Volltext Seite (XML)
Erntedank. Nun sind die Ernten eingetan, Es häufen sich die Garben an Bis unters Dach, das hohe. Und auf und ab die Gassen springi Und Reigen tanzt und Kränze schwinat Die Helle Freudenlohe. Und in die Freudenböller dröhnt Der Glocken Erz und schwingt und tönl Zum Chorgesang der Knaben: Herrgott, der Du das Aehrenfeld Mit Tau und Sonnenschein bestellt, Hab' Dank für alle Gaben! Albert Korn. „Geschichtsschreiber." Langeweile über Genf — Aus der Mottenkiste. Beunruhigungspolitik. Der Völkerbund fängt an, diese Welt zu langweilen. Sogar als das jüngste Völkerbundsmitglied, Sowjetruß land, seinen Volkskommissar Litwinow zum ersten Male vor dem Völkerbund auf die Rednertribüne schickte und er dort seine „Jungfernrede" halten mußte — er hatte Zeit genug, sich darauf vorzubereiten —, liefen allmählich zahl reiche Delegierte aus dem Saal heraus, weil es ihnen zu langweilig wurde. Er redete nämlich sehr viel, sagte aber nichts, weil er eben der Versammlung nichts sagen wollte. Das wurde den Zuhörern verständlicherweise bald allzu langweilig. Und sie rissen aus. Dabei hatte Herr Litwinow auf der anderen, der französischen Seite des Genfer Sees lange wartend gesessen, — und unweit von seinem dama ligen Aufenthalt liegt das Dörfchen Ferney, wo vor 180 Jahren der amüsanteste französische Schriftsteller Vol taire gelebt hat. Der hat einmal gesagt: „Alles ist erlaubt, nur das Langweilige nicht." Drüben aber, am Südufer des Genfer Sees, ist die Vielredende, aber nichtssagende Langeweile auch diesmal wieder die Herrscherin der Völkerbundstagung gewesen. Der irische Delegierte de Valera hat darüber Klage geführt, daß das Wichtigere, also das Interessante, ja doch abseits der Völkerbunds sitzungen behandelt wird, und der Vertreter eines anderen kleinen Staates, der schweizerische Bundesrat Motta, fiel völlig aus der Genfer Rolle, als er deutlich und drastisch einmal — zur Sache sachlich redete. Das nahmen die Ober regisseure sehr übel. Eigentlich heißt ja der Völkerbund nach seiner französischen Bezeichnung die „Gesellschaft der Nationen". Die Rede allerdings, die Herr Barthou dann gegen den Schweizer Motta hielt, wies einen Ton auf, den man kaum in einer guten Gesellschaft anzuwenden pflegt! Und man kann darüber streiten, ob es gerade sehr geschmackvoll war, als derselbe Herr Barthou' sich auf einem Journalistenbankett dessen rühmte, daß er die „Mademoiselle Genf" als Liebesbote in die Arme seines Freundes Litwjnow bugsiert habe. Trotz des Wider standes, den besagte Jungfrau und auch sonst noch einige Leute dieser Verbindung entgegengesetzt hätten! „Und wenn mein Freund Motta hier am Tische Litwinow sehen würde, dann müßte er doch sagen, daß dieser russische General gar nicht wie ein Brigant aussieht." Voltaires Geist war über Herrn Barthou gekommen, — und aus Ferney kam ein spöttisches Kichern herüber über den Genfer See: „Und das ist just die Art, wie man Geschichte schreibt!" * Nein, Geschichte hat man auch diesmal in Genf nicht geschrieben. Auch in den festverschlossenen Hotelzimmern konnte man sich nicht einigen darüber, wie das Land be ¬ handelt werden sollte, das heute so etwas wie den poli tischen Nabel Europas darstellt, auf den alles blickt: Österreich. Die Geschichtsschreibung selbst aber sparte sich nicht eine kleine Groteske: England, Frankreich und Italien erneuerten eine Erklärung über die Wahrung der Unabhängigkeit und Unversehrtheit Österreichs „im Ein klang mit den bestehenden Verträgen" vom 17. Februar dieses Jahres! Eine Erklärung also, die abgegeben worden war nach dem blutigen „Wiener Fasching", als die Bundesregierung Dollfuß gegen die Sozialdemokraten . und Kommunisten mit Granaten einschritt. Damals kamen übrigens allerhand offizielle Proteste ans London und vor allem aus Paris über die Art, wie dieses Vor gehen erfolgte. Der Verlegenheitsausweg, heute eine solche Erklärung zu erneuern, obwohl doch ganz andere Absichten vorliegen, zeigt wieder einmal, daß die „Schützer" Österreichs sich eben nur in einem einzigen Punkt einig sind: Eine irgendwie geartete Verbindung zwischen Deutschland und Österreich heute mehr denn je zu verhindern. Aber damit ist auch Schluß! Zu etwas Positivem, nämlich dem kleinen Lande auch wirklich zu Helsen, ist es in Genf nicht gekommen. Es hatte seinen guten Grund, wenn der französische Außenminister Barthou in seiner neuen Rede über die Saarfrage so beflissen betonte, er habe „absichtlich ruhig und leidenschaftslos" gesprochen; denn das tat er nur dem äußeren Vortrag, dem Tonfall nach. In Wirklichkeit war diese wie alle seine Reden zu diesem Thema in Genf wie in Paris nichts als eine einzige Propaganda für die immer stärker auftretende Forderung Frankreichs nach Bei behaltung des gegenwärtigen Regimes im Saargebiet. Darüber hinaus aber enthüllte sie zweifellos das eigentliche politische Kampfziel Frank reichs für die ganze Zeit bis zur Abstimmung: durch die immer neue Betonung angeblicher Schwierigkeiten in der Saarfrage eine Politik der dauernden Beun ruhigung vor allem im Saargebiet selbst zu treiben und die dortigeBevölkerung schließlich sc nervös zu machen, daß sie für die Heranziehung landfremder Polizei „reis" gemacht wird. In dieser Beunruhigungspolitik spielt natürlich die Polizeifrage um so mehr eine wichtige Nolle, als sie sich durch die Rede Barthous und die Sekundantendienste der Separatistenpresse schon f a st zu einer Besetzung s- srage ausgeweitet hat. Es ist schon ein starkes Stück, wenn Frankreichs Außenminister seine Truppen, die ja eben erst große Manöver ausgerechnet in der Nähe der saarländischen Grenze durchführten, als der Weisheit letzten Schluß für die Beaufsichtigung des Saargebietes während der Abstimmungszeit empfiehlt und diese Form der Besetzung dem Völkerbund ans ohnehin französisch empfindende Herz legte. Ein starkes Stück, weil erstens Frankreich selbst Partei ist, zweitens der von Barthou angezogene Natsbeschluß von 1926 französische Truppen mit der Abstimmung mit keinem Wort nennt und drittens die vergangenen 15 Jahre Fremdherrschaft im Saargebiet wie nichts anderes die verlogenen Spiele reien mit der „Polizeifrage" widerlegen? nie gab ein Volk größere, eindringlichere Beweise für seine politische Selbstbeherrschung selbst in bedrängtester Lage als die deutschen Abstimmungsgebiete Oberschlesiens, Ostpreußens, Nordschleswigs und nun des Saarlandes. Nirgends auch gab cs eindringlichere Beweise für die unheilvollen Wir kungen einer französischen Besetzung wie im Memellanö oder in Nordschleswig oder in der jahrelangen Tragödie des Nheinwndes und schließlich in dem 15jährigen Drama der Fremdherrschaft im Saargebiet. Kurze politische Nachrichten. Der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler hat dem König und der Königin sowie dem Kronprinzenpaar von Italien zur Geburt der Prinzessin Maria Pia seine aufrichtigsten Glückwünsche übermittelt. — Ferner hat der Führer aus Anlaß der Taifunkatastrophe in Japan ein Beileidstelegramm an den Kaiser von Japan gerichtet. Chemnitzer Vries. Visitenkarten des Herbstes. Ob auf den von der warmen Herbstsonne umschmeichel ten Beeten in den Schrebergärten auch noch einmal in diesen einzigartigen Septembertagen ein paar Erdbeerbüschel reife Früchte tragen und hier und da an einem knorrigen Apfel baum in einem Villengarten neben ausgereisten Aepfeln jam- metzarte Blüten im weichen Lufthauche träumen — die gel ben, dürren Blätter, die von den Bäumen fallen und so selt sam schwermütig im Rinnstein des Bürgersteiges rascheln, ge mahnen uns daran, daß es trotz Sonne, Wärme und zweiter Ernte doch mit Riesenschritten dem Herbst entgegengeht und das verspätete Nachsommerglück doch nur noch von kurzer Dauer sein kann. An sich verspürt ja der Großstädter im grauen Stein- koloß seiner endlosen Häuserreihen nicht viel vom ewigen Wechselspiel der Jahreszeiten. Sie sind eines Tages da für ihn. Kober Nacht hat sich das graue Geäst mit dem ersten zar ten Grün des Lenzes umhüllt. Eines Tages lugt ein seidiges weißes Blütenbüschel über eine graue Mauer — dann weiß er: der Lenz ist da. Und eines Morgens schimmert und glitzert der Demantschmuck des ersten Reifes auf den Dächern und Lisengeländern, und er weiß: es ist Herbst geworden. Er sieht nichts vom Vogelzug über einsame Stoppelfel der, vom letzten Erntewagen, der schwer beladen durchs Scheu nentor rumpelt, und doch hat auch er, ob er auch noch so acht los durch die Grohstadtstraßen hastete, noch einige andere un trügliche Anzeichen dafür, daß es Herbst wird. Da sind zunächst die so eigenartig glänzenden roten Kastanien, die wie kleine Blutstropfen aus dem gelben Laube hervorleuchten. Freilich immer nur kurze Zeit, dann hat sich irgend jemand gefunden, der sie aufhebt. Man weiß nicht wozu,- und es wird ein ewig ungelöstes Rätsel bleiben, worauf ihre Anziehungskraft auf die Menschen zurückzuführen ist. Essen kann man sie nicht, und legt man sie daheim in den Kasten, dann sind sie schon nach kurzer Zeit zusammengeschrumpft und haben ihren schö nen Glanz verloren. Vielleicht ist es auch ein alter Aberglaube, der da behauptet, Kastanien in der Tasche schützten vor aller lei Krankheit. Fest steht jedenfalls: sehen die Menschen irgend wo eine Kastanie liegen, dann zieht es sie einfach mit magischer Gewalt — sie müßen sich bücken und sie in die Tasche stecken, und die Jungen können es nicht einmal abwarten, bis die dicken grünen Baumigel mit ihrem roten Kern mit hörbarem Knall von den Aesten gefallen sind. Mit Steinen und Holzstücken bombardieren sie herzlos das schöne weitausladende Geäst der Kastanien, und wehe dem Menschen, der zufällig vorübergeht, oder der Fensterscheibe, die irgendwo in der Nähe im Herbst sonnenschein schimmert — für Abkommen nach rechts oder links der meist gefährlich harten Wurfgeschoße wird von den Kastanienschützen keine Gewähr übernommen! Aber die Kastanien sind nicht die einzigen Herbstanzei chen. Zum ersten Male findet man jetzt in den Anlagen wieder einmal eine Bank, die unbesetzt ist, und das ist stets die Ge währ dafür, daß der Sommer zur Rüste geht. Die meist in schneeiges Weiß getauchten Ruhebänke, die die Stadt ausge stellt hat, gehen in die zahllosen Tausende, aber — merkwürdig — so viel Bänke, daß auch einmal der Paßant eine freie fände, laßen sich einfach nicht schaffen, und jede Bank, die neu auf gestellt wird, hat sofort ihren Dauerkunden. So viel wir auch Schrebergärten haben, ein paar Alte, die hier versonnen von vergangenen schönen Tagen plauschen, eine junge Mutter, die müde vom Schieben des Kinderwagens ein wenig ausruhen will, ein verliebtes Pärchen, das mitten im hastenden Groß stadtbetrieb unbekümmert seinen jungen Liebestraum träumt, sie sind immer auf der Suche nach einer freien Bank. Und ist das nicht mehr der Fall und sieht man wirklich einmal hart am Wege in den großstädtischen Anlagen eine einsame Bank — bann ist der Beweis erbracht, dann ist es Herbst geworden. Im übrigen — wir wollen uns nicht dümmer machen als wir sind! — Ein Blick auf die neuen feschen Damenhüte, ein Blick im Vorbeihastcn in die großen Schaufenster, und — der Herbst grüßt uns, und wenn wir des Abends müde von des Arbeitstages schwerer Last heimpilgern durch die stilleren Vor- Die GEssW des Mma AMrv Roman von Kurt Martin. ^Copyright by Verlag Neues Leben, Bayr. Emäin.) G1) (Nachdruck verboten.) Mr machte eine kleine Pause. Älnna Luller fuhr entsetzt halb auf. -„Was sagst Du?" Karl Büchel war neben dem Felsen niedergesunken und hatte ihre Hände erfaßt. Seine ganze lang verhaltene Lei denschaft sprach aus ihm. „Ja, ja, Anna. Deinetwegen. Weil ich sonst noch ein Narr werde hier. Du. Weil ich Dich so lieb habe. Mehr als mein Leben, mehr als alles. Ms Du damals, — üm Januar, mein warst, da hat es mich erst recht gepackt. Alles hätte ick aufs Spiel gesetzt, alles weggeworfen. Für Dich. Und da warst Du auf einmal ganz anders. Feig, jfurchtsam. Da vergrub ich alles in mir. — Aber als es plötzlich hieß: der Hullerinüller wird Vater, Va kam es hart jüber mich. Und ist jetzt noch so. Und wird immer schlechter. sJch weiß ja ganz gewiß, wer der Vater ist von dein Kino, wem Du das Leben schenken wirst. Ich bin es, ja, ja. Wenn sDu es inir auch noch nicht gesagt hast. Ich weiß es. Ich uühl es! — Und darüber freue ich mich Es macht mich ßo stotz..— Aber keinem darf ich es zeigen. — Ansehen muß ich wie Christoph umherrennt und froh ist und lacht. Uno es list doch wahr. — Mir gehörst Du, Anna. Mir! — Dir,-Lene, nein, so hab ich die nicht lieb gehabt. Anna, Du kamst mir in den Weg jetzt. Und imu hab ich Dir alles gesagt. Schlag ein, Amm, komm mit mir. Jetzt gleich. Ich laß alles hier. Den garten Hof. In die Welt. Du, Du, ich kann ja nicht mehr weiter ohne Dich." Er wollte seinen Arm um ihren Leibschlingen und sie >an sich reißen. Aber sie entwand sich seinen Händen und -iprana zurück. : „Karl!" f Drohend, zornig sprühten ihn ihre Augen an. Er streckte Anm er noch den Arm nach ihr aus. „Anna, so komm doch, komm." Anna Hüller schüttelte den Kopf. „Nein." Tränen traten in ihre Augen. „Aber^daß Du mir das antun konntest heute noch." Karl Büchel ließ die Hände herabsinken. „So. Antun. —" Seine Stimme bekam einen rauhen Klang. Äs. liebst Mck nicht? — Har nicht?," ? Nein!" „Und das lügst Du jetzt. Du liebst mich doch!" „Nein. Christoph ist mein Mann und den lieb ich/- „Und mich! — Was war das dann .damals?" „Schlecht gehandelt war es. Ich hatte für eine Stunde mich selbst vergessen. Ich wußte mein Glück bis dahin nicht zu schätzen. Jetzt weiß ich, was ich in dieser einen Nacht verloren habe." „Und — das Kind. Das — freut Dich auch nicht?" „Nein. Ich habe Angst davor." Karl Büchel lachte heiser auf. „Ja, — jetzt hast Du mir klar geantwortet. Jetzt weiß ich Bescheid. — Nein! Du liebst mich nicht. Nie hast Du es getan. — Und ich, ich. . ." Er schlug sich mit der Hand an die Stirn. „Ja, ja. Ich muß fort aus diesem verfluchten Tal. Ich laß auch noch alles stehn und liegen. Ear nicht ver kaufen tu' ich erst. Ich geh einfach." Anna Hüller hob unter Tränen dis Hände bittend zu ihm einpor. „Karl. Hab doch Erbarmen. — Ich hab doch so schon schwer an meiner Sünde zu tragen. — Und dazu bist Du noch so aufgeregt. — Wir müssen doch Leide versuchen, gutzumachsn, was wir verschuldet haben. Ick hab es mir fest vorgenommen .— Und Du mußt es auch. — Was hat Dir denn die Lens getan? — Früher hattest Du sie doch so lieb. — Das muß doch jetzt auch noch so sein. Und Dein Hansel. Der braucht doch einen wirklichen Vater. Jetzt warst Du ihm ja gar kein Vater mehr. — Den Hof vernachlässigst Du auch. — Das mußt Du alles wieder gut machen." „So! Muß ich. — Nein, ich muß nicht. Gar nichts muß ich. Hier daneben sitzen und Dir zuschauenl" Anna Luller begann zu schluchzen. „Bin ich denn wirklich an allem schuld?" „Ja! — Ja, Du bist schuld! — Oder nein. Nein, nein. Du bist nicht schuld. — Ich bin es! Ja, Du hast recht. Ich bin schuld. An allem. Den Hof verwirtschafte ich, das Kind erziehe ich nicht, das Weib treib ich ins Grab, ein Unmensch bin ich. Ja. Dec Pastor hat es mir ja auch gesagt. — Es hat nicht viel gefehlt, da hätte ich ihn hür- ausgeschmissen. — Seit der Zeit kommt keiner mehr und redet so. — Sie sollens auch alle bleiben lassen. — Ich bin mein eigener Herr. — Und ich kann auch nicht dafür, daß es so um mich steht." Er knirschte mit den Zähnen in verhaltener Erregung. „Ja, ich habe eben Dich lieb. — Und ich schreie es noch in alle Welt. — Und daß Du mir auch gehörst!" > Anna Hüller sah ihn furchtlos an. „Dann wirst Du ja sehen, was aus mir wird." „Ja. Ich weiß schon. Dann läufst Du in den schäm.„ u See. — Das sollst Du nicht. — Da geh ich schon lieber ML" „Wie Du, nicht wahr? — Das bringt aber nicht jeder fertig. Ich versuch es ja auch immer wieder. — Aber ich kann doch nichts dafür. Ich hab Dich eben lieb. — Laß da. Geh heim. Zu Deinem Christoph. Freut Euch, seit glück lich. — Und ich schaue vom Äüchelhof aus zu." „Du tust mir weh. — Du weißt, daß ich nicht mehr von Herzen glücklich sein kann. Das habe ich verscherzt.— Aber das eine muß ich Dir noch sagen. Ich liebe Christoph deshalb, well er seine Pflicht kennt und erfüllt." Karl Büchel lachte. „So. Erfüllt? Das fragt sich. Er tut es eben nicht Sonst wärst Du doch damals . . ." Anna Hüller reckte sich in die Höhe. „Schweig! Schäme Dlch. Hast Du dm gar kein Ge wissen! Jetzt kann ich Dick Lalo nicht mehr achten. Deine heiligste Pflicht ist es, für Deine Familie zu sorgen. Da- mußt Du. Der Pastor hat in allem recht, was er Dir ge sagt hat. Nur befolgen hättest Du schon lange seine Worte sollen. — Und wenn Du wirtlich — mich lieb haben willst, mußt Du das erst -recht. Um mich leichter in mein künf tiges Schicksal finden zu können, wie ich es mir durch meins Schuld vor ein paar Monatm gestaltet habe. Damit ich mir nicht immer noch sagen muß, daß die Lene mich haßt, weil sie vielleicht weiß, daß Du meinetwegen so bös da heim bist." Karl Büchel sah schweigend vor sich hin. Lange Zeit stand er so. Anna Hüller sah ihn erwartungsvoll an. End lich hob er wieder den Kopf. Alles Leidenschaftliche, Wilde schien aus seinem Antlitz gewichen zu sein. Gedämpft sprach er: „Anna, ich feh es ein. — Es war falsch. — Jetzt -Del«. Worte haben es mich erkennen lassen. — Gerungen hat es schon lange in mir. — Ja, Du sollst Deinen Frieden haben. — Ich will versuchen, meine Pflichten zu erfüllen. —" Seine Stimme wurde wieder härter. „Aber hoffe nicht zu fest. — Kann sein. Es geht nicht. Damit mußt Du rechnen. Ich bin auch nur ein Mensch. —- Und wenn ich Dir jetzt sage: vielleicht zieh ich doch im Herbst mit Weib und Kind fort, weg von hier. Da sag nichts dagegen. — Wo anders find' ich mich eher wieder. — Wenn es bis zum Herbst nicht besser gehen will, ge schieht es. — Verlaß Dich drauf. — Und — am Ende wird es Dir lieb sein, — wenn wir fort sind." Anna Hüller seufzte. „Wenn Du so denkst. — Wir können Dich nicht zwin gen, hier zu bleiben. Wenn Len« mit von hier fortgehen will. — Ich. . Sie stockte. Karl Büchel lächelte. „Na, rede nur weiter. Du gingst am liebsten auch." „Nein. Nur einzelne Stunden habe ich zuweilen, ba ging ich wirklich am liebsten fort von allen Menschen, ganz weil fort, aus Scham." Sie brach kurz ab und reichte jhm die Hand.