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942 PAPIER-ZEITUNG. No. 33. Papierverarbeitungs-Berufsgenossenschaft. In Gemässheit des § 9 unseres Statuts laden wir zur Theil- nähme an der Ordentlichen Genossenschafts Versammlung der Papierverarbeitungs-Berufsgenossenschaft hiermit ergebenst ein. Dieselbe wird berufen auf Sonnabend, 14. Mai, vormittags 10 Uhr, nach Berlin, Friedrichstrasse 231 (Cafe' Schütz): TAGES-ORDNUNG: 1. Neuwahl an Stelle der aus dem Vorstande ausscheidenden Vorstandsmitglieder und Ersatzmänner gern. § 22 des Statuts. Es scheiden aus als Vorstandsmitglieder: a) für Sektion III Herr Kommerzienrath Meissner, b) für Sektion IV Herr Behrens, c) für Sektion VII Herr Kaufmann, d) von den 5 Vorstandsmitgliedern, die nach § 20, Abs. 2 des Statuts in Berlin wohnen müssen, die Herren W. Hagelberg, Julius Müller, und Kommerzienrath Max Krause, e) für Sektion I als Ersatzmann Herr J. Weinberg, f) für Sektion II als Ersatzmann Herr Theodor Wiskott, g) für Sektion IV als Ersatzmann Herr H. Feesche, h) von den 5 Ersatzmännern, die nach § 20, Abs. 2 des Statuts in Berlin wohnen müssen, die Herren Dr. Gerschei, Emil von Gartzen, Paul Moser. Die Wiederwahl der ausscheidenden Vorstandsmitglieder und Ersatzmänner ist zulässig. 2. Neuwahl an Stelle der Ersatzmänner Riefenstahl und Winckel mann, welche die auf sie in der vorigen Genossenschafts versammlung gefallene Wahl abgelehnt haben. 3. Entgegennahme des Jahresberichts, Prüfung und Abnahme der Jahresrechnung und der Vermögensübersicht für das Jahr 1891. 4. Aufstellung des Etats für das Jahr 1892. 5. Wahl des Ausschusses von 3 Mitgliedern zur Vorprüfung der Jahresrechnung und der Vermögensübersicht für das Jahr 1892. 6. Beschlussfassung über 2 etwa zu nehmende Regresse gegen Personen, die durch ihre Schuld einen Unfall verursacht haben. 7. Antrag auf Abänderung der Unfallverhütungsvorschriften IV, Nr. 2 bezüglich der Benutzung von Fahrstühlen zum Per sonentransport. 8. Beschlussfassung bezüglich der Revision des Gefahrentarifs resp. Wahl einer Kommission zu diesem Zwecke. 9. Verschiedenes. Der Vorstand der Papierverarbeitungs-Berufsgenossenschaft. W. Hagelberg. Carl Hellriegel. Berichte unserer Korrespondenten. Aus den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika. Mankato, Minn., 24. März 1892. Die deutsche Reichspostdirektion hat den Generalpostmeister der Vereinigten Staaten telegraphisch benachrichtigt, dass die letzten 9 Postsäcke dem Wrack der gestrandeten Eider wahr scheinlich auch noch enthoben werden können. Da in einem dieser 9 Säcke meine Sendung vom 16. Januar stecken muss, so ist also immer noch Aussicht vorhanden, dass dieselbe ihre Be stimmung erreichen wird, obwohl angenommen werden muss, dass der geschriebene Bericht bis zur Unleserlichkeit verwaschen sein wird. (Wie unsere Leser wissen, ist dieser Bericht angekommen und in Nr. 20. Seite 554 abgedruckt. Er war zwar feucht, aber vollkommen lesbar; die Schriftzüge waren scharf und nicht im mindesten aus- geflossen, — ein gutes Zeugniss für die verwendete Tinte. (D. Red.) Eine andere Frage ist, ob, wenn gerettet,. die verschiedenen Zeitungsausschnitte nicht von dem Salzwasserbad durchgescheuert sein werden. (Sie waren wohlerhalten. D. Red.) Einer dieser Ausschnitte enthielt ‘ eine sehr lesenswerthe Abhandlung eines amerikanischen Professors der Chemie, in welcher die von vielen Autoritäten angenommene gesundheitsschädliche Wirkung arsenik haltiger Tapeten in menschlichen Wohnräumen in Abrede ge stellt wird. Dieses Artikels könnte ich nur durch einen Zufall wieder habhaft werden, da ich den Namen der Zeitung, der ich ihn entnommen, vergessen habe. Auch das wäre weiter kein Unglück und kaum der Erwähnung werth, wenn nicht durch den an sich geringfügigen Fall die schon etwas bedeutendere Thatsache festgestellt würde, dass man bezüglich der Sicherung der überseeischen Postfelleisen gegen die Gefahren der See, wie in dem Falle der Eider, noch genau auf demselben Flecke steht, wie' vor sechs Jahren, als von einem untergehenden Dampfer die Postsäcke zwar gerettet wurden, aber keinen grösseren Schutz des werthvollen Inhaltes darstellten, als es ein aus Draht oder Stricken netzartig geflochtener Behälter auch gethan hätte. Der Zustand, in welchem mir damals eine Nummer der Papier-Zeitung zugegangen war, veranlasste mich zu der Aeusserung, dass, wenn man Briefsäcke zum Kriegführen brauchte, das Problem ihrer Wasserdichtmachung sicher schon gelöst wäre. Von dieser Annahme kann mich auch die zwar sehr zu denken gebende Thatsache nicht abbringen, dass die dem Generalpost meister auf sein Verlangen kürzlich vorgelegten mehr als fünfzig verschiedenen Modelle von Postsäcken sammt und sonders ver worfen wurden. Es ist nicht abzusehen, warum in Anbetracht des dringenden Bedürfnisses an der Form des Postsackes fest- gehalten werden muss, wenn eine andere Form von Behälter grössere Garantieen bietet. Ob meine Briefschaften in einem Beutel oder in einer Kapsel, Büchse oder was immer befördert werden, macht mir und wahrscheinlich auch Anderen nichts aus, solange sie in gutem Zustande eintreffen. Dass im Zeitalter des Kautschuks und des Aluminiums die Herstellung eines wasser dichten und doch leichten Briefbehälters für den transatlantischen Postdienst nicht möglich sei, ist mir platterdings undenkbar. Wer die beträchtliche Grösse der transatlantischen Postsäcke, in denen zwei Jungen von 15 Jahren untergebracht werden könnten, in Betracht zieht, vermag zu beurtheilen, was es auf sich hat, wenn nur ein einziger solcher Postsack den Dienst versagt. Uebrigens ist äusser der Beschaffenheit der Säcke auch deren Bergung im Falle eines Unglücks auf hoher See noch grosser Verbesserung bedürftig. Doch: wozu sich den Kopf zerbrechen, wo der Weise von Menlo Park uns bereits die künftige Art der überseeischen Bericht erstattung fix und fertig auf dem Papier demonstrirt hat. Nach Thomas Edison würde, soweit beispielsweise meine Berichter stattung in Frage kommt, die Sache wie folgt arbeiten: Es ist nach Angabe des Vaters des Phonographen festgestellt, dass man eine elektrische Telegraphenleitung ohne Drähte, lediglich nach dem Prinzip des Stromüberspringens von einem Punkte zumandern, konstruiren kann. Statt der Telegraphendrähte bedürfte man nur noch der Telegraphenstangen. Während diese so viel höher sein müssten, um den Ueberspringungs- bezw. Auffangspunkt dem Bereiche der Anziehungskraft der Erde zu entrücken, dürften sie dafür so weit (nach dem Wortlaut des Patents »in sehr grosser Entfernung«) voneinander abstehen, dass dieser Theil der Kosten sich annähernd gleichbleiben würde, da das Wegfallen der Drähte die Mehrkosten der Stangenleitung würde decken helfen. Zur Befestigung der Stangen über den Ozean hinweg würden schwimmende Stationen zu verankern sein, auf welchen die Telegraphisten, die das Ueberspringen einer Blitzbotschaft von einer Station zur anderen vermitteln, zu wohnen hätten. Kontroll schiffe hätten den Verkehr dieser Stationen mit der übrigen Welt zu vermitteln. Wenn es nun auch meistentheils ein wenig wackeln und schaukeln wird, so mag sich Herr Edison denken: der Strom wird sein Ziel schon zu finden wissen. Sein, nämlich des Stromes, unkultivirter Verwandter, der Blitzstrahl, bietet dafür zweifellos gewisse Garantieen. Es wäre eine Telegraphie in grossen bogenförmigen Sätzen oder Sprüngen. Die Kurve der Bogens würde parallel zur Wölbung des Ozeanspiegels stehen. Es würde mir, der Herrn Edison nicht die Schuhriemen lösen kann, schlecht anstehen, wollte ich ihm nicht aufs Wort glauben, dass alles, was ich dabei zu thun habe, darin bestehen wird, dass ich mich mit einem elektrischen Typewriter zur Höhe der ersteh diesseitigen Telegraphenstange emporschwinge und dem Stromabstosser auf dem Wege der Taste alles das gewissermaassen ins Ohr flüstere, was die Leser der Papier-Zeitung interessiren kann, ohne der vefehrlichen Redaktion Veranlassung zu einem »(Na, na!)« zu geben. Wenn die Sache sehr eilig wäre, müsste dann noch in Schützen-Strasse 68, Berlin S. W., eine elektrische Linotype-Maschine mit der letzten Stromauffangstange in Ver bindung gebracht werden, damit ich auch gleich mein eigener Setzer sein könnte. Für gewöhnlich würde es genügen, in der Potsdamerstras.se 134 einen elektrischen Empfangs-Typewriter auf zustellen. Als ein vorherrschend in englischer Sprache denkender und in englischredender Umgebung lebender Mensch kenne ich übrigens meine schwache Seite in Betreff der mir entschlüpfenden Sprachdummheiten zu genau, um mich mit Bezug auf die aller- raffinirteste Seite der Zukunfts-Telegraphie einer Selbsttäuschung hinzugeben. Well, wenn Sie’s auch nicht abdrucken, so können Sie wenigstens zu Ihren eigenen Händen sich überzeugen, dass man trotz Augen- und Nierenleiden bisweilen eine humorvolle Anwandlung haben kann, abgesehen von der Thatsache, dass der Humor sich schon oft als die geeignetste Form erwiesen hat, eine ernste, aber, ungewöhnliche Idee dem ersten Stadium der Popularisirung entgegenzuführen.