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14 Die Stellung der Gutsuntsrthanen in der Oberlansitz zu ihren Gutsherrschaftcn. Tag hat sich dort wendische Sprache und Sitte erhalten. Ja die ursprüng lich deutschen Dörfer Düringshausen und Saalau sprechen sogar längst nur wendisch. Dort also hat das zahlreichere wendische Element im Laufe der Zeit das numerisch schwächere deutsche völlig aufgesogen. Fragen wir noch kurz, aus welchen Gegenden Deutschlands jene Kolonisten wohl in die Oberlausitz eingewandert sein mögen, so liegen hier über urkundliche Nachrichten leider gar nicht vor. Da sich aber sowohl in Schlesien als im Meißnischen Fläminge nachweislich niedergelassen haben und auch in den oberlausitzischen Städten, mindestens in Bautzen, urkundlich als Bürger genannt werden, so dürfen wir wohl mit Sicherheit annehmen, daß deren auch in der Oberlausitz neue Dörfer gegründet haben werden. Auf Einwanderer aus Franken deutet der Name Frankenthal (westlich von Bischofs- werde), auf Thüringer, wie schon erwähnt, Düringshausen und Saalau, auf Schwaben vielleicht das Dorf Schwosdorf (westlich von Kamenz, 1225 Swavesdorf, Swabisdorf genannt), auf Baiern vielleicht Beiersdorf (östlich von Schirgiswalde). Jene Einwanderung zahlreicher Deutscher übte nun aber auch auf die slavischen Hörigen eine höchst einflußreiche Rückwirkung. Vor allem eigneten sich dieselben alsbald den weit zweckmäßigeren Eisenpflug und sonstige landwirthschaftliche Verbesserungen von den Deutschen an; so wurden jetzt auch ihre eigenen Aecker ertragreicher. Aber sie erhielten nun auch vielfache Gelegenheit, sich von ihrer bisherigen Hörigkeit oder Knechtschaft loszumachen. Diejenigen Wenden, welche sich in die neuen königlichen Städte begaben und sich dort niederließen, gewannen ohne weiteres die Freiheit; „Stadtluft macht frei." H Diejenigen, welche bei der Umgestaltung eines Dorfes nach deutscher Weise sich Hufen zu erwerben vermochten, erhielten jetzt Eigenthums recht an denselben, besaßen sie zu Erbe, waren also frei in demselben Sinne, wie die deutschen Bauern. Aber auch ohne eine so völlige Umwälzung aller bisherigen Verhältnisse, wie sie die Umgestaltung nach deutscher Weise mit sich brachte, konnten jetzt theils einzelne Gemeinden, theils einzelne wendische Familien sich freikaufen. Aus dem Meißner Land liegen einige interessante Beispiele solchen Freikaufs vor, und wir dürfen annehmen, daß bei den völlig gleichen in der Oberlausitz bestehenden Verhältnissen auch hier gleiche Fälle werden vorgekommen sein. Das Kloster zum heiligen Kreuz bei Meißen besaß in dem Dorfe Neundorf bei Zehren vier wendische Bauern, deren Güter zwar auch bereits nach Hufen vermessen oder abgeschätzt waren (sie zahlten von jeder derselben eine halbe Mark Jahreszins „außer den üblichen alten Diensten"), die aber dennoch keinerlei Eigenthumsrecht daran besaßen, also noch Hörige im alt- slavischen Sinne waren. Als sich einst (nach 1233) das Kloster eben in Geld verlegenheit befand, zahlten jene vier Bauern für ihre vier Hufen an dasselbe zusammen 12 Mark Silber und erhielten dafür „die Husen selbst mit all' ihrem Zubehör zu Erbrecht."-) Der bisherige Zins, ebenso auch „die schuldigen und gewohnten Dienste" sollten von ihren Nachbesitzern nicht ver- l) Vergl. Riedel, Die Mark Brandenburg i. I. 1250. 11.35. Christ. Mei)er, Zur Geschichte des deutschen Bauernstandes, in den „Preuß. Jahrbüchern" 1878. 360. '-h 6oä. üipl. 8axnn. II. 4. 450.