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Die Stellung der Gutsunterthanen in der Obcrlausitz zu ihren Gutsherrschaftcn. 11 zum deutschen Reich, standen (wenigstens Meißen) unter deutschen Fürsten, deutschem Adel und (mindestens sür alle Deutschen im Lande) deutschem Recht. Hier brauchte man eilten Bruch der von den Groß- und Kleingrund besitzern ertheilten mündlichen Zusagen, betreffend das deutsche Recht in den neuen Dörfern, weit weniger zu befürchten. So wurden denn keine schrift lichen Urkunden ausgestellt oder nur in solchen Fällen, wo sich nach bereits erfolgter Ansiedlung der fremden Kolonisten etwa Mißverständnisse oder Differenzen irgend welcher Art ergeben hatten. Es wäre für die deutschen Baueril in der Oberlausitz wahrlich besser gewesen, wenn auch sie sich hätten über ihre Pflichten und Rechte Brief und Siegel geben lassen! Freilich, wer von ihnen hätte damals diese Urkunden — auch nur zu lesen vermocht?! Daß aber auch in der Oberlausitz eine starke, zwar nur allmähliche, aber langanhaltende Einwanderung deutscher Kolonisten stattgefunden habe, und daß mittels derselben theils ganz neue, rein deutsche Ortschafteil an gelegt, theils wendische nach deutscher Weise umgestaltet worden seien, unter liegt keinem Zweifel. — Das Land gehörte seit 1158 wieder den Königen von Böhmen, welche, wie bereits erwähnt, auch in ihrem Stammlande die Ansiedelung Deutscher in jeder Weise förderten und begünstigten. Quer durch die Oberlausitz führte die uralte Handelsstraße aus Meißen nach Schlesien, seit der Zeit dieser böhmischen Herrschaft „die königliche Straße" (via, r6Kia) genannt, auf welcher auch die nach Schlesien gerichteten Einwandererzüge zum größten Theil gekommen sein müssen. An dieser Straße entstanden nun gegen Ende des zwölften oder Anfang des dreizehnten Jahrhunderts in ziemlich gleichen Entfernungen von einander die erstell Städte in der Oberlansitz außer dem alten Bautzen, nämlich Königsbrück, Kamenz, (Bautzen), Löbau lind Weißenberg/) Reichenbach, Görlitz, Laubail. Sie werden sämmt- lich zuerst in der ersten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts urkundlich und zwar als Städte erwähnt. Auch sie waren theils völlig neue städtische Anlagen, theils durch Umgestaltung wendischer Dörfer zu Städten entstanden?) Ihre ersten Bürger waren theils eingewanderte Deutsche, darunter nach weislich auch Niederländer oder Fläminge/) theils Wenden. Wenigstens in den königlichen oder freien Städten waren auch diese Wenden frei, d. h. den deutschen Bürgern völlig gleichgestellt. Dein Beispiele der Landesherren folgten alsbald zahlreiche Großgrundbesitzer. So gründeten um eben dieselbe Zeit die Bischöfe von Meißen auf ihrem ausgedehnten Territorium innerhalb der Oberlausitz die Stadt Bischofswerde, die Herren von Schönburg auf dem ihnen gehörigen „Eigenschen Kreise" die Stadt Bernstadt, ebenso in dem damals freilich noch zum Königreich Böhmen gehörigen und erst Anfang,des fünfzehnten Jahrhunderts mit der Oberlausitz vereinigten Weichbild Zittau die Herren von Zittau (erst später genannt „von Leipa") die Stadt gleichen Namens, die Burggrafen von Dohna die Stadt Ostritz, die Herren von l) Ueber Weißenberg und die zwei verschiedenen von Bautzen bis Reichenbach führen den Straßen, einmal über Löbau und außerdem über Weißenberg vergl. v. Weber, Archiv f. d. sächs. Gesch. H. VI. 327 ff.: „Zur ältesten Gesch. der Stadt Weißenberg". °) Vergl. v. Weber, Archiv f. d. sächs. Gesch. N. I'. II. 250 ff. b) Knothe, Gesch. des Tuchmacherhandwerks in der Oberlausitz 5. Laus. Magazin 1832. 215.