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VilsdmfferÄMM Nr. 228 — 98. Jahrgang Wilsdruff-Dresden Drahtanschrift: „Tageblatt" Das „Wilsdruffer Tageblatt" ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Wilsdruff bestimmte Blatt und enthält Bekanntmachungen des Amtsgerichts Bekanntmachungen des Landrates zu Meißen und des Bürgermeisters zu Wilsdruff, des Finanzamts Nossen sowie des Forstrentamts Tharandt Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 30. September 1939 Da« Wilsdruffer Tageblatt' erscheint werktags >6 Uyr Bezugspreis monatl. 2 NM frei Saus, bei Postbesiellung RM zuzügl Bestellgeld Einzelnummer lv Rps Alle Postanftalten. PostbotSM unsere Austräger u Geschäftsstelle »ehmen zu teder Zeit Be» „ . ftellungen entgegen Im tzalle höherer Gewalt oder Wochenblatt sUk WllsdlUsf U. UMgLgLNd sonstiger Betriebsstörun. gen besteht kein Anspruch - aus Lieferung der Zct- wn« oder Kürzung des Bezugspreifes Rücksendung ein gesandter SchrNMiicke erfolgt nur. wenn Rückporto beiliegt. Anzeigenpreise laut aufNegendcr Preisliste Nr 8. — Ziffer-Gebühr: 2V Rpf — Vorqeschri» bene Erscheinungstage und Platzwünfche werden nach Möglichkeit berücksichtigt — Anzeigen-Annahme durch Fernruf übermtt. Fernsprecher: Amt Wilsdruff 206 wltcn ^Anzeigen'llbernch! men wir keine Gewähr — — Bei Konkurs UN» Zwangspergleich erlischt feder Anspruch aus Nachlast. MestW ErBnis Vier Vunkie wurden aekärk Vor seinem Abflug aus Moskau gab der Reichs minister des Auswärtigen von Ribbentrop dem Vertreter des Deutschen Nachrichtenbüros sowie für die sowjetrus- Hsche Nachrichtenagentur TASS, und die Auslandspreise folgende Erklärung ab: Mein Aufenthalt in Moskau war wiederum kurz, lei- der zu kurz. Das nächste Mal hoffe ich, länger hierzu bleiben. Trotzdem haben wir die zwei Tage gut aus- ,genutzt. Folgende Punkte wurden geklärt: 1. Die dcutsch-sowjetruflische Freundschaft ist nunmehr endgültig seftgelegt. 2. In die osteuropäischen Fragen werden sich die bei den Nationen niemals mehr hereinreden lassen. 3. Beide Staaten wünschen, daß der Friede wieder- hergestcllt wird und daß England und Frankreich den völlig sinnlosen und aussichtslosen Kampf gpge, Deutschland einstellen. 4. Sollten die Kriegshetzer in diesen Ländern aber die Oberhand behalten, so werden Deutschland und Sowjetrußland dem zu begegnen wissen. Der Reichsaußenminister erwähnte dann noch die Krotzzügige Wirtschaftsplanung, die zwischen der deutschen und der sowjetrussischen Negierung vereinbart wurde und die sich zum Vorteil beider großen Mächte auswirken wird. Zum Schluß betonte Herr von Ribbentrop: „Die Ver handlungen fanden in einer besonders freundschaft lichen und großzügen Atmosphäre statt. Vor allem aber möchte ich des überaus herzlichen Emp fanges gedenken, der mir seitens der Sowjetregierung und besonders durch die Herrn Stalin und Molotow zu teil wurde." Rückflug Ribbentrops Herzliche Verabschiedung in Moskau. ReichSautzenminister von Ribbentrop verließ am Freitag- Mittag um 12.30 Uhr Ortszeit wieder Moskau. Auf dem Flughafen waren zur Verabschiedung des Mini sters erschienen von sowjetischer Seite der 1 Stellvertretende Autzenkommissar Potemkin, der Botschafter der UdSSR, m Berlin, Schkwarzew. der stellvertretende Vorsitzende des Mos kauer Stadtsowjets, Jatznow, der Leiter der Mitteleuro päischen Abteilung des Autzenkommissariats, Alexandrow, der Ches des Protokolls, Barkow, der Stadtkommandant von Moskau, Oberst Suworow. Von deutscher Seite gaben dem Reichsaußenminister das Geleit der deutsche Botschafter in Moskau, Gras von der Schulenburg, mit dem ganzen Stab der Botschaft, sowie der deutsche Militärattache, General Köstring, mit den ihm zugeleilten Offizieren. Außerdem hatte sich auch der italienische Botschafter in Moskau, Rosso, zur Verabschiedung des Reichsautzenministers eingefunden. Wiederum war das Verwaltungsgebäude des Flughafens mit den Fahnen des Deutschen Reiches und der Sowjetunion geschmückt. Nach dem Abschreiten der Ehrenkompanie der Luftwasfe, die aus dem Flugplatz Auf stellung genommen hatte, verabschiedete sich der Reichsautzen minister herzlich von den Anwesenden und bestieg dann, ge folgt von seiner Begleitung, das Condorflugzeug „Grenz mark". Der NeichLMeiuninUer wieder in Berlin Zur Berichterstattung beim Führer Der Reichsminister des Auswärtigen von Ribbentrop traf am Freiiagnachmiltag gegen 18 Uhr aus Moskau kommend in dem Condor Flugzeug ..Grenzmark" mit den Herren keiner Begleitung aus dem Flughafen Tempelhof ein. wo sich zur Be grüßung des Reichsaußenministers der Staatssekretär von Weizsäcker mit den leitenden Beamten des Auswärtigen Am- tes und den Mitgliedern deS Persönlichen Stabes eingefun- den hatte. Reichsaußenminister von Ribbentrop begab sich vom Flug hafen Tempelhof aus zum Führer zur Berichterstattung. Um 14 45 Uhr ersolgte eine Zwischenlandung in Königs berg, wo Reichsaußcnminister von Ribbentrop aus dem ^lug» Hasen von Gauleiter Koch begrüßt wurde. Moskauer Zeiiungen hielten die Maschinen an Die Moskauer Presse steht ganz im Zeichen des Vertrags werkes. Die Zeitungen haben die Maschinen im Satz an gehalten, um noch in den Morgenblättern die Texte des Ver tragswerkes zu veröffentlichen. So erschienen die Blätter um vier bis süns Stunden später als gewöhnlich. Die Bilder zeigen den sowjetrussischen Regierungschef und Außen- kommissar Molotow bei der Unterzeichnung des deutsch, sowjetischen Freundschaftsvertrages, daneben den Reichs minister des Auswärtigen von Ribbentrop und Stalin. Ein schwerer Schlag siie die Weltmächte Merstärlster Eindruck des deutsch-russischen Abkommens Der Abschluß des deutsch-russischen Vertrages hat tn ver Weltöffentlichkeit wie eine Bombe gewirkt. Man war sich zwar im allgemeinen wohl darüber klar, daß der zweite Be such Ribbentrops in Moskau kaum geringere Ergebnisse zeitigen würde als der erste, aber man sah nicht den gewal tigen Umfang der neuen deutsch-russischen Vereinbarungen voraus, dessen Bedeutung vorausahnend ein bulgarisches Blatt in diesen Tagen sehr treffend dahin auslegte: Eine neue Seite der Weltgeschichte ist aufgeschla gen worden. Erst nach und nach werden wir den Eindruck feststellen können, den das neue Moskauer Abkommen in der Wett ge macht Hai, denn für die nächste Zeit werden sich die Blätter der Weltpresse mit dem deutsch-russischen Thema ausgiebig zu beschäftigen haben. Zunächst können wir nur die erste Reaktion auf das Abkommen feststellen, wobei in erster Linie natürlich interessiert, wie London und Paris daraus ant worten. London ziemlich sprachlos Als erster meldete sich nach dem Abschluß von Moskau heute vormittag der Lügensprecher der britischen Rundfunk gesellschaft. Man gab die in Moskau zwischen Deutschland und Sowjetrußland abgeschlossenen Verträge bekannt. Die amtliche Verlautbarung sei, so sagte man, leider erst in den frühen Morgenstunden erschienen. Darum sei man auch nicht in der L-ge, einen Kommentar vom Reklameamt zu erhalten, was der Nachrichtendienst sehr bedauerte. Man meinte aber immerhin zu dem Moskauer Ergebnis, daß damit eine seit langem erwartete Fri-edensaktion begonnen habe. Italien erwartet stärkste Auswirkungen In Italien ist Vie Unterzeichnung des deutsch-iowjet- russischen Grenz- und Freundschaftsvertrages Ereignis des Tages. In politischen Kreisen sieht man unter Sem Eindruck der außergewöhnlichen Bedeutung der Ergebnisse ver Mos kauer Besprechungen und ihrer Auswirkungen auf die weitere Entwicklung der europäischen Lage. Die Zeitung „Teuere" weist in ,einer Ueberschrift ins besondere daraus hin, daß im Falle der Fortsetzung des Krie ges Berlin und Moskau sich über Vie zu ergreifenden Maß nahmen konsultieren werden. Als erstes Auslandsecho stell: der Pariser Korrespondent ver Agenzia Stefan, fest, daß mi, den Moskauer NtzmaMtngen zunächst alle Kombmaiwnen hin fällig geworden so»,- --»'m den letzien Tagen von ver franzö sischen und engM hinsichtlich der in Varis und London bestehenden Absichi zur Aufnahme neuer Besprechun gen mit Moskau angestellt worden waren. Holland warnt die Westmächte Sehr interessant ist, was die holländische Presse zu dem Abkommen zu sagen hat, die aus der schnellen Grenz ziehung zwischen den beiden Vertragspartnern den sicherlich nicht unbegründeten Schluß zieht, daß zwischen beiden Län- Vern ein weitgehendes Verständnis herrschen müsse. Besonders starkes Interesse findet in Holland die Tatsache, vaß die deutsche Friedensliebe auch in einem offi ziellen Dokument noch einmal ihren Niederschlag findet. Man ist in Holland allgemein der Ansicht, daß es unverantwortlich wäre, wenn England und Frankreich auf das deutsch-russische Angebot nicht eingingen, nachdem eine Wiederherstellung Polens in der bisherigen Form unmöglich geworden und Deutschland und Rußland die Ordnung im osteuropäischen Raum in ihre Hand genommen haben unter strikter Ableh nung der Einmischung Dritter. Weiter weist man in Holland daraus hin, daß die Westmächle bei Fortsetzung des Krie ges ein außerordentliches Risiko ans sich nehmen würden, und daß ihr Einfluß in Süvosteuropa nun eben so wie in Osteuropa völlig ausgeschaltet werde. Schließlich dürften, so sagt man, die Beziehungen der Türkei zu den Westmächten von den Moskauer Abkommen auch nicht unbe rührt bleiben. Belgien: Hoffnung auf Kriegsbeendigung Die belgischen Zeitungen brachten das Abkommen in Sonderausgaben heraus. Sie betrachten es unter zwei Gesichtspunkten. Einmal heben sie das gemeinsame deutsch sowjetrussische Friedensangebot hervor, und zweitens sagen sie dem Abkommen eine starke psvchologische Wirkung voraus. Die Blätter versprechen sich viel davon, daß Deutschland und Sowjctrußland mit anderen befreundeten Mächten gemein same Anstrengungen machen w , um ven Kriegszustand Mischen Deutschland, Frankreich und England zu beendigen Jugoslawien: Entlarvung Ver westlichen Lügen In Jugoslawien Hai vas Abkommen allerstärksten Eindruck gemacht, und die amilicben Kreise meinen, man könne Vie Traawcue noch gar nich, abschätzcn. Allgemein wird fest- gestellt, daß vurch diese Vereinbarung die Intrigen der fran wsisch-englischcn Propaganda erneut entlarvt wurden, die ven Völkern oes Balkans Angstgefühl vor einer völligen Unter jochung vurch ven oeutsch-sowjenussijchcn „Kollektivismus' einreden wollen. Das Abkommen wie auch das sowjetrusstsch^ estnische Abkommen zeige, daß man keinerlei Absichten gegen sie Selbständigkeit der kleinen Nachbarstaaten hätte. In poli tischen Kreisen Belgrads gibt man weiter der Hoffnung Aus- pruck, Saß es jetzt gelingen möge, dem europäischen Krieg Einhalt zu gebieten. Aus alle Fälle aber könne Deutschland jetzt jeder Art von Koalition in der Welt erfolgreichen Widerstand leisten. „Friedensoffensive hat begonnen" Ein schwerer Schlag für die Westmächte Die holländischen Abendblätter stehen vollkommen! im Zeichen der deutsch-russischen Abmachungen, die mit riesi gen Ueberschristen hervorgehoben werden. Aus dem zum Teil reich mi« Bildern versehenen Tiielsei»! ten wird besonders betont, daß es sich hier um eine Frie-j densaktion handele. So überschreibt der „Telegraaf" in der vollen Breite der Blatt le „Die Friedensosse n-j five hat begonnen", m „Handetsblad" wird beson-s ders hervorgehoben, daß da< Streben Berlins und Moskau- aus Beendigung des Kriegszustandes ausgehe. Im einzelnen schreibt oas „Algemeen Handelsblad" zu diesem Uebereinkommen, e fei höchst bemerkenswert, daß Ber- lin und Moskau in ihren .riedensbestrebungen zusammengin gen. Sie gäben England und Frankreich deutlich zu fühlen, daß die mitteleuroviische Frage gelöst sei. Die politisch-wirtschaftliche B sung zwischen Deutschland und der Sowjetunion bedeute ür die Westmächte einen schweren! Schlag und stelle sie vor völlig neue Situationen. Die Bemü-- hungen der Westmächte um eine Einkreisungsfront hätten zu einer Reihe diplomatischer Niederlagen geführt, deren Ausmaß nicht zu unterschätzen sei. Es müsse ge kragt werden, ob Engi «d noch in der Lage sei, im Schwarzen Meer einzugreifen. Es sei ungewiß, welches Kriegsziel Eng-, land und Frankreich au. stellen wollen, wenn sie diesen KrieA fortsetzen. Ebenso fraglich sei es, ob sie dieses Ziel verwirklichen könnten. Im allgemeinen äußern die Blättern Zweifel daran.! ob die Westmächte aus die Friedensbemühungen so eingchen würden, daß sie von Erfolg begleitet fein könnten. Die Blät^ ter verweisen bei ihren Betrachtungen vor allem auch aus die schwierige Lage Englands. Die wirtschaftliches Uebereinkunft zwischen Deutschland und Rußland gäbe Deutschlands wirtschaftlicher Widerstandskraft eine unbe schränkte Dauer und mache die britischen Blockadematznahme« zum großen Teil wertlos. Für Lokalisierung des HonWleS DNB. Rom, 29. September. Die Nachrichten über den Abschluß der deutsch-russischen und der russisch-estnischen Ab kommen bestätigen, wie mon in hiesigen politischen Kreise« erklärt, die Vorhersagen über die große Bedeutung der Mos kauer Besprechungen. Gleichzeitig bewiesen sie, wie verfehlt die Vermutungen gewisser ausländischer Kreise waren, in denen man aus Grund der Besetzung Polens durch Deuischiand und Ruhland mit Meinungsverschiedenheiten oder G gensätzsn rechneten. Vielmehr herrsche, wie hier b tont wird, eine voll kommene Uebereinsümmung, die, wenn sie sich auch zunächst auf die polnischen Probleme beschränke, doch weitere bemerkens werte Auswirkungen haben könne. Nach Abschluß des polnischen Konflikts würden sich Deutsch- land und Ruhland im starken Mah für die Beendigung des Krieges verwenden, wobei sie eine Unterstützung befreundeter Mächte erwart ten. Die italienische Regierung habe, wie man in diesem Zusammenhang erklärt, von Anfang an für di« Zweckmäßigkeit, den Konflikt zu lokalisieren, in starkem Maß« sich eingesetzt. Die besondere Tragweite des Abkommens sei in der Mahnung zu sehen, bah Deutschland und Rußland im Falle eines Scheiterns dieses letzten Fri Densversuckes die er forderlichen Maßnahmen ergreifen winden. Wenn der Kampf weit-rgrhen sollte, würde dies unter völlig anderen Bedingun gen vor sich gehen, als dies London und Paris erwartet hätten. Frankreichs Kampf gegen KriegsunW Massenaburteilungen vor den Kriegsgerichten. — Arbeiter- Verhaftungen. — Wachsende Mißstimmung der Kolonialvölker. In Frankreich machen auf Grund des gleichzeitig mit der Generalmobilmachung verhängten Belagerungszustandes im mer mehr die Zivilgerichte den Militärgerichten bei der Unter drückung der kriegsunlustigen Stimmung Platz. Die 4. Pa riser Strafkammer, die gemeinsam mit der 42. Pariser Kam mer in den letzten Wochen mindestens in 500 Fällen beträcht liche Gefängnisstrafen wegen Kritik an der Außenpolitik der Regierung und wegen Propaganda gegen den Krieg verhängt hatte, hat jetzt damit begonnen, eine riesige Anzahl von Ver fahren an die drei Kriegsgerichte abzugeben, die sich mit ins gesamt 15 Untersuchungsbehörden im Pariser Justizpalast etabliert haben. Unter den schwebenden Verfahren befindet sich auch der Fall von sechs Arbeitern, die mit Flugblätter« gegen den unnützen Krieg demonstrierten. Die wachsende Mißstimmung der Koloniale Völker, die nicht verstehen, daß es zweierlei Imperialis mus geben soll, macht sich auch in Paris bemerkbar. So wurde das Verfahren gegen den Araber Ali Schaban, Ge schäftsführer der arabischen Eingeborenenzeitung „El Ouma", von den üblichen Aburteilungen abgetrennt. Der Araber wirb sich jetzt vor dem Militärgericht zu verantworten haben, weil' er die Integrität des französischen Gebietes und die Autori tät Frankreichs angegriffen habe. Die 4. Pariser Strafkammer hat noch als letztes, gewis sermaßen als Schluß ihrer bisherigen Tätigkeit einen 51jäh- rigen Arbeiter eines Rüsiunasbetriebes zu zwei Jahren Ge fängnis und 2000 Franken Geldstrass verurteilt, weil er i>A der Werkstatt zu seinen Arbeitskameraden gesagt batte. „««« dürfe nicht für die Kapitalisten Krieg führe«".