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976 PAPIER-ZEITUNG. No. 34. Unbestellte Waaren. Bei dem immer heftiger werdenden wirthschaftlichen Wett kampfe strebt jeder gewerbliche Unternehmer danach, seine Kun denzahl und seinen Absatz zu vergrössern. Eins der Mittel, welches zu diesem an sich gerechtfertigten Zweck immer häufiger angewendet wird, besteht darin, dass der Unternehmer seine Waaren Personen, mit welchen er bisher nicht in Geschäftsver bindung stand, zuschickt, ohne dass diese Personen die Waaren bei ihm bestellt haben. Gegenüber diesem nicht sehr erfreulichen Brauch taucht die Frage auf: Wie ist die Rechtslage des Empfängers? Hat dieser eine Pflicht, die Waaren aufzubewahren, zurückzusenden oder zu bezahlen'? Ein Aufsatz in der Voss. Ztg. beantwortet diese Fragen fol gendermaassen : Zuvörderst ist davon auszugehen, dass ein Vertragsverhält- niss zwischen den Parteien nicht besteht, welches eine der eben genannten Pflichten begründen könnte. Insbesondere liegt weder ein Kauf noch ein Depositum vor. Dadurch, dass Jemand mir ohne Bestellung Waaren in das Haus sendet, und dass ich die selben ruhig bei mir liegen lasse, kommt kein Kaufvertrag zu Stande, denn dieser setzt eine Willenseinigung zweier Menschen über den Umsatz von Waare gegen einen bestimmten Preis vor aus. An dem Konsens des Empfängers fehlt es aber, und man kann ihn keineswegs aus seinem passiven Verhalten folgern. Ein Depositum verlangt eine Vereinbarung, dass einer dem andern eine Sache auf bewahren und auf Verlangen zurückgeben soll. Eine derartige Willensabsicht liegt aber auf keiner der beiden Seiten vor. Der Uebersender wünscht nicht, dass der Empfänger sie für ihn aufbewahren und ihm zurückgeben, sondern dass er sie käuflich übernehmen soll. Und selbst wenn man bei dem Uebersender jene Absicht für den Fall, dass der Empfänger die Waare nicht kauft, annehmen sollte, so fehlt es doch an jeder Willenserklärung des Andern, dass er zur Verwahrung oder Auf bewahrung bereit ist. An diesem Resultate ändert es auch nichts, wenn der Ueber sender bei der Zusendung erklärt, er nehme an, dass, wenn der Empfänger nicht die Waare binnen bestimmter Frist zurückschickt, er sie käuflich behalten wolle. Denn er hat nicht das Recht, dem Empfänger ein Präjudiz für sein Stillschweigen anzudrohen; trotz jener Bemerkung würde es immer an dem für den Kauf nothwendigen Konsens des anderen Theiles fehlen. Liegt mithin kein Vertragsverhältniss vor, so fehlt es an jedem Rechtsgrunde, der den Empfänger zu einem positiven Thun verpflichtet. Er braucht die zugesendete Waare weder zu verschliessen noch zu verwahren, er kann sie ruhig in der Ecke stehen lassen und braucht sich um ihr weiteres Schicksal nicht zu kümmern. Kommt sie weg, indem ein Dienstbote sie beim Aufräumen mit ausfegt oder ein Dritter sie wegnimmt, so hat der Empfänger dafür nicht aufzukommen, denn da weder Vertrag noch Gesetz ihn zu einem positiven Thun verpflichten, kann sein passives Verhalten auch nicht die Grundlage eines Entschädigungsanspruchs bilden. Anders ist es, wenn er aus dieser Passivität heraustritt, also z. B. die Bücher oder Zeitschriften aufschneidet. Dadurch raubt er dem Sortimentsbuchhändler die Möglichkeit der Zurückgabe an den Verleger, und er hat deshalb den hieraus entstandenen Schaden jenem zu ersetzen. Man kann in dem Aufschneiden sogar unter Umständen eine genügende Willenserklärüng finden, das betreffende Exemplar käuflich behalten zu wollen. Das Einzige dagegen, was der Uebersender von Demjenigen, welcher sich ganz passiv verhält, verlangen kann, ist die Rückgabe oder — unfrankirte — Rücksendung der Waare, vorausgesetzt natürlich, dass die Waare noch da ist. Ist sie nicht mehr beim Empfänger, hört auch diese Pflicht auf. Dies folgt daraus, dass der Eigen thümer einer Sache dieselbe auf Grund seines Eigenthums nur von Demjenigen verlangen kann, von dem er nachweist, dass er entweder sie — zur Zeit der Klagezustellung — im Gewahrsam hat, oder sich in doloser Weise ihrer vorher entledigt hatte. Vorstehende Ausführungen sind, wie bereits oben angedeutet, nicht für den Fall zutreffend, wenn eine Geschäftsverbindung zwischen den Parteien bestand, und die Zusendung der Waare im Verlaufe derselben .stattfand. Hierher gehört u. a., wenn ein Buchhändler einem Kunden Ansichtssendungen zuschickt, wenn eine Firma ihren ständigen Abnehmern zum Beginn der Saison sogenannte Auswahlsendungen zugehen lässt, wenn ein Lotterie händler Jemandem, der bei ihm längere Zeit ein Loos gespielt hat, vor einer neuen Ziehung ein solches übersendet. In diesen Fällen ist der Empfänger durch die Geschäftsverbindung ver pflichtet, die Waare aufzubewahren und mit ihr so zu verfahren. wie der Andere es nach Treu und Glauben verlangen konnte; er wird deshalb beispielsweise das Loos, wenn er es nicht spielen will, rechtzeitig, allerdings unfrankirt, zurückschicken müssen. Liegt aber eine Geschäftsverbindung zwischen den Parteien nicht vor, so erwachsen durch die Zusendung von Waaren dem Empfänger keine Pflichten. Er braucht sich also auch durch die autographirten Zusendungen, welche er von Zeit zu Zeit von dem Absender der Waare erhält, in keiner Weise einschüchtern lassen. So zuversichtlich auch diese Mahnbriefe abgefasst sein mögen, so fehlt es ihnen doch an jeder rechtlichen Grundlage; je drohen der sie auftreten, desto mehr nähern sie sich der Grenze des Er pressungsparagraphen. Wenn sie unter letzteren regelmässig nicht fallen, so verdanken sie es häufig nur dem Umstände, dass man ihrem Autor nicht nachweisen kann, dass er sich der Unrechtmässigkeit seiner aufgestellten Forderung bewusst ist. KARTON-PAPIERE weiss, farbig, Natur u. Glace in verschiedenen Qualitäten und Formaten liefert die [56975 Kartonpapierfabrik von Herrmann Anschütz, Dresden. NEUHEIT! Hochglänzende, für Prägezweeke vorzüglich geeignete, gegen Wasser höchst widerstandsfähige Brillant- (Placat-) Cartons! Kögel’s Längsschneider D. R. P. No. 52974 Garantie für tadellosen Schnitt. Vorhandene Längsschneider werden umgebaut. — Apparate sind fort während im Bau und können jederzeit besichtigt werden. gm Erste Referenzen stehen gerne zu Diensten. 92 GOTTL. HEERBRANDT, (Inhab. LEOP. ZEVEN,) Raguhn in Anh.