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Landtags - Beilage zur Sächsischen Staatszeitung. Nr. 20. Beauftragt mit der Herausgabe: Hofrat Doenge» in Dresden. 1916. Landtagsverhandlungen. II. Kammer. (Fortsetzung der Sitzung vom 1. Februar.) Staat-miuiger vvr. Vr.-Iax. «eck (nach den stenographischen Niederschriften): Meine sehr geehrten Herren! Die mir bei meiner heutigen Indis position nur in Kürze möglichen Antworten auf die Ausführungen der Herren Vorredner möchte ich zunächst mit dem Ausdruck der Genug tuung darüber beginnen, daß die geehrte Deputation wie auch das Hobe HauS bis jetzt die Etatkavitel 93 bis 96 so wohlwollend behandelt und an die Spitze des schriftlichen Berichtes in Übereinstimmung mit meinen Ausführungen bei der allgemeinen Etatdcbatte den Danr für die hervorragenden Leistungen aller Schulen in der Heimat und ebenso den berechtigten Stolz auf die vorbildlichen Taten der im Felde stehenden Lehrer und Schüler aller Lehranstalten gestellt hat. Ich habe damals vor allen Dingen die Schwierigkeiten hervor- gchoben, mit denen die Nnterrichtsverwaltung an der obersten Stelle bei Aufrechterhaltung des Schulbetriebcs zu kämpfen hatte. Ich füge heute ergänzend hinzu, daß die Anerkennung für dte Schulen und die Schulgemeinden besonders der Überwindung der großen Schwierig keiten gilt, die innerhalb der Schulen selbst entstanden sind. Ich denke an die freudige Übernahme zahlreicher Stellvertretungen seitens der Lehrer, an die Schwierigkeiten infolge der von der sozialdemokrati schen Seite heute beklagten, aber während des Krieges ganz unver meidlichen großen Klassenstärken, ich denke an die freudige Übernahme von Überstunden, an die Hemmnisse in der unterrichtlichen Behand lung der Schulkinder, die durch die Tagesereignisse m außergewöhn lichem Maße vom Unterrichte abgelenkt werde, besonders aber auch an die mangelnde Unterstützung des Elternhauses infolge der Abwesen heit des Vaters usw. Ich möchte in diesem Zusammenhänge besonders hervorheben, wie sich unsere vaterländische Lehrerschaft in allen Schulgattungen ebenso wie im Frieden, so besonders jetzt im Kriege, wiederum auch in den Dienst der allgeineinen Wohlfahrt gestellt hat, so oft der Ruf an sie ergangen ist.' Wenn Sie, m. H., diese Tätigkeit mit offenem Auge verfolgt haben, so werden Sie freudig erkennen, wie in den langen Kriegsmonatcn die Frage der Bolksernährung, wie überhaupt alle Fragen der allgemeinen Kriegsfürsorge, z. B. auch die Unterstützung der Ehefrauen auf dem Lande, im Postverkehr mit ihren Männern im Felde usw. gar nicht anders als dadurch zu lösen waren, daß zahlreiche Helfer aus der Allgemeinheit sich hierfür zur Verfügung stellten. Dazu kommt die reiche Versorgung unserer Truppen im Felde mit Lesestoff und die ihnen durch die Zeitungen bekannt gewordenen starken geldlichen Aufwendungen der Lehrerschaft zum Besten der Kriegsorganisation. Aber auch die Schüler darf ich hier nicht vergessen, die sich ebenfalls bei jeder Gelegenheit bereit willig mit in den Dienst der allgemeinen Wohlfahrt gestellt haben, und das vielleicht um so lieber auch mit deshalb, weil sie auf diese Weise gleichzeitig viele schulfreie Tage mit gehabt haben. (Sehr richtig! Heiterkeit.) Ich habe mir manchmal Gedanken gemacht, wie dies i» der Kriegszeit zu verantworten sei, wo an sich der Schul unterricht schon stark eingeschränkt werden muß. Ich habe aber gern die Verantwortung dafür übernommen (Sehr richtig!), einmal, weil solche Betätigung an schulfreien Tagen in den Schülerhcrzen zugleich eine sehr starke Erinnerung gu die große vaterländische Zeit mit zur Folge haben wird (Sehr richtig s), vor allem aber, weil sich die Schule in großen nationalen Zeiten auch als nationale Erziehungsanstalt mit zu betätigen hat, die gerade in solchen Zeiten am besten die Probe auf das ablegen kann, was sie im staatsbürgerlichen Unterrichte ge leistet hat. Und wenn unsere jungen Leute, sei cs bei der Zeichnung auf die Kriegsanleihe oder jetzt, wie vorgesehen ist, bei der Sammlung des ZcitungspapicrcS zum Stopfen der Bettsäcke für die Soldaten in: Felde oder bei dem Anstragen von Merkblättern für die Bolksernäh rung oder sonstwie mit herangczogen worden find, so hoffe ich, daß die Mitwirkung den jungen Leuten einen für das ganze Leben bleiben den erzieherischen Eindruck davon gegeben hat, daß das Vaterland nur gerettet werden kann, wenn jeder an seiner Stelle bis zum jungen Schüler herab seine volle Pflicht und Schuldigkeit tut (Sehr richtig!), und eine feldgraue Volksgemeinschaft alt und jung umschließt. Rach diesen allgemeinen Bemerkungen wende ich mich zu den Ausführungen der Herren Vorredner. Ich kann persönlich heute nicht auf die Angriffe des Hrn. Abg. Nitzsche eingehen, »verde vielmehr dem Hrn. Ministerialdirektor vr. Schelchcr das meiste davon überlassen müssen. Ich denke aber, daß auch Sie unter demselben Eindruck ge standen haben, wie ich selbst, als ich die Rede des Hrn. Abg. Nitzsche hörte. Ich suhlte mich in eine Zeit vor Jahren zurückversetzt (Sehr richtig!), in der hier die schwersten Kämpfe um die Schulpolitik spiel- ten und von der sozialdemokratischen Seite die Kirche in der schärfsten Weise angegriffen wurde, in eine Zeit, in der der Religionsunterricht tief herabgesetzt und als ganz entbehrlich hingestcllt wurde. Ich glaubt-: nicht in der Gegenwart zu leben, in der die religiöse und poli tische GcschlossenheitunsercsVolkeSunsenghicrzusammenführen sollte unter Abstandnahme von solchen Angriffen auf Kirche und Religion. Diese beiden Machte heben sich auch in den Reihen der Parteigenossen des Hrn. Abg. Nitzsche in der Kriegszeit doch so außerordentlich be währt und sind überall in Anerkennung ihrer Leistungen in den wei testen Volksschichten mit solcher Dankbarkeit gewürdigt worden, daß wohl jedes weitere Wort der Abwehr überflüssig ist. Nur das eine muß ich auf das schärfste zurückweisen, wenn Hr. Abg. Nitzsche dem Kultusministerium unterstellt hat, daß dort die Volksschule nur so nebenher eine Behandlung erfahre. Ter Hr. Abg. Nitzsche ist jeden Beweis hierfür schuldig geblieben, und wenn er ihn, wie bisher, auch in Zukunft schutcha bleiben sollte, so muß ich ihm erklären, daß ihm jeder genaue Einblick in die Tätigkeit des Kultusministeriums ab- gcht. Damit er aber darüber besser belehrt wird, bitte ich ihn, sich zu mir in-Z Kuttvsminsterium zu bemühen, um sich davon zu überzeugen, welch eingehender Behandlung sich die Volksschule erfreut, und wie der Kirche und Schule das zuteil wird, was feder gebührt. (Abg. Uhlig: Was ihm nach Ihrer Auffassung gebührt!) Ich glaube, der Hr. Abgeordnete wird dann einen völlig anderen Eindruck bekommen. Er hat weiter den Vorwurf erhoben, daß die Bolksschulbchörden den Burgfrieden nicht gehalten hätten. Er hat auch hierfür keinerlei Be weise vorgebracht, denn der evangelisch-lutherische Schulverein, den er hauptsächlich behandelt hat, ist bekanntlich keine Volksschul- bchördc. Wenn er aber seine Behauptungen weiter damit zu stützen veZucht hat, cs sei den Arbeitcrturuvereinen besonder- stark zu Leibe gegangen worden, so ist er auch darin falsch unterrichtet. Unmittelbar nach dem Beginn des Krieges ist mit Rücksicht auf die damals betätigte vaterländische Gesinnung der sozialdemokratischen Partei im Kriege und die erhoffte körperliche Ertüchtigung der Jugend in den Arbciter- turnvcreinen eine Mimsterialverordnung an die Bezirksschuldirek- tionen ergangen, die gerade das Gegenteil von dem im Auge gehabt hat, was Hr. Abg. Nitzsche dem Kultusministerium heute zum Bor wurf gemacht hat. (Abg. Günther: Hört, hört!) Ich komme nun zu de«» Ausführungen des Hrn. Abg. vr. Seyfert. Er hat sich zumeist über Zukuustproblemc unserer Schulen geäußert und gewünscht, daß der Rcichsgedanke noch mehr Gewicht als bisher er fahre. Auch ich habe allerdings hierin einen gewissen Gegensatz zn den neuerlichen Ansführungcn des Hrn. Abg. vr. Zöphel entnehmen zu sollen geglaubt, der, »vcnn ich ihn richtig verstanden habe, gerade die Selbständigkeit der Bundesstaaten in bezug auf die Kulturaus gaben und da- Erziehung-' und Bilduugswesen als einen große« Vorteil ansah, eine Ansicht, in der ich ihm nur freudig zustimmen konnte. Der Hr. Abg. vr. Seyfert hat gewiß recht, wenn verschiedene wichtige Erziehung-- und Unterrichtsfragen zum Gegenstand ge meinsamen Einvernehmen- zwischen den Bundesstaaten gemacht werden sollen: vor allen Dingen wird sich die- auf das BerechnungS- wesen der Schulen beziehen, und da- ist schon vom Standpunkt der Freizügigkeit au- nötig. Aber ich möchte doch bei dem von mir da- mals geäußerten Standpunkte allenthalben stehen bleiben, daß gerade der Wettbewerb im Erziehung-- und Bildungswesen innerhalb der Bundesstaaten so hervorragende Botteile zur Folge gehabt hat, daß ich eine Ausschaltung dieser Selbständigkeit schmerzlich bedauern würde. (Sehr richtig! rechts) übereinstimmen kann ich mit Hrn. Abg. vr Seyfert vollständig in seinem Bestreben, daß das deutsche Schul wesen im Auslande in Zukunft noch viel mehr gefördert werden muß, als es bisher der Fall war. (Abg. Günther: Sehr richtig!) Wenn wir schon bisher so weit, wie es die Franzosen im Orient getan haben, unsere deutschen Volksschulen in der Türkei, in Bulga rien und Rumänien herausgebildet gehabt hätten, dann wären nim mer Zustände eingetreten, die wir mit Mühe zu überwinden gehabt haben. Ich habe immer die Lehrer, die ins Ausland an Schulen gehen wollten, mit allen Kräften gefördert und für deren günstige Wiederunterbringung gesorgt. Es wird auch in Zukunft eine Haupt aufgabe von mir sein, darauf mit hinzuwirken, daß die Förderung unserer Auslandsschulen als eine große vaterländische Aufgabe des Reiches für die Zukunft angesehen werden muß. (Sehr richtig!) Das ist nicht bloß eine ideelle und kulturelle Ausgabe unseres Reiches, das wird auch eine Aufgabe von ungeheurem politischen und wirt schaftlichen Wert sein. Wie die Schule in der Heimat zu unseren großen Siegen so wesentlich beigetragen hat, so wird auch und soll die deutsche Auslandsschule immer größere Erfolge für unser Vater land zur Folge haben. Dann ist das deutsch - nationale Bildungsideal in vollster Über einstimmung mit dem Kultusministerium heute wieder vielfach be sprochen und die höhere Mädchenschule in diesem Zusammen hänge mit gestreift worden. Es wird eine wichtige Aufgabe sein nicht bloß des Kultusministeriums, sondern der gesamten Staatsrcgierung, dem Frauenbildungswescn erhöhte Aufmerksamkeit zuzuwcnden, damit der schwierige Übergang von der jetzigen Kriegszeit in die Friedenszeit gefunden wird, aus einer Zeit, in der unendlich viele Frauen ihren Beruf nicht mehr in der Häuslichkeit sondern in der Öffentlichkeit des Lebens haben, indem sie an die Stelle von Männern getreten find, die wieder in ihre häuslichen Verhältnisse znrückzufüh- ren wird gewiß mancherlei Schwierigkeiten haben. Des weiteren werden znrAussüllung der großen Lücken, die der Krieg in die Männer welt gerissen hat, neue Bildungsmöglichkeiten für Frauen zu schaffen sein. Das sind aber Probleme, die sich heute noch nicht übersehen lassen, solange man nicht den Umfang der Verluste genau kennt. Jnteresfant wird es in diesem Zusammenhangs für Sie vielleicht fein, heute zu hören, daß das Kultusministerium auf Ansuchen der Frauen- Hochschule zu Leipzig in Verhandlungen mit dieser steht, ob es ihm möglich fein wird, diese Hochschule unter seine Fittiche zu nehmen, und wie fich das Verhältnis der Staatsrcgierung zu ihr in der Zukunft gestalten wird. Ich glaube, Sie werden es mit Freude begrüßen, wenn dieser Frage die besondere Aufmerksamkeit im Interesse unserer Frauenbildung zugewendet wird. (Sehr richtig!) Die Bitte, eine Erklärung darüber abzugeben, wie die Schüler der Seminare, die in den Krieg eingetreten sind, in ihrer nötigen Weiterausbildung behandelt werden sollen, kann ich damit erfüllen, indem ich sage, man wird ihnen, ebenso wie den Gymnasiasten, alle Erleichterungen gewähren, um sie ohne größere Schäden tunlichst in dieselbe Linie mit ihren Schulgenoffen von fttiher zn stellen. Die Bemerkung des Hm. Abg. vr. Seyfert, daß in der Zukunft die Not zu Einschränkungen und Vereinfachungen führen wird, wird überall freudigsten Widerhall finden. Ich will diese Bemerkung zu nächst einmal ganz allgemein auffassen in der Anwendung auf alle unsere Verhältnisse. Der übergroße Lu^us, der sich in allen Schichten unserer Bevölkerung vor dem Kriege brcitgemacht, der Materialismus, der weiteste Kreise bereits ergriffen hatte, die Scheu vor einfacher Beköstigung, einfacherer Bekleidung, einfacheren Vergnügungen, die Überbietung weitester Kreise in der Darbietung von Ge nüssen, sind eine schädliche Beeinflussung unseres Volkslebens gewesen, daß es geradezu als ein Segen des Krieges zu be- grüßen ist, wenn in dieser Beziehung die Gewissen wieder ge schärft und unsere Volksgenossen wieder auf eine größere Ein fachheit in ihrer Lebenshaltung hingeführt werden (Sehr richtig!), und wenn der Kartoffelbrotgeist, wie die Gegner ihn genannt haben, mehr und mehr überall von den obersten bis zu den unterstell Schichten wieder größeren Beifall in dem Sinnefinden möchte, daß man sich im allgemeinen wieder einer größeren Zurückhaltung, einer einfacheren Lebensiveise befleißigen würde. Ist das der Fall, dann werden auch wieder gesündere Zustände in unserem öffentlichen und privaten Leben eintreten. Der Hr. Abg. Seyfert hat nun freilich diesen Wunsch auf die Schule beschränkt. Auch hier ist ^ewiß manche Vereinfachung nötig. In der Tat find in bezug aus ine Schulbauten und die Ein richtung der Schulen oft Anforderungen gestellt worden, die über die Leistungsfähigkeit der Gemeinden weit hinausgegangcn find. Gewiß muß in jeder Schule alles getan werden, was für die Gesundheit der Kinder unbedingt nötig ist, was die Gesundheit der Lehrer fördert und was für den Unterricht unentbehrlich ist. Aber alle Luxusausgaben mögen dabei um so mehr vermieden werden, als die Schulen an sich schon hohe Anforderungen geldlicher Art stellen und als diese nicht ge ringer, sondern bei dem wünschenswerten weiteren Ausbau des Schul wesens nur höher werden. Aber nur von der wirtschaftlichen Seite aus das Schullebcn anzusehen, das wird niemand von Ihnen wollen tind ani allerwenigsten die Unterrichtsverwaltung. Deshalb möchte ich in diesem Zusammenhangs auch raten, die von Hrn. Abg. Seyfert be sprochene Gabelung der Primen nicht als eine vom wirtschaft lichen Standpllnkte aus zu behandelnde Frage anzusehen. Ter ideelle Botteil der Gabelung der Primen in der bisher durchgcführtcn Be wegungsfreiheit ist so groß, daß ich nicht wünschen möchte, aus Spar- samkeitsrücksichten diesen bis jetzt ziemlich schon in allen Schulen durchgeführten Fortschritt wieder einzuschränken. Hr. Abg. Koch hat sich über die Forderung der Latein-Vor kenntnisse in den Seminaren ausgesprochen und überhaupt die Frage aufgeworfen, ob das Latein in Zukunft in den Seminaren be stehen bleiben soll. In dieser Beziehung kann ich ihm keine beruhi gende Auskunft geben. Ich glaube, daß, wenn das Seminar sine allgemeinbildende Erziehungsanstalt bleiben sott, das Latein dort nicht wird entbehrt werden können. Die Regelung ist ja auch von allen Direktoren, die darüber gehört worden sind, nur in dem Sinne befür wortet worden, wie sie geschehen ist. Auch das hohe HauS selbst hat sich bei Beratung der Semmargesetz-Novclle auf den gleichen Stand punkt gestellt. Immerhin wird man abwarten müffen, ob die bei der gegenwärtigen Aufnahme gemachten günstigen Erfahrungen mit den Lateinvorkenntnissen für die Zukunft so bleiben werden, und ob die von den Herren Seminardirektoren empfohlene Einrichtung des Beginn- des Lateinunterrichts in der 7. Klaffe unter der Vor aussetzung bestimmter Borke,mtnisse in Zukunft so wird aufrechter halten werden können oder ob eine Änderung eintrcten wird. Bisher ist dis Sachverständigenkonferenz auf der Seite der nunmehr getrof- > fenen Einrichtung gewesen; die Erfahrungen haben sie bis jetzt auch als durchführbar erwiesen. Aber das letzte Wort darüber behalte ich mir noch vor. Soweit die Berichte mir bekannt sind, ist die Neuerung durchaus durchführbar angesehen worden. Für das neue Schuljahr - zu Ostern ist die Zahl der Anmeldungen für die Seminare so u> gewöhn- lich hoch gegenüber den Plätzen, die zu vergeben sind, daß auch in dieser Hinsicht keinerlei Bedenken für den Nachwuchs in den Semina ren zu erheben sind. Da- letzte Wort aber ist, wie gesagt, noch nicht gesprochen. Hinsichtlich des Ausfalls der Osterprüfungen wird da- Kultusministerium denselben Standpunkt einnehmen, »vis im vorigen Jahre, daß es nämlich den Bezirksschulinspektionen überlassen wird, je nach den örtlichen Verhältnissen zu dieser Frage Stellung zu nehmen. Wenn ich mich endlich noch zu den Ausführungen des Hrn. Abg. Vr. Steche wende, so muß ich sagen, ich stehe immer, wie gewiß Sie alle, unter dem Eindruck einer gewissen inneren Ergriffenheit und Be wunderung für die Begeisterung, mit der Hr. Abg. vr. Steche die Einführung des Esperanto-Unterrichts hier verficht. Ich habe in der Zwischenzeit auch wieder erfahren, mit wclch großen materiel len Mitteln er seine Kraft in den Dienst der Esperantobewegung ge stellt hat, und daß es wohl seinen Bemühungen mit zu verdanken ge wesen ist, wenn die heuchlerischen Lügen unserer Feinde zur Herab setzung der großen Erfolge unserer deutschen Truppen im Auslande durch die weite Verbreitung unserer Berichte in Esperanto enthüllt worden sind und dadurch viel zum Ruhme des deutschen RamsnS durch die Esperantisten geschehen ist. (Bravo!) Das haben wir nur dankbar anzuerkennen. Aber in diesem Augen blicke so weit zu gehen, wie Hr. vr. Steche von mir erhofft, daß das Esperanto eine so dominierende Stellung in Zukunft in unseren Schulen einnehmen werde, vermag ich allerdings heute nicht, und ich glaube, auch das hohe Haus wird die Meinung des Hrn. vr. Steche darüber nicht teilen. Es wird doch sehr abzuwarten sein, wie sich die Würdigung der fremden Sprachen in unseren höheren Unterrichts- anstalten und auch in den Volksschulen nach dem Kriege stellen wird. Sie wissen, daß viele den Stab über das Französische und Englische überhaupt brechen und in unseren Schulen die Bevorzugung dieser beiden großen lebenden Fremdsprachen möglichst zurückgcdrängt sehen wollen, weil sie es nicht mehr für eine nationale Aufgabe halten, die Literatur unserer ärgsten Feinde in den Schulen zu behandeln, und weil sie sagen, wir haben Wichtigeres zn tun, als uns gerade damit zu befassen. Ich teile diesen Standpunkt nicht, ich glaube, wie wir später überhaupt wieder in eine Kulturgemeinschaft mit allen Völkern der Erde eintretcn müssen, so werden wir auch die englische und franzö sische Sprache in den Schulen und namentlich in den höheren Schulen gar nicht entbehren können. Ich bi» der Meinung, daß das Ansehen des deutschen Namens und der deutschen Wissenschaft, vor allen: aber auch die ungeheuren Erfolge unserer Kaufleute und unserer In genieureundTechnikerimAusland neben ihren großen Fachkenntnisicn auch auf die genaue Kenntnis der Sprachen mit zurückzuführen sind, indem diese dadurch in der Lage gewesen sind, auch von den kleinsten Dingen von Wichtigkeit sich genaue Kentnnis zu verschaffen, kurz und gut, durch die Sprache Land und Bolk so wie das eigene Volk genau zu kennen. Würden wir unsere Ingenieure und Kaufleute ohne diese umfassende Kenntnis hinausgehen lassen, so würden wir sie eines der größten Hilfsmittel zum Nachteile unseres Landes verlustig machen. (Sehr richtig!) Deshalb meine ich, wir müssen uns befleißigen, in der Zukunft das Französische und Englische, da diese beiden Sprachen so große Gel tung in der Welt doch nun einmal haben, ebenso gewissenhaft wie bis her zu treiben. Ich erachte cs geradezu als einen außerordentlichen Stolz für die Nnterrichtsverwaltung, an der Technischen Hochschule zu Dresden sogar während des Krieges zwei Ordinariate für Eng lisch und Französisch begründet und mit so hervorragenden Männern besetzt zu haben, daß, wenn unsere jungen Leute aus dem Felde zu- rückkommcn und bei diesen Englisch, Französisch und andere roma nische Sprachen studieren, sie neben ausgezeichneten technischen Kenntnissen mit hervorragenden Sprachkenntnisse» ausgerüstet, noch viel mehr als bisher dein deutschen und sächsischen Namen Ehre machen werden. (Zuruf: Die anderen Sprachen?) Tann, meine Herre», kommt bei dem Esperanto aber noch eins dazu. Es ist ja bekannt, daß im Esperanto zurzeit noch verschiedene Richtungen bestehen, wenn auch die eine, die von vr. Zamenhof die andere wohl wesentlich überragt und das Ido mehr zurücksteht. Ten Verlauf wird man abwarten müssen. Mir geht es — ich weiß nicht, ob cs bei Ihnen auch der Fall ist — in nationaler Hinsicht etwas gegen den Strich, daß, während die anderen Völker und besonders unsere Gegner, nicht daran denken, zugunsten des Esperanto zurück zutreten, wir Deutsche, die wir doch als die Sieger aus diesen: Welt kriege hervorzugehen hoffen, mit unseren: Deutsch schüchtern zurück treten und nicht den Anspruch erheben sollen, daß die anderen Deutsch lernen, mit uns deutsch verkehren (Sehr richtig!), daß sie die Sprache des Siegers im Weltkrieg sprechen, anstatt, daß wir mit unserem Deutsch mrückhalten und sie mit den: Zamenhofschen Esperanto an reden. Das geht mir gegen den Strich. Ich weiß nicht, ob ich mit Ihnen zusammenfühle. Es wird also abzuwartcn sein, wie die ganze Entwicklung sich nach den: Kriege gestalten wird und wie die anderen Völker sich zu dieser Frage stellen werden. Vorläufig möchte ich ihr nur ein wachsames Äuge zuwenden und bei der starken Belastung unserer Schulen mit Lehrstoff auf eine obligatorische Einführung des Esperanto noch nicht zukvmmsn. Aber, wie gesagt, ich kann nur meine Anerkennung für das, was der Herr Abg. Vr. Steche mit so großer Begeisterung für diese Sprache tut und für das, was auch das Espe ranto in diesem Kriege im Auslande getan hat, hier wiederholen. Dann, meine Herren, muß ich noch mit einem Worte auf die Ausführungen des Hrn. Abg. Koch in bezug auf die Gymnasien zu- rückkommcn. Er hat hierbei auch auf den Ihnen gewiß allen bekannt- gewordcncn Aussatz in zwei Nummern des „Dresdner Anzeigers" Bezug genommen. Ich werde selbstverständlich davon absehen, in irgend eine Polemik über diesen Aussatz einzutreten, einmal, weil ich Hrn. Professor vr. Paul Schumann wegen seiner literarifchen Tätigkeit im „Dresdner Anzeiger" und wegen feiner sonstigen Wirksamkeit in unserer Stadt überhaupt sehr hoch schätze, und zum anderen, weil jene Aufsätze über die Akten wohl Koch nicht geschlossen sind. Jeden falls wird wohl auch die andere Seite noch zum Worte kommen. Erst wenn beide Parteien gesprochen haben, wird sich das richtige Urteil über jene Aufsätze ergeben. Es bleibt doch eine merkwürdige Tatsache, daß gerade in unserer Zeit vielfach die Angriffe auf unsere humanistischen Bildungsanstaltcn laut werden, daß auch der Hr. Abg. Koch aus den Zahlen, die er anfühtte, obwohl er sich nicht als Gegner der Gymnasien bekennt, doch zu erkennen gegeben hat, die Zeit der Gymnasien fei wohl, wenn nicht vorüber, so doch wesentlich verändert, sie würden, dafern sie nicht eine vollständige Umwandlung erführen, vielleicht noch weiter zurückgehen. Meine Herren! In einer Zeit, in der Deutschland das Größte geleistet hat, was sich überhaupt je in unserem Vaterlande zugetragen, in einer Zeit, in der die meisten jetzt in hohen Stellungen befindlichen Männer, seien es Staatsmänner, seien es Feldherrn usw., ihren Gang durch die humanistische Bildung genommen haben, in einer Zeit, in der unsere Jugend, die zu Tausenden auch in Sachsen die Gymnasien verlasse» hat, mit einer glühenden vaterländischen Be geisterung ausgcrückt und in Flandern vom Eisenbahnwagen weg unter dem Gesänge „Deutschland, Deutschland üver alles" mit herr lichen: deutschen Opfermut nicht etwa als griechisch oder römisch aus gebildete Jünglinge, sondern als vorbildlich deutfchc Jünglinge ihr Leben für das Vaterland eingesetzt hat, in einer Zeit, in der von Sach sen allein zehn Rektoren draußen mit an der Spitze von Kompanien stehen, von denen zwei bereits gefallen sind, in einer Zeit, in der der Leiter der Fürsten- und LandeSschule Meißen, nachdem er mit 6N Jahren als Kompaniechef mit seinen beiden Söhnen ins Feld gerückt ist, dann schwerverwundet heimgskehtt und wiederhergestellt nun mehr seit einem Jahre an der Spitze einer Fliegerabteilung im Osten