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1924 PAPIER-ZEITUNG. No. 88. „Prämie.“ Nr. 11 der »Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins« enthält an leitender Stelle Folgendes: Durch eine Mittheilung im Briefkasten der »Papier-Zeitung« veranlasst, hatte das Reichs-Postanit (III. Abtheilung) unterm 12. Juli d. J. ein Schreiben an den Vorsitzenden unseres Vereins gerichtet wegen eines etwaigen Vor schlages zur Verdeutschung des Wortes »Prämie« im Zeitungswesen. Das Schreiben hat folgenden Wortlaut: In der abschriftlich beigefügten Briefkasten-Antwort aus No. 49 der Papier-Zeitung ist in Anregung gebracht worden, für das im Zeitungs wesen übliche Wort „Prämie“ eine deutsche Bezeichnung in Anwendung zu bringen. Wenn übrigens die betreffende Antwort die Auffassung er kennen lässt, als ob die Postverwaltung die Bezeichnung „Prämie“ für die von Zeitungen ihren Beziehern ohne Entgelt gewährten Bildwerke, Bücher usw. eingeführt hat und die Anwendung dieses Fremdwortes in Anspruch nimmt, so ist solches unzutreffend, da die Postverwaltung der bei den Zeitungen üblichen Ausdrucksweise lediglich gefolgt ist, um die Postan stalten über die Behandlung der sogenannten „Prämien“, wie es in den diesseitigen Dienstvorschriften heisst, mit Anweisung zu versehen, und da dieselbe auf den Gebrauch dieses Fremdwortes seitens der Zeitungen keinerlei Werth legt Das Reichs-Postamt erachtet es vielmehr für recht erwünscht, das Wort „Prämie“ auch im Zeitungsverkehr durch ein deutsches Wort zu ersetzen, und würde Ew. Hochwohlgeboren zu besonderem Dank verpflichtet sein, wenn Sie einen Vorschlag darüber abzugeben geneigt wären, welche Verdeutschung sich zur allgemeinen Einführung am meisten empfehlen möchte.« Die angezogene Bemerkung in der »Papier-Zeitung« lautet: N. in Leipzig. Sie empfehlen uns mit Recht, das auf der Titelseite jeder Nummer der Papier-Zeitung stehende Wort „Prämie“ durch das deutsche Wort „Zugabe“ zu ersetzen. Wir hätten dies beim Erscheinen der Lieferungen von Hofmann’s Handbuch schon gethan, wenn wir nicht glaubten, uns an die Bezeichnung der kaiserlichen Reichspost halten zu müssen Nach den Be stimmungen für den Versandt von Zeitungen können nämlich „Prämien“ zu kostenfreier Beförderung an die Bezieher zugelassen werden, während diese Be günstigung bei „Zugaben“ vielleicht nicht gewährt wird. Jedenfalls hätten wir zu erwarten gehabt, dass uns Schwierigkeiten daraus entstehen könnten, wenn wir die von der Post benutzte Bezeichnung nicht gewählt hätten. Es wäre übrigens verdienstlich und würde auch wohl eine Aenderung herbeiführen, wenn Jemand den Reichspostmeister von Stephan auf das entbehrliche Fremd wort aufmerksam machen wollte.« Hierauf war unterm 16. Juli vorläufig erwidert worden, dass die Frage auf das Sorgsamste geprüft werden, und dass später eine weitere Mittheilung erfolgen solle. Nachdem nun sowohl durch einzelne Sachverständige wie auch durch den Verdeutschungsausschuss des Zweigvereins zu Dresden die Angelegenheit reiflich erwogen worden war, hat sie der Gesammtvorstand in seiner Sitzung am 6. Oktober einer eingehenden Berathung unterzogen Da nach ist unterm 12. Oktober das folgende Antwortschreiben an das Reichs- Postamt gerichtet worden: »Unter ergebener Bezugnahme auf die vorläufige Mittheilung vom 16. Juli d. J. beehren wir uns nunmehr, nachdem die Angelegenheit von verschiedenen Sachverständigen geprüft und in unserer am 6. d. Mts. zu Berlin abgehaltenen Sitzung eingehend berathen worden ist, auf das sehr geschätzte Schreiben vom 12. Juli Folgendes zu erwidern: Das Wort „Prämie“ in der in Frage kommenden Bedeutung hat offen bar mit dem. eigentlichen Begriffe von praemium als etwas Vorweg genommenem, als einem Vortheil, einer Auszeichnung, nichts mehr gemein. Denn die „Prämie“, welche den Beziehern von gewissen Zeitungen und Zeitschriften zu bestimmten Zeitpunkten versprochen und gewährt wird, soll die Leute anlocken, das angepriesene Blatt zu halten; sie ist also ihrem Wesen nach eine „Lockspeise“ oder „Lockgabe“. Der Verleger aber wird ein solches Wort nicht anwenden mögen und können, da er hiermit ja seinen Geschäftskniff vor der Oeffentlichkeit verrathen würde. Er will vielmehr den Schein erwecken, als ob die Gabe ein Lohn für treue An hänglichkeit an sein Blatt sei. In diesem trügerischen Widerspruch liegt gewiss eine eigenthümliche Schwierigkeit für die Verdeutschung. Die Papier-Zeitung schlägt nun „Zugabe“ vor, und wir müssen, alles in allem erwogen, diesem Vorschläge beistimmen. Denn Wörter, wie etwa „Beigabe“ oder „Nebengabe“, bezeichnen die Sache nicht treffender, „Belohnungsgabe, Gunstspende, Preisspende u. dgl. m.“ würden aber etwas hochtrabend klingen und doch den Begriff nicht genügend decken. Da nun die „Prämie“ in Wirklichkeit eine unentgeltliche Zugabe für die Be- i zieher der betreffenden Zeitung ist, so würde der Ausdruck „Bezugszugabe“ ! der Sache völlig entsprechen. Insofern aber der Begriff des Bestimmungs wortes „Bezug“ sich von selbst versteht, und da ferner die Wiederholung des Lautes „zu“ etwas Unangenehmes hat, so glauben wir das Wort ; „Zugabe“ empfehlen zu müssen, umsomehr als es hier auf dem Gebiete des Zeitungsgewerbes genau eben nur- das sagen würde, was es nach alter ' Gewohnheit auf dem Gebiete anderer Gewerbe, wie z. B. der Bäckerei, der Schlächterei, des Milchhandels usw. für Jedermann verständlich sagt.« Das Reichs-Postamt hat hierauf mittels Schreibens vom 17. Oktober sich 1 beistimmend geäussert und erklärt, es sei »Vorsorge getroffen, dass im Reichs- Postdienste künftig die vorgedachte Bezeichnung zur Anwendung gelange.« 1 Wir hoffen demnach, dass die Bezeichnung »Zugabe« für »Prämie« im • Zeitungswesen recht bald allgemein Eingang finden werde. Soweit die genannte Zeitschrift. Wir haben bereits in gegen- , wärtiger Nummer das Wort »Prämie« durch »Zugabe« ersetzt. Schweizerisches Patentgesetz. j Eine grosse deutsche Firma des Papierwaarenfachs lieferte an Papierwaarenhandlungen der Schweiz äusser andern Erzeugnissen ihrer Fabrik ein kleines Schreibstuben-Geräth, das mit dem Ver- J merk »Gesetzlich geschützt« versehen war. Diese Bezeichnung wird bekanntlich allgemein angewendet, um Gegenstände zu kennzeichnen, ■ die ins Deutsche Musterregister eingetragen sind, und wurde im vor liegenden Fall gleich bei der Fabrikation auf dem betreffenden Gegen stand angebracht. Nachdem der Artikel längere Zeit in die Schweiz eingeführt worden, erhielt die deutsche Firma von einem schweizerischen Ge schäftsmann folgenden Brief: U . . . . b. Zürich, 17. Oktober 1889. Herm Nachdem ich einen kleinen Apparat zum erfunden hatte und die Einführung an Hand genommen, traf ich auf ein ähnliches von Ihnen gefertigtes Erzeugniss mit der Aufschrift: Gesetzlich geschützt. Ich linde mich dadurch in meinen Interessen geschädigt; nicht dass ich Sie der Nach ahmung bezichtigen wollte, aber ich kann nicht dulden, dass Sie Ihren Fabrikaten widerrechtlich die Bezeichnung des gesetzlichen Schutzes geben. Ich ersuche Sie daher, sofort den Verkauf jenes Artikels in der Schweiz zu sistiren, alle Exemplare zurückzuziehen und mich angemessen zu entschädigen, resp. sich mit mir zu verständigen. Ich könnte ja, ohne das geringste Interesse zu beweisen, Ihre strafrechtliche Verfolgung von Amtes wegen veranlassen, denn Art. 29 des Bundesgesetzes vom 29. Juni 1888 lautet: Wer rechtswidrigerweise seine Geschäftspapiere, Anzeigen oder Er zeugnisse mit einer Bezeichnung versieht, welche zum Glauben verleiten soll, dass ein Patent besteht, wird von Amtswegen oder auf Klage hin mit einer Geldbusse von 30 bis 500 Franken, oder mit Gefängniss in der Dauer von 3 Tagen bis zu 3 Monaten, oder mit Geldbusse und Gefängniss inner halb der angegebenen Begrenzung bestraft. Gegen Rückfälle kann diese Strafe bis auf das Doppelte erhöht werden. Natürlich habe ich mich vergewissert, dass Ihr betr. Artikel den ge setzlichen Schutz in der Schweiz nicht hat und jetzt auch nicht mehr be anspruchen kann. Ich bin sehr ärgerlich über Ihr Vorgehen und werde das Gesetz anrufen, wenn Sie mich nicht umgehend befriedigen. Dass Unkenntniss des Gesetzes vor Bestrafen nicht schützt, werden Sie so gut wissen wie Jeder. Achtungsvoll E. F. Die deutsche Firma antwortete darauf Folgendes: Herrn E. F. U . . . . b. Zürich. Wir beziehen uns auf Ihre Zuschrift von gestern, über deren Inhalt wir nicht wenig erstaunt sind. Unser ist im Jahre 1887 beim hiesigen Amtsgericht unter Musterschutz deponirt, mithin sind wir berechtigt, den selben mit der Bezeichnung Gesetzlich geschützt« zu versehen. Soviel uns bekannt ist, existirt das schweizerische Patentgesetz erst seit vorigem Jahre, mithin könnte Ihr Apparat, den wir nicht kennen, erst im vorigen Jahre patentirt sein. Wir sind im Augenblick über den Inhalt des schweizerischen Patentgesetzes nicht orientirt, jedenfalls aber dürfte dasselbe, wie es in andern Ländern bei Patentgesetzen der Fall ist, auch die Bestimmung ent halten, dass kein Patent ertheilt werden kann auf eine Erfindung, welche im In- oder Auslande bereits offenkundig bekannt ist. Sollten Sie daher glauben, ein Recht zu haben, unsern Artikel dort mit Beschlag belegen zu lassen, so würden wir das schweizerische Geschäft, bei dem Sie den Versuch machen wollen, beauftragen, gegen Sie einen Patent- Prozess anzustrengen und Ihr Patent vernichten zu lassen. Achtungsvoll Die nächste Zuschrift der Schweizer Firma lautete wie folgt: U . . . . b. Zürich, 22. Oktober 1889. Herrn Im Besitze Ihrer Zuschrift vom 18. ds. nehme ich zu Ihrer Ehre an, dass Ihre Uebertretung des schweizerischen Patent-Gesetzes, resp. des Ihnen citirten Artikels, auf Unkenntniss unserer Gesetze zurückzuführen ist. Immer hin bleibt mir unerklärlich, wie Sie heute noch glauben können, Sie seien berechtigt, Ihrem die Bezeichnung »Gesetzlich geschützt« zu geben. In Deutschland vielleicht ja, nicht aber in der Schweiz. Sie müssen sich hierüber von anderer Seite belehren lassen; meine Korrespondenz mit Ihnen hat nur den Zweck, meine Interessen zu vertheidigen. Dass ich von Ihnen einen Patent-Prozess gewärtigen musste, war mir klar, darum habe ich auch bereits mein Patent fallen lassen und verlange nun mit um so grösserem Recht, dass Sie nach der Strenge des Gesetzes verfolgt werden, sofern Sie nicht freiwillig auf die rechtswidrige Aufschrift Ihrer Fabrikate verzichten und mich angemessen entschädigen. Da Sie mir bis dahin kein Entgegenkommen gezeigt, gestatte ich mir, Ihnen eine endgiltige Proposition zu machen: Sie würden mir bis zum 31. Oktober 200 M. Abfindungssumme zustellen mit der vertraglichen Verpflichtung, keine Ihrer Artikel, welche für den Verkauf in der Schweiz bestimmt sind, weiter mit unzulässigen Bezeichnungen zu versehen. Wenn ich Ihnen den 31. Oktober als Ultimatum stelle, so ist es, um Ihnen Gelegenheit zu geben, sich beim Eidgenöss. Amt für geistiges Eigenthum in Bern über die Richtigkeit meiner Angaben zu vergewissern, in der Meinung, dass, wenn Sie bis dann meine Vorschläge nicht acceptiren, unverzüglich die Klage von Amtes wegen veranlasst wird, die einmal geschehen, selbst auf meinen Rückruf ihren Fortgang nehmen würde, weil es sich um Strafsache handelt. Die Civil-Klage würde erst nachfolgen. Selbstverständlich habe ich von Ihren Fabrikaten Einkäufe ge macht, und würde sich meine Klage fürs Strafverfahren auch auf Ihre andern Artikel, die in der Schweiz die Bezeichnung »Gesetzlich geschützt« führen, erstrecken. Achtungsvoll E. F.