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Holzzellstoff-Anlage zu Hailein. Die Zeitschrift des Oesterr. Ingenieur- und Architekten- Vereins bringt in Nr. 34 einen Bericht über einen Ausflug der Mitglieder nach Hallein, dem wir folgende Einzelheiten entnehmen: Die Salzach hat bei Hallein ein Gefälle von 0,3 °/ 00 und eine Minimal-Wasser-Abflussmenge von mehr als 46kbm in der Sekunde. Der Fluss ist an der Kanaleinlaufstelle 90 m breit, der Kanal zweigt in einer Breite von 60 m ab und verengt sich bis auf 20 m. Da auf der Salzach viel geflösst wird, so ist für den Durchlass des Holzes gesorgt, und ein Rechen dient am Eingänge des Kanals zur Abweisung des Triftholzes. Der obere Kanal hat eine Länge von 450 m und ein Gefälle von 1 :2000, der untere Kanal ist 900 m lang und hat ein Gefälle von 1 : 1000. Das nutzbare Ge falle beträgt 4,2 m und soll durch 4 Turbinen von je 330 PS. ausgenutzt werden, von denen jedoch nur 3 zunächst zur Auf stellung gelangen. Die Firma Ganz & Comp. liefert hierzu kom- binirte Doppel-Kranz-Turbinen mit mittleren Durchmessern von 2000 mm für den innern und 2675 mm für den äussern Kranz. Der innere Kranz ist als Girard-Grenzturbine gebaut und mit Rück schaufeln versehen, während der äussere Kranz reine Jonval-Kon- struktion hat. Dieses System wurde gewählt, weil bei hohem Wasser stand der Salzach Rückstau zu erwarten ist. Der innere Kranz ist somit regulirbar, kann aber infolge der Rückschaufel-Konstruktion bei voller Beaufschlagung unbeschadet des Nutzeffekts im Unter wasser laufen. Der äussere Kranz muss stets voll beaufschlagt sein, oder kann gegebenenfalls mit Handdeckeln ganz abgeschlossen werden. Der innere Kranz wird mit wasserdicht schliessenden Klappen regulirt. Die Turbinen machen 43 Umdrehungen in der Minute und geben ihre Kraft durch Kegelräder an eine waagrecht nach beiden Seiten laufende Haupttriebwelle ab. Die fertiggestellten Gebäude bedecken eine Fläche von mehr als 12 000 m, aber vollständig eingerichtet ist bis jetzt nur die mechanische Werkstatt. Alles wird mit elektrischer Beleuchtung, Wasserleitung und Dampfheizung versehen. Das zu verarbeitende Holz wird an dem erwähnten Rechen aufgefangen und mit einer Drahtseilbahn von dort nach dem Holzlagerplatz geschafft. Die Hilfsmaschinen der Papierstofffabrik erhalten ihren An trieb durch eine Hanfseil-Scheibe von 3 m Durchmesser mit 30 Rillen für 50 mm starke Hanfseile, welche 130 Umdrehungen in der Minute macht. Da sie 2,4 m breit ist, musste sie aus zwei Scheiben von je 15 Rillen hergestellt werden. Bei einer Nutz belastung von 125 kg auf jedes Seil können 1060 PS. über tragen werden. Die Anlage wird 2 Arten von Holz-Zellstoff liefern, nämlich ungebleichte Waare nach Kellner’s Sulfitverfahren und gebleichte nach seinem Elektro-Verfahren. Der Sulfitstoff wird in 4 grossen Kochern hergestellt und in üb licher Weise auf Entwässerungsmaschinen in Pappenfbrm gebracht. Die Gesammt-Anlage soll 30 000 kg lufttrockenen Zellstoffs in 24 Stunden liefern. Das hierzu nöthige Fabrikationswasser von etwa 11 500 kbm wird einem Brunnen von 13,4 m Tiefe und 6 m Durchmesser entnommen, der eine Grundwassertiefe von 3,30 m hat. Von den etwa 2 Millionen Gulden betragenden Kosten der Anlage entfallen auf den Wasserbau etwa 25 pCt., auf die Turbinen etwa 7 pCt., auf Hochbau, Grunderwerb und sonstige Nebenkosten etwa 33 pCt., auf die maschinelle Einrichtung etwa 35 pCt. Holländische Büttenpapiere. Von W. Herzberg. Die vielfach verbreitete, aber falsche Ansicht, dass Hand- (Bütten-) Papiere an sich besser sind als Maschinenpapiere, hat sich namentlich mit Bezug auf die holländischen Büttenpapiere bis auf den heutigen Tag erhalten und erscheint schwer ausrott bar. Bei Verwendung gleich guter Rohmaterialien, bei gleich guter Verarbeitung derselben usw. erzeugt die Maschinenpapier- Fabrikation heute ein Produkt, welches in solcher Güte weder früher noch jetzt aus der Schöpfbütte gewonnen wurde. Man sollte deswegen mit einer gänzlich veralteten Anschauung end- giltig brechen und ein Papier nicht nach der Art seiner Erzeugung, sondern nach seinen Eigenschaften unter Bezugnahme auf die verwendeten Rohstoffe beurtheilen. Im Nachfolgenden soll die Thatsache, dass man sich über die Eigenschaften und den Werth von Handpapieren, insbesondere der holländischen, vielfach ganz falsche Vorstellungen macht, an der Hand von Versuchen, welche in der Versuchs-Anstalt in .Charlottenburg ausgeführt wurden, dargelegt werden. Den Ver suchen wurden eine Anzahl von befreundeter Seite zur Verfügung gestellter holländischer Büttenpapiere zu Grunde gelegt, welche ja vorzugsweise häufig als Beispiele bester Papiere an geführt werden. Sie haben diesen Ruf aus vergangenen Jahr hunderten mit herüber gebracht, die angestellten Versuche haben indessen gezeigt, dass er ihnen nicht mehr zukommt. Die zunächst in Frage kommenden 8 Papiere wurden von einem holländischen Fachmanne als beste Erzeugnisse der holländischen Papiermacherkunst bezeichnet. Erwähnter Herr fügte den vor handenen Mustern zwei weitere hinzu, welche in Holland zu be sonders wichtigen Schriftstücken Verwendung finden. (Nrn. 4 und 5 der Tabelle 1.) Mit Ausnahme dieser beiden Papiere, über deren Herkunft nichts bekannt ist, stammen sämmtliche Proben aus einer der ersten holländischen Fabriken und tragen das Wasserzeichen des Erzeugers. Die gewonnenen Versuchs-Ergebnisse sind nebenstehend in Tabelle 1 zusammengestellt. Es gehört demnach streng genommen nur eins der unter suchten Papiere zu Stoffklasse I, die übrigen zu Stoffklasse II, weil ihr Aschengehalt etwas höher ist als 2 pCt. Da diese Ueber- schreitung aber nur unbedeutend und die Grenze des Aschen gehaltes bei Stoffklasse I etwas niedrig ist, darf man die Papiere sämmtlich als reine Lumpenpapiere betrachten. Auffallend ist, dass kein Papier zu Festigkeitsklassen 1 und 2 gehört, und somit auf Grund der preussischen Normalien nicht für wichtige Urkunden, Standesamts-Register usw. erster Sorte Verwendung finden dürfte. Zöge man den Werth für den Wider stand gegen Zerknittern in Betracht, so wäre auch die Festigkeits klasse 3 nicht vertreten. Unter Ausserachtlassung desselben ge hören zwei Papiere zur Festigkeitsklasse 3 und acht zur Festig keitsklasse 4. Besonders zu erwähnen ist noch, dass das für Urkunden be stimmte Papier Nr. 4 nicht leimfest ist und schon mittelstarke Schriftzüge ziemlich stark durchschlagen lässt. Das Ergebniss dieser Prüfung wurde einem Fachmann in Holland mitgetheilt, welcher daraufhin eine der ersten Fabriken Hollands veranlasste, 3 der besten mit ihrem Wasserzeichen ver sehenen Handpapiere zur Vergleichung einzusenden. Die bei ihrer Prüfung gefundenen Werthe sind nebenstehend in Tabelle 2 zusammengestellt. Auch diese Ergebnisse können das Obengesagte nur be stätigen; dasselbe gilt von 19 anderen holländischen, von ersten Firmen zur Vergleichung überlassenen Papieren, deren Unter suchung erst ganz kürzlich beendigt wurde. Sämmtliche Papiere waren aus Lumpen hergestellt, enthielten aber bis zu 4,5 pCt. Asche; sie waren thierisch geleimt, es mussten aber 3 als nicht leimfest bezeichnet werden. 8 Papiere gehörten zur Festigkeitsklasse 3 10 » » 4 1 » » » » 5. Man sagt demnach wohl nicht zuviel, wenn man die sämmt- lichen untersuchten Papiere als nicht besonders gut bezeichnet. Jedenfalls können sie garkeinen Vergleich mit denjenigen Papieren aushalten, welche bei uns zur Anfertigung wichtiger und für lange Aufbewahrung berechneter Urkunden usw. dienen. In der nebenstehenden Tabelle 3 sind zum Vergleich die Ergebnisse der Prüfung einiger solcher Papiere zusammengestellt, wobei noch bemerkt wird, dass solche durch ihre Eigenschaften besonders hervorragende Papiere absichtlich nicht aufgeführt sind, um der Gegenüberstellung eine breitere Grundlage zu geben. Bedenkt man bei Vergleichung der Tabellen, dass die hol ländischen Papiere durchweg mit Thierleim geleimt sind, die anderen aber mit Harzleim, so fällt der Unterschied in den Festigkeitswerthen noch mehr ins Gewicht, denn die thierische Leimung allein ist imstande, ein Papier in die nächst höhere Festigkeitsklasse zu bringen. (Ueber den Einfluss wiederholter thierischer Leimung auf die Festigkeit und Dehnung des Papiers. Vom Verfasser. Mittheilg. aus den Versuchs-Anstalten 1887, Heft 4.) Trotzdem wir also in Deutschland für wichtige Akten erheb lich bessere Papiere zur Verfügung haben, als sie Holland uns mit seinen besten Marken liefern kann, werden holländische Bütten papiere dennoch vielfach, namentlich von grösseren Geschäfts häusern, für die Geschäftsbücher usw. verwendet. Wenn man ferner bedenkt, dass 1000 Bogen holländisches Dokumentenpapier im Format 33 : 42 cm in Berlin mit etwa 50 M. bezahlt werden, während man deutsches Papier von erheblich besseren Eigen schaften zur Stoffklasse I und Festigkeitsklasse 1 gehörig bereits für 27—30 M. kaufen kann, so kann die Verwendung des ersteren nur auf Vorurtheil oder Unkenntniss der Sachlage zurückgeführt werden.