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Nr. 221. 102. Ja-ra. Veit ging, c? stamme vom Kaiser, wurde gebeten, dies nicht zu demen tieren, da der Kaiser mit dem Inhalt der Depesche einverstanden sei. Das Berliner Zrppelin-Komitee. Aus Berlin wird gemeldet- Die Bildung des Zeppelin» Komiices sür die N e i che I> a u p t st a d t soll nunmchi erfolge», .'m Einverständnis mit dem Magistrat bat Bürgermeister Dr. Reicke Einladungen zu einer konstituierenden Bersainmlnng ergeben lassen. Die Sitzung findet im Ratban'e statt. ES sind an 100 Aufforderungen ergangen, die an bekannte Manner unserer Stadt gerichtet sind. Kunst und Wissenschaft, Finanz, .handel und Industrie sind in gleicher Weise dabei bedacht worden. Die Natioiialspende. lieber den Fortgang der Nationalspende wird noch auS folgenden Städten gemeldet: * Oldenburg, 10. August. Der Landesverband Oldenburg des Deutschen Floltenvereins eröffnete eine Sammlung für Zeppelin. Tlöenburgjsche Blättern sammelten bisher 6000 .tt. Krefeld, 10. August. Die Stadtverordneten bewilligten für Zep pelin 0000 .«. * Saarbrücken, 10. August, .hier wurde eine Ortsgruppe des Deut schen Lnst''Iottenvereins gegründet. Vorsitzender ist Landrat Bötticher. * Straßburg. 10. August. Die von den „Straßburger Neuesten Nachrichten" eingelcitete Sammlung sür den Zeppelin-Fonds, die bereit? am ersten Mittag nach dem Echtevdinger Unglück di« Summe von 15 000 .«t erreicht hatte, bat bisher 19 000 .< ergeben. Vom Verlag des Blattes wurden 500 ,<l gestiftet. Plauen, 10. August. Im Vogtländischen Verein sür Luftschiff fahrt (Plauen) bat bei der lebten Vereinsversammlung eine „.Hutsamm lung" für Zeppelin 1900 .it ergeben. Altenburg, 10. August. In der Stadt Altenburg erreichten die Sammlungen für Zeppelin bis Montagmittag 4500 .4(. Die Iran Herzogin stiftete 900 .«, Prinzeß Moritz 100 tS. a. Letzte Dep.) Zeppelins Luftschiff versichert? * Magdeburg, 10. August. Nach einer Nachricht der „Magdeburgi- scheu Zeitung" entspricht die Meldung, daß Zeppelins Luftschiff ver- üchert gewesen sei, nichl ganz den Tatlachen. Die Versicherung bestand nur dann, wenn der Ballon sich in der Ballonhalle in Manzell bcsand. Eine Anszenversicherung bestand nicht. Gegen die Einsetzung eines Kuratoriums. * .Hannover, 10. August. Der „Hannoversche Courier" erhebt en leitender Stelle energischen Protest gegen den Vorschlag Geheim rats Natbenau, betreffend Einsetzung eines Kuratoriums für die richtige Verwendung der Nationalspendc für Zeppelin. Dieser Vor schlag bedeute ein Mißtrauensvotum gegen den Grasen und sei geeignet, den Eindruck unserer ungewöhnlichen nationalen gemeinsamen Kundgebung erheblich abzuschwächen. Auch jeder nachträgliche Versuch, die nationale Begeisterung für Zeppelins Sache zu zentrali sieren, zu uniformieren und zu burcaukratisiercn, müsse zü rn ckge wiesen werden. Deutscher Reich. Leipzig, 11. Angust. * Zur Cronbcrgcr Entrevuc schreibt die „Nordd. Allg. Ztg": In Schloß Fricdrichshof, dem Lieblinassztz der verewigten Kaiserin Friedrich, werden am 11. August Se. Majestät der Kaiser und Se. Maje- fiäl der König von England verweilen. Die Zusammenkunft wird den beiden Monarchen die gleiche erwünschte Gelegenheit für eine freundliche Aussprache bieten. Ein ungetrübtes Verhältnis unter den Oberhäuptern zweier so mächtiger Reiche wie Deutschland und Großbritannien wird auch von ihren Völkern gewünscht, die trotz aller Hetzversuche ihre Auf gaben sür die Weltkultur in Frieden und Eintracht nebeneinander er füllen wollen. Wir entbieten Sr. Majestät dem König Eduard auf deutschem Boden ehrerbietigen Willkomm und wünschen ihm angenehme Eindrücke. — Aus London wird ferner zu dem wichtigen politischen Er- eignis gemeldet: Die englischen Blätter besprechen die bevor- stehende Zusammenkunft des Königs Eduard mit Kaiser Wilhelm in sympathischer Weise. Der Umstand, daß der englische Herrscher diesmal nicht, wie sonst üblich, aus seinen Reisen nach Maricnbad iH^Ltzito als Herzog von Lancaster reist, sowie daß der ständige Unter» Leipziger Tageblatt. staatssekretgr des Auswärtigen Sir Charles Hardinge und der britische Botschafter Sir Frank LaScelles bei der Cntrevue zugegen sein werden, wird als Beweis dasür bervorgehoben, daß der Besuch als eine Art Staatsaktion anzusehen sei. Die liberale „Daily News" erklärt, von allen Besuchen König Eduards, die er im Interesse des Friedens frem den Staatsoberhäuptern abgestattet habe, könne dieser sich als der wich tigste erweisen. — Auch in Paris beschäftigen sich schließlich der „Gaulois" und andere Morgenblätter mit der bevorstehenden Zusammen kunft Kaiser Wilhelms mit König Eduard. „Gaulois" glaubt, daß zum mindesten auf einem Gebiet eine Verständigung möglich sei. Für den europäischen Frieden wäre schon viel gewonnen, wenn Deutschland und England über ihre Stellungnahme zu den auf der Balkanhalbinsel noch erwarteten Veränderungen sich verständigen. Anderweit wird hervorge- hvbcn, daß auch bezüglich Persiens Vereinbarungen möglich waren, die in Cronberg angebahnt werden könnten. * Die deutsche Kronprinzessin traf inkognito gestern nachmittag 1 Uhr im Automobil von Hopsreben in Lindau ein und setzte um 2 Uhr 20 Min. ihre Fahrt über Augsburg und Nürnberg nach Oberau bei Staffelstein zum Besuche des Freiherrn v. Düngern fort. Am heutigen Dienstag besucht die Kronprinzessin die Fe st spie le in Bayreuth. Ihre Rückkehr nach Hopsreben erfolgt am Mittwoch. * Wir nnd die Türkei. Die „Kölnische Zeitung* meldet aus Kon stantinopel vom 9. August: Nach einem Bericht des „Temps* sollte Kiamil-Pascha in einer Unterredung erklärt haben, die Freundschaft Deutschlands habe der Türkei wenig Nutzen gebracht. Der Groß wesir empfing den Korrespondenten der „Kölnischen Zeitung* und ermächtigte ihn, zu erklären, daß er die Bedeutung der Freundschaft Deutschlands für die innere Entwickelung der Türkei sehr hoch schätze. Die Arbeit der deutschen Offiziere für das türkische Heer verpflichte zu ewiger Dankbarkeit. Die deutsche Industrie sei zuverlässig: der Bahnbau iii Kleinasien hebe die türkische Kraft. Dagegen halte die Freundschaft Deutschlands die Türkei nicht vor Stürme» von außen schützen können. Die Verfassung Werve den inneren Zustand der Türkei wesentlich verbessern, so daß auch andere Mächte sich an Deutschlands Seite stellen und vereint der Türkei mehr nützen werden, als Deutschland allein imstande war. * Ernste Tiffcrenzen zwischen Kammer nnh Negierung in Baden. AuS Karlsruhe wird uns geschrieben: Wegen der finanziellen Deckung des Staatsbedarfs für das Jahr 1909 ist es zwischen der badischen Regierung und der Zweiten Kammer zu ernsten Differenzen gekommen. In den letzten Monaten hat sich unsre Finanzlage ungünstiger gestaltet, da sowohl die Wcinsteuer und die Biersteuer als auch die GrundstücksverkehrSstcuer erhebliche Ausfälle brachten; dazu kommt, daß auch die Ueberweisungen aus ter Reickökasse binter dem Voranschlag zurückbleiben dürften, und daß im nächsten Jahre sür die allgemeine Staatsverwaltung ein Mehraufwand von 2,7 Millionen Mark in Aussicht steht. Unter diesen Umständen will die Regierung die Einkommensteuer nm 16 Proz. und die Vermögenssteuer von 11 auf 12 pro 100 Steuerauschlag erhöhen, dagegen die Fleisch steuer vollständig ausheben. Die Budgetkommstsion der Zweiten Kammer ist nur mit dem letzteren Vorschlag einverstanden, lehnte aber die Er höhung der Vermögenssteuer ab und sprach sich lediglich sür eine Er höhung der Einkommensteuer um 8 Proz. aus. Diesen Antrag bezeich nete der StaatSministcr v. Dusch als unannehmbar und drohte sogar, daß er und der Finanzminister die Sanktion der Beamlengesetze an höchster Stelle nicht empfehlen könnten, wenn nicht annähernd eine Deckung erzielt werde. Trotzdem entschied sich die Kammer mit 43 gegen 7 Stimmen sür den Kommissionsantrag. Der Gesetzentwurf ge langt jetzt an die Erste Kammer, welche aller Voraussicht nach zwar nicht für eine Erhöhung der Vermögenssteuer zu haben ist, im übrigen jedoch bemüht sein dürfte, durch enien Kompromißvorschlag eine Ver ständigung der gesetzgebenden Faktoren herbeizusühren. * Der sozialdemokratische Parteitag ist auf den 13. September nach Nürnberg cinberusen worden. Die provisorische Tagesord nung lautet nach einerBckanntmachung des sozialdemokratischen Partei vorstandes im Vorwärts": 1) Geschäftsbericht des Vorstan des. Berichterstatter: H. M ü l l e r. 2)BerichtderKontroII- kommissiop. Berichterstatter: A. Kaden. 3) Parlaments, r i sch er Ä e r i ch t. Berichterstatter: E. E i ch h o r n. 4) Maifeier. Berichterstatter: R. Fischer. 5) Sozialpolitik und der neue; Kurs. Berichterstatter: H. MoIkcnbu h r. 6) Die Reichs- Dienstag, 11. August 1908. finanzreforul. Berichterstatter: I. G e h er. 7s Sonstige Anträge. 8> Wahl des Parteivorstandes, der Kontrollkommission und des Ortes, an dem der nächste Parteitag stattsinden soll. * Zum Fall Schücking. Nach einer amtlichen Mitteilung des Oberpräsidenten von Schleswig-Holstein an die „Kiel. Ztg." ist im Falle Schücking eine schleunige Behandlung des Verfahrens angeordnet worden. * Terndurg tn Windhuk. Aus Windhuk meldet ein Kabel telegramm unterm 10. d. M.: Zu Ehren der Anwesenheit deS Staats sekretärs Dernburg wurde von der Einwohnerschaft Windhuk» gestern abend «in großer FestkommerS veranstaltet. Die Feier nahm einen durchaus gelungenen Verlauf. Von den Bürgern Windhuks wurde „in alter Treue" ein herzliches Begrüßungstelegramm an den Unterstaats« sekretär v. Lindequist nach Berlin abgesandt. * 52906 Werftarbeiter auSgesperrl. AuS Hamburg wird uns von unserem k.-Korrespondenten geschrieben: Selbst die Bemühungen der Vertreter der freien Gewerkschaften, die streikenden Nieter auf der „Vulkanwcrft* in Stettin zur Wiederaufnahme der Arbeit zu veranlassen, find bisher ohne Erfolg gewesen. Am Mittwoch, den 12. August, werden alle Seewerften 60 Prozent ihrer Arbeiterschaft aussperren. Zu den etwa 7000 Arbeitern, die schon auSgesperrt sind, kommen dadurch noch weitere 43 000 hinzu. In Kiel werden am nächsten Mittwoch etwa 3000 Arbeiter ausgesperrt, die Hauptzahl der Ausgesperrten stellen natürlich die Hamburger und die Weserwerflen. Wenn diese Aussperrung noch nicht den von den Arbeitgebern gewünschten Erfolg haben sollte und die Stettiner Nieter sich ferner weigern sollten, Ueberstunden zu arbeiten, ist mit der Verhängung der Generalaussperrung der Metallarbeiter zu rechnen. Dann würden etwa LOO 000 Arbeiter brotlos werden. — Die kaiserliche Werft .in Kiel wird von dieser Arbeiterbewegung nicht betroffen. Ausland. Türkei. * Die neue Zeit bringt auch in das Volksbildungswesen einen frischen Zug, wie folgende Meldung zeigt. Paris, 10. Augnst. (Telegramm.) Der neue türkische Unter- richtsminister Hakki Pascha, welcher den Ruf eines bedeutenden Ge lehrten besitzt, erklärte dem Konstantinopeler Korrespondenten des „Temps": Ich glaube absolut an die Aufrichtigkeit des Sultans. Er erfährt jetzt täglich die ihm früher unbekannt gebliebenen, in seineni Namen begangenen Mißbräuche; er hat uns seinen Willen versichert, die Konstitution in Wirklichkeit durchzuführen. Ich selbst werde dem Unterricht die größte Entwickelung geben. Wir werden überall Volksschulen schaffen und den höheren Unterricht ver vollkommnen; letzterer hatte unter dem früheren Regime nicht allzu sehr gelitten, aber der Unterricht in der Weltgeschichte war verboten. Dies wird sich ändern. Die jungtürkische Partei verfügt gegenwärtig über eine wirkliche Macht, welche sie nicht mißbraucht bat. Die Türkei, welche in eine neue Aera tritt, wird zeigen, daß sic der Smypathie und Achtung anderer Nationen würdig ist. Ferner wird berichtet: Konstantinopel, 10. August. lTel.) Gestern wurden wieder einige Personalveränderungen in hoben Aemtern vorgenommen. Der jungtürkische Agitator in Saloniki Maniaszesade Renk Bey wurde zum Polizeiminister ernannt, Zivev Bey würbe Stadtpräsekt von Konstantinopel, General Osman Pgscha in Mo- nastir, der von Major Niazi gelangen gehalten war, in den letzten Tagen aber srejgelassen nnd bei seiner Ankunft in Saloniki mit großen Ehren empfangen wurde, wurde KorpZkommandant in Äagbad. — Vor den Wahlen wird in Konstantinopel eine Volks zählung vorgenommen werden. — Der Konstantinopeler Stadtrat ist au'gelöst wovden; es werden Neuwahlen für ihn ausgeschrieben. — Auf der Pforte wird ein N a ch r i ch t e n b u r e a u sür die Presse ein gerichtet. — Die Biicherzensur aul dem hiesigen Zollamt ist auf gehoben worden. — I n l a n d s r e i s e n sind fortan auch ohne be hördliche Genehmigung gestattet. * Die türkische Flotte dürfte ebenfalls von der Umwälzung profi tieren, denn mehr noch als in das Heer, war die Unzufriedenheit mit den früheren Zuständen in die Flotte cingcdrungen. Die Marineoffiziere galten als besonders den Jungtürkcn ergeben. Es hat sich nun aber ge- Feuilleton. Madame Hanako. Tic zierliche kleine Japanerin und große Künstlerin, die wir vor kur zem auch in Teutschland als Gast begrüßen konnten und die einen tiefen Einblick gewährte in die dramatische Kunstwelt der Japaner, Mmc. Hanako, erzählt jetzt in der englischen Zeitschrift „M. dst P." von ihrer Lanibabn, ihrer Kindheit, ihrer Erziehung, ihrer Heimat und von den Eindrücken, die ihr Besuch Europas ihr vermittelt hat. Sie ist ein Thcaterkind, aber auch ohne diese Familientradition würde sie von klein ani jenen Weg eingeschlagen haben, der ihr Daseinsinhalt werden sollte, den Weg zur Bühne. „So weit ich znrnckdenken kann, brannt« ich dar auf, zu ipiclen. und schon als kleines Kind begann meine Laufbahn an der Buhne. Denn in Japan strebt man danach, die Fähigkeiten eines .9 indes so früh als möglich zu erkennen nnd ste dann zielbewußt bis zum höchsten zu entwickeln. In unseren Schulen wird die künftige Lainbahn des Knaben schon im Alter von etwa 12 Jahren bestimmt. Zeigt er mechanische Talente, so verläßt er die allgemeine Schule und gebt zu. einer technischen Lehranstalt über, in der seine besonderen Fädigkeiten von Anfang an konsequent entwickclt werden. Will er Offizier werden, so tritt «r zu einer militärischen Schule über, und cbcrno verjährt man mit den Kindern, die zur Kunst drängen und in der Kunst ihren Beruf sehen." Sorgsam vermeidet man es, das Kind in andere Bahnen zu lenken als in die, in die seine Natur es treibt, und da zudem die Bühne in Ja pan hoch angesehen ist. würden selbst exklusive Familien dem Sohn oder der Tochter keine Hindernisse bereiten, die die Bühnenlaufbahn zum Lcbcnsbcrns erwählen. Noch als Kind wurde Mme. Hanako dem Leiter einer Theatcrgesellfchaft übergeben. „So weit ich zurückdenken kann, habe ich seitdem gesungen, getanzt und gespielt. Der Lehrer übernahm die Sorge um mich, und selbst mcine Eltern hatten nun kein Recht mehr, in meine künstlerische Erziehung und Ausbildung «inzugreifen. In Japan isk cs nicht wie im Westen, wo die Eltern in solchen Fällen in den Unter richt cingrcisen, wenn die Methoden des Lehrers ihren eigenen Kunst- anichauungcn widersprechen. Ich wurde meinem Lehrer übergeben, und damit war ich sozusagen sein künstlerisches Eigentum. Er übernahm es, mich zur Schauspielerin heranzubilden, und niemand hätte daran qe- dacht, ihm in seine Pläne hineinzureden." In der Nolle eines Knaben tritt sie zum erstenmal aus die Bühne. Noch beute ist das ihre Lieb lingsrolle, und noch heute erinnert sie sich aller Einzelheiten dieses ersten Auftretens. Es war eine Tragödie, in der ihr Vater und sie verurteilt waren, in einem Kessel voll siedenden Oels zu sterben. Der Vater sucht sein Kind zu retten, indem er cs mit den Armen emporhält, aber schließlich erlahmt seine Kraft, und er läßt das Kind in das glühende Ocl hinabsallen. „Es ist eine schreckliche Tragödie, und mein erstes Auftreten darin machte ans meine Seele «inen unverlöfchlichen Eindruck." 7 oder 8 Jahre verstrichen nun in unablässiger. Arbeit unter Leitung des Lehrers; dann brachte man die junge Schauspielerin nach Tokio, wo sie im kaiserlichen Theater ihre dramatische Ausbildung beendete. „Ich weiß wirklich nichts Weiteres über meine Kindheit zu erzählen, die völlig glücklich verlies." Während des Krieges eilt iie als Krankenschwester in die Hospitäler, und die Pfleg: der verwundeten nnd verstümmelten Krieger lehrt sie Unglück und Jammer kennen. Ihrer Künstlerschast sollten diese trüben Tage zu unvorhergesehenem Nutzen werden. Mehr als einmal erlebt sie den Anblick, wie Verzweifelte ihrem Unglück durch den Tod ein Ende machen, uns diese Kenntnis des Harakiris ward ihr später zum schreck lichen Vorbild, als ihr Berus nnd ihre Rollen sic aus der Bühne zur Darstellung des Selbstmords treiben. Vor drei Jahren trat sie in Begleitung ihres Mannes ihre Europareisc an. Es sollte eine Der- gnügungsreist werden, die Zivilisation des Westens kennen zu lernen war dabei ihr einziger Gedanke, nnd mit Entzücken trippelt die kleine Tragödin durch die Straßen von Paris, und in den großen Läden be geistert sie sick, sür die tausend Schönheiten, die es zu sehen gibt. „Zwei Tinge sind cs vor allem, die mir in Europa besonders aufsielen: die Gärten und sie Billigkeit der Toiletten. Wir haben in cnropi'chcm Sinne in Japan keine Gärten. Wir lassen die Blumen wachsen wie sie wollen, und darum wurden mir die sorgsam aepsleaten Gartcnanlagcn Europas zu einer Offenbarnng. Wenn ich Heimkehr«, werde ich mir einen solchen kleinen Garten anlegen mit Hecken und Beeten und Blumcnparterre. Und dann die Toiletten. Man sagt, in Paris seien sie teuer: mir scheinen die europäischen Damen sehr glücklich, die sich für so wenig Geld kleiden können. Denn die japanischen Frauen- toiletten sind außerordentlich teuer, wenigstens nach europäischen Be griffen. Ein gewöhnliches Kostüm wird mindestens 2000 .ti kosten, und gar ein Besuchs- oder Empsangsklcid wird man unter 4000 bis 6000 .il kaum kaufen können. Freilich sind unsere Gewänder dann auch dau:r- Hafter, wenngleich wir Japanerinnen ebensowenig wie eine Europäerin gerne jahrelang das gleiche Kleid tragen mögen. Ich beneide die Europäerinnen wirklich um die Billigkeit ihrer Kleidung, aber auf ihre Mod:n, auf ihre Korsetts und ihre schrecklichen Schuhe bin ich gar nicht ^eifersüchtig." Der Zufall fügt cs, daß die europäische Vergnügungsreise der japa nischen Tragödin über Nacht zu einer großen Gastspieltournec durch Europa wird. Man überredet sie in Paris, im Figarosaal eine Auf führung zu veranstalten; „zu meiner Verwunderung sah ich mich kurz darauf im „ThcLtr: Mjanc" und dann aus der Tournee." Durch Frank reich, Deutschland, Italien, Spanien, Oesterreich, Finnland und Skan dinavien führte die Reis«. Norwegen und Schweden gefallen ihr am besten. Sie spielt vor König Haakon und ist erstaunt, einen König im Theater zu sehen: „denn in Japan wird weder der Mikado noch ein Mitglied der kaiserlichen Familie jemals daran denken, «in Theater zu besuchen. Nicht daß sic die Bühne mißbilligten; aber, das Theater muß zu ihnen kommen. Mit anderen Worten: der Kaiser und seine Familie wohnen ausschließlich Vorstellungen im Privatiheater des Palastes bei. Natürlich ist es eine hohe Ehre, vor dem Mikado zu spielen, aber die Schauspielerinnen erfahren nie, ob er anwesend ist oder nicht." S * Pariser Theater. Aus Paris wird uns von unscrin ^.-Korrespon denten geschrieben: Ein deutscher Schwank. „Der Hochtourist", wird die erste Premiere der neuen Saison sein. Da? Theater Cluny eröffnet am 14. Augnst mit „L'Homme de la Montagne" von Claude Noland und Curt Kraatz seine Pforten. Curt Kraatz hatte bereits zwei große Erfolge im Cluny-Theater mit den „Logenbrüdern", die hintereinander 470 mal ebenfalls in einer Bearbeitung von Claude Roland unter dem Titel „Francs-ma^ons" gegeben wurden, und mit den» „Kilometerfresser", mit dem der bekannte Laudevillist Löon lkanrof unter dem Titel „Bouffe-Ia-Route" gleichfalls mehrere Monate „die Affiche hielt". Curt Kraatz ist der meislgelpielte deutsche Autor in Frankreich. * Münchener JahreS-AuSstellung 1SV8 im Kgl. GlaSpalaft. Aus München wird uns geschrieben: Bon Privaten wurden angekauft die Oel- gemälde: Wilhelm Schwär „Katzenstudie"; Milly Fries „Anemonen"; Emil Gies „Kindtrakt"; Franz Schmid-Breitenbach „Bia Vitae"; Professor Franz Simm „Ankunft"; Albert I. Franke „Schachspieler": Heinrich Rasch „Landung an der Nordspike von Allen": Martin Kühberger „Christus am Kreuz" (Kopie nach Peter Paul Rubens); Otto Hammel „Kirchruinneres"; Hermine Bieder mann-Arendts „Nach der Mahlzeit"; Professor Ludwig von Langenmantel „Die drei Blauen"; Carl Adam Heinick „Ernte"; Eduard Zetsche „AlteS Städtchen am Main"; Anders Montan „Skatspieler"; Albert Müller-Lingke „Freun dinnen": Hugo Kotschenreiter s-„Lcnz"; Ann May „Träume" (Tempera); Heinrich Pforr „Feierabend"; Professor Eduard Weichberger „Borfrühling"; Hermann Graf „Einquartierung"; Joses Jungwirth „Der Geburtstag"; Albert Achberger „Aschenbrödel"; Heinrich Petersen-Flensburg s „Abendnebel"; Professor Franz von Defregger „Im Sonntagsstaat"; Peter Mönsted „Heranziehendes Gewitter" (Heidegegend von Silkeborg); Richard Lindernm „Der Geburtstag"; Wilhelm Menzler „Auf der Terrasse"; Hugo Krevßig „Düsterer Tann"; Maxi milian WachSmuth „Almenlieber"; Professor Philipp Röth „Gernrr Kanal"; August Kühles .,I>es nciieux — 1,'abscvce — I-e retour": Alexander Liebmann „Am Cchleißheimer Kanal" (farbige Radierung); Martha Wenzel „Aus der Biedermeierzeit" (Original-Holzschnitt); Lionello Balestrieri „Die Fran de» Dichters" (farbige Original-Radierung zweimal); Alois Siaudinger „St. Hu bertus", „Ritter Jürgen" (Glasgemälde); Paul Weinhold „Billa auf Cavri" (Radierung); Emil Meyernicolay „Nähendes Mädchen" (GlaSgemälde); RrnS Reinicke „Saloneckc" (Gouache); Professor Fritz Baer „Landschaftliche Zeich- nung": Emil Ludwig Enter „Sandgrube"' (farbige Zeichnung): Josua von Gietl „Bor der Klostermaner" (Aquarells; Friedrich Splitgerber „Bei Pasinq" (Aqua- rell); Paul W. Ehrhardt „Am Paulauerplatz in der Au" (farbige Zeichnung); Georg Schuster „Herbstabend" (Lithographie); Professor Ernst Liebermann „Fränkisches Städtchen" (Original-Radierung): Johanne» Nötig« „Diana" (Bronze); Hann« Rei-ner „Setzende Kinderfigürch««" (Bronze); Johann Bi«- ihaler „Tänzerin mit Castagneiien" (Bronze); Professor Ernst Herter „Sterben der Achilles" (Bronze). * Ter Besuch der deutschen Universitäten im Sonnnersemester 1908. Die Zahl der immatrikulierten Studenten auf den deutschen Universitäten im verflosstnen Sommcrsemester betrug 48 209. Abgesehen von Leipzig. Würzburg und Greifswald haben alle Universitäten gegen das Vorjahr Zuwachs erhalten. Die Zahlen sind folgende: Berlin 6527 (1907: 6496', München 6276 (6009». Leipzig 4l00 (4148>, Bonn 3447 (3348), Freiburg 2608 (2472), Halle 2230 (2192), Breslau 26'82 (2057), Heidelberg 2036 (1933), Göttingen 2014 (2004), Marburg 1924 (1883), Tübingen 1783 (17271, Straßburg 1702 (1622', Münster 1598 (1552), Jena 1622 (1501', Kiel 1426 (1278), Würzburg 1322 (1408», Gießen 1213 (N92), Königsberg 1135 (1084s, Erlangen 1072 (1065), Greifs wald 886 (970), Rostock 730 (696). Von den 48 209 Studierenden waren 376 Frauen (1907 : 302). In Berlin studierten mehr als in den 6 kleinsten Uni versitäten (Rostock, Greifswald, Erlangen, Königsberg, Gießen, Würzburg) zu sammen. die Hälfte aller Studierenden traten sich in den vier größten Universi täten Berlin, München, Leipzig, Bonn, die andere Hälfte verteilte sich auf 17 Universitäten. * Mnsikchrouik. Neuer Musikverein in Frankreich. In Pari» ist eine „Association «los eoncerts äo musiqus kranyais anoiermo et rnoäerne" gegründet worden. Saint-Sa en» bat den Posten als Ehrenpräsident erhalten.— Die neue dlusioal I-easrnv. Wie kürzlich schon von uns mitgrteilt, ist in England eine Musikliga gegründet worden. Tarüb« wird weiter berichtet: Eine Reihe hervorragender englisch« Komponisten, darunter Sir Edward Elgar, Sir A. C. Mackenzie, Frederik Delius, Granville Bantock, H. I. Wood, haben die „Musikliza" gebildet, die, wie bereit» bemerkt, ein englische» Gegenstück zum „Allgem. deutschen Musikverein" sein soll. Wie dieser, wollen sie jede» Jahr in einer anderen Stadt, wo die Bedingungen günstig sind, ein zwei- bis dreitägiges Musiksest veranstallen und in ihm neue britische oder ausländische Kompositionen od« solche, die ungebührlich vernachlässigt worven sind, zur Ausführung bringen. DaS erste dieser Musikfeste soll diesen Herbst in Manchester stattfinden und Dr. Richter hat sich erboten, die Direktion zu übernehmen, um sein« Sympathie mit der neuen Bewegung praktischen Ausdruck zu geben. — Aus Paris wird uns von unserem ^..-Korrespondenten geschrieben: Die inter nationale Musikkonkurrenz, die unter dem Protektorat des Fürsten Albert von Monako von der „LociSrS clss xranckes »uäitioos musieales cie franco", deren Präsidentin die Komtesse Greffulhe ist, veranstaltet wurde, hat nach einer Mitteilung des Verlegers Gabriel Astruc, deS Geschäftsleiter», nicht zur Verleihung des von dem Millionär Henri Deutsch gestifteten 30 OOO-Francs- Prei'eS sür die beste große Oper geführt. Die Jury, der u. a. Saint-Saön-, Massenet, Leroux, GunSbourg und Jebtn angehörten, beschloß. 10000 Fr. dem Werk „La Penticosa", Devise: „kerüäo oomme l'oncks", zuzuerkennen, und Preise in der Höhe von je 4000 Fr. den Opern: „Anna Dea", Devise: „cko lai ckis... la rosa äu jaräin''; „Aubeline", Devise: „Uno Ssperkwoo ä driUS äans ma nuit"; „La Tu Barry", Devise: „Iloareux les simples"; „Pia", Devise: „hfemo"; „Le Retour", Devise: „8oriditur «ck narraockam". Das Resultat der Konkurrenz für komische Opern. Ballett» und Kammermusik, wofür 25 OOO-Fr.» Preife ausgesetzt waren, ist bereit» veröffentlicht worden. Die Namen der neuen Prämiierten werden alsbald bekannt sein. * Kleine khrvnik. Bertold Reisig vom Schiller-Theater in Ham burg wurde vom Direktor Max Reinhardt auf fünf Jahre dem Berliner Deutschen Theater verpflichtet. — Für da- Berliner Residenztheatrr sind folgende Neuheiten sür diesen Winter in Aussicht genommen: „DaS Glück d« Anderen" („I-o Lookvur Oes clames"), Lustspiel in 4 Akten von Francis de Croisset, „I-e Lout-eo-'I'rLill", Schwank in 3 Akten von Alfred AchieS, „Oecupa toi ck'^mSliv", Schwank in 3 Akten von George- Feydeau.— — In Cornocalda bei Rovrreto ist d« Nestor der Tirol« Schriftsteller Dr. Christian Schneller, 77 Jahre alt, gestorben. Als Dichter bat er sich besonders mit seinem Märchrnepo» „Am Alpsee" hervorgetan. Seine epischen Gedichte „St. Valentin" und „Einsiedler von FleimS und die lyrischen Ge dichtsammlungen „Blüten und Garben" und „Scherz und Laune" hatten gleich falls Erfolg. Auch al» Kulturhistorlker hat sich Schnell« einen Namen ge macht mit seinen Werken „Skizzen und Kulturbild« aus Tirol" und „Tirolische Namenforschung". — Die Berliner medizinische Fakultät hat wieder einer „virgo elarissiwa", Frl. Savka Kolar aus Agram in Kroatien die Doktorwürde verliehcn. ES ist die fünfundzwanzig jährige Tochter eines Ingenieur- und Architekten, di« au- Sarajewo in Bosnien stammt. Sie hat 1902 da» höhere Mädchenlyzeum zu Agram in Kroatien mit dem Reifezeugnis vrrlassrn und dann in Zürich, Wien, Kiel und Berlin ihre medizinische» Studien gemacht. Ihr« Dissertation behandelt «i» gynäkologische» Thema.