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Die Stellung der Gutsunterthanen in der Oberlausitz zu ihren Guisherrschaften. 51 zu entrichten hatte. Ein Lehndienst für den Landesherrn lag ihm nicht ab. Jedes deutsche Dorf hatte in der Regel auch seinen besonderen Richter. Nur wo etwa mehrere sehr kleine benachbarte Dörfer unter einer und derselben Gutsherrschaft standen, gab es für diese einen gemeinsamen Richter?) Zerfiel dagegen ein Dorf in mehrere Antheile unter verschiedenen Herr schaften, so hatte jeder derselben besondere Gerichte. Die niedere Gerichts barkeit befand sich bereits im dreizehnten Jahrhundert allenthalben in den Händen der Gutsherrschaften. Nur die obere Gerichtsbarkeit, mit welcher vor nehmlich der Blutbann verbunden war, gebührte dem Landesherrn und wurde in der Oberlausitz von dessen Statthalter, dem Landvogte, und dessen Land gericht verwaltet, soweit nicht etwa die Inhaber der großen Herrschaften und später die Sechsstädte auch in den Besitz der Obergerichte gelangt waren. Der Erbrichter verwaltete also die niedere Gerichtsbarkeit und zumal die Polizei in seinem Dorfe lediglich im Auftrage und zu Gunsten seines Guts herrn. Daher war von letzterem schon dem Lokator des Dorfes ein Drittel von den Erträgnissen des Dorfgerichts, oder „der dritte Pfennig" zugesichert worden, mährend die übrigen zwei Drittel an den Gutsherrn abzuliefern waren. Mit dein Erbgericht war nun aber auch fast überall die Berechtigung verbunden, Bier zu schänken, zu backen und zu schlachten. So ward das Erb gericht zugleich die einzig berechtigte Schänke des Orts. Je mehr im Laufe der Zeit das Bierbrauen ein einträgliches Geschäft ward, hielten die Guts besitzer, welche das Braurecht besaßen, streng darauf, daß in ihren Kretschamen möglichst viel von ihrem Biere verschänkt wurde. Schon bei den gewöhnlichen Gerichtsverhandlungen pflegte getrunken zu werden (von den „Wissebieren" sprechen wir später); nach rind nach mußte auch nach jeder Trauung, ja nach jedem Kindtaufen ein „Bierzug" nach dem Kretscham vorgenommen werden. So wurde letzterer auch das berechtigte Tanzlokal für das betreffende Dorf. Diese Kretschamberechtigungen finden sich übrigens nach und nach ebenso auch bei den Lehn-, wie bei den Erbgerichten. Solcher Erbgerichte und Erbrichter finden wir nun nicht bloß in den allermeisten Dörfern der südlichen, deutschen Oberlausitz, sondern auch vielfach in der nördlichen, wendischen. Wir werden annehmen dürfen, daß die letzteren deutsch umgestaltet, oder, was auch häufig vorkam, daß hier die ursprünglichen Lehngerichte in Erbgerichte verwandelt worden waren. So hatten, wenigstens in neuerer Zeit, Erbrichter die Dörfer Uhyst am Taucher, Großhänchen, Leutmitz, Weißnaußlitz, Spittwitz. Der in letzterem Orte hatte bis zur Zeit der Ablösungen an die Herrschaft zu entrichten: 6 g. Groschen Erbunter- thänigkeitsrente, 6 Thaler 5 Groschen Erbzins, 3 Thaler 21 Groschen 4 Pfennige „Hufengelder", 1 Groschen Wachgeld, 5 Thaler „Lehnscanon" (was auf eine Umwandlung aus Lehn in Erbe schließen läßt). Auch der Lehnkretscham zu Geißmannsdorf bei Bischofswerde ward 1555 in Erbe verwandelt. Er besaß das Recht, Bier nicht nur zu schänken, sondern selbst zu brauen, Branntwein i) So gehörte z. B. das kleine Dorf Scharre in die Gerichte zu Hirschfelde, welches ebenfalls unter dem Rathc zu Zittau stand; 1705 aber erhielt Scharre eigene Gerichte und von dem Rathe einen Baum zu einem „Stock", um die Störenfriede darein zu legen (Knothe, Rohnau, Rosenthal und Scharre 46). Auch für die vier bischöflich meißnischen „Obcdicnz- dörfer" Dobranitz, Coblenz, Canncwitz, Gnaschwitz gab eü 1570 nur einen Erbrichter, welcher damals sich in Dobranitz befand. 4*