„Wir trafen uns immer wieder, diskutierten bis tief in die Nacht hinein über derzeitige politi sche und künstlerische Probleme. Zugleich wurden wir durch Erwin in das Musikschaffen Arnold Schönbergs, Alban Bergs und Alexander Skrjabins und sein eigenes einge führt", berichtete Otto Griebel später. 1 Abb. Seite 21: In Dresden lernte Schulhoff auch den Maler Otto Griebel (1875 - 1972) kennen. Beide Künstler schufen ein gemeinsames Werk: zu zehn aphoristisch bündigen Klavier stücken von Schulhoff fertigte Griebel zehn handkolorierte Litho graphien im kubo- futuristischen Stil an, die eine freie assozia tive Parallele zu den musikalischen Themen, so etwas wie einen stil len Dialog zwischen Bild und Musik bilden. wurde zum zentralen Ort der Auseinander setzung. So kamen Dresdner Künstler durch Schulhoff in einen intensiveren Kontakt mit künstlerischen Strömungen, die sich andernorts bereits ausgebreitet hatten, z. B. dem Dadaismus aus Berlin und den Zeichnungen von Georg Grosz. Nach den Berliner Dadaisten organisierten Schulhoffund Griebel 1920 im Saal des Dresd ner Gewerbehauses eine dadaistische Soiree, an der auch „Oberdada“ Johannes Baader (1875 bis 1955) teilnahm. Zu dieser Veranstaltung kamen so viele Besucher, daß die Polizei den überfüllten Saal sperrte und bei einem Hand gemenge zwischen Dadaisten und Besuchern, die sich provoziert fühlten, eingreifen mußte. Nach einigen Zwischenstationen (1920 Saar brücken und 1922 Berlin) kehrte Schulhoff 1923 nach Prag zurück und versuchte, sich dort als Komponist, Pianist und Musikreferent ins Musikleben einzugliedern. Er reiste als Klavier virtuose, hatte im In- und Ausland, immer wie der auch in Deutschland, Erfolge, war ein viel gefragter Rundfunkpianist und wurde mehrfach für Plattenaufnahmen herangezogen. Dies alles endete 1933. So mußte er, der auch ein vor züglicher Jazz-Pianist war, für seinen Lebens unterhalt alle sich bietenden Möglichkeiten, u. a. in einigen Rundfunkanstalten seiner enge ren Heimat, nutzen. Auch dies endete 1939 mit der Okkupation. Er fühlte als Jude die Bedro hung, wollte sogar das Land verlassen und ver suchte ein Visum für Moskau zu erhalten, um vor den Nazis zu fliehen. Erst einmal nahm er die sowjetische Staatsbürgerschaft an und fühl te sich dadurch bedingt sicher. Doch nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion galt er den Mächtigen als feindlicher Ausländer und wurde nur zwei Tage später, am 23. Juni 1941 interniert. Ein reichliches Jahr danach starb er in einem Gefangenenlager in Wülzburg/Bayern an einer Tuberkulose.