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1494 PAPIER-ZEITUNG. Bei der Kurz- und Spielwaaren-Grosshandlung A. Schlesinger wurden 4248 Spiele gefunden. Die Steuerbehörde hat hierfür 127 440 M. Strafe ausgeworfen. Da die Firma aus zwei Inhabern besteht und jeder in die gleiche Strafe genommen werden muss, so hätte die Firma insgesammt 254 880 M. zu zahlen. Da der eine Theilhaber, von Otto, aber erst in die Firma eingetreten ist, nachdem bereits ein Theil der Kartenspiele verkauft war, so be ziffert sich die ihm auferlegte Strafe auf 84 240 M. Der Kauf mann Strenger soll 25 920 M., Kaufmann Schubert 1440 M., Kauf mann Wolf 720 M., Kaufmann Sommerfeld 1620 M. und Kauf mann Manus 2160 M. Strafe zahlen. Das sind insgesammt 243 540 M. Gegen diese Verfügung beantragten die in Strafe Genommenen richterliche Entscheidung. Sie machten geltend, dass die Spiele mit einem Umschlag versehen seien, welcher erkennbar die Bezeichnung Kinderspiel karten trage, dass die Karten nicht die gewöhnliche Form der Spielkarten hätten, aus ganz gewöhnlichem, rohem Holzpapier hergestellt, nicht gleichmässig abgeschnitten und aus allen diesen Gründen für Erwachsene nicht zu gebrauchen seien. Der Staats anwalt berief sich dagegen auf das Gutachten des Haupt-Steuer- Amts für ausländische Gegenstände. Darin wird zunächst darauf hingewiesen, dass der Umschlag äusser der Bezeichnung »Kinder spielkarten« noch die Worte: »Für Klein und Gross« trage. Ferner überschritten die Karten das in der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 6. Juli 1875 fürstempelfreie Kinderspielkarten bestimmte Maass. Auf den Stoff und die Qualität der Karten komme es nicht an, da die Karten trotz aller Mängel und der darauf befindlichen Bilder und Sprüche zum Spielen geeignet seien. Der Staatsanwalt beantragte daher, die Strafen zu be stätigen, welche im Unvermögensfalle in Gefängnissstrafen umzu wandeln seien, und zwar einen Tag für je 15 M. Bei den An ¬ geklagten Müller und von Otto (Schlesinger & Co.), sowie Strenger könne nur -das zulässig höchste Strafmaass, je 2 Jahre Gefängniss, erkannt werden, bei Schubert würde an Stelle der gegen ihn verhängten Geldstrafe auf 96 Tage, gegen Wolf auf 43, gegen Sommerfeld auf 108 und gegen Manus auf 144 Tage Gefängniss zu erkennen sein. Der Vertheidiger führte aus, dass die Karten zum Spielen für Erwachsene durchaus ungeeignet seien, dass die Angeklagten hiervon überzeugt gewesen seien und deshalb frei gesprochen werden müssten. Der Gerichtshof schloss sich der Ansicht der Steuerbehörde an. Er wollte sich anheischig machen, mit den fraglichen Karten einen regelrechten Skat zu spielen, und einer eingeregneten Jagd- Gesellschaft oder Eisenbahn - Reisenden würden diese Karten in Ermangelung besserer sehr willkommen sein. Er sei auch der Ueberzeugung, dass es auf eine Umgehung des Spielkarten- Stempelgesetzes abgesehen sei. Es müsse deshalb bei den An trägen des Staatsanwalts bleiben. Der Vorsitzende, Landgerichtsrath Braun, machte eine An deutung dahin, dass ein an die maassgebende Stelle zu richtendes Gesuch um Herabsetzung der Strafe Erfolg haben dürfte. Papierfabriken in Amerika und Europa. The »Paper Trade Journal« meldet, dass The Hudson River Pulp and Paper Co. ihre Fabrik in Palmer Falls demnächst durch Auf stellung einer Papiermaschine von 126 Zoll (320 cm) Breite ver- grössert, die längst bestellt ist. Ausserdem hat die Gesellschaft, deren Hauptbetheiligte Senator Miller und unser Landsmann Herr Pagenstecher sind, eine alte Wollfabrik in Corinth gekauft, wo sie eine zweite Anlage errichten wird. Zu diesem Zweck will sie ihr Aktienkapital auf 500 000 Dollar in Antheilen zu 25 Dollar erhöhen und soll dann imstande sein, täglich 100 Tonnen (100 000 kg.) Papier (Zeitungsdruck) zu liefern. Diese Zahlen sind offenbar ungenau, da es kaum glaublich erscheint, dass mit einem in Papier fabriken angelegten Kapital von 2 100000 M. ein jährlicher Umsatz von mehr als 6 Millionen Mark erzielt wird. Sie erscheinen um so unwahrscheinlicher, als die Anlage in Palmer Falls, deren Platz ganz aus Felsen gesprengt werden musste, ziemlich theuer war. Wenn die Zahlen aber nur annähernd richtig sind, bestä tigen sie doch, dass heute noch, wie nach Hofmann’s Handbuch vor 20 Jahren, infolge der einfachen Bauart und grossen Leistung der amerikanischen Papierfabriken dort mit demselben Anlage kapital weit grösserer Umsatz erzielt wird als bei uns. Diese Erscheinung wird um so auffallender durch die hohen amerikanischen Arbeitslöhne, welche das Bauen sehr vertheuern und sollte deutschen Fabrikanten zu denken geben! Tinten-Prüfung. Bekanntlich ist Dänemark dem Beispiele Preussens gefolgt und hat Bestimmungen erlassen, welche die für die dänischen Behörden gütigen Grundsätze für amtliche Tinten-Prüfung ent halten. Dieselben wurden unter dem 23. Februar 1889 veröffent licht und sind in allen wesentlichen Punkten den preussischen nachgebildet, wie der in der Uebersetzung hier wiedergegebene § 1 derselben zeigt: § 1. Die Schreib- und Kopir-Tintensorten, welche im Staatsdienste für alle Arten Aktenstücke und Mittheilungen Anwendung finden, die nicht blos so als Manuskript für den Druck dienen sollen, sind künftig in folgende zwei Klassen einzutheilen: Klasse I: Eisen-Gallustinte, im Liter mindestens 4 g Eisen und 30 g aus Galläpfeln bereiteter Gerb- oder Gallussäure enthaltend. Klasse II: Tinte, deren Schriftzüge nach achttägigem Trocknen weder durch Wasser noch Alkohol abgewaschen werden können. Jede ‘Tintensorte soll kräftig gefärbte Schriftzüge geben, die nach dem Trocknen in schwarzer Farbe hervortreten müssen und nicht merklich an Intensität verlieren dürfen, wenn sie drei Sommermonate lang der Einwirkung des direkten Tageslichtes ausgesetzt werden. Die Tinte soll leicht fliessen und darf selbst unmittelbar nach dem Trocknen nicht klebrig sein, wie sie ebensowenig schimmeln darf, wenn sie in offenem Behälter der Einwirkung der Luft ausgesetzt wird. Die Kopir-Tinte soll mindestens einen Tag nach dem Trocknen noch gute und klare Kopieen geben. Diese Bestimmungen unterscheiden sich von den preussischen nur in 2 Punkten: 1) ist die Forderung aufgenommen, dass die Schriftzüge mindestens 3 Monate lang dem Lichte widerstehen müssen und 2) ist die unterste zulässige Grenze der Kopirfähig- keit einer Kopirtinte festgestellt. In den preussischen »Grund sätzen für amtliche Tinten-Prüfung hingegen wird weder die Lichtbeständigkeit der Schriftzüge noch deren Kopirfähigkeit be rücksichtigt. In dem Hauptpunkte jedoch, dass die Tinten der Klasse I mindestens 30 g Gerb- und Gallussäure, die lediglich Galläpfeln entstammt, enthalten sollen, stimmen die dänischen mit den preussischen Grundsätzen überein. Gegen diese Forderung besonders, wie überhaupt gegen die preussischen Tintennormalien, sind in letzter Zeit mehrfach schwer wiegende Bedenken aus Fachkreisen geltend gemacht worden. So veröffentlichten im Jahre 1890 Osw. Schluttig und Dr. G. S. Neumann, Chemiker der Tintenfabrik von Äug. Leonhardi in Dresden, eine Schrift: »Die Eisengallustinten. Grundlagen zu ihrer Beur- theilung« (vgl. Papier-Zeitung, Jahrg. 1890, S. 2258), in welcher sie die Mangelhaftigkeit der preussischen »Grundsätze und die Unzuverlässigkeit des in der chem.-techn. Versuchsanstalt zu Berlin befolgten Tinten -Prüfungsverfahrens nach wiesen, ihrerseits eine Methode zur Prüfung der Tinten mittheilten, sowie Vorschläge zur Abänderung der amtlichen Tintennormalien machten. Obgleich die Sachverständigen der Tinten - Industrie die Richtigkeit der Ausführungen von Schluttig und Neumann aner kannten und den Vorschlägen und Schlussfolgerungen derselben zustimmten, obgleich die betreffende Schrift auch sammt den Ur theilen sachverständiger und unparteiischer Chemiker den ent scheidenden Stellen der preussischen Regierung vorgelegt wurde, hat sich diese, soweit uns bekannt ist, bisher nicht veranlasst gesehen, die nachgewiesenen Uebelstände abzustellen und die be treffenden Grundsätze einer sachgemässen Umarbeitung zu unter ziehen. Trotz mündlicher Vorstellungen und schriftlicher Ein gaben ist alles beim Alten geblieben; und die Gefahr, dass leicht zersetzbaren und vergänglichen Tinten von Seiten der preussischen amtlichen Versuchsanstillt fälschlich ein dokumentarischer Werth zuerkannt wird, dass demnach die mit solchen Tinten geschriebenen Akten vorzeitig vergilben werden, besteht noch heute so wie vor zwei Jahren. Raschere Erkenntniss von der Bedeutung dieser Gefahren als die preussische Regierung hat hingegen die dänische bewiesen. Dieselbe hat ihre bisherigen Tinten-Normalien fallen lassen und neue aufgestellt. Man darf wohl als selbstverständlich annehmen, dass eine derartige Aenderung nur nach gründlicher Prüfung der gegen die bisherigen Grundsätze erhobenen Bedenken vorgenommen wurde, dass diese Bedenken als genügend begründet und von schwer wiegender Bedeutung erkannt sein mussten, um den Uebergang zu den Ansichten der Gegner der seitherigen amtlichen Prüfungs weise zu rechtfertigen. Die neuen dänischen Tinten-Normalien wurden unter dem 16. Mai 1892 veröffentlicht. In ihnen sind in der Hauptsache alle Vorschläge angenommen worden, welche Schluttig und Neumann in ihrer Schrift über Eisengallustinten gemacht haben. Die beiden ersten Paragraphen lauten nämlich in der Uebersetzung: