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1929. 1. Fortsetzung zur Landtagsbeilage Nr. 16. Ki»a«zmmister Weber: Meine Damen und Herren! Dem § 3 de» LauShaltgesetzeS ist eine Auslegung ge geben worden, die weder in dem § 3 enthalten ist (Aba. Renner: Na, na!) noch dem Willen der Regierung ent spricht. In § 3 ist nicht davon die Rede, daß der Finanz- Minister gegenüber den anderen Ressortministern eine Ausnahmestellung erhalten soll. Der Einspruch des Finanz ministeriums soll sich auch nicht auf alle Ausgaben des ordentlichen HauShaltplanS bezrehen, sondern nur auf die Durchführung und den Beginn neuer Bauten. In der Begründung ist erläuternd hierzu gesagt, daß dann, wenn das Finanzministerium mit dem beteiligten Ressort ministerium über den Beginn eines Baues nicht einig wird, das Gesamtministenum darüber zu entscheide hat. Herr Abg. vr. Blüher hat darauf hingewiesen, daß ein solcher Hinweis in der Begründung natürlich nicht bindend lein könne, im §3 des Gesetzes stehe jedenfalls, daß das Finanzministerium, wenn die Mittel nicht vor handen sind, mit dem Beginn des Baues zurückhalten kann. Aber, meine Damen und Herren, über diesen § 3 steht die Verfassung und in Art. 30 der Verfassung heißt es: Die Ministerien haben dem Gesamtministerium alle Gesetzentwürfe, ferner Angelegenheiten, für welche Verfassung und Gesetz dies vorschreiben, sowie Meinungsverschiedenheiten über Fragen, die den Ge schäftsbereich mehrerer Ministerien berühren, zur Be ratung und Beschlußfassung vorzulegen. Der Finanzminister kann also auf Grund der Bersgssung nicht eigenmächtig darüber entscheiden, ob mit dem Beginn des Baues begonnen wird, sondern wenn das betreffende Resortminifterium nicht zustimmt, dann muß in allen Fällen das Gesamtministerium entscheiden. Es schien mir notwendig, das nochmals besonders heraus- zustellcn. Nun hat der Herr Abg.vr. Blüher weiter ausgeführt, daß es ihm vertretbar erscheine, daß für den außer ordentlichen Haushaltplan die Bestimmung des §3 gilt, weil der Bedarf des außerordentlichen Haushaltplans -urch Anleihen gedeckt werden müsse. Dieselbe Voraus etzung ist aber auch für den ordentlichen Haushalt- )Ian gegeben, denn das erhebliche Defizit des ordent- ichen Haushalts kann auch nur durch Anleihen gedeckt werden. (Sehr richtig! rechts.) Für die Ermächtigung des § 3 spricht die Tatsache, daß in diesem Haushaltplan Mittel für Bauten ein gesetzt sind, die uns im nächsten Jahr, wenn damit be gonnen wird, zwangsläufig wahrscheinlich einen Betrag von 15 bis 20 Mill. M. allein auferlegen (Hört, hört! rechts) außer dem übrigen Bauaufwand, der sich im Interesse der Fortführung der Staatsverwaltung noch notwendig macht. Die Regierung muß doch verhindern, daß evtl. Bauten stillgelegt werden, weil der daraus entstehende Schaden noch größer ist. Meine Damen und Herren, ich muß auch noch darauf Hinweisen, daß im Reich die Befugnisse des Herrn Reichsfinanzmtnisters noch weiter umrissen sind. Der Herr Abg. vr. Blüher hat bereits gesagt, daß eine ähnliche Bestimmung zur Durchführung des außer ordentlichen Haushaltplans auch für den Neichsfinanz- Minister im Neichshaushaltgesetz enthalten ist. Für den ordentlichen Haushaltplan gehen aber die Befug nisse des Herrn Reichssinanzministers nach 8 14 des Haushaltgesetzes bedeutend weiter; den es heißt hier: Zur Leistung der hiernach notwendigen Ausgaben hat der Reichsminister der Finanzen den obersten Reichsbehörden für bestimmte Zeiträume Kassen - bctriebsmittel im Rahmen der ihm zur Verfügung stehenden ordentlichen und außerordentlichen Ein nahmen zu überweisen. Wenn also der Herr Neichssinanzminister nicht über die entsprechenden Mittel verfügt, dann müssen sich die Ressorts in ihren gesamten Ausgaben darnach einrichten. (Sehr richtig! b. d. Wirtsch.) Die Bestimmung des 8 3 darf doch nicht allein so ausgelcgt werden, als ob inan dem Finanzministerium eine Ausnahmestellung geben will, sondern es liegt auch im Interesse der Rationalisierung der zur Verfügung stehenden Mittel. Innerhalb der Finanzverwaltung muß heute ständig abgewogen werden, daß nicht in einem Monat ein Maß von Ausgaben an die Landeshauptkasse herantritt, das eben nicht zu bewältigen ist. Bei den schwierigen finanziellen Verhältnissen, in denen sich doch alle öffentlichen Körperschaften befinden, muß ständig dahin gewirkt werden, daß die Mittel planmäßig verteilt werden. Nach dieser Richtung wollte eben der § 3 eine gewisse Rationalisierung in der Verwendung der Mittel ermöglichen. Jedenfalls ist die Auslegung, daß eine Sonderstellung des Finanzministers im §3 geschaffen werden soll, nicht richtig, sondern es entscheidet in allen Fällen kraft der Verfassung das Gesamtministerium, wenn keine Einigung zwischen den Ressortministern eintritt Abg. vr. Eckardt (Dnat): Dem Antrag der ver- einigten Ausschüsse in Punkt 3, zu dein eben der Herr Finanzminister gesprochen hat, vermögen wir unsere Zustimmung nicht zu geben. Im Gegenteil möchte ich sagen, daß diese Bestimmung im jetzigen 8 4 die Stelle gewesen ist in dem ganzen dickleibigen Etat, die mir am besten gefallen hat. (Heiterkeit.) Hiermit wird endlich einmal der Versuch gemacht, etwas durchzu- führen, was eigentlich selbstverständlich fein sollte, daß man nämlich nichts unternimmt, ohne daß man sicher ist, daß man es auch durchführen kann. (Sehr richtig! b. d. Dnat.) Es scheint ja nun so, als ob die Mehrheit deS Hauses den Antrag der Ausschüsse in Punkt 3 an nehmen wird, und damit ist für uns eine doch immer- hin ernste Lage gegeben, nämlich die, ob wir unter diesen Umständen überhaupt noch den Etat annehmen können. (Lachen und Zurufe links) Die Verant wortung für einen Fehlbetrag von 28 Mill. M. in jetziger Zeit zu übernehmen, ist nicht leicht, und ich verweise darauf, daß wiederum 5^ Mill. M. Über ziehungen über den ursprünglichen Etat vorgenommen wurden. (Hört, hört! b. d. Dnat. — Zuruf b. d. Soz.: Stimmt nicht!) Diese Überziehungen betreffen in der Hauptsache Ausgaben sozialer und kultureller Art. Ich möchte hier erklären, wir siud uns im Hause wohl alle darin einig, daß alle derartigen Bestrebungen durchaus zu billigen sind, aber man muß doch fragen, ob man mit oen Maßnahmen, die man ergreift, nicht gerade das Gegenteil von dem er zielt, was man beabsichtigt. Denn wenn man soziale und kulturelle Aufgaben auf Kosten der Wirtschaft be treibt, so muß das letzten Endes zum Schaden deS Ganzen ausschlaaen. Wenn die Wirtschaft nicht blüht, so nehmen die sozialen Lasten ganz naturgemäß von selbst zu, wenn es ihr aber gut geht, vermindern sich die sozialen Ansprüche von allein. Und das gilt auch für die kulturellen Aufgaben; auf dem Boden der Not gedeiht die Kultur nicht. So wird man mit allen diesen Versuchen, durch das Eingreifen der öffentlichen Hand die soziale und kulturelle Lage zu bessern, nur einem Schatten nachjagen, der vor einem hersliegt. Wenn wir uns trotzdem nicht dazu entschließen können, den Etat abzulehnen, so geschieht das aus zwei Gründen. Erstens, we-nn wir den Etat ablehnten, würden wir damit auch alle die Arbeiten unmöglich machen, die doch im wesentlichen dazu dienen, Arbeit und Brot zu schaffen. Tenn alle neuen Sachen könnten ja dann nicht in Angriff genommen werden. Auf der anderen Seite aber glauben wir, daß die Entwicklung von selbst über diesen Etat hinweggehen wird. Aber ich möchte der Regierung noch besonders ans Herz legen, daß sie der schwierigen Verhältnisse, die wir wahrscheinlich im Herbst erleben werden, auch jetzt schon eingedenk sein muß. Denn ich glaube, wir werden eine schwere Krise wirt schaftlicher und politischer Art noch erleben. (Sehr wahr! b. d. Dnat. — Zuruf b. d. Komm.: Tas hoffen wir auch!), eine Krise, wegen der sehr große Ansprüche an den öffentlichen Haushalt gestellt werden und in der man mit Steuereingängen, auch wenn sie schon veranlagt sind, nicht in der erhofften und erwünschten Weise wird rechnen können. (Sehr richtig! b. d. Dnat.) Und da wird es sehr notwendig sein, daß die Regierung immer dafür sorgt, daß sie entsprechende Reserven bei der Hand hat. Wir haben ja jetzt einen Vorgeschmack bekommen, indem die sonst übliche Vorauszahlung der August gehälter diesmal nicht erfolgen konnte. Ich weiß nicht, ob der Etat, über den wir uns ja immerhin einige Zeit unterhalten haben, ins Leben tritt. Aber für diesen Fall sollen ihn wenigstens meine besten Wünsche be gleiten. (Heiterkeit.) Im übrigen würde ich mich freuen, wenn nicht die Not, sondern die Einsicht zu einer Besserung unserer Staatsfinanzen führen würde. (Sehr richtig! b. d. Dnat) Abg. vr. Wilhelm (Wirtsch. — mit lebhaften Zurufen von links begrüßt u.a.: Jetzt kommt noch eine Rakete! — Heiterkeit): Weder die stilistisch so schöne Erklärung des Herrn Kollegen Geiser, noch der feine Humor des Herrn Berichterstatters vr. Blüher vermögen uns über die Tatsache hinwegzulrösten, daß wir am Ende unserer Haushaltplanberatung einen Defitzitetat vor uns haben, hinsichtlich dessen Deckung schwerste Besorgnisse und schwerste Bedenken gehegt werden müssen. Den Ernst der Lage skizzierte schon besser Herr Vizepräsident vr. Eckardt. Es gibt ein politisches Sprichwort, das lautet: „Jedes Volk hat die Regierung, die es verdient." (Lebhafte Heiterkeit. — Abg. Dobbert: Oh hätten Sie geschwiegen! — Abg. Böchel: vnlant terriblo! — Hammer des Präsi- denten. — Abg. Dobbert: Und die Wirtschaftspartei hat ihren Wilhelm! — Heiterkeit) Ich ergänze das Sprich wort dahin: jede Regierung sollte den Haushalt haben, den sie verdient. (Lebhafte Unruhe und Lachen) Wenn das richtig ist, dann müßte eigentlich das Volk immer den Etat haben, den es verdient. Das ist normaler- weise auch der Fall. (Lachen links) Aber heute müssen wir das Gegenteil konstatieren, weder das Volk noch die Negierung hat den Etat, den Volk und Regierung gewünscht haben, denn Volk und Negierung haben einen Haushalt gewünscht, dessen Einnahmen und Ausgaben sich decken (Sehr richtig! b. d. Wirtsch. — Zuruf b. d. Soz.: Die Wirtschaftspartei ist doch nicht das Volk!), sich so decken, wie es nach Loge der Dinge irgend möglich ist. (Sehr richtig! b. d. Wirtsch.) Wir konstatieren aber, daß heute ein Desiziletat verab schiedet werden soll, und das Defizit ist so, wie wir cs vor wenigen Tagen ungefähr vorausgesagt haben. Daß Sie (zur Linken) als Oppofitionsgruppe Etat- Positionen in die Höhe ziehen würden, haben wir er wartet. Das ist auch im gewissen Sinne Ihr un geschriebenes Recht. Aber es könnte doch der Fall ein- treten, daß die Opposition die Suppe, die sie den an deren einbrocken wollte, selbst auslöffeln muß. Wir stellen jedenfalls fest, daß wir Wirtschaftsparteiler alles getan haben, um eine Höherziehung des Etats zu ver meiden. Wir haben nicht einen einzigen Antrag auf Höherziehung gestellt und haben Höherziehungs anträge bekämpft, so weit es in unserer Kraft stand. Wenn es uns nicht gelungen ist, die Höherziehung zu verhindern, können wir trotzdem unsere Hände in Un schuld waschen in dem Bewußtsein, daß in ernsten und großen Dingen es manchmal genügt, das Gute wenigstens gewollt zu haben. (Zuruf b. d. Dem.: Gesprochen zu haben!) Wir stellen fest, daß zwei Negierungen den Etat vorgelegt haben, und daß die Regierung Bünger hinter den dem Landtage von der Geschäftsregierung vorgelegten Etat getreten ist und sich außerdem hinter die Cparvorlage Nr. 4 gestellt hat. Wir möchten des halb die Regierung fragen, was sie bei der Durch führung des Etats zu tun gedenkt angesichts ihrer in der Regierungserklärung abgegebenen Zusicherung, daß Sparsamkeit in allen Verwaltungszweigen ein un- bedingtes Gebot der Stunde sei, und angesichts ihrer in der Regierungserklärung offenbarten Einsicht, daß die Steuerguellen des Landes erschöpft sind. Wir stellen fest, daß die Überziehungen des Etats von wechselnden Mehrheiten erfolgt sind (Sehr richtig! b. d. Wirtsch ), deren Zusammensetzung mit der Zu sammensetzung der Regierung nicht übereinstimmt. (Zurufe i. d. Mitte u. links.) In diesem Zusammenhang möchte ich darauf kommen, daß auch die Vertreter der Nationalsozialistischen Partei Höherziehungen bewilligt haben; Sie sind noch jung im > Parlament. Ich glaube, wen« Sie länger hier gesessen hätten, hätten Sie manche Höherziebung, die Sie bewilligt haben, nicht bewilligt. Unter nationalem Streben ver stehen wir nicht nur das Streben nach einem politisch freien Staat, sondern auch nach einem wirtschaftlich ge sunden Staat (Sehr richtig! b. d. Wirtsch.), denn wa» nützt die politische Freiheit, wenn der Staat und da» Volk wirtschaftlich bankrott geht? (Lebhaftes Sehr rich tig! b. d. Wirtsch.) Wenn man Ihre einzelnen Ab stimmungen — lassen Sie mich in voller Offenheit da» gestehen — verfolgt, dann hat man die Empsmdung, daß Ihre Wähler, die Sie hier hineingeschickt haben, geglaubt haben, auch ihre Finanzpolitik würde in diesem Hause nach der Melodie abgestimmt werden: Deutschland, Deutschland über alles! (Große Heiterkeit). Aber ich erkläre, daß Ihre Finanzpolitik in diesem Hause eher nach der Melodie einer gewissen Marseillaise klingt. (Lachen links.) Wir müssen mit aller Offenheit und mit Ernst kon statieren, daß auch Mittelparteien an den Höherziehungen der Etatpositionen beteiligt gewesen sind. Auch die Vertreter der Demokratischen Partei haben Höher ziehungen bewilligt, auch teilweise die Vertreter der Deutschen Volkspartei. Gerade deshalb ist uns dieser Augenblick begrüßens wert, in dem wir noch einmal feststellen können, daß die Wirtschastspartei alles getan hat, um Überziehungen der Regierungsvorlage zu vermeiden. (Abg. vr. Kastner: Das glaubt Ihnen doch kein Mensch draußen! — Zu rufe b. d. Soz.) Gerade deshalb hat die Wirtschafts- Partei das größte Interesse daran, daß hinsichtlich der Vorlage des Haushaltgesetzes der 8 3, jetzt 4, in seiner Ursprungsform wieder hergestellt wird. Die AuscinandersetzungenzwischendemHerrn Finanz minister und dem Herrn Oberbürgermeister vr. Blüher als Berichterstatter waren im höchsten Maße bemerkens wert. Es ist nicht der Sinn des 8 3 der Gesetzesvorlage gewesen, die ja doch eine Regierungsvorlage ist, daß etwa eine Diktatur des Finanzministeriums errichtet wird, wiewohl in den Kreisen der Wirtschaft und prominenter Finanzwissenschaftler gerade ein Vetorecht eine hcrvorgehobene Stellung des Finanzministeriums wissenschaftlich begründet und auch finanzpolitisch ver langt wird. Hier ist sie aber nicht verlangt, und des halb sind wir im höchsten Maße betroffen darüber, daß sich eine Mehrheit gefunden hat, die den Text der Regierungsvorlage ablehnen will. (Sehr richtig! rechts.) Wir wünschen, daß gerade dieser Punkt mit aller Teut- lichkeit vor dem Lande erörtert wird. Wir wünschen, daß über die Streichung, die hier in dem Umdruck Nr. 161 vorgeschlagen wird, eine namentliche Abstimmung erfolgt. (Sehr gut! b. d. Wirtsch.) Tenn wir wollen diese Abstimmung zu einem Schibboleth machen, zu einem Erkennungszeichen (Zuruf b. d. Soz.: TaS ist ja ein jüdisches Wort!), für diejenigen, die sparen wollen und auch die Wege dazu mitgehen wollen. (Abg. Dobbert: Vollständig verjudet!) Im übrigen, wie auch immer die Abstimmung über den Haushaltplan heute ausgehen möge, wir können unsere Sorgen hinsichtlich der Finanzgebarung des Landes nicht unterdrücken, denn — Herr Müller, Eie lachen! (Große Heiterkeit) Ich muß nochmals auf den Ernst der Stunde Hinweisen. (Abg. Müller jPlanitzj: Selbst Herr Blüher lacht Sie aus! — Abg. Renner: Nein, nein! Ter lacht ihn an! — Hammer des Präsidenten.) Ein Parlament, welches einen sol chen Etat — es ist der höchste Etat, der je in Sachsen überhaupt verabschiedet worden ist — in einer solchen Stimmung verabschiedet, versteht die Stimmung in der Öffentlichkeit draußen nicht. Das Volk da draußen denkt anders! (Sehr richtig! b. d. Wirtsch.) Des halb will ich mit voller Absicht dessen, was ich sage, an die Ausgangspforle der heutigen Tagung die Frage schreiben: i^uo vsOis, Laxoni»? (Zurufe und Heiterkeit.— Abg. vr. Kastner: Jede Fraktion hat den Redner, den sie verdient! — Heiterkeit.) Abg. Renner (Komm.): Tas, was Herr Abg. vr. Wil- Helm jetzt ausgesührt hat, das war so d'e Rede einer ver paßten Gelegenheit. (Sehr wahr! b. d. Komm.) Das war etwas wie weggeschwommene Felle. Herr vr. Wil helm hatte darauf spekuliert, daß hier die Opposition doch nicht soweit vorstößt und dem Etatgesetz wenigstens zustimmen würde, dann hätte man von dort die Schreck- schußpistole, die sowohl Herr Wilhelm wie Herr Eckardt aus der Tasche gezogen hat, vielleicht etwas heftiger abgeknallt. Vielleicht hätten doch einige mit gegen den Haushaltplan stimmen können, um zu sagen, seht euch vor, wir sind auch Opposition. Aber wie man diese Opposition zu betrachten hat, wissen alle die, die hier sitzen, und deshalb hat man auf diese Schreckschüsse und diese Scheintodpistolen, die da herausgezogen wurden, sehr wenig gegeben, und das Ergebnis einer solchen Obstruktionsrede, solch leerer Drohungen, solcher Leuchtraketen ohne Pulver kann nichts anderes sein als ein Heiterkeitserfolg, weil man weiß, da steckt nichts dahinter, das ist nichts anderes, als um noch in letzter S unde des Landtags vor den Ferien ein klein bißchen Heiteretei zu machen und die ganze Kaspertheaterlage dieses Landtages ein bißchen zu dokumentieren. Der einzige, der sich Mühe gegeben hat, bei diesem Theater das Lachen zu verbeißen und die würdevollste Miene aufzusetzen, das war — und das muß man aner kennen, der Mann hat seine Nerven im Zaum — der Herr Ministerpräsident. (Abg. vr. Blüher: Jetzt lacht er!) Jetzt sind sie ihm auch schon durchgegangen. Ich muß schon sagen, mit solchen Mätzchen, daß das die Finanzpolitik des Deutschland, Deutschland über alles nicht gewesen sei, und mit all diesen Ausführungen, den Wunschkarten, die Herr Abg. vr. Wilhelm hier abgegeben hat, kann man nicht viel anfangen; wenn man schon Opposition gegen einen solchen Etat machen will, so ist jetzt ja dazu Gelegenheit gegeben, gegen den Etat zu stimmen, und Sie hätten dann in der nächsten Woche — wir haben eS nicht so eilig, in die Ferien zu kommen — das schöne Spiel um das Suchen nach dem Minister präsidenten neu beginnen können. Vielleicht hätten Sie dann eine andere Möglichkeit zur Regierungsbildung gehabt. Ich weiß, daß diese Dinge hier im Augenblick