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No. 50. PAPIER-ZEITUNG. 1437 Buchgewerbe. Druckindustrie, Buchbinderei, Buchhandel. Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme; Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Eingesandte Werke finden Besprechung. Berliner Typographische Gesellschaft. In den Sitzungen der Typographischen Gesellschaft zu Berlin vom 1. und am 15. Juni hielt Herr Hermann Hoffmann über die Gewinnung und Bereitung der Druckfarben einen von Experimenten begleiteten Vortrag, dessen wesentlichen Inhalt wir nachstehend wiedergeben. Die für Druckzwecke hergestellten Farben können generell ge schieden werden in zwei Gruppen, nämlich anorganische und organische Farbstoffe. Die anorganischen Farben, aus Erden und den Zersetzungsprodukten einiger Mineralien und Metalle bestehend, unterscheiden sich von den Farben der organischen Gruppe dadurch, dass bei ihnen Farbstoff und Körper eins sind, während die Druckfarben organischen Ursprungs stets aus zwei Theilen bestehen. Ferner decken die anorganischen, besonders die Bleifarben, während die organischen Farben lasiren. Erdfarben werden als Naturerzeugnisse an verschiedenen Orten der Erde vorgefunden; sie sind stets mit verunreinigenden Beimischungen versehen und stellen im allgemeinen mit Eisenoxyden gefärbte Thon erde dar. Die Erdfarben werden in Steinmühlen gemahlen, in grossen Bottichen gekocht und aufgerührt, wodurch die Staubtheilchen in die Höhe gerissen werden und das Wasser färben. Nachdem die gröberen Theile wieder zu Boden gesunken sind, wird das noch den feinsten Schlamm enthaltende Wasser abgezogen, geklärt, der Bodensatz wird durch Filter von Wasser befreit, auf Hürden getrocknet und kommt in Hütchenform, in Brocken oder als Pulver in den Handel. Mineralfarben werden auf künstlichem Wege hergestellt durch chemische Reaktion auf ähnliche Stoffe, wie sie zur Bildung der Erd farben auf natürlichem Wege gedient haben. Man kann diese Mineral farben daher mit einigem Recht als künstliche Erdfarben bezeichnen. Da aber hier die Einwirkung auf den mineralischen Naturkörper keine zufällige ist wie bei den Erdfarben, sondern eine genau bedachte chemische, so muss auch das Ergebniss, die Mineralfarbe, je nach der Behandlung, ihre feststehende charakteristische Färbung haben. Ferner sind Mineralfarben, denen das Verunreinigende der Erdfarben fehlt, un vergleichlich reiner und feuriger als diese. Die organischen Farben bestehen, wie angedeutet, aus zwei Theilen, dem Farbstoff und einem sogenannten Farbträger oder »Substrat«. Der organische Farbstoff wird stets in Form klarer, durchsichtiger Lösungen (als Lack) gewonnen, entweder durch Auf kochen von Farbhölzern oder durch Auf lösen der im Grossen bereiteten Anilin - Farbstoff - Extrakte in Wasser. Diese Lösungen würden auch in konzentrirter Form nicht druckfähig sein, man vermischt sie daher mit dem nach Erforderniss gewählten Substrat und bewirkt durch Zusatz von Chemikalien, dass Farbstoff und Farbträger sich in der Lösung mit einander verbinden und zu Boden fallen. Diese Ausscheidung ist der Farblack, der dann von Wasser befreit und weiter verarbeitet wird. Der 'Präger der Lackfarben soll leicht und lasirend sein. Dies ist bei dem in der Regel verwendeten Thonerde-Hydrat in hohem Maasse der Fall. Da dieser Träger ebenso wie der Farbstoff in Form chemischer Niederschläge aus klaren Lösungen gewonnen wird, so folgt daraus, dass Lackfarben nicht nur in ausserordentlicher Reinheit hergestellt werden können, sondern auch dass sie in unverfälschtem Zustande ein Pulver von viel grösserer Feinheit und Vertheilbarkeit darstellen, als die trotz Mahlen und Schlämmen verhältnissmässig groben und auch schwereren Erdfarben. Daraus erklärt sich die grosse Ausgiebigkeit und Färbkraft, allerdings auch der höhere Gewichtspreis guter Lack farben. Drucker, die dies nicht berücksichtigen, die nach dem Gewicht kaufen und nicht bedenken, dass ein Pfund einer leichten Lackfarbe viermal so viel sein kann, wie ein Pfund einer schweren Farbe, zwingen oft den Fabrikanten, die leichten Lackfarben mit schweren Füllstoffen, wie Spath und dergl., zu versetzen. Dadurch geht dann der Lack farben- Charakter wieder verloren. Reine Lackfarben können im all gemeinen nicht billig sein. Den angegebenen Vorzügen der Lackfarben, zu denen noch der jenige tritt, dass sie sich chemisch neutral verhalten, steht bei vielen Sorten der Nachtheil ihrer Vergänglichkeit entgegen, während Mineral farben ausserordentlich haltbar im Lichte sind. Aber auch hier und bei den Erdfarben ist die Lichtechtheit insofern manchmal zweifelhaft, als einige Fabrikanten diese an sich dauerhaften Farben »schönen«, d. h. mit vergänglichen Lackfarben feuriger machen, z. B. Zinnober mit Geraniumlack. Wenn dann die eine Farbe ausgeblichen ist, bleibt der Rest trübe zurück. Ueber das chemische Verhalten der anorganischen Farben ist zu sagen, dass bleioxydhaltige und schwefelhaltige Farben namentlich in trockenem Zustande nicht zusammengemischt werden dürfen, da sonst schwarzes Schwefelblei entsteht und die Verbindung trübt. Schwefel haltige Farben greifen auch verkupferte Druckformen (Galvanotypen) an, wofür z. B. Zinnober (Schwefelquecksilber) ein bekanntes Beispiel ist. Man sieht aus Vorstehendem, dass einige Kenntniss der Art, wie unsere Druckfarben gewonnen werden, und der Behandlung, der sie bei der Bereitung unterliegen, dem Drucker oft sehr förderlich sein kann. Der Ausfall einer Arbeit hängt mitunter von Neben-Umständen ab, die als scheinbar unwichtig nicht beachtet worden sind und Störungen da verursachen, wo man glatten Fortgang der Arbeit erwartet hatte. Je nach der Druckform, ob vom Satz, von Autotypieen oder von Galvanos gedruckt werden soll, ob volle oder Tonfarben in Betracht kommen, ob diese über- oder untergedruckt werden müssen, sind Lackfarben oder Mineralfarben zu wählen und wird auf Lichtechtheit oder chemische Einwirkung geachtet werden müssen. Wer sich diese Kenntniss an eignet, wird manchem Aerger aus dem Wege gehen. * * In der Sitzung vom 15. Juni kam das Vogel-Ulrich’sche Dreifarben druckverfahren nochmals zur Sprache. Man unterhielt sich über die wahrscheinlichen Grenzen seiner Leistungsfähigkeit, und es wurde mit- getheilt, dass noch keine Druckanstalt sich entschliessen konnte, die Einführung des Verfahrens in den praktischen Betrieb zu übernehmen. Herr Smalian knüpfte an die in der Papier-Zeitung Nr. 30, Seite 860 enthaltene Anregung, betreffend »technische Auskünfte«, an und brachte den von der Redaktion gemachten Hinweis, dass eine technische Ver einigung voraussichtlich besser befähigt sei, objektive Auskunft über Fach-Angelegenheiten zu geben, befürwortend zur Sprache. Diese Ansicht fand Widerspruch. Es wurde auf die grosse Verantwortlich keit, welche in der Ertheilung von Gutachten über neue Erzeugnisse liege, und auf die nur relative Giltigkeit der Einzel-Erfahrungen hin gewiesen. Von anderen Mitgliedern wurde dagegen die Wichtigkeit hilfreicher Beantwortung technischer Fragen seitens einer Gesellschaft betont, der bessere fachtechnische Kräfte und Informationsgelegenheiten zur Verfügung stehen, als dem Fachmann in der Provinz. Es wurde hervor gehoben, dass bei taktvoller Behandlung die Ertheilung von Gutachten keinen Anstoss erregen könne, und dass es der Gesellschaft freistehe, die Beantwortung von Anfragen, aus welchen sich die Absicht einer Blossstellung erkennen lasse, abzulehnen. Der Vorsitzende schloss den Meinungsaustausch und die Sitzung mit der Einladung zu reger Be nutzung des Fragekastens. Poesie- und Notizbücher-Fabrikation. Poesiebücher, Schreibalben und Notizbücher werden entweder in Sondergeschäften hergestellt, oder in Gebetbücherfabriken und Grossbuchbindereien. Bei den niedrigen Preisen, zu denen die genannten Waaren heut an Grossisten und Wiederverkäufer ge liefert werden, ist ein vortheilhafter Geschäftsgang nur durch Herstellung grosser Partieen zu erzielen. Die billigeren Sorten müssen zu Tausenden, die theuren zu Hunderten hergestellt werden, wenn ein leidlicher Gewinn herauskommen soll. Un gewöhnlich kostspielige Sorten stellt man allerdings auch in kleineren Partieen her, um das Risiko durch die verwendeten werthvollen Rohstoffe nicht bedenklich zu steigern; besonders auch, da derartige Luxuswaaren als Zeitartikel dem wandelnden Geschmack und der Mode unterworfen sind. Die Einrichtung eines Sondergeschäftes, in welchem nur Poesiebücher, Schreibalben, Notizbücher und verwandte Artikel hergestellt werden sollen, erfordert kein übermässiges Kapital. Für kleine Geschäfte ohne Dampfkraft genügt folgende Werkstatt- Einrichtung: Beschneidemaschine mit selbstth. Pressvorrichtung etwa 620 M Pappenscheere » Kanten-Abschrägmaschine „ Ritzmaschine (zu Futteralen) „ 315 210 230 n » » Vergoldepresse (grosse) „ Vergoldepresse (kleine) » 575 150 Glätt-Presse (gross) » » (klein) » ISO 95 » » 7 Draht-Heftmaschine „ 95 2300 Zusammen etwa 4770 M. Hierzu kann zur Vervollständigung noch eine kleine Hebel- Schneidemaschine für ungefähr 175 M. angeschafft werden, auf welcher sich die Notizbücher schnell beschneiden lassen. Ferner kommt dazu noch eine Schwarzdruckeinrichtung, verschiedene kleinere Apparate, Goldschnittpressen, sowie die Werkstatt-Ein richtung, welches alles für ungefähr 350—400 M. zu beschaffen ist. Ziemlich viel Kapital muss in die Pressplatten, Gravüren und Schriften gesteckt werden. Dieses mit runder Zahl anzugeben, ist nicht gut möglich. Es richtet sich ganz nach dem geplanten Betriebe. Werden die Platten nach eigenen Entwürfen gefertigt, was bei den heutigen Ansprüchen kaum zu umgehen ist, so stellen sich dieselben ziemlich theuer. Zu Poesiebüchern benutzt man, je nach der Ausführung, einzelne Platten im Werthe von mehreren hundert Mark. Da zum erfolgreichen Betrieb eine reichliche Musterauswahl nöthig ist, jedes Muster aber besonderes Platten material erfordert, so kann man, bei bescheidenen Ansprüchen, vielleicht 3000 Mark auf die Gravirungen ansetzen. Sind die Zeichnungen geschickt gefertigt, so ist es auch möglich, aus den Stücken und Ornamenten einzelner Platten neue Zusammen setzungen zu machen, sodass mit kleinerem Plattenmaterial ge-