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No. 52. PAPIER-ZEITUNG. 1501 scheint der Grund vergoldet, und die Ornamente bleiben in der Farbe stehen. Selbstverständlich muss der Farbenschnitt zum Vergolden ent sprechend vorbereitet werden. Zu rothen Schnitten verwendet man feinen Karmin, zu hellroth Zinnober. Der Farbe muss beim Anmachen ein Grund gegeben werden, auf welchem das aufge druckte Gold haftet. Als solcher kann Gelatine mit ganz ge ringem Salzsäure-Zusatz benutzt werden. Mit der gut aufgelösten Gelatine wird die Farbe angemacht, doch ist dabei vorsichtig zu verfahren. Die Bindekraft muss stark genug sein, um das Gold haften zu machen, darf aber nicht so stark sein, dass die Buch blätter zusammenkleben. Die Schnitte werden in einer Presse gefärbt, um das Eindringen der Farbe zwischen die Blätter zu verhüten, dann geglättet und in der Ciselirmaschine vergoldet. Zu blauen Schnitten kann Pariserblau oder Ultramarinblau ge wählt werden. Zur Herstellung verzierter Schnitte mit Firnissuntergrund, meist das »Grün’sche Verfahren« genannt, braucht man ver schiedene Werkzeuge, die von Buchbindermaterialien-Geschäften in einem Holzkasten geordnet zusammen zum Preise von 15 Mark in kleiner Auswahl, 25 Mark in reichhaltiger Zusammenstellung ge liefert werden. Das wichtigste Werkzeug ist die Farbwalze mit Gestell, eine Giessform für Walzen, Giessbleche für Platten, Farben und Firnisse, und die Galvanos, welche das Schnittmuster erhöht tragen. Man hat zwei verschiedene Verfahren, das eine von dem schon genannten Grün, das andere von Fritzsche eingeführt. Nach dem Grün’schen Verfahren wird dicker Firniss auf einen dann mit einer kleinen Handwalze auf genommen und auf ein Klischee über tragen, das die Länge eines grossen Oktavbuches und eine Breite von einigen Centimetern hat. Die Breite richtet sich nach dem Schnittornamente und ist entweder auf dicke oder mittel starke Bücher berechnet. Nachdem das erhabene Muster des Klischees mit Firniss eingewalzt ist, wird mit einer dicken Walze aus Walzenmasse der Firniss durch vorsichtiges Hinweg rollen über das Klischee von diesem wieder abgenommen. Nun ist das Ornament in Firniss auf dem Umfang der Walze enthalten. Indem man die Walze vorsichtig über den Buchschnitt rollt, bleibt der Firniss auf diesem haften. Nun stäubt man den Schnitt mit Bronce oder gepulverter Farbe ein und erhält demnach auf dem Schnitte ein Bild des Klischees. von Fritzsche werden statt der grossen verwendet. Der Firniss wird auf das Klischee gewalzt und von diesem mit dem Gelatinehäutchen ab genommen und auf den Buchschnitt übertragen. Die Häutchen können auf einer beigegebenen Gussplatte nach dem Gebrauch umgegossen werden. Es ist möglich, mit Hilfe dieses Verfahrens sowohl broncirte als auch farbig ornamentirte Schnitte zu erzeugen; broncirte durch Aufstäuben von Bronce, farbige durch Aufpudern von trockenen Farben oder auch durch direkten Farbenaufdruck. Schnitte, welche ziselirten Goldschnitten ähnlich sind, erhält man, indem man ein Ornament auf einen blank geglätteten Goldschnitt druckt und mit entsprechender Bronce einpudert. Die Bronce erscheint matt, der als Ornament durchscheinende Goldschnitt blank. Schöne Ergebnisse können durch Anwendung farbiger oder Kupfer- broncen auf Goldschnitt erzielt werden. Ebenso kann auch das Ornament mit Farben auf Goldschnitte gedruckt werden, oder um gekehrt broncirte Ornamente auf farbige Schnitte. Zu billigeren Büchern kann auch ein Bronce- oder Farbenornament auf den weissen Schnitt gedruckt werden. Es ist also möglich, mit Hilfe des Zierschnittverfahrens vielseitige Abwechslung zu schaffen. Diese wird noch gesteigert durch Anwendung verschiedener Ornamente. Es sind jetzt bereits eine grosse Anzahl Ornament-Klischees zu Schnitt Verzierungen im Handel. Fig. 2 zeigt einige Abdrücke solcher Klischees, die sich ihres Musters wegen gut zu den dünnen Poesiebüchern eignen. Da die Ornamente dieser Klischees unbe grenzt sind, d. h. nach allen Seiten sich stets wiederholend fort laufen, so ist es möglich, bei einmaligem Ueberrollen zugleich so viel nebeneinander gepresste Bücher zu verzieren, als die Breite der Walze und das Klischee gestattet. Anstelle der üblichen Farbstein gut verrieben, Fig. 2. Nach dem Verfahren Walze, Gelatinehäutchen Galvanos kann man überdies auch Pressplatten verwenden, die entsprechendes Ornament tragen. So vielseitige Verzierungen diese Verfahren auch gestatten, zur Massenherstellung sind sie doch ziemlich umständlich. Ueberträgt man den Firniss oder die angeriebene Farbe mittels einer Walze vom Klischee auf den Buchschnitt, so muss diese Walze nach jedesmaligem Abrollen wieder ge reinigt werden, da stets etwas Firniss daran haften bleibt, der den nächsten Druck verunreinigen würde. Das Uebertragen durch Gelatinehäutchen ist auch ziemlich umständlich. Viel einfacher wäre es bei Massenarbeiten, die Ornamente auf Kautschukrollen anzubringen, ähnlich, wie dies bei den sogenannten Marmorir- Walzen der Fall ist. (Dieser Vorschlag ist unausführbar, weil Firniss den Kautschuk angreift und die Walzenoberfläche binnen kurzem zerfressen würde. Man müsste demnach entweder den Firniss durch eine nicht-ölige Mischung, — etwa Eiweiss oder Gummilösung mit Glycerin oder Zucker — ersetzen, oder zur Walze einen der Buchdruckwalzenmasse ähnlichen Stoff ver wenden. D. Red.) Dadurch würde einerseits das umständliche Uebertragen wegfallen, und anderseits ein sicherer und reinerer Abdruck zu erzielen sein. Die Walzen könnten in nöthiger Länge gefertigt werden, um zugleich eine grössere Anzahl nebeneinander gepresste Bücher zu verzieren. Man würde dann so verfahren, dass man zwei Farbsteine benützte. Auf dem einen würde der zähe Firniss verrieben, mit einer Walze von dem Steine ab- genommen und dünn auf einen anderen Stein übertragen; auf diesem könnte dann die Dessin-Walze eingewalzt werden. Denn wollte man diese sofort auf dem ersten Farbstein ein walzen, so würde die Farbe zu dick und ungleich aufgetragen werden. Zur Herstellung einfacher, farbig gedruckter Schnitte können auch Dessin-Walzen mit Selbstfärbung verwendet werden, die genau wie die bekannten Marmorirwalzen eingerichtet sind. Auf der Dessin-Walze läuft eine Farbwalze, die an erstere die nöthige Farbe abgiebt. Derartige Walzen aller Art fertigt mit jedem Muster u. A. Oskar Sperling in Leipzig-R. (Fortsetzung folgt.) Kleine Mittheilungen. Papiergeld-Sammlung. Die Reichsdruckerei hat die reich haltige Papiergeld-Sammlung des im März d. J. verstorbenen kunstgewerblich-heraldischen Schriftstellers Ludwig Clericus in Magdeburg, der sich auch in der Papier-Zeitung öfters in heral dischen Fragen äusserte, erworben. Die Sammlung soll neu geordnet und nach Beschaffung der erforderlichen Ausstellungs- räume dem Publikum zugänglich gemacht werden. Bei dem Um- fang der Sammlung kann dies allerdings erst zum Herbst ge schehen. Als besonders merkwürdige Stücke aus der etwa 2000 Nummern zählenden Sammlung erscheinen nach der »Nat.-Ztg. zwei russische Lederrubel, die als Nothgeld gedient haben, das ältere Stück unter dem Zaren Alexef Michailowitsch im Kriege mit Polen 1655, das jüngere für die russischen Truppen während der Belagerung Rigas ausgegeben, die am 4. Juli 1710 mit der Eroberung der Stadt endigte. Von beinahe gleich hohem Alter sind schwedische, norwegische und dänische Noten aus den Jahren 1666, 1695 und 1713. Neben den ältesten preussischen »Tresor scheinen« von 1805 sind die Kassenscheine aller deutschen Klein staaten vorhanden. Oesterreich, das Land .der Guldenzettel, Frankreich, Italien nehmen einen breiten Raum mit ihrem alten und neueren Papiergeld in der Sammlung ein. Auch Russland, Finnland, Polen, die Türkei, China, Japan, Siam, ferner fast sämmt- liehe amerikanische Staaten sind durch Geldscheine vertreten, ebenso der Kirchenstaat (1786, 1813) und die römische Republik (1798 und 1849. Die Reichsdruckerei, deren Erweiterungsbau rüstig fortschreitet, gewinnt allmälig ein verändertes, bedeutsameres Aussehen. An der Ecke der Oranien- und Alten Jakobstrasse ragt ein zierlicher erkergeschmückter Thurm empor, der vermöge der gut gewählten Zusammenstellung rothen Sandsteins mit glasirten Ziegeln einen reizvollen Anblick gewährt. Die angekauften Nebengebäude sind niedergelegt, und man gewinnt einen Ueberblick über die Grösse des Grundstücks, welches den Anbau aufnimmt und die Reichs- druckerei zu einer der stattlichsten graphischen Anstalten der Welt machen wird. Wer fertig ist, dem ist nichts recht zu machen; ein wird immer dankbar sein. Faust I, Werdender Vorspiel.