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MsdrufferTageblati Nr. 197 — 98. AahrMM Wilsdruff-Dresden Freitag, den 25. August 1939 Diahtanschrift: „Tageblatt Postscheck: Dresden 2640 Das „Wilsdruffer Tageblatt" ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Wilsdruff bestimmte Blatt und enthält Bekanntmachungen des Amtsgerichts Bekanntmachungen des Landrates zu Meißen und des Bürgermeisters zu Wilsdruff, des Finanzamts Nossen sowie des Forstrentamts Tharandt Dak „Wilsdruffer Tageblatt' erscheint werktags 18 Uhr Bezugspreis monatl. 2 RM frei HauS, bei Postbestellung I.sv RM. zuzügl. Bestellgeld Einzelnummer lü RPI Alle Postanstalte^ Postboten, unsere AnStrögcr » Geschäftsstelle nehmen zu leder-seit Be- , ....... stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt oder Wochenblatt für Wilsdruff u. IlMgkgLNd sonstiger BetrtebS^brun- gen besteht lein Anspruch — aus Lieferung der Zei ¬ tung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur. wenn Rückporto beiliegt. Anzeigenpreise laut auflicgcnder Preisliste Rr 8. — Ziffer-Gebühr: 20 Rpf. — Norgeschrie« bene ErscheinungStage und Platzwünsche werden nach Möglichkeit berücksichtigt. — A n z e i g e n-A n n a h m « bis vormittags lv Uhr. Für die Richtigkeit de» durch Fernruf übermit- Fklnspkklher: Amt Wllsdruff 20v telten Anzeigen überneh men wir leine Gewähr. ' — '— Bei Konkurs und ZwangSvergleich erlischt feder Anspruch auf Nachlaß. Realpolitik Zum Abschluß des Vertrags mit Moskau Nur knapp 24 Stunden hat sich der Reichsminister des Auswärtigen, von Ribbentrop, in Moskau aufgehalten, und nach zwei kurzen Besprechungen mit Stalin und Mo lotow wurde bereits der „Nichtangriffs- und Konsulta tions-Pakt" zwischen Deutschland und der Sowjetunion unterzeichnet. Die ganze Angelegenheit hat also nur ganz kurze Zeit in Anspruch genommen, und doch ist in diesen paar Stunden Weltgeschichte geschrieben worden. Was der Neichsautzenminister in seiner kurzen Ver lautbarung zu dem Vertrage geäußert hat, das bestätigt auch die Moskauer Presse, die in herzlich gehaltenen Artikeln das Vertragswert würdigt. Von halbamtlicher Moskauer Seite wird darauf hingewiesen, daß der Pakt der Feindseligkeit in den Beziehungen zwischen Deutsch land und der Sowjetunion ein Ende macht, einer Feind seligkeit, die die Feinde der beiden Staaten zu entfachen und zu schüren versuchten. Die Schnelligkeit, mit der der Pakt abgeschlossen wor den ist, beweist den Ernst und die Bereitschaft, die auf beiden Seiten zur Einigung vorhanden war. Und wenn man dann den Pakt liest, so wird jedem Laien klar, daß er offen und ehrlich gefaßt ist. Seine Sprache ist deutlich und unmißverständlich. Es ist nicht die Sprache der alten Diplomatie, die in verschnörkelten Floskeln sprach und dem Volke unverständlich blieb. Dieser Vertrag enthält keine Hintertürchen, wie es z. B. in den sogenannten Pak ten der Demokratie üblich ist. Deshalb werden auch die demokratischen Schnüffler vergeblich nach Auswcichpunk- ten in dem Vertragswerk suchen, und sie werden sich, so fern sie überhaupt noch ein Gewissen besitzen, schämen müssen, daß sie — wie es eine französische Nachrichten agentur bis zur letzten Stunde tat — ihren Lesern das Märchen aufbiuden wollten, für Ribbentrop seien Schwie rigkeiten in Moskau eingetrcten, der Militärpakt der west lichen Demokratien mit der Sowjetunion stünde jedoch kurz vor dem Abschluß. Wir können uns nur schwer ein Bild von der seeli schen Verfassung der westlich-demokratiscWn Politiker nach Abschluß des Vertrages machen, und wir können auch be greifen, daß Mitglieder der englischen nnd französischen Militärmission schleunigst Moskau verlassen haben. Die Militärs empfinden wohl die niederschmetternde Nieder lage, die sie erlitten haben, nnd sie werden sich, wie wir auch, sagen müssen: Wochenlang haben wir mit Moskau verhandelt, und vor uns hat cs Mister Strang mit nicht geringerer Zähigkeit versucht, den Sowjetrnssen einen Ver trag äufzudrängen. Nun sind uns die Deutschen zuvor gekommen. — Wenn sie so reden, so erkennen sie die Sach lage richtig, und wir hätten diesen Erkenntnissen nichts hinzuzufügen. Nur das eine wäre noch zu sagen: Die Demokratien mögen aus dem deutsch-sowjetrussischen Pakt die Lehre ziehen, daß Deutschland zu handeln weiß, während andere reden. Reichsaußenminister von Ribbentrop bezeichnet den Pakt als ein festes Fundament, auf dem beide Staaten aufbauen und zu enger Zusammenarbeit kommen werden, und er weist auf die alten guten Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland hin, die sich jahrhundertelang bewährt haben. Das gilt sowohl für die politischen wie für die kulturellen Bindungen. Und wenn einmal die Har monie gestört und unterbrochen wurde, dann nur, wenn es den traditionellen Einkreisern des Westens gelang. Rußland in eine antideutsche Front einzugliedern. So war es schon im ersten Abschnitt des Siebenjährigen Krieges, so war cs im Weltkriege, als die Westmächte die Russen dazu ausersahcn, wie einst die Türken die östliche Halste der an Deutschland gelegten Zange zu bilden. Aber wann auch immer eine russische Oberschicht oder eine westlich orientierte Politik in Rußland eine Ent fremdung mit Deutschland betrieb, immer blieben diese Machenschaften der breiten Masse des russischen Volkes unpopulär, und auch Stalin hat bereits im März dieses Jahres bekundet, daß Sowjetrußland nicht gewillt ist, für andere die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Der Russe knüpfte mit seiner Einstellung zu Deutschland immer an das populärste geschichtliche Ereignis, die Vertreibung der napoleonischen Armee aus Rußland, an. Er erinnert sich stets der Waffenbrüderschaft der preußisch-deutschen und der russischen Armeen in den Befreiungskriegen, und er weiß ferner, wie großen Wert einst Bismarck auf die Freundschaft zwischen Deutschland und Rußland gelegt hat. Es ist nicht zu bestreiten, daß die Politiker die natür lichen Beziehungen zwischen dem russischen und dem deut schen Volke oft genug mit Erfolg unterbrochen haben, aber ihr Werk war nicht von Ewigkeit. Ewig ist nur das russische Volk, und das begrüßt heute das Wieder- znsammenfindcn mit Deutschland genau so, wie wir es unserseits tun. Was die nationalsozialistische Außenpolitik aber anbetrifft, so hat sie durch den Vertragsabschluß mit Moskau einen neuen Beweis dafür gebracht, daß sie allein Realpolitik treibt. WMchn. leistet Erntehilfe ! Drohender polnischer Angriff ans Danzig Wie gemeldet wird, ist die Stadt Oanzig von einer gemischten polnischen Division im Süden uns Westen umschlossen worden. Zu dieser Division gehört das Zns.-Rgt. SL aus Zlotow, Inf.- Rgt. SS aus Lissa, Znf.-Rgt. 6S und Art.-Rgt. 16 aus Graudenz. Durch diese Zusammenziehung einer kriegsstarken polnischen Division unmittelbar an der Grenze des Danziger Gebiets ist die Gefahr eines unmittelbar bevorstehenden Handstreichs auf die Freie Stadt in größte Nähe gerückt. Bolen macht Weiter mobil Alle Vorbereitungen völlig offensiv Reuter berichtet aus Warschau, daß drei weitere Klassen polnischer Reservisten einberufen worden seien. Der polnische Ministerpräsident hat die Rückberufung aller Staatsbeamten aus dem Urlaub angeordnet, und der Anfang des neuen Schuljahres, der auf den 4. Sep tember festgesetzt war, ist auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Die militärische» Vorbereitungen der Polen haben jetzt offensiven Charakter angenommen. Die Kriegspsychose inner halb der polnischen Armee ist aus dem Höhepunkt angelangt. Die polnische Presse trommelt zum Angriffskrieg. Alle Anzei chen sprechen dafür, daß Polen schon in den nächsten Stunden einen Handstreich unternimmt und gegen Danzig oorgeht. Die Saat der westlichen Kriegshetze ist ausgegangen, und wahrend die Warschauer Regierungsstellen noch unter dem läh menden Eindruck der Unterzeichnung des deutsch-russischen Nicht- angrisss- und Konsultationspaktes stehen, wartet Militär stünd lich aus den Befehl zum Losschlagen. Unter diesen Umständen ist es durchaus wahrscheinlich, daß die Truppen im blinden Vertrauen auf die Kriegshilse der westlichen Demokratien die Nerven verlieren. Die Warschauer Negierung, die mit dem Abschluß des eng lisch-polnischen Beistandspaktes die Voraussetzung für die von Tag zu Tag gesteigerte Kriegspsychose schuf, ist zur Stunde nicht mehr Herr über die Entschlüsse der Armee. Aus ganz Polen laufen unablässig Alarmnachrichten ein, die zuverlässig daraus schließen lassen, daß in vielen Teilen des Landes die Standortkommandos sich nicht mehr den Warschauer Anordnungen fügen, sondern entschlossen sind, auf eigene Faust zu marschieren. In überstürzter Eile werden Truppenkonzentrationen, ins besondere im nördlichen Pommerellen, vorgenommen und Be- sestigungswerke errichtet. In Kattowitz gehen die Reservisteneinberufungen weiter. Durch die Stadl rollen den ganzen Tag über motorisierte Abtei lungen polnischen Militärs in Richtung auf die deutsche Grenze. In oer Stadt selbst sind jetzt sämtliche Personen- und Lastkraft wagen sowie sämtliche Taxen requiriert. Alle Lokomotiven stehen, soweit sie nicht schon sür Truppentransporte eingesetzt worden sind, vor den Remisen unter Dampp Im Gebiet von Schlimm (südlich Posen) müssen alle Gutsbesitzer und Bauern Tag und Nacht Beton fahren. Das Wongrowitzer Dreieck wird in aller Eile befestigt. Die Wälder im Gebiet Wongrowitz und Rogäsen sind voll von polnischem Militär. Truzzyenziel: Danziger Grenze Bor allem werden aus allen Teilen Polens große Trup- penverbände an die Danziger Grenze transportiert. Der ganze übrige Verkehr stockt. In dem Gebiet zwischen Bentschen und Birnbaum sind wei tere Tankfallcn und MG.-Nester sowie Panzerkanonen einge baut, Brücken und Wegkreuzungen zur Sprengung vorbereitet worden. Soleis geräumt — Kraftwagen beschlagnahmt Posen selbst stand Donnerstag im Zeichen der fieberhaften Mo bilmachung. In überstürzter Hast wurden die Reservisten der verschiedenen Jahrgänge aus den Wohnungen und aus den Werkstätten durch Polizei, Radsahrer und Meldegänger geholt. Ueberall sah man einzelne Leute und kleinere Trupps mit kleinen Lebensmittelpaketen zu den Sammelplätzen marschieren. Die Stimmung der Bevölkerung war sichtlich gedrückt. In der Stadt Posen wurden alle Hotel zur Einguar- tierung beschlagnahmt, was bei den zahlreichen'jüdischen Geschäftsreisenden eine Panik hervorrief. Auf dem Bahnhof drängte man sich an den Schaltern und ein wirres Durchein ander herrschte in der Bahnhofsvorhalle, wo ganze Familien mit Kisten, Wäsche und Betten auf die Abfertigung warteten. In der Stadt selbst waren die Lebensmittelgeschäfte überfüllt, und es wurde wahllos gekauft, um sich für alle Fälle zu sichern. Nur mit Mühe konnten die Banken die in Massen anstehenden Sparer auszahlen. Im englischen Unterhaus hat Ministerpräsident Chamberlain erneut davon gesprochen, daß Polen in diesen Wochen „große Ruhe und Selbstbeherrschung" gezeigt habe. Das ist bezeichnend für die unentwegte Aufwieg lung Polens durch England! Denn diese Erklärung wurde an einem Tage abgegeben, der gekennzeichnet ist durch polnische Mobilmachungsmaßnahmen, durch die Be schießung deutscher Flugzeuge, durch neue grausige Ver brechen an Volksdeutschen und schließlich durch die Zu- sammenziehung einer polnischen kriegs starken Division im Süden und Weste« von Danzig! Ruhe und Selbstbeherrschung haben Polen seit jeher gefehlt, und jetzt ganz besonders! Es ist eine uner hörte Herausforderung Europas, wenn das selbe Polen, das damit gedroht hat, Danzig in Trümmer zu schießen, jetzt Truppen gegen diese deutsche Stadt in Marsch setzt! Allerdings: früher mag es den Polen ge lungen sein, durch Handstreiche „vollendete Tatsachen" zu schaffen wie bei dem Ucberfall auf das deutsche Ostober schlesien, bei dem Einbruch in Wilna und schließlich noch 1938 bei dem Angriff auf das Olsa-Gebiet. Heute sind diese Zeiten vorbei! Wenn Polen es wagt, die Fackel in das Pulverfaß zu werfen, dann wird eS selbst das Opfer dieses Verbrechens werden! Mitschuldig aber sind die, das wollen wir auch in dieser Stunde fest stellen, die Polen aufgestachelt und voller Freude die wachsende Hab- und Raubgier dieses Staates registriert haben. Es zeugt von einer seltsamen Verkennung der wirk lichen Lage, wenn polnische Zeitungen glauben, zum An griff trommeln zu müssen! Hände weg von Danzig! Und wenn Polen diese Warnung nicht hören will, dann wird es sie eben zu fühlen be- I kommen! Des können die Herren in Warschau sicher sei». Lhmberlm mWnehm UMsA Fortsetzung der unerhörten Kriegshetze Man «iS kW sehen Das Unterhaus trat zu seiner, die Ferien unterbrechenden Sitzung zusammen. Chamberlain legte zunächst nahe, das Ver teidigungsgesetz für einen Notfall noch heute in beiden Häusern anzuneömen ' Der Ministerpräsident gab dann seine erwartete Erklärung ab, eine Zusammenstellung der seit Wochen und Monaten von englischer Seite ausgestellten Behan iungen, die internationale Lage habe sich ständig verschlechtert bis zur Gefahr eines Krie ges. Die deutsche Regierung habe erklärt, daß Danzig nicht zum Gegenstand einer Konferenz od eines Kompromißes ge macht werden könne. Sie habe mi der Danziger Frage die Korridorsrage verbunden, und sie abe die gesamte Politik und Haltung der polnischen Regier»- wegen der angeblichen (!j Mißhandlung von Deutschen anger t. Herrn Chamberlain lassen die < ilderungen der unmensch lichen Schandtaten kalt. Er sprach oon einer deutschen Kam pagne ähnlich der Sudetenkrise (!) id behauptete, Polen habe große Ruhe und Selbstbeherrschung ezeigt. Chamberlain behandelte dann den sowjctrussisch-deutschen Patt: ^Ich MlüMc dem Sause nicht zu oxrheimlichen, daß dieje Anrunoiaung sur ore Regierung ars eMe neverrllMtkktz nnu, «u» eine Ueberraschung von sehr unerfreulichem Charakter." Di» Sowjetregierung habe aber auch nicht den Schatten eines An zeichens der britischen und der französischen Regierung vorher zu erkennen gegeben. Berlin habe „zynische" Freude gezeigt. Die Diskussionen zwischen den Missionen in Moskau seien schon im Gange gewe sen, ehe diese Bombe einschlug. Heute sei es „zum mindesten höchst beunruhigend", daß die Sowjetunion gleichzeitig heimlich mit Deutschland über einen Pakt verhandelte, der allem An schein nach mit den Zielen der Einkreisung unvereinbar sei, Chamberlin beabsichtige nicht irgendein endgültiges Urtc ! über diesen „Zwischenfall" (?!) abzugeben. Man müsie erst mit der französischen Regierung beraten. Angesichts der deut schen Hoffnungen aus eine Beseitigung der Gefahr eines Kriege» sei es britische Pflicht, über die Eriüllunq der Verpflich tungen Polen gegenüber keine Illusionen zu lassen. Rach lahmer Verteidigung einer Friedensliebe welche mit dem Versailler Verbrechen begann, Mordiibersülle, Schändun gen, Feuxrübersälle auf Beamte, Bürger. Verkehrsflugzeuge gut« heißt und jede Abwehr solcher Schandtaten eines Staates zwei» ten Ranges durch die herausgesorderte Großmacht als Gewalt und Bedrobuna hinltcllt. fordert Lbamberlaln nochmals Loi«