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Jede Vermehrung der Erzeugung der einzelnen Maschinen, welche die Regie herabdrücken soll, vermehrt auch das Angebot. Wenn man statt 60 jetzt 70 — 80 m in der Minute laufen lässt, so mögen die General- Unkosten dadurch zwar vermindert werden, gleichzeitig gehen aber auch die Verkaufspreise durch vermehrtes Angebot noch weiter zurück, und, was nicht zu übersehen ist, die Leistungsfähigkeit der Maschinen wird auf eine sehr harte Probe gestellt, die entschieden durch vermehrte Ausbesserungen und beschleunigten Verschleiss der Papiermaschinen sehr bald fühlbar werden muss. Wenn unter solchen Umständen verschiedene Fabriken ihren Betrieb einstellen, so ist dies verständlich. Wie auch in der Papier-Zeitung zu lesen war, hat die Firma Ed. Lüders & Sohn in Langelsheim ihren Betrieb eingestellt, — zu ergänzen bleibt indess, dass dieselbe ihren Gläubigern ganze 15 pCt. angeboten hat. Diesem Beispiele werden wohl noch Viele folgen müssen, wenn die mir mitgetheilten Preise zur Regel werden. Dies heisst aber nichts anderes, als den ganzen Industrie-Zweig zu Grunde richten, da auch die bestsituirten Fabrikanten sicher nicht die Absicht haben, ihr sauer er worbenes Geld auf eine so schnöde Weise an die Papierverbraucher wegzuwerfen. Man braucht nach Vorstehendem und einiger Umsicht in ähnlichen nothleidenden Industrieen nicht den Stein der Weisen zu suchen, um Ab hilfe zu schaffen. Sehen wir unter vielem Anderen, z. B., wie die Holzschleifer in Skandinavien sich geholfen haben. Sie sagen: der Preisrückgang des Holzschliffs ist durch Uebererzeugung geschaffen worden, folglich muss diese beseitigt werden, und sie haben es fertiggebracht. Sie haben einfach sich dahin geeinigt, dass sämmtliche Schleifereien — und, ich betone es, die grössten voran — einen Monat den Betrieb gänzlich ein stellten. Genügt dies nicht, so ist nach einiger Zeit ein fernerer Monat dem Stillstände geweiht, und die Schleuderpreise haben aufgehört. Auch sind einzelne Papierfabriken bei uns diesem Beispiele gefolgt, allein nur Einigkeit macht stark, und was den Schweden und Norwegern möglich ist, sollte dies den Deutschen unausführbar erscheinen? Ich kann mir nicht denken, dass es in Deutschland nicht auch Männer geben sollte, die eine derartige Einigung zu Stande zu bringen vermöchten! Sämmtliche Papierfabriken haben nicht volle Beschäftigung, und es könnte sehr wohl ein Monat dem Stillstand, der Ausbesserung, Reini gung der Maschinen usw. gewidmet werden, selbstverständlich nicht von heute auf morgen, sondern z. B. nach einem Monat, damit man den Abschlüssen genügen, aber auch verlustbringende Aufträge von der Hand weisen könnte. Wenn der V erein Deutscher Papierfabrikanten eine derartige Maass- nähme zu Stande bringen könnte, so würde sich derselbe um die edle Kunst der Papiermacherei sehr verdient machen, und ich meine, er wäre doch eigentlich der Nächste dazu. Alter Papiermacher. Schiedsgericht für das Papierfach. Ein Mitglied des Deutschen Papier-Vereins hat an diesen Verein den Antrag gerichtet, der Schaffung von Schiedsgerichten für das Papierfach in den grösseren Städten schleunigst näher treten zu wollen, und folgende Begründung dazu gegeben: Es kommen sehr häufig Meinungsdifferenzen und Streitigkeiten zwischen Lieferanten und Abnehmern des Papierfachs vor, welche durchaus keinen juristischen Anstrich haben, und die ungemein kost spielige, umständliche uml langwierige (beinahe der Rechtsverweigerung gleichkommende) Gerichtsprozedur nicht nöthig haben. Wenn z. B. einfache Differenzen über Preise, über Art und Ausführung der Lieferung vorliegen, so ist ein Schiedsgericht von Sachverständigen viel maass- gebender, und wird von jedem vernünftigen Fachgenossen vorgezogen werden. In sehr vielen Fällen würde man sich dem Urtheile von Fach genossen unterwerfen, gegebenenfalls auf Grund eines solchen zu einer Einigung gelangen. Wenn aber die Parteien sich mit dem Urtheil des Schiedsgerichts nicht beruhigen, sondern dennoch weiter an das staat liche Gericht appelliren, so sind die Verhandlungen und Ausführungen des Schiedsgerichts für den Richter wie für die Parteien eine werth- volle Unterlage, welche die Entscheidung schneller, klarer und gerechter herbeizuführen im Stande sind, und Kosten und Umständlichkeiten er sparen. Fast Jeder wird eher vor ein Schiedsgericht von Fachgenossen gehen, und versuchen, den gerichtlichen Prozess zu vermeiden, um so mehr, wenn er dadurch nicht gebunden ist und später doch seine Ansicht noch weiter verfolgen kann, denn die Schiedsgerichte sollen nicht aufgezwungen werden, sondern nur eine liberale, freie Urtheils- fällung gewähren. Eine Unsumme von Geld, Arbeitskraft, Zeitverlust, geistiger Anstrengung und Schaden an der Gesundheit durch den Aerger wird alljährlich den Mitgliedern des .Papierfachs durch die vielen Prozesse entzogen oder verursacht, wovon das Papierfach nicht den geringsten Nutzen hat. Der Verlust berechnet sich volkswirth- schaftlich nach Millionen, und viel davon könnte durch Schiedsgerichte erhalten bleiben. Jeder, auch der eigensinnigste und halsstarrigste Mann, wird eine zum Prozess sich zuspitzende Angelegenheit reiflich und ruhig über legen, wenn er sieht, dass ein Schiedsgericht von unparteiischen, un- interessirten, sachverständigen Männern sich gegen seine Meinung er klärt, er wird sich und dem Gegner alle die oben aufgeführten Ver luste ersparen, und zum mindesten eher einem Vergleich zugeneigt sein. Einzelne Ausnahmen werden immer vorkommen, bestätigen aber die Regel. Dass die Urtheilssprüche unserer Gerichtshöfe häufig sehr zweifelhaft, und zum mindesten dem Rechtsbewusstsein des Volkes entgegen sind, wird jeder aus eigener Erfahrung bestätigen können und ein Lied davon zu singen wissen. Ausführung: Ohne spezielle Vorschläge machen zu wollen, erlaube ich mir nur auf folgende Punkte hinzuweisen. Die Schiedsgerichte müssen dem ganzen Fach zur Verfügung stehen — ohne Rücksicht auf Vereinsmitgliedschaft jedem Fachgenossen zugänglich, und jeder unter Umständen als Mitglied wählbar. Dieselben müssen in Verbindung und enger Fühlung mit den gerichtlichen Sachverständigen an be treffendem Orte stehen. Dieselben sollen ein Abkommen treffen, wodurch ihnen in beson deren Fällen juristischer Rath zur Verfügung steht, entweder derjenige der V ereinsanwälte oder vertrauenswerther, erfahrener Juristen am Ort. Vor der Hand sind Orte, an denen Zweigvereine bestehen, in Aussicht zu nehmen. Ich denke mir, dass vielleicht 3 Mitglieder nebst 2 Stell vertretern als ständige Mitglieder an jedem Orte gewählt werden und zwar würdige, erfahrene, ältere Leute des Faches, welche möglichst unparteiisch sind, und welchen allgemeines Vertrauen und Achtung entgegengebracht wird, welche im bürgerlichen und geschäftlichen Ruf makellos dastehen, weder als Schikanöre, Preisdrücker und Schleuderer, oder als Lieferanten schlechter und billiger Waare angesehen werden. Für jeden einzelnen Fall werden zwei bis vier von ihnen ernannt, welche gegebenenfalls für den besonderen Fall einen geeigneten Sachver ständigen zuzuziehen haben. Jede der Parteien kann ebenfalls einen geeigneten Sachverständigen hierzu ernennen, wenn das Objekt lohnt. Kosten: Um die Kosten aufzubringen, wäre von Jedem, der das Schiedsgericht anruft, ein Beitrag von 1 M. einzuzahlen. Jeder wird diesen kleinen Betrag opfern, da ja der Betreffende, der den Antrag stellt, eben die Unannehmlichkeit eines Prozesses vermeiden will. Ferner könnte versucht werden, von der Partei, welche Unrecht hat, einen freiwilligen Beitrag zu erhalten, je nach Angemessenheit der Umstände. Jeder vernünftige Mann wird dazu zu bewegen sein, wenn man ihm klar macht, dass ihm bei Anstrengung des Prozesses die ganzen Gerichtskosten und somit ein viel grösserer Verlust zur Last gefallen wäre. Einen nennenswerthen Beitrag könnten der Deutsche Papier-Verein und die einzelnen Vereine aus ihren mehr oder weniger reichlichen Beständen hierzu leisten, denn es hat ja keinen Zweck, grosse Ver mögenssummen aufzusammeln, sondern es ist viel richtiger, die Beiträge, welche nur zum allgemeinen Besten gezahlt wurden, auch zum allge meinen Wohle zu verwenden. Wenn die Papiervereine einmal zu irgend einer Sache dann eines grösseren Kapitals bedürfen, so wende man sich nur an die Opferwilligkeit der Fachgenossen, welche ja noch nie in Anspruch genommen wurde, und dieselbe wird niemals versagen. Mit der Errichtung der Schiedsgerichte aber wird dem ganzen Fache, jedem Fachgenossen ein unschätzbarer Dienst erwiesen und das Gemeinwohl gefördert werden, wie auf keine andere Weise. Es wird sich empfehlen, mit andern Fachvereinen, speziell mit den Fabrikanten - Vereinigungen, wie mit dem Schutzverein der Papier industrie usw , in Verbindung zu treten, deren Wohlwollen und Inter esse für diese neue Einrichtung zu erbitten, und diese alle zur Unter stützung der guten Sache heranzuziehen. Da über die Wirksamkeit und Kosten der neuen Einrichtung keine Erfahrungen vorliegen, so würde es sich empfehlen, die Sache ver suchsweise, auf die Dauer von zwei oder drei Jahren, ins Leben zu rufen. Der Verein möge eine besondere Kommission mit der Oberleitung und als Centralstelle der Schiedsgerichte ernennen, welche die Ver bindung unter den einzelnen Aemtern unterhält, in zweifelhaften Fragen grösserer oder prinzipieller Bedeutung eine grundlegende Entscheidung und Auslegung schafft, die Ernennung der ständigen und nichtständigen Mitglieder überwacht. Dieser Kommission sollten alle Vorsitzenden der einzelnen Schiedsämter angeboren. Wir erfüllen durch Abdruck des Vorstehenden gern den Wunsch des Herrn Einsenders, müssen aber bemerken, dass obiger Vorschlag keineswegs neu ist. Der Schutzverein der Papier-Industrie und der Verein Deutscher Buntpapier-Fabrikanten wählten schon 1882 einen Ehrenrath zur Schlichtung geschäft licher Streitfragen. Derselbe wurde aber bis 1885 in keinem einzigen Falle angerufen und deshalb in der General-Versamm- lung vom 4. September 1886 (Papier-Zeitung 1886, Nr. 37) auf gelöst. Gleichzeitig wurde zur Schlichtung solcher Streitfragen eine andere Einrichtung getroffen, die darin besteht, dass jede Partei zur Schlichtung der Streitfrage einen beliebigen Vertreter wählt und dass diese Beiden einen Obmann ernennen. Falls sie sich über einen solchen nicht einigen können, soll derselbe vom Vorstand des Schutzvereins ernannt werden. In den neuen Satzungen des Schutzvereins der Papier-Industrie lautet § 12: »Der Vorstand ernennt auf Antrag der Betheiligten Schieds richter zur Schlichtung von Streitfragen«. Trotz all dieser Bemühungen hat bis jetzt noch in keinem Fall die Ernennung von Schiedsrichtern stattgefunden. Dass es an Gelegenheit dazu nicht fehlte, beweisen die Hunderte von Klagen, welche den Rechtsbeiständen der Vereine und anderen Anwälten aus unserem Fache zugehen. Diese zehnjährige Erfahrung zeigt, dass die Fachgenossen die Entscheidung durch Gerichte und deren Sachverständige vorziehen.