Volltext Seite (XML)
1031 Nr28 PAPIER-ZEITUNG. Bau von Fabrikschornsteinen. Von L. Ramdohr-Gotha. Da ich gefunden habe, dass selbst bei vielen sogenannten Sachverständigen (Maurermeistern u. s. w.) völlige Unklarheit über die einem Fa- brikschornsteine zu gebenden Abmessungen herrscht, so ist es vielleicht willkommen, wenn ich im Nach stehenden versuche, aus eigener dreissigjähriger Erfahrung einige Regeln aufzustellen, bei deren Beachtung nicht allein ein guter, regelrechter Zug in hohen Schornsteinen erzielt, sondern auch jede Verschwendung von Baumaterial vermieden wird. Als Lichtweite eines Schornsteins ist stets die an der engsten Seite desselben vorhandene anzu sehen und in Rechnung zu ziehen. Ist der Schorn stein, wie es häufig der Fall, an der Mündung enger, als in seinem unteren Theile, so gilt also der Querschnitt an der Ausmündung als maassge- bend. Zu empfehlen ist eine solche Anordnung in- dess durchaus nicht, da sie den Bau vertheuert und vor Allem unnütze Reibung im 'Schornstein rohre verursacht. In Anerkennung dieser Mängel verfiel man vor etwa 20 Jahren in den entgegen gesetzten Fehler, die Schornsteine nach oben stetig zu erweitern. Das gab nicht nur unschöne, wenig standfähige Formen, sondern vertheuerte den Bau und gestattete vor Allem scharfen Winden den ungünstigsten Einfluss auf den Austritt der Ver brennungsprodukte, wobei nicht geleugnet werden soll, dass bei dieser Anordnung die Reibung zwischen den Gasen und der Schornsteinwand auf das kleinste Maass gebracht wurde. — Die Wahrheit liegt erfahrungsmässig auch hier in der Mitte. Man gebe dem Schornsteine vom Sockel bis zur Mündung möglichst gleiche Lichtweite und wähle letztere etwas grösser, als eine genaue Rechnung es ergiebt. Hierdurch erreicht man ebenfalls möglichste Vermeidung der Reibung in sofern, als in der Axe des Schornsteins ein Kern heisser Gase sich bewegt, welche von einem mehr oder weniger ruhenden Ringe kälterer Gase um geben ist. Dieser kältere Ring isolirt gewisser- maassen den Gasstrom von der Schornsteinwand. Auf diese Erscheinung möchte ich besonders aufmerksam machen, da sie in vielen anderen Fällen zu wenig gewürdigt und berücksichtigt wird. So ist cs z. B. ein weit verbreiteter Fehler in der Mineralölindustrie, dass man die sogen. Sammel rohre und die Luftkühlrohre vor den Schweel- retorten viel zu weit, ja sogar grosse viereckige Kasten zur Kondensation anlegt. Durch das Ther mometer lässt sich überall nachweisen, dass in diesen weiten Kanälen nur der kleinste Theil der abzukühlenden Gase mit der kühlenden Fläche in Berührung kommt und in der Mitte der Röhren ein heisser Gasstrom sich ganz unabhängig bis zur Ausmündung fortbewegt. Eine leidliche Mischung der heissen und kalten Gase wird in diesem Falle nur durch zahlreiche Kniec und eine endlos lange Rohrleitung erreicht. Zur Herstellung eines Schornsteins von gleich mässiger Lichtweite giebt es nun zwei ver schiedene Wege. Man kann die überall gleiche Weite wörtlich nehmen; dann ist man aber ge zwungen (gleichviel, ob der Querschnitt kreis- förmig, acht- oder viereckig ist), fast in jeder Schicht des Mauerwerks die Steine mehr oder weniger zu verhauen. Zu dieser Verschwendung würde ich indess nicht rathen. Der andere, ge wöhnlich eingeschlagene Weg führt zu einer gleich guten Leistung des Bauwerks und ist dabei ein facher und billiger. Es ist der Aufbau des Schorn- steins in Absätzen dergestalt, dass jeder dieser Absätze an seiner engsten Stelle die beab sichtigte Normalweite erhält. Nachstehende Skizze (Fig. 1) zeigt an einem bestimmten Beispiele alles Erforderliche. Die Höhe der einzelnen Absätze nehme man höchstens zu 5—5,5 m an. Die Berechnung der erforderlichen Lichtweite erfolgt nach der Grösse der Rostflächen sämmt- licher Feuerungen, welche in den Schornstein münden sollen, und zwar dergestalt, dass der kleinste Querschnitt des Schornsteins nahezu der freien Rostfläche gleich ist. Unter der freien Rost ¬ fläche ist die Summe sämmtlicher Rostspalten zu verstehen. Diese freie Rostfläche beträgt: für Braunkohlen, je nach der Art derselben . . . . = 1/6—1/ für Steinkohlen, je nach der Art derselben . . , = 1/3—1/2 für Holz, je nach der Art desselben . . . . = 1/s—1/s der gesammten Rostfläche. xwo- 1: 200 Fig. I. Je niedriger ein Schornstein ist, um so reich licher ist sein Querschnitt zu bemessen. Bei sehr hohem Schornsteine darf man ohne Nachtheil die Weite etwas kleiner wählen, wie vorstehend angegeben. Es bleibt aber in keinem Falle ein Fehler, nahezu an der freien Rostfläche festzu halten, umsomehr, als sehr häufig noch nachträg lich diese oder jene Feuerungsanlage dem Schorn steine angehängt werden soll. Was nun die Höhe der Schornsteine anlangt, so soll dieselbe selbst für sehr kleine Dampfkessel anlagen womöglich nicht unter 15 — 16 m betra gen. Wird der Schornstein von benachbarten Höhenzügen, Gebäuden u. s. w. beherrscht, so muss er entsprechend höher gebaut werden. Für grössere Feuerungsanlagen, wenn dieselben nahe am Schornstein sich befinden, werden bei genü gendem Querschnitte 30—35 m Höhe meist ge nügen. Liegen aber die Feuerungen in weiterer Entfernung vom Schornsteine, so wird man letzte ren bis zu 50 oder 60 m hoch machen müssen, mit Rücksicht auf die unterwegs stattfindende Ab kühlung der Rauchgase aber den Querschnitt auf 3/.—1/3 der freien Rostfläche ermässigen dürfen. Bemerkt werden mag hier noch, dass es unter allen Umständen gerathen erscheint, die Quer schnitte der Feuerzüge an den Dampfkesseln, Verdampfpfannen u. s. w. stets gleich der freien Rosifläche zu nehmen. Was die Form des Schornsteinquerschnitts an langt, so ist unzweifelhaft die kreisrunde die an gemessenste und natürlichste, auch bietet sie den besten Widerstand gegen Winddruck. Sie ist aber wegen der erforderlichen vielen Nummern von Formsteinen auch die thcuerste, und häufig genug fehlt es an Zeit, diese zu beschaffen. Da bietet 1:10. Fig jl. nun das Achteck eine sehr willkommene Aus hilfe, und jede auf Schornsteinlieferung rechnende Ziegelei sollte stets genügenden Vorrath an den einzigen hierzu erforderlichen Fornisteinen haben. In Figur 2 gebe ich eine Skizze zu diesen Eck steinen. Alles andere Material besteht dann aus gewöhnlichen Mauersteinen, wenn man es nicht vorzieht, der grösseren Sicherheit wegen für die inneren Ecken ebenfalls Formsteine der in Figur 3 gezeichneten Art zu benutzen. Nothwendig ist dieser zweite Formstern nicht. Zum Schlüsse noch einige allgemeine Rath- schlage. Da, wo Bruchsteine billig zu haben sind, baut man den Sockel des Schornsteins häufig aus diesem Materiale und versieht denselben (was ja bei Anwendung von Kalksteinen ohnehin nöthig ist, mit einem 12—25 cm starken Futter aus Mauersteinen. Solche Bruchsteinsockel erhalten aber trotz aller Vorsicht, und selbst wenn man das Futter durch eine Luftschicht isolirt, nach kurzer Zeit stets Risse. Das wird Niemand Wun der nehmen, der einmal gesehen hat, in welcher Weise starke Bruchsteinmauern meistens hergestellt werden. Ich kann nur dazu rathen, den Sockel, soweit er heiss wird, stets nur aus gut gebrannten Mauersteinen herstellen zu lassen; er wird mit Rücksicht auf die geringere Mauerstärke kaum theurer werden, als ein Bruchsteinsockel. Hin sichtlich des Schornsteinkopfes meinen manche Maurermeister, dass man denselben mit weiter Aus • ladung, gewissermaassen als Kapitäl einer Säule, ausbilden müsse. Das ist indess nicht nur ge schmacklos, sondern auch unvortheilhaft; ge schmacklos, weil das Schornsteinrohr keine tra gende Säule ist, und unvortheilhaft, weil jede un nütze Belastung der Schornsteinspitze die Stand-