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1376 PAPIER-ZEITUNG. No. 48. Der erste, welcher über die schwefligsauren Salze eingehender gearbeitet hat, war der berühmte englische Chemiker Muspratt. In der nach seinem Namen benannten technischen Chemie dürfte sich auch noch am meisten von dem finden, was den Fragesteller interessiren kann. Chemiker August Harpf. Mächtige Turbinen. Die Niagara Falls Paper Co. ist mit der Errichtung einer grossartigen Papierfabrik beschäftigt, die ihre Triebkraft dem schon mehrmals beschriebenen Tunnel entnimmt, der einen kleinen Theil des Niagara-Falles ausnutzen soll. Drei Turbinen werden die erforderliche Kraft unter einem Gefälle von 140 Fuss liefern. Das Wasser strömt durch ein 3 Fuss weites Rohr zu, und jede Turbine muss 1100 Pferdestärken leisten. Zu deren Bau sind nach »The Paper Trade Journal« aber vermuthlich mit allem Zubehör, 900 000 Pfund Eisen erforderlich. Es wird von manchen Fachmännern bezweifelt, ob die Turbinen den ungeheuren Druck aushalten und ihre 1100 Pferdestärken ergeben können. Verarbeitung von Holzschliff und Zellstoff. Bei dem jetzigen sehr geringen Verbrauch von Hadern ist es von Wichtigkeit, der Zubereitung und sachgemässen Verwendung von Holzschliff und Zellstoff grösste Aufmerksamkeit zuzuwenden. Holzschliff darf wegen seiner geringeren Faserfestigkeit in keinem Falle auf scharfen Holländern energisch vermahlen werden. Dies geschieht jedoch oft, besonders bei farbigen Papieren, um Stippen zu vermeiden, die sich häufig nicht färben und als weisse ungefärbte Pünktchen auf dem Papier liegen. Am meisten kommt dies vor, wenn der Holzschliff sehr ausgetrocknet, d. h. mit sehr hohem Trockengehalt versandt wird und dann im Sommer bei grosser Hitze auf dem Lagerplatz nachtrocknet, oder im Winter bei grosser Kälte stark gefriert. Ist der Stoff im Winter sehr stark gefroren, so ist es wohl am besten, wenn man ihn im Kocher kpcht, was nicht lange Zeit in Anspruch nimmt und mehr fördert als das lästige Aufthauen mit heissem Wasser oder Dampf. Es empfiehlt sich stets, den Holzschliff leicht zu kollern und dann dem beinahe fertig gemahlenen Ganzzeug zuzusetzen. Man sollte nie die kleine Mühe des Kollerns scheuen. Man erhält dadurch viel bessere Faserfestigkeit, bessere Mischung mit den anderen Stoffen sowohl wie mit Leim, Erde und Farben. Ausserdem kann man bei dem dichteren gekollerten Stoff die Zu- theilungsmenge genauer treffen als bei losem, erzielt also auch gleichmässigere und zuverlässigere Stoff-Zusammensetzung. Es giebt z. B. grobe Abfall-Holzschliffe, die sich, wenn man sie un gekollert in den Holländer giebt und noch so lange mahlen lässt, nicht recht mit den anderen Stoffen verbinden, sondern fast säge- mehlartig oben darauf schwimmen, dabei spröde und mürbe sind und fast garkeine Faserfestigkeit zeigen. Solcher Stoff wird sich nach dem Kollern ausgezeichnet mit den anderen Stoffen ver mischen und ausserdem feste Faser zeigen, während er vorher fast werthlos war. Aehnlich geht es sehr oft mit verschiedenen Sorten von Zellstoff. Schreiber Dieses sah dieser Tage ein sehr dickes, schön gefärbtes hellblaues Papier (imitirtes Pergamentpapier?) von pracht voller Glätte, welches aber so mürbe und von zu starkem Kalandern so »verbrannt« schien, dass es trotz seiner Dicke schon riss, wenn man nur daran rührte. Der dazu benutzte Stoff war jedenfalls von Hause aus sehr gut, aber in einem scharfen Holländer zu stark vermahlen und deshalb spröde und kurz geworden. Wäre der darin enthaltene, jedenfalls sehr theure Zellstoff vorher gut oder auch nur leicht gekollert worden, und hernach im Holländer nur leicht verschlagen, so wäre das Fabrikat bestimmt sehr gut geworden. Manchmal scheint hiernach zu gewaltsam und rasch geglättet zu werden, hauptsächlich hat es oft den Anschein, als ob die heizbaren Walzen der Kalander unmässig überhitzt würden. Jede Hausfrau weiss, dass Wäsche, welche man kräftig stärkt und mit überhitztem Bügeleisen plättet, gern spröde wird und infolge dessen in den Falten leicht durchbricht. Aehnlich könnte man sich den oben erwähnten Missstand erklären und das frühere, langsamere Matrisirverfahren wieder herbeiwünschen. Ein weiterer Uebelstand ist bei so sehr kurz gemahlenen imitirten Pergamentpapieren das Abreissen auf der Papier maschine beim Aufführen auf den Haspel oder auf den Roller. Hierbei verursachen die zu kurzen und todt gemahlenen Fasern oft, nachdem glücklich die Pressen und Cylinder passirt sind, noch eine Masse Ausschuss. Bei dieser Gelegenheit sei noch erwähnt, dass Zellstoff nach Mitscherlich bedeutend festere und längere Faser hat als der nach Ritter-Kellner, weshalb auch erstere Sorte viel geeigneter zur Herstellung von imitirten Pergamentpapieren erscheint. Zu recht festen Packpapieren, hauptsächlich englisch Glacee und festen Bankpackpapieren wird längst schon Mitscherlich-Zellstoff vor- gezogen. Leider sind die Preise der imitirten Pergamentpapiere auch sehr heruntergegangen und lassen wie andere Sorten kaum mehr Nutzen. —J-— Doppelpapier. Unter I). R. P. 47 590 ist dem Italiener Antonio Diana fu Luigi in Sesa am Lago Maggiore ein Verfahren patentirt, welches die Herstellung von Papier in mehrfachen Lagen unter inniger Vereinigung derselben im Bildungszustande »auf dem Langsieb, dem Nassfilz oder andern zweckentsprechenden Transportbahnen« bezweckt. Die Erfindung wurde im Jahrgang 1889, Seite 1882 beschrieben. Die Patentpapierfabrik Penig hat das Recht zur An wendung derselben erworben und bringt die danach hergestellten Papiere, welche in zweifarbiger Ausführung besonders zur Brief umschlagfabrikation Anwendung finden, unter dem Namen »Diana- Papier« auf den Markt. Zu Anfang vorigen Jahres bot die Firma G. Armleder in Hamburg ihrer Kundschaft unter der Bezeichnung »Duplex- Papier« ähnliche Papiere an, welche aus der Pappersbruket Nyqvarn in Schweden stammten. Die Patentpapierfabrik Penig erhielt davon Kenntniss, nahm an, dass diese Papiere nach dem Diana-Verfahren hergestellt seien und stellte bei der Staatsanwaltschaft den Antrag auf Be strafung wegen Patentverletzung. Das Landgericht Hamburg, bei welchem die Angelegenheit verhandelt wurde, erkannte am 13. Mai, dass der Angeschuldigte äusser Verfolgung zu setzen sei. Die Kosten wurden der Staats kasse auferlegt. Die Begründung (ein bedauerliches Beispiel schwülstigen Juristenstils; d. Red.) lautet wie folgt: Da zur Begründung eines Verfahrens wegen Verletzung eines Patentes der Nachweis erforderlich ist, dass diejenigen Erzeugnisse, welche als unter Verletzung eines ertheilten Patentes hergestellt bezeichnet werden, auch in der That in solcher rechtlich unzulässigen Art und Weise her gestellt sind; da im vorliegenden Falle in dieser Beziehung nicht so viel Beweis vorliegt, um aussprechen zu können, dass ein hinreichender Verdacht vorliege, es seien die beanstandeten Papierfabrikate unter Verletzung des Reichspatentes Nr. 47 590 hergestellt worden, wenn auch noch nicht geradezu nachgewiesen ist, dass in der schwedischen Fabrik, aus welcher die Armleder’schen Briefumschläge entstammen, eine nach dem in Deutschland patentirten Verfahren arbeitende Maschine überall nicht angewendet wird; da aber in letzterer Beziehung, wie das Schreiben der Patent inhaberin vom 3. Dezember 1891 (ad 20) ergiebt, lediglich Vermuthungen obwalten, ohne bestimmte thatsächliche Unterlagen, wodurch ein Ver dacht der Patentverletzung nicht gestützt werden kann; da hiernach die übrigens ausdrücklich zurückgenommene Behaup tung der Nichtigkeit des Reichspatentes Nr. 47590 nicht weiter in Frage kommt, dass der Angeschuldigte Armleder äusser Verfolgung zu setzen sei und die Kosten des Verfahrens der Staatskasse aufzuerlegen seien. Neuheiten. Unter dieser Ueberschrift werden alle von Beziehern der Papier-Zeitung eingesandten Muster von Erzeugnissen des Papier- und Schreibwaaren - Faches, welche Neues oder Bemerkens- werthes bieten, kostenfrei besprochen. Schwedische Duplex-Couverts. Die unter diesem Namen von der Firma G. Armleder in Hamburg angebotenen Briefumschläge bestehen aus zweischichtigem Papier, welches auf der Papier maschine aus zwei halbfertigen Bahnen zusammengegautscht wurde. Die farbige Schicht liegt bei den uns vorgelegten Mustern aussen, die weisse innen. Als Farben wurden getonte Schattirungen von Gelb, Rosa, Grün, Braun und Blau gewählt. Trotzdem die Papiere aus sehr dünnen Schichten bestehen, also nicht schwerer sind als einfaches dünnes Briefumschlagpapier, sind sie undurchsichtig, dabei zäh und griffig. Der Absatz dieser Erzeugnisse konnte bisher nicht in erforderlichem Maasse betrieben werden, weil die Patentpapierfabrik Penig Einspruch wegen Patentverletzung da gegen erhoben hatte. Nachdem aber, wie aus der vorstehenden Mittheilung über »Doppelpapier« hervorgeht, das Verfahren gegen die Firma Armleder eingestellt ist, fallen die bisher gehegten Bedenken der Verbraucher fort, und dem hübschen und zweck mässigen Erzeugniss ist der deutsche Markt frei.