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Joseph II. die Ehre - selbst überprüfen konnte. Für den Wiener Geschmack hatte er den Marsch gestrichen, ein Menuett ebenfalls, die Binnensätze umgestellt und in den Ecksätzen jeweils zwei Flöten und Klarinetten beigefugt - Klarinetten gab es damals in Salzburger Musikkreis noch nicht, und auch in Wien wurden sie als Novität erlebt. So ent stand mit relativ geringem Aufwand die Haffner-Sinfonie, wie sie seit dieser Zeit als beliebtes Werk als das erste von den sechs reifen Meistersinfonien in die Musikgeschichte einging. Mit diesem Werk läutete Mozart die „Wiener Klas sik“ ein, nach der Musikforscherin Helga Lühning ist die „Haffner“ die erste „Klassische Sinfonie“. Himmelstürmender Anfang Lühning: „Das Neue bekundet sich in der Konsistenz der musikalischen Gedanken. Die Eröffnungswendung nimmt jetzt charakteristische Gestalt an, ebenso die Art und die Funktion des fol genden piano-Kontrastes, der den him melstürmenden Anfang sofort in Frage zu stellen scheint, ihn jedoch sowohl inhaltlich als auch musikalisch peri odisch zugleich ergänzt. Solche Energie und Plastizität, verbunden mit einer der artigen Vielschichtigkeit der Aussage, waren in den Salzburger Werken noch unvorstellbar.“ Den festlichen Charakter des ursprüng lichen Anlasses leugnet auch die ver kürzte Form der Gratulationsmusik nicht. Gewichtig und schwungvoll greift das Hauptthema, das einzige des Kopf satzes, weit in den Raum. Wo üblicher weise der zweite Gedanke ansetzten sollte, erscheint eine Variante des bekannten Themas. Alfred Einstein: „Das Andante, sehr graziös, sehr „innocente“, weist eher zurück ... als auf das unsterblich-voll kommene Andante der Prager Sinfo nie.“ Hier finden wir den Inbegriff einer Nachtmusik. Die Violinen fuhren zart in der Höhe, manchmal glaubt der Hörer, nur Streicher zu hören, grundiert von den Bläsern, die dem stimmungsvollen Spiel eigenartige Tiefe, Emst und Ver bindlichkeit bieten. Das ist ein Satz, der die romantische Vorstellung vom „apol linischen“ Mozart gespeist hat. Den Tanzcharakter hat das Menuett - das gestrichene zweite Menuett ist übri gens im Gegensatz zum erhaltenen Eröffhungsmarsch verloren gegangen - aufgegeben. Es ist ein energisches und selbstbewußtes Stück, mit einem grazi len Trio. Größte Brillanz prägt den Finalsatz, der von einem Thema aus „Die Entführung aus dem Serail“ inspiriert wurde - kein Wunder, es wurde ja parallel an der Har monie-Musik geschrieben. So variiert das erste Thema die Osmin-Arie „O wie will ich triumphieren, wenn sie euch zum Richtplatz führen“. Und auch im zweiten Thema klingelt die Ouvertüre des Singspiels.