Volltext Seite (XML)
1740 PAPIER-ZEITUNG. No. SO Buchgewerbe. Druckindustrie, Buchbinderei, Buchhandel. Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme, Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Eingesandte Werke finden Besprechung. Mittelalterliche Buchbindekunst. (Fortsetzung zu No. 77.) Betrachtet man die Aus stattung der Mehrzahl der mittelalterlichen Einbände, so ist zunächst zu bemerken, dass dieselben trotz ihrer An spruchslosigkeit eine nicht bedeutungslose, sondern oft recht anziehende, für ihre Zeit charakteristische Zierde aufweisen. Für einen Zeit abschnitt, in dem man alles, was man schaffte, mit Schmuck versah oder wenigstens in gefällige Formen zu bringen wusste, ist dies eigentlich selbstverständlich. Die hauptsächlichste T ech- nik der Verzierungsweise der Einbände ist natürlich die Pressung; viel seltener wur den Lederschnitt, Leder- ziselirung und Ledertreib arbeit angewendet, die ganz bedeutend höhere Kosten verursachten. Zunächst sollen einige Ein bände des Germanischen Museums betrachtet werden, welche ihren Schmuck durch die letztere Technik erhalten haben, die im Mittelalter und noch im 16. Jahrhundert häufige Verwendung auch für andere Zwecke fand, wie die im Museum befindlichen Kästchen, Schachteln, Futte rale, Sch wertscheiden, Pulver- hömer u. a. beweisen. An denselben treten die Vorzüge dieser Technik weit mehr hervor, als an denEinbänden, die naturgemäss nur in ziem lich flachem Relief mit Ver zierungen bedeckt sein können. Der Zeit um 1400 dürfte der Einband einer Hand schrift angehören, der inner halb einfacher Umrahmung vorn die Figur des heil. Augustinus, auf der Rück seite die heil. Monika zeigt. Die Figuren sind ohne jede Plastik gewissermaassen bloss eingeritzt, heben sich aber ganz gut von dem Hinter gründe , der durch dicht nebeneinander eingeschla gene kleine Kreise ausgefüllt ist, ab (Figg, 8 und 8a). Jünger sind drei Einbände im Germanischen Museum, die ihre Entstehung der heute noch blühenden Nürnberger Patrizierfamilie Löffelholz verdanken. Der erste der selben (Fig. 6) enthält auf dem Vorderdeckel auf pun- zirtem Grunde das Wappen dieser Familie, auf dem Rück deckel (Fig. 7) zwei überein ¬ anderstehende Drachen, die eingeschnitten, mit herausgetriebenen. Buckeln und eingepressten Linien versehen sind. Auch die Um rahmung des Rückdeckels — eine Ranke mit einer Rose — ist ein gepresst. Es sind also nicht weniger als vier Techniken zur Aus führung des Schmuckes dieses Bandes verwendet worden: Punzirung, Lederschnitt, Treibarbeit und Pressung. Der zweite der Löffel- holz’schen Einbände ist auf dem Vorderdeckel ebenfalls mit dem Wappen der Familie in gleicher Technik, auf der Rückseite mit sechs