchte man in Anbetracht der schweren außenpolitischen Entscheidungen, die die nächsten Monate für Vas deutsche Volk bringen werden, von einem Wahlkampf um den Posten des Reichspräsi denten möglichst absehcn, zumal in den Frühjahrs- monaten auch Neuwahlen für den Preußischen Landtag stattfindcn sollen, die die politischen Gemüter außerordent lich bewegen werden. Hindenburg selbst soll, wie es heißt, nicht abgeneigt sein, seine Amtszeii verlängern zu lassen. Allerdings soll er an diese Verlängerung die Bedingung geknüpft haben, daß alle Parteien, von den Nationalsozialisten bis zu den Sozialdemokraten, für diese Amtsverlänge rung sind. Der Empfang Hitlers durch Brüning und Groener soll nun Klarheit darüber gewinnen, ob die Nationalsozialisten geneigt sind, einer Verlängerung der Amtszeit Hindenburgs zuzustimmen. Diese Verlänge rung wäre nur auf dem Wege eines verfass ungs- ändernden Gesetzes möglich, zu dem eine Zwei drittelmehrheit im Reichstag und somit die Zustimmung der Nationalsozialisten notwendig wäre. In Kreisen der Reichsregierung glaubt man, daß die Sozialdemokraten damit einverstanden sein werden, wenn Hindenburg noch für ein paar Jahre Reichspräsident bleiben würde. Wenigstens deuten verschiedene Auslassungen in der sozialdemokratischen Presse auf diese Bereitwilligkeit der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion hin. Es wäre wünschenswert, wenn die Öffentlichkeit über diese wichtigen innenpolitischen Vorgänge, Wie sie der Empfang Hitlers durch Brüning und Groener darstellt, bald in ausreichendem Matze informiert wird, denn de: Ausgang dieser Besprechung dürfte für die weitere Ent wicklung der Innen- und Außenpolitik Deutschlands von allcrgrötzter Wichtigkeit sein. Hiiler bei Brüning. Die Besprechung, die Adolf Hitler bereits am Mitt woch mit Reichsinnenminister Groener gehabt hat, ist bis Donnerstag abend geheimgehalten worden. Der Wunsch zu dieser Unterredung ging von Groener als dem sür Verfassungsfragen zuständigen Reichsinnenminister aus. Die Donnerstag-Besprechung, an der auch Reichskanzler Brüning teilnahm, fand gleichfalls im Reichsinnenministe rium statt und dauerte von 16.00 bis 17.30 Uhr. Die Unterredungen wurden, wie von beteiligter Seite ver sichert wird, in durchaus freundschaftlicher Form geführt. In unterrichteten Kreisen unterstreicht man den von dem Parteiführer der NSDAP, für seine Stellungnahme gemachten Vorbehalt einer vorherigen Fühlungnahme mit den übrigen Parteien der Nationalen Opposition. Freitag neue Aussprache Groener—Hitler. In unterrichteten Kreisen verlautet, daß Adolf Hiller voraussichtlich bereits am Freitag vormittag eine Unter redung mit dem Parteiführer der Deutschnationalen, Ge heimrat Hugenberg, haben wird und daß noch am Freitag eine neue Aussprache mit dem Neichsinnenminister Groe ner stattfinden werde. Man glaubt, daß die Entschei dungen bestimmt nicht lange hinausgezögert werden wurden. Rationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ nLn"°u Sa.*-'- Wochenblatt sür Wilsdruff u. Umgegend Z- . Falle höher» Amp.ua am ^„erm a de. -.»ung oder Ätzung des Bezugspreis. - RLch,endung ^age ringe",ogen werden mutz oder der Äusiraggeder in"Ko'nk'urr'ge^I.'"'"" "" I »°r °m«ichen Bekannimachungen der Amt-Hauptmann,ch-st Meißen, de- Amt-- E^'nnd des SMdtrat" zu miädMff. de- Forstrentamt- Tharandt und de- Finanzamt- Nossen behördlicher,eit- bestimmte Bla«. u —" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Freitag, den 8. Januar 1932