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Wilsdruffer Tageblatt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile M Rxsg., die t gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmaebungen 4VAeichs- psennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichspscnnioe. Por« geschricdeneErscheinungs- tage und Platzvarschristen werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen. annahmebrsvorm.lvUhr. — Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittsltenAnzeigcn übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabatianspru ch erlischt, wenn dcr Deirag durch Klage eingezogcn werden muß oderderAnftraggcberin Konkurs gerllt. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das ,Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktaoen nachmittags o Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 NM. im Monat,'bei Zustellung durch die Boten 2,30 NM., bei Postbestellung 2 NM. zuzüglich Abtrag- . gebühr. Einzelnummern 15Rpfg.AIleBonanstal1en W0ctzenv!att für* Wllsdru^ u. Amaeneno Postboten und unscreAus. trägerund Geschäftsstellen " - — ... — nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Nr. 120 — 90. Jahrgang. Telegr.-Adr.: .Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Mittwoch, den 27. Mai 1931 Staatsbesuch Doumers iu England? London. Verschiedene Londoner Zeitungen berichten, das; der neue Präsident von Frankreich, Dvumer, großen Wert dar aus lege, baldigst einen Besuck in England abzustatten. Ausklang. Daß sich Deutschland und Österreich in der die Genfer Konferenzen politisch vollkommen be herrschenden Zollunionsfrage restlos iso liert sahen, daß sich keine Stimme für diese beiden Länder erhob, und daß der deutsche Ver treter im Völkerbundrat genau derselben Isolierung auch in der A b rü st u n g s s r a ge ausgesetzt war, hat den Abschlutzverhandlungen der Konferenz eine ent sprechende uns feindliche Atmosphäre verliehen. Es war nahe daran, daß den Polen ein Vorstoß glückte, für den ihnen diese Atmosphäre willkommen und geeignet war und bei dem sie natürlich die bereitwillige Unter stützung Frankreichs fanden. Sollte der Streit um das VerhaltenPolensgegenüberderdeu Ischen Minderheit mit dem darüber viel zu spät gelieferten Bericht beendigt sein, wonach all die deutschen Beschwerden über Missetaten und Verfolgungen der oberschlesischen Deutschen ihre Ahndung erfahren hätten, so, wie das auf der Tagung des Völkerbundrates im Januar verlangt worden war? Sollte das Gutachten des Genfer Bericht erstatters hierüber — er ist japanischer Gesandter in Paris - mir seiner Behauptung, es sei in Ostoberschlesien eine völlige Beruhigung, eine „wesentliche Besserung in dem Verhältnis zwischen Minderheit und Mehrheit und zwischen Minderheit und Behörden eingetreten", als Ansicht und zustimmender Beschluß des Völkerbundrates Hinausqehen in alle Welt und damit auch gleich neuen deutschen Beschwerden die Spitze abbrechen? Sollte au; diese Weise dem Vorschlag des Berichterstatters gemäß der Völkerbundrat „die Prüfung der Angelegenheit schließen, indem er von den Mitteilungen der polnischen Regrerung Kenntnis nimmt"? Deutschland beantragte demgegenüber Vertagung. Polen, Frankreich und — natürlich! — der jugoslawische, zu eigenartiger Berühmtheit gediehene Ver treter Marinkowitsch — muß sich doch auch jetzt wieder dafür dankbar zeigen, daß man von Paris aus der Bel grader Regierung eine gewaltige Anleihe gewährt hat — protestierten gegen den Pertagungsantrag des deutschen Außenministers und, wenn der Rar nicht seine Gewohnheit per einstimmigen Beschlüsse verlassen wollte, so wies die Lage eine völlige Verworrenheit auf. Da hat denn zugunsten Deutschlands der gerade präsi dierende englische Außenminister eingegriffen; erwischte derpolnischenDelegationziemlichdra stisch über den Mund wegen der Verzögerung ihres Berichts, stupfte auch Herrn Poncet, den „Vertreter" Briands, und wandte sich besonders schars gegen die pol nische Drohung, man könne bei einer Vertagung des Rats beschlusses dann in der oberschlesischen Minderheitensrage „für nichts garantieren". Da kam denn nun die ein stimmige Vertagung zustande, aber Polen erhielt gleich noch zwei Pflaster auf die Wunde, indem auch der Steuerstreit des Fürsten Pleß und sogar eine ober schlesische Schulfrage der Vertagung anheimfielen, obwohl über die letztere bereits ein Urteil des Haager Schieds gerichts zugunsten der deutschen Minderheit vorlag. Dann war offiziell Schluß der Ratstagung, doch es kam vorher noch schnell zu einem bezeichnenden, die oben charakterisierte „Atmosphäre" kennzeichnenden Zwischensall. Herr Zaleski protestierte gegen die Amtsführung des deutschen Außenministers als Ratspräsident, weil dieser an Danzig und Polen die Mahnung gerichtet hatte, sich besser miteinander zu vertragen, nachdem Henderson die Schuld der Zuspitzung des Verhältnisses zwischen War schau und Danzig denn doch etwas allzu eifrig auf feiten des Freistaates zu finden geglaubt hatte. Natürlich hat Dr. Curtius diesen Protest scharf zurückgewiesen, — aber aus diesem wie aus dem andern Zwischenfall geht wieder einmal deutlich hervor: Mit Polen steht die Sache Ungefähr ebenso wie wegen der ö st f>chifch-deulschen Zollunion mit ungefähr allen euro- paischcn^Staaten In der Memelfrage ist insofern ein kleiner Fortschritt erzielt worden, als es mit Litauen Z" Verhandlungen kommt. Allerdings Kerbel irgendwelche Hoffnungen kaum Uber° ll 1 riumphiertdie „Politik" Über jegliche, namentlich jede wirtschaft- liche V"uu'ifi Und je kleiner und jünger ein Staat ist, eine desto schärfere, „nationale Prestigepolitik" glaubte er in Genf treiben zu müssen und durfte sie auch leider betreiben. Da ist es fast em „Wunder", daß uns beim Streit mit Polen wenigstens Henderson in unserer Iso lierung beisprang und dannt ist den kommenden Ver handlungen in Cheguers doch wenigstens etwas von dem grell-disharmonischen Auftakt genommen, den sonst durch weg die Genfer Konferenzen für Deutschland bedeuten. In England einen „ehrlichen Makler" zu sehen, hieße aber doch, sich einem unbegründeten Optimismus hinzugeben; denn nicht die Wirtschaft darf die Stunde regieren, nicht die Vernunft, sondern allein die „Politik" und sie wieder wird nach Gens, in Cheguers und darüber hinaus absolut beherrscht von der Abrüstungsfrage oder vielmehr von der fraglosen Nichtabrüstung. MuNW oder MuNM? Zwei-Mlllarden-Anleche für DenWand? Englische Gerüchte. Der diplomatische Korrespondent des der englischen Regierung nahestehenden „Daily Herald" meldet, daß jetzt die Frage einer internationalen Anleihe in Höhe von zwei Milliarden Mark für Deutschland ernst- lich erwogen werde, die durch England, Frankreich und Italien zu garantieren wäre. Verantwortliche Kreise er achteten dies als die einzige Möglichkeit, um einen Zu sammenbruch des Uoung-Planes und der Reparationszahlungen zu verhindern. Der Fall der Weltmarktpreise und die wirtschaftliche Krise in Deutschland hätten eine Lage hervorgerufen, die man im Haag nicht vorausgesehen habe. Da Deutschland in Gold zu zahlen habe, so hätten sich die Lasten um 30 Prozent über den Betrag erhöht, oen das Voung-Komitee als die höchste Grenze der Zahlungs fähigkeit Deutschlands festgesetzt habe. Hinzu komme noch der Fehlbetrag im Reichshaushall. Es stehe außer Zweifel, daß die deutschen Minister in Cheguers auf die Verzögerung der Durchführung des österreichisch-deutschen Zollabkommens Hinweisen würden, und daß daher Deutschland einen an deren Ausweg finden müsse. Deutschland könne zwar ein Moratorium für die ungeschützten Zahlungen for dern, aber es sei wahrscheinlich, daß Dr. Brüning lieber für eine vollständige Revision der Zahlun gen in Höhe von 1620 Millionen Mark eintreten werde, die fast überwiegend nach Frankreich gingen. Selbst für den Fall, daß eine Revision verweigert werden sollte, sei es wahrscheinlich, daß Deutschland sich außer stande erklären werde, seine Gefamtverpflichtungen oder auch nur einen Teil derselben begleichen zu können. Deshalb werde die Aufnahme einer 2-Milliarden-Mark- Anleihe für Deutschland erwogen, die zu einem niedrigen Zinssatz herausgebracht werde und durch die anderen großen europäischen Mächte garantiert werden solle. Diese Frage werde durch das neue Komitee für inter nationale Anleihen nachgeprüft werden. Sollte bis zum Zusammentritt der Völkerbundsversammlung im Septem ber keine Antwort vorliegen, so sei es kaum zweifelhaft, daß dann Deutschland die Gläubigermächte von der Un möglichkeit unterrichten werde, die vollen Zahlungen zu leisten. Man könne mit der Erklärung eines Moratoriums kurz darauf rechnen, falls bis dahin keine neue Regelung erfolgt sei. Eine Anleihe keine Lösung. Zu der Meldung des „Daily Herald" wird in Ber liner politischen Kreisen erklärt, man könne in dieser An leihe keineswegs eine Lösung der Schwierigkeiten und im besonderen der Reparationsfrage sehen. Was Deutsch land brauche, sei keine Verlängerung des bisherigen Zu standes, mit Ausländsanleihen die Tribute zu bezahlen, sondern die Herabsetzung der Reparations summe. Der Völkerbund könne das Reparationspro blem nicht lösen. Im übrigen ist von dem Plan einer Zweimilliardenanleihe für Deutschland an Berliner amt lichen Stellen nichts bekannt. * DertWng der RtMAiMMbleW? London, 26. Mai. Londoner Blätter bringen weiter hin MAtmatzungen und Bettachtungen zu dem bevorstehenden Besuch des Reichskanzlers und des Reichsaußenministers in Che- quers. Der Evening Standard rechnet damit, daß die deutschen Minister aus einer Erörterung der Reparationsfmgen bestehen würden. Es wird in London darauf hingewiessn, daß in Eng land kaum irgendwelche Neigung bestehe, in Washington in der Reparationsfrage irgendwelche Schritte zu unternehmen, zumal die Trennung der Reparationsfrage von der internationalen SchMenfrage unmöglich erscheine und Amerika sich erst letzthin ziemlich deutlich über seine ablehnende Haltung ausgesprochen habe. 3m Hinblick darauf, daß ein Reparationsmoratorium ge mäß den Bestimmungen des Youngplanes tatsächlich dem deut schen Finanzen Ane EÄeichHrung bringt und daß etwaige Schritte im Sinne des Houngplanes den deutschen Kredit un günstig beei«sl«ssen müssen, glauben daher englische Kreise annehmeu zu dürfen, daß die deutsche Regierung diesen Weg auch nicht beschreiten wird. Man Hätz vielmehr einen Ausweg über die internationalen Finanzinstitute für den gangbareren und ge schickteren, ohne jedoch irgendwelche Hoffnungen erwecken zu wol len. Es besteht mit anderen Worten die Tendenz, das Repara- tioneproblem aus die lange Bank zu schieben. Etwas anders ist die Lage, die sich aus dem deutschen Haushaltfehlbetrag an sich ergibt. Die Konferenz von Cheguers dient — abgesehen von internationalen Höflichkeitsbereugungen — in erster Linie der Be- sprechMg von Problemen, die beiden Staaten gemeinsam sind. Hierzu gehören unter anderem auch der Einfluß der Arbeits losigkeit auf die Finanzen des Staates und internationale Maß nahmen Mr Behebung des klebens der Arbeitslosigkeit. Sollten sich im Lause der Besprechung Gesichtspunkte herausschälen, die eine greifbare Unterlage hierfür ergäben und damit die zukünf tige Finanzlage Deutschlands in einem anderen Lichte erscheinen liehen, so würde damit eine Wendung «intreten, die sich auf dem internationalen Kreditmarkt auswirken müsse. Man ist sich hier bei völlig klar, daß unter den heutigen Verhältnissen Deutsch land Kredite nur zu günstigsten Bedingungen aufnehmen kann und daß die Höhe eines Kredites aus die tatsächliche Leistungs fähigkeit Deutschlands abgestimmt sein muß. Eurims berichtet über Gens. Die neuen Sparnotverordnungeu. Das Reichskabinett wird am Mittwoch zu seiner ersten Sitzung nach Pfingsten zusammentreten, um vor allem den Bericht des Reichsaußenministers Dr. Curtius über Gens rntgegeuzunehmen. Dem Reichspräsidenten wird Dr. Curtius frühestens Ende der Woche, nach dessen Rückkehr aus dem Pfingsturlaub, Bericht erstatten können. Der Reichskanzler Dr. Brüning hält, wie verlautet, nach wie vor daran fest, daß die innerpolitischen Sanierungsmaß nahmen bis zur Abreise nach Cheguers, die aus Mittwoch, ven 3. Juni, abends, anberaumt worden ist, vom Kabinett beschlossen sind. Die Veröffentlichung der entsprechenden Notverordnung wird erst für die Zeit nach Cheguers er wartet. Da die Reichstagsfraktion der Zentrumspartei für den 14. Juni nach Hildesheim einberufen worden ist, wo Dr. Brüning ein längeres Referat zur politischen Lage erstatten wird, nimmt man an, daß die Veröffentlichung der Sanierungsnotverordnung ungefähr zu diesem Zeit punkt erfolgt. über den Inhalt der Notverordnung verlautet neuer dings aus gut unterrichteter Quelle, daß sie eine Reihe von Abstrichen an den einzelnen Etats bringen wird. Auch der Wehretat soll nicht ausgenommen bleiben, bei dem 50 Millionen gestrichen werden sollen. Ob eine Kürzung der Beaintengehälter kommt und wie weit sie dann gehen wird, ist noch ungewiß. Man rechnet auch mit der Ein führung einer sogenannten Beschästigungssteuer, die von höher bezahlten Angestellten in der Privatwirt schaft erhoben werden soll. Schließlich wird auch an eine Kürzung der Kriegsrenten in den leichtesten Fällen und wenn ein ausreichender Verdienst da ist, gedacht. Sie HerWagung des Völkerbundes. Abrüstungs- und Minderheitenfrage nicht auf der Tagesordnung. Reichsaußenminister Curtius hat in seiner Eigen schaft als amtierender Präsident des Völkerbund rat c s die 12. Ordentliche Vollversammlung des Völker bundes zum 7. September nach Genf einberufen. Der Europaausschuß sowie der Völkerbundrat treten bereits vor Beginn der Vollversammlung am 3. September zusammen. Aks besonderer Punkt steht auf der Tagesordnung der Vollversammlung die seit Jahren geforderte und im vorigen Jähre zum ersten Male praktisch in Angriff ge nommene Neuordnung des Völkerbundsekre tariats im Sinne einer weitgehenden Beteiligung der übrigen Mächte, die, wie Deutschland, heute im Völker- bundsekretariat völlig ungenügend vertreten sind. Auf der Tagesordnung des Völkerbundrates stehen nicht die Abrüstung-und die Minderheiten frage. In der Minderheitenfrage ist trotz der Madrider Beschlüsse des Völkerbundrales, die eine wesentliche Ver besserung und Umgestaltung des völlig ungenügenden Minderheitenverfahrens des Völkerbundrates bringen sollten, noch keinerlei Änderung eingetrcten, da die üb licherweise geheim tagenden Dreierausschüsse für die Min derheitenfragen bisher sämtliche Angelegenheiten ohne jede Bekanntgabe und ohne Behandlung vor dem Plenum des Völkerbundrates erledigt haben. Internationale Finanzhilfe für Österreich. Ohne deutsche Beteiligung. Unter Zustimmung der Bank von England ist ein inter nationales Finanzkonsortium gebildet worden, das der österreichischen Kreditanstalt Mittel über die entzogenen hinaus zur Verfügung stellen soll. Dem Konsortium ge hören das Londoner Haus Rothschild, die Anglo-Jnter- national-Bank sowie das französische Bankhaus Lazare Frares an. Im Zusammenhang hiermit verlautet, daß ein französisch-deutsches Bankenkonsortium Interesse für die in Regicrungsbesitz befindlichen Aktien der Kredit anstalt bekunde; der französische Vertreter soll bereits auf dem Wege nach Wien sein. Eine Bestätigung dafür, daß Deutschland oder deutsche Banken gemeinsam mit französischen Banken eine Stützungsaktion kür die Kreditanstalt eingeleitet haben,