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No. 81. PAPIER-ZEITUNG. 1761 Das Feuchten der Rotationspapierrollen vor dem Druck -wird nach und nach in den meisten Zeitungs-Druckereien aufgegeben. An den Schaltern der Bank-, Eisenbahn- und vielen Geschäfts- kassen sind jetzt mit Rinnen versehene Glasplatten angebracht, die den Zweck haben, das Aufgreifen der kleineren Geldstücke zu be schleunigen. Die Rinnen sind tief genug, um auch die kleinste Scheidemünze in den Neigungswinkel zur Oberfläche der Platte zu bringen, der zum raschen und sicheren Fassen des Geldstückes erforderlich ist, und wiederum nicht zu tief, um das bequeme Weg schieben irgend welcher Geldsorten über die Rinnen der Platte zu erschweren. Die Struktur des Glases schon an sich hilft auch dem Gleiten in einer Weise nach, wie es weder der Struktur des Metalles noch des Holzes eigen ist. Etwas ähnliches ist auf den Kassen und Tischen der Laden geschäfte zu sehen. Hier ist es eine runde Gummiplatte von 10 bis 20 cm Durchmesser, die (alles aus einem Modell gegossen) mit aufrecht stehenden »Nadeln« von 3/4 cm Höhe bei 3/4 cm Abstand voneinander versehen ist. Irgend ein auf die Platte bezw. die Nadeln gelegtes Geldstück lässt sich vermöge der Biegsamkeit der letzteren leicht greifen, was sich zur Beschleunigung der Aufnahme des herausbekommenen Kleingeldes seitens des Käufers von wesent lichem Vortheil erwiesen hat. (Längst in Deutschland eingeführt D. Red.) Eine vortreffliche Hilfe für vielbeschäftigte Kassirer ist der jetzt allgemein eingeführte »Change maker«, eine Bezeichnung, die sich wohl am besten mit »Wechselgeldherausgeber« verdeutschen lässt. Der ganz aus Metall gebaute Apparat besteht aus einer Anordnung nebeneinander liegender halbrunder Rinnen, welche der Grösse der Geldstücke angepasst sind. Für jede Geldsorte ist eine Rinne vor handen, die lang genug ist, um 100 Stücke auf einmal bequem auf nehmen zu können. Die fein polirten Rinnen liegen in einem Neigungswinkel von 45 Gr., wodurch der eingelegten Geldsäule jenes zweckentsprechende energische Bestreben nach unten verliehen wird, welches die Wegnahme mit der Schnelle des Gedankens ermöglicht. Der Stützpunkt, gegen welchen sich die Geldsäule anlegt, ist ein am Fusse jeder Rinne angebrachtes Schaltwerk mit empfindlicher Taste, bei deren Berührung der Stützpunkt so lange entfernt wird, bis das unterste Stück der Geldsäule herausgefallen ist, was denn auch in der That mit Gedankenschnelle geschieht. Das Tastersystem ist auch so eingerichtet, dass der Kassirer mit derselben Hand den Taster berühren und das entfallende Geldstück auffangen kann, da zu ersterer Verrichtung der mit dem Nagel nach der Taste gewendete Daumen genügt, und der ganze Rest der offenen Hand zur Auf nahme der Geldstücke verfügbar bleibt. Die Leistung dieser Ein richtung ist am deutlichsten erkennbar, wenn wir uns den Fall denken, dass auf ein Zehnmarkstück 9 M. 92 Pf. herauszugeben sind, demnach folgende Tasten zu greifen wären: »1 Pf.« zweimal, »10 Pf.« viermal, »50 Pf.« einmal, »1 M.« viermal, »5 M.« einmal. Diese zwölf Berührungen von im ganzen fünf verschiedenen Tasten erfordern kaum ebensoviele halbe Sekunden, und dabei liegt nicht nur das Geld schon in der Hand, sondern es können auch Irrthümer viel weniger leicht vorkommen, als beim Heraus zählen aus einer Fächerkasse. Thatsächlich sind die Vorzüge der Einrichtung derart, dass manche grosse Ladengeschäfte sich demselben angepasst haben. Ich spreche hier von Ladengeschäften, vielmehr Kaufhäusern, in denen zwölf bis fünfzehn Einnehmerinnen, jede mit einem »Change maker« ausgerüstet, in Thätigkeit sind. Keiner der oft nach Hunderten zählenden Verkäufer oder Ver käuferinnen darf selbst »herausgeben« oder den Stand verlassen, noch die von einem Kunden gekauften Waaren selbst einpacken. Es werden vielmehr durch die sogenannten »Cash Boys« oder »Cash Girls« (Knaben und Mädchen von 10 bis 12 Jahren) die Waaren zum Packtische, das vom Käufer bezahlte Geld nebst Rechnung (für jeden Verkauf, selbst wenn er nur wenige Cents beträgt, wird eine solche ausgestellt) zum Einnehmer getragen, der die Rechnung als bezahlt abzustempeln hat. Zur Beschleunigung dieser ganzen Verrichtung sind die kleinen Boten so ausgebildet, dass sie schon aus ent sprechender Entfernung dem Einnehmer zurufen, wie viel auf das zu überbringende Geld herauszugeben ist, sodass beim Eintreffen des Käufers am Schalter der betreffende Betrag schon bereit liegt. Wenn noch in Betracht gezogen wird, dass in derartigen Geschäften die Verkäufe schon bei ein, zwei und drei Cents beginnen und in den höheren Beträgen selten in runde Summen auslaufen, weil manches Haus aus Prinzip 49 Cents berechnet, um nicht einen halben, und 99 Cents, um nicht einen ganzen Dollar ansetzen zu müssen, so wird die Unentbehrlichkeit der erwähnten Einrichtung erklärlich. G. Kraft. Statt über Dich zu blicken, schau um Dich und hinter Dich. Neuheiten. Unter dieser Ueberschrift werden alle von Beziehern der Papier-Zeitung eingesandten Muster von Erzeugnissen des Papier- und Schreibwaaren-Gewerbes, welche Neues oder Bemerkens- werthes bieten, kostenfrei besprochen. Papier-Ausstattung. Ein ansehnlicher Theil der diesjährigen Neuheiten von Theyer & Hardtmuth in Wien ist ausschliesslich zum Gebrauch der Damen bestimmt. Darauf weist die zierliche Ausstattung mit Blumen, Schmetter lingen und Vögeln, die Anbringung zarter Stillleben mit Fächern, Operngläsern und allerlei Geschmeide hin. Eine mitweissemGlaceepapier bezogene Schachtel (Nr. 1128) enthält auf zartgrauen Briefstoffen Darstellungen der vornehmsten Alpen pflanze, des »Edelweiss«. Die dicken, feinbehaarten, sternförmig ge ordneten Blüthenblätter sind durch Auftrag von Deckweiss, hierauf folgenden Umrissdruck und Hochpressung sehr naturgetreu wieder gegeben, und die hübschen Blüthen-Anordnungen heben sich von dem silbergrauen Papiergrunde ungemein wirksam ab. Die Schachtel enthält 25 Briefbogen und 25 zugehörige Umschläge; ihr Deckel ist durch Blattgoldpressung und ein aufgeklebtes, zwei Edelweissblüthen darstellendes Rundbild verziert. Schachtel Nr. 1269 enthält 25 weisse Briefkarten nebst Umschlägen, sämmtlich mit Rundbildern und ringsumgelegten Blüthenzweigen geschmückt. Die lithographisch ausgeführten Rundbilder stellen hübsche, durch je 2 Töne hergestellte Landschaften dar, während die aufgelegten Blumen auf der Monogrammpresse hergestellt sind. Auf dem gepolsterten Deckel aus zart-sahnfarbigem Kalblederpapier befindet sich eine ähnliche, noch etwas reichere Darstellung. Sehr zarte Bildchen sind auf den 25 Briefbogen und Umschlägen der Schachtel Nr. 1184 angebracht. Es sind geschmackvoll angeordnete Stillleben mit allerlei Gebrauchs- und Schmuckgegenständen für Damen, theilweise von Blüthenzweigen umrankt. Die Darstellungen sind sehr zart und sauber in Stein gravirt, in verschiedenen dunklen Tönen gedruckt und an den Hauptstellen hochgepresst. Der Gesammteindruck ist sehr ele gant und vornehm. Schachtel Nr. 1153 ist augen scheinlich für junge Frauen be stimmt. Auf den Briefbogen und Verschlussklappen derUmschläge sind zierliche Frauengestalten in der Tracht des 16. Jahrhunderts dargestellt, meist begleitet von blühenden Kindern. Die Bild chen sind hochgepresst und mit zarten Farben ausgemalt. »Fleurs brillantees« ist die auf einem Turnierschild an gebrachte Inschrift der Schachtel Nr. 1801. Auf 25 Briefkarten und zugehörigen Umschlägen sind farbige Blüthen dargestellt, welche durch aufgestreute, theilweise gefärbte Glimmerstäubchen interessanten Glanz erhielten. In Schachtel Nr. 1130 sind zartfarbige Täubchen als Zierbilder gewählt. Die sehr hübsch dargestellten Thierchen sind meist mit Blüthenzweigen und Blumensträussen in Verbindung gebracht, und jedes Täub chen hält ein Briefchen im Schnabel. Auf dem Deckel ist in einer sehr eigenthüm- liehen Technik, anscheinend in Farben lichtdruck, eine weibliche, in einen Schleier gehüllte Gestalt dargestellt, welche einem heran flatternden Täubchen einen Brief abnimmt. Derselbe zartgraue Ton, wie bei der Schachtel »Edelweiss« ist bei den 24 Briefkarten und Umschlägen der Schachtel Nr. 1809 verwendet. Auch hier sind die Blüthen in weisser Deckfarbe ausgeführt, auf welche die Umrisszeichnung in Goldbronze gedruckt wurde, während einzelne Stellen augenscheinlich mit dem Pinsel in zartem Rosa ausgemalt sind. Aufgestreute Glimmerstäubchen erscheinen wie flimmernde Thautropfen und machen die Wirkung noch mannig faltiger. Die einzelnen Päckchen sind mit blauen Bändchen um schlungen, und ein Riechkissen theilt dem Inhalt zarten Duft mit. Als Zierformen für den aus 20 Briefbogen und Umschlägen be-