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Wilsdruffer Tageblatt Da» Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forfirentamts Tharandt, Finanzamts Noffe«. für Bürgertum/ Beamte/ Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die «gespaltene Aaumzeile 20 Toidpfennig, Lie 4 gespaltene Zeile Ler amtlichen Bekanntmachungen 40 Pfennig, die S gespaltene Beklamezeile im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Rachwcisungsgedühr 2V Galdpsennig, B»» geschriebene Erscheinung«- —. . ee ev» e» tage und Platznarschrist«« werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Allzeit» annahme bis norm.1VUHr - — ' """ Für die Nichtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabaltanspruch erlischt, wenu der Betrag dmntz Klage eingezogen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeig en nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Tageblatt" erscheint täglich nachm. s Ubr für den folgenden Tag. Bezugspreis: Bei Abholung in »er Veichüftsstelle und den Ausgabestellen 2MK. im Monat, bei Anstellung durch di« Loten 2,SO Mk., bei Poftbestellung r Wk. zuzüglich Abtrag» * .. gebühr. Einzelnummer» Wochenblatt für Wilsdruff «. Umgegend P-ftb-tenundunser-«u». beSgerund l»e,chastsstellen — ! u nehme» zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörung«! besteht kein Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung de» Bezugspreises. — Rücksendung cingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Nr. 207. 84 Jahrgang Telegr-Add .Amtsblatt« Wilsdruff-Dresden Postscheck Dresden 2840 Sonnabend, 5.September 1925 Deutschland als Bollwerk? „Popolo d'Jtalia«, das Blatt Mussolinis, be stätigt die Absicht Italiens, sich am Abschlusse des Sicher heitspaktes aktiv zu beteiligen. Dieser plötzliche Umschwung wird mit der etwas merkwürdig anmutenden Erklärung begründet, wonach die Gewißheit, daß die produktiven Kräfte geordnet werden und aus Deutschland ein Boll werk des Westens gegen das Morgenland werde, die westlichen Siegermächte dazu zu bringen scheine, alle zwischen ihnen und dem Besiegten schwebenden Diffe renzen beizulegen. Da der Vertrag, so heißt es weiter, Europa ein neues Gesicht im Rahmen des Friedensver trages geben werde sowie ein dauerhafteres Gleichgewicht, hätte Italien keinen Anlaß mehr, beiseite zu stehen, son dern vielmehr zwecks Verteidigung seiner Interessen teil zunehmen. Also auch hier wieder der berühmte „heilige Egoismus«, auf Grund dessen Italien seinerzeit das Bündnis mit Deutschland brach und zu seinen Feinden überging. Wenn man das italienische Blatt richtig versteht, will man Deutschland als Sturmbock gegen den Osten ver wenden. Nun ist „Osten« allerdings ein sehr weitgehender Begriff. Man kann dabei neben Sowjetrutzland auch Japan und China, sogar die Türkei verstehen. Mit allen diesen Ländern h.at Deutschland aber bereits Freundschafts- und Handelsverträge abge schlossen, oder ist im Begriffe, es zu tun. Das ist Wohl der beste Beweis dafür, daß Deutschland gar nicht daran denkt, für die Westmächte die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Man kann zwar bei uns vielleicht eine gewisse Genugtuung darüber empfinden, daß jetzt das während des Krieges als barbarisch verschriene Deutschland von einem Ententestaate für würdig gehalten wird, die westliche Zivilisation zu stützen. Wir müssen aber für eine solcbe Nolle danken. Deutschland wird sich seine Partner s e l bff aussuchen, zumal es ein reges Interesse daran hat, mit allen Staaten in Ruhe und Frieden zu leben. In diesem Zusammenhänge ist es nicht uninteressant, einen Blick auf die Beziehungen Deutschlands zu den öst lichen Völkern zu werfen, wobei man auf Rußland und die Türkei nicht allzusehr jetzt einzugehen braucht, da die Wichtigkeit dieser Länder für Deutschland zu sehr in dis Augen springt, außerdem die Schicksalsbande, die uns während des Krieges mit der Türkei verbanden, doch nicht ganz spurlos geblieben sein dürften. Wie kürzlich bekannt wurde, haben die j a p a u i s ch e n Flieger, die von Tokio aus nach Moskau geflogen sind, beschlossen, auch Deutschland einen Besuch abzu statten. Sie dürften Mitte September in Berlin ein treffen. An und für sich wäre das nichts Merkwürdiges Hier liegen aber auch politische Beweggründe vor, was schon die Tatsache beweist, daß die japanischen Bot schafter in Berlin und Moskau sich sehr darum bemühten daß die russische Regierung ihre Weigerung ausgab, die Japanc über Moskau hinaus fliegen zu lassen. Wenn vermutlich jetzt auch andere europäische Hauptstädte aus gesucht werden, so zeigt uns doch das ganze Verhalten der Japaner, daß Liese Wert darauf legen, gerade Deutsch land ihre Achtung zu bezeugen, was uns eine Gewahr dafür ist, daß wir wenigstens allmählich unsere Welt geltung Wieder erlangen. Man hat bei uns zwar ^apan seinerzeit seinen Überfall auf Kiautschou arg verdacht, aber andererseits stets anerkannt, daß es sich'ch Gegensatz zu unsern westlichen Feinden während des Krieges ritter lich verhielt und sofort nach Friedensschlutz wieder zu nor malen Beziehungen mit uns zu gelangen suchte. Ebensowenig wie gegen Japan haben wir auch eine Ursache, uns gegen China etwa ausspielen zu lassen. Mit China verbindet uns außerdem schon ein sester Ver trag. Man hat uns dort seitens der Entente zu Europäern zweiter Klasse machen wollen, indem man uns die Konsn- largerichtsbarkeit nahm. Das hat sich jetzt als ein Vorteil für uns herausgestellt. Wahrend der jetzigen Unruhen erfreuen sich überall die Deutschen in China größter Hoch achtung und konnten sich nach jeder Richtung hin frei bewegen. . „ . Bei dieser Lage der Dmge wird sich Italien selbst sagen können, daß sich Deutschland kaum als Bollwerk gegen den Osten benutzen lassen wird. Da ist es viel leicht besser, wenn Italien die Finger vom Sichrrheits- packt läßt, da es bei solchen Voraussetzungen wie Len obigen doch kaum auf seine Rechnung kommen dürfte. Englisch-türkische SrenzstreWeiten. Genf, 3. September. Als erste wichtige Frage kam heute die Mossul- frage vor dem Völkerbundrat zur Besprechung. Die Türkei wehrt sich bekanntlich gegen das weitere Vor dringen der Briten in Kleinasien und besonders gegen Übergriffe, die durch die Gründung des von den Eng ländern geschaffenen Königreichs Irak an den Grenzen entstehen. Die Türken betonen besonders, England ver letze fortwährend die durch den Völkerbundrat im März 1924 festgesetzten Richtlinien. Die Verhandlungen standen unter dem Vorsitz Briands. Der Andrang war so stark, daß der aroße Sitzungssaal nicht ausreickte. Der türkiscke Iss mmkanW LiisWss „L-emdE zerstört. IM Sturm zerschmettert. Newyork, 3. September. Der nach Art der Zeppelin-Lustschiffe gebaute große Luftkreuzer „Shenandoah" der Vereinigten Staaten ist heute bei der Stadt Cumberland in Ohio zerstört worden. Das Unglück ereignete sich sechs Meilen östlich von Cumberland. Zwei Mann der Besatzung wurden getötet, sieben schwer verwundet. Die Ursache war ein Sturm, in den „Shenandoah" geriet. In einer amtlichen Mitteilung gibt das Marine ministerium den Unfall samt allen Einzelheiten zu. Es wurden sofort besondere militärische Abteilungen an die Unsallstelle entsendet. Ungeheure Bestürzung hat die Be völkerung Newyorks ergriffen. * Der Stolz Amerikas ist dahin. Die „Shenandoah« wurde vor vier Jahren in den Vereinigten Staaten nach dem Zeppelin-System erbaut. Das Schiff hat eine Reihe erfolgreicher Fahrten ausgeführt, von denen die Fahrt von der Atlantischen zur Pazisischen Küste noch in Erinne rung sein wird. Das Schiss war in Lakehurst stationiert. Wenn es jetzt vom Sturm zerstört worden ist, so wird das wahrscheinlich darauf zurückzuführen sein, daß seine Mo toren wesentlich schwächer waren als die des Eckenerschcn Schiffes. Ehe Dr. Eckener seine erfolgreiche Fahrt über den Ozean mit „Z. N. 3« antrat und vollendete, galt die „Shenandoah« als die größte Errungenschaft der ameri kanischen Technik, und schon rühmte man sich drüben, nun mehr nicht mehr hinter Deutschland zurückzustehen. Als freilich der in Deutschland gebaute „Z. R. 3", heute „Los Angeles« genannt, neben die „Shenandoah« trat, wurde sofort seine Überlegenheit klar. Er übertraf das amerika nische Werk nicht allein in den Ausmaßen, sondern auch sichtlich in der Manövrierfähigkeit und der peinlichen Durchführung der Sicherhcitsvorkehrungen, hatte bedeu tend leistungsfähigere Motoren, und in dem ganzen Auf bau wurde der nachwirkende Geist Zeppelins unverkenn bar sichtbar. Mit wahrem Stolz blickte damals ganz Deutschland auf den Wunderbau, als er vor seiner Ab lieferung seinen Rundslug vom Süden bis zum Norden unseres Vaterlandes unternahm. Und diesem Stolze kam nur die Trauer gleich, die uns erfüllte bei dem Bewußt sein, diesen Beweis deutschen Könnens infolge unseres Kriegsunglücks an das Ausland abgeben zu müssen. * Bei der Katastrophe der „Shenandoah« wurde da- Schiff mitten entzweigerissen. Der eine Teil stürzte zu Boden, den anderen Teil trieb der Sturm weiter In der Geschichte der Luftschisfahrt steht das Unglück fas? einzig da. Es fordert allerdings heraus zu einem Vergleich mit dem Tag von Echterdingen, als Graf Zeppelins erstes Schiff während der vom Reich geforderten 2lstüu- dlgen Probefahrt in ein Gewitter geriet und verbrannte. Aber welcher Weg von dem damals so mühsam zustande gekommenen Versuchschrss des genialen Grafen bis zu diesem mit allen Hilfsmitteln der fortgeschrittenen Er fahrung und aller Finanzkraft der Union ins Leben ge- retenen Baues! „Shenandoah" ist ein «Name aus der Sprache der Indianer. Das Schiff sollte anfänglich auch zu einer Nordpolfahrt bestimmt sein, von der jetzt wieder so viel die Rede ist im Zusammenhang mit dem von Eckener ge forderten Neubau eines noch größeren Zeppelins. Die amerikanischen Offiziere hatten aber kein Vertrauen zu dem Plane und so unterblieb die Ausführung. „Shenan doah« wurde zu Passagier- und sonstigen Flügen benutzt und lag neben dem aus Deutschland gekommenen „Z. R. 3« während der Pausen in der Halle zu Lakehurst verankert. * 2 Dr. Eckener über die Zer störung der „Shenandoah". Eigener Fernfprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes«. Berlin, 4. September. Dr. Eckener äußerte sich einem Mitarbeiter des „Berliner Lokalanzeigers" gegenüber eingehend über die mutmaßlichen Ursachen der amerikanischen Luftschiffkatastrophe. Dr. Eckener betonte zunächst, daß es unmöglich sei, sich auf Grund der bisher vorliegenden lückenhaften Nachrichten ein Urteil über den Verlaus der Unglückssahrt zu bilden. Es erscheint mir aber nicht wahrscheinlich, daß die „Shenandoah" in der Lust entzweigebrochen sein soll. Ein derartiger Fall ist erst ein einziges Mal in der Ge schichte der Luftfahrt zu verzeichnen und zwar bei dem englischen „R 38", dem während einer Stunnfahrt über Hutt im August 1821 der Achterteil abbrach. Damals wurde aber festgestellt, daß die Konstruktion für die Geschwindigkeit des Schiffes zu schwach war. Dieser Fehler lag bei „Shenandoah" bestimmt nicht vor. Ihre Kon struktion war im Gegenteil ausgezeichnet. Ich möchte daher an- nehmen, bah das Schiss beim Landen von einer vertikalen Böe er faßt und aus den Boden geschleudert worden ist. Dabei ist es wahr scheinlich in zwei Teile zerbrochen, die dann noch einmal kurz hoch- gerissen wurden. Dr. Eckener führte weiter aus, daß die „Shenan- doah" schon einen Unsall hinter sich habe, bei dem sie ihre Lufttüch- tiglell selbst bei schwerstem Wetter bewiesen hat. Ihre Sturmjahrt nach dem Losreißen dem Ankermast. Seit jener Zeit aber seien ihre damals noch etwas schwachen Stabilisierungsslächen verstärkt wor den. Zum Schluß der Unterredung gab Dr. Eckener seinem tiefen Bedauern zu dem Unglück der „Shenandoah" und ihrer wackeren Besatzung warmen Ausdruck. — Nach den letzten Meldungen aus Neuyork bestätigt sich die Vermutung Dr. Eckeners, daß das Schiff nicht in der Lust entzweigebrochen ist. Wie jetzt fcststcht, g'»g vns Luftschiff herunter und landete in einem Kornfeld, wurde aber cy einen starken Luststob gegen den B°b-» trUmmert Der unverletzt gebliebene Teil der Besatzung erhielt ven Befehl die beschädigten Teile des Luftschiffes an den Tauen sestzu- lmlten' Als jedoch der Sturm die Ueberreste des Schisses samt der Besatzung fortzureihen drohte, gab der Führer die Erlaubnis, die Taue loszulassen, worauf der Sturm das Lustschis; entsührte. Der hintere Teil des Schisses kam später in Ada nieder n u Z e n IN 1 n I n e r vegrunoete ven Gmwrucy. M iNg lifche Kolonialminister Amery wics tue turkl icheu Be schwerden zurück, wobei er die r wollten sich müden Türken.frenndschaktllch vertragen. Der türkische Vertreter will jedoch Sicherheiten An -in-m «M.« d-, ,.ch w,d«A»bmd°» Interessen ist vorläufig geringe Aufsicht Der Schatten Deutschlands. Obgleich Deutschland in Genf nicht vertreten ist Hai imn den Eindruck, daß die wichtigsten Besprechungen des Lundes der Gestaltung der zukünftigen Beziehungen der nnzelncn Staaten und des Völkerbundes zu Deutsch land dienen sollen. Nicht mit Unrecht ist behauptet worden, daß die wichtigste Vertretung in Genf der schatten Deutschlands ist, Ler hinter allen Verhandlungen steht. Die Gerüchte verstummen nicht, die von einer be- lorstehendcn Zusammenkunft Chamberlains mit Strese mann in Lausanne wissen wollen. Die Bedeutung der Lösung Les sogenannten deutschen Problems wird von Kien Teilnehmern so stark empfunden, daß hiergegen das Interesse für die Regelung der Mossulstreitfrage in Leu Hintergrund tritt. * Ls; Louer Besprechungen. London, 3. September. Wie aus ein-"- belgisch-offiziösen Mitteilung hervor- geht, liegt den i. London beratenden juristischen Sachver- j Kündigen ein sorgfältig ausgearbeitetes Projekt zum Sicher beitsvakt vor. mit dem auch die belaifche »tegrerung stm m allen Gtnzelyenen etnverstanven erklärt hat. Hieraus darf nicht der Schluß gezogen werden, saß Deutschland nun vor vollendete Tats a ch e n ge stellt werden soll: im Gegenteil, Deutschland soll volle Freiheit haben, zu den Projekten Stellung zu nehmen und Gegenvorschläge zu machen. In Genf warten die Außen minister Englands, Frankreichs und Belgiens auf das Resultat aus London. Die Juristendebatten bleiben geheim, jedoch verlautet, es habe eine kollegiale Stimmung geherrscht und selbst zwischen dem deutschen Ver treter Dr Gaus und dem französischen Vertreter habe sich ein Geist gegenseitiger Anpassung gezeigt. Dr. Gaus hat stets hartnäckig seinen Standpunkt vertreten, sobald er die Überzeugung hatte, daß der Wortlaut oder die Grundsätze des Paktes oder seiner Anhänge nicht genügend dem Grundsatz der Gegenseitigkeit, der ihm und der deutschen Regierung am Herzen liegt, entsprachen. Deutschlands Eintreten für die Optanten. Unveränderte feindliche Haltung Polens Berlin, 3. September. Die Neichsregicrung hat entsprechend ihrer bis herigen Haltung und den Wünschen des Reichstages durch ihren Gesandten in Warschau noch einmal den Versuch gemacht, auf der Basis des gegenseitigen Verzichts das beschämende Schauspiel erneuter Ausweisungen der Optanten zu vermeiden. Da die in beiden Ländern noch verbleibenden Optanten der Zahl nach unge fähr gleich sind, hätte es unschwer zu eiuem Verzicht auf Lie völlig uneuropäische Völkerwanderung kommen können Wie wenig die polnische Regierung darauf bedacht ist. ru einer Befriedung der Beziehungen bcizutragen, oder