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Zum Programm DRESDNER O* PHILHARMONIE W ir werden neben Schumann noch zwei Komponisten begegnen, deren Namen uns kaum bekannt sind: Erwin Schulhoff und Viktor Lllmann. Deren Werke aber zeigen uns, wie sehr sie wert sind, ins öffentliche Bewußt sein zu gelangen. Das Schicksal ging mit die sen Künstlern nicht gnädig um. Beide waren deutsch-tschechische Juden und erlebten ein | bitteres Ende durch Nazibarbarei. Damit schien auch ihr Werk rasch vernichtet zu sein. Immer aber haben sich Menschen gefunden, die kost bares Kulturgut gerettet und ihm zu neuem Leben verholten haben. Erwin Schulhoff gilt heute als einer der profiliertesten Vertreter der neuen Musikszene zwischen den beiden Weltkriegen. Während eines längeren Aufent haltes in Dresden beendete er 1919 seine Kom position „Menschheit“, ein vokalsinfonisches Werk auf Gedichte seines Freundes Theodor Däubler. Doch erst 80 Jahre später, 1999, fand die Uraufführung des beeindruckendes Werkes statt: Gerd Albrecht dirigierte damals das i Rundfunksinfonieorchester Wien, und Doris Soffel hatte die Altpartie übernommen. Wir dürfen in unserem Konzert auf die Neuauflage | dieser Aufführung gespannt sein. Auch die Musik von Viktor Ullmann ist erst in den letz ten ca. zwanzig Jahren ins Blickfeld der musik interessierten Weltöffentlichkeit gerückt, hat jedoch seither viel Aufmerksamkeit erfahren. Der Komponist, seit 1942 in Theresienstadt ge- | fangen und 1944 in Auschwitz ermordet, nutz te die Möglichkeit, mit seinen Werken den ei genen Überlebenswillen zu manifestieren und komponierte eigens für Aufführungen vor sei nen Lagergenossen. Darunter befand sich eine Klaviersonate als Vorstufe für die 2. Sinfonie. Diese Komposition wirkt keineswegs wie der i Ausdruck namenloser Angst, die den Alltag in Theresienstadt bestimmte, sondern ist höchst lebensvolle Musik und Beispiel von Kraft und Stärke beim Kampf ums Überleben.