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59 aufboten. Das Gericht hatte zu entscheiden, wem die Frau angehöre, dem Herrn von Boissieux, der sie begraben, oder dem Herrn von Goran^ der sie aus dem Grabe geholt hatte. Es entschied für den Herrn von Boissieux. Die Frau wendete sich an den König mit der Bitte in ein Kloster treten zu dürfen. Auch dies wurde abgeschlagen, dagegen erhielt sie die Weisung binnen 24 Stunden sich zu ihrem Gatten zu begeben. Der Herr v. Boissieux eilte hinzu, aber schon hatte Goran den Körper der GelievteN in seinen Armen und entfloh mit " ihr. — Am 14. October 1716, fünf Jahre nach diesem Ereignisse, knieste Herr Boissieux auf dem Grabe seiner Frau, wie an jedem Todestage der» selben, als er in seinem stillen Gebete durch das Pünktlichkeit, pünktlich aüfffehm, pünktlich essen und pünktlich sich wieder ru'S Bett legen., denn diese Pünktlichkeit gemährt Nicht nur Unterhaltung, sondern erzeugt auch im Menschen eine gemäH Selbstachtung, und man findet es ganz comfcwtL» bel, sich der allmächtigen Göttin >,Zeit" vertrau- ungsvoll in die Arme zu werfen und ihren, jetzt leider sehr siberirenden, Schlägen Folge zu leisten. Man benSrkt diese Pünktlichkeit vorzüglich bei Partikuliers und bei Leuten, welche eine sitzende ten, Schreibern rc., ich weiß nicht, ob-auch hi» Leute mit der sitzengebliebenen Lebensart, i«i <u»t alte Jungfern, in die Kategorie der Pünktlichen» gehören; wenigstens will mich bedünken, daß diese, von der Männerwelt beleidigten Schönen, umRache zu nehmens ihr gefühlvolles Herz ganz andern Gegenständen widmen, und daß nun die Möpse,, Kätzchen, Kanarienvögelchen u. s. f. einsehen ler nen sollen, welch' pünktlich-zartes aufmerksam- accurates Wesen die störrige Männerwelt durch sie Rauschen eines seidenen Gewandes gestört wurde. Er drehte sich um und wer beschreibt sein Stau nen, als er seine längst gestorbene Frau blühend vor sich stehen sah? Die Dame, die den Knieen- . ,. den nicht bemerkt hatte, erkannte ihn jetzt und ent- Lebensart haben, d. i, bei Comptoiristen, Beqm- floh. Er folgte ihr, konnte sie aber nicht erreichen, ' "" " da sie am Thore in einen Wagen stieg. Sofort begab er sich zum Polizeidirector, dem Herrn von Argenfon, um ihm zu erzählen, was ihm begegnet war. Das Grab der Frau von Boissieux wurde geöffnet, und man fand wirklich den Sarg leer; Nachforschungen ergaben bald, daß die Vermißte die Gattin des Herrn von Goran sei, mit dem sie bisher in Indien gelebt hatte, und erst vor ei nem Monate von dort zurückgckommen sei. Bois sieux forderte seine Frau zurück und es entstand ein Prozeß, in welchem die Rechtsbeistände beider Partheien allen Scharfsinn und alle Beredtsamkeit veranstaltete ein großes Gastmahl , zur Feier der Rückkehr seiner schönen begrabenen Frau, und als alle Gäste versammelt waren, erschien diese, weiß gekleidet und mit allen ihren Juwelen geschmückt. Boissieux stand auf, um ihr entgegen zu.gehen. „Mein Herr," sprach sie mit ruhiger Stimme, „ich bringe Ihnen das zurück, was Sie verloren haben" und mit diesen Worten sank sie, eine Leiche, zusammen. Denselben Abend starb Goran, der sich mit der pünktliche Menschen giebt, daß dieselben sogar ge- Gellebten vergiftet hatte, m den Armen seiner wisse- Minuten für's Schnupfen, für's Federschnei- Mutter. den, für's Beinebaumeln, für's Meditiren u. s. w. festgesetzt haben, so daß es manchmal passiren kann. Humoristisches. daß all' diese edlen Beschäftigungen eine gleiche 3eit wegnehmen, als die zur Arbeit augesetzten und Pünktlichkeit Zett (welche?). bestimmten Stunden. Abgesehen jedoch von dieser _ (Eingesendet.) Berechnung, welche selbst dem großen Rechenmeister Cs ist doch gewiß eme schöne Sache um di« und Parlamentsredner Sachße Ehre machen wür- verlor: Unter Möpsen, Katzen, Affen, Will den Undank jetz'ger Lassen, Ich vergessen, sie verschmähen, Will mich dreifach glücklich sehen; ", ' Statt zum harten Männcrsinn Neig' ich mich zum Thicrrerch hin, Und wein Mops bleibt ewig treu, Seine Liebe immer neu. Statt daß Andrer Männer brummen, Hör' ich Kätzchens zartes Summen; Statt der Männer Plauderei Halt' ich mir den Papagei. So leb' ich in Ruh' und. Frieden, Bon den Männern abgeschieden. So ohngefähr möchte das' Trost- und Trotzlied einer alten Jungfer klingen, und es kann sich auch Jedermann versichert halten, daß sie ihre Lieblings- thierchen, in deren Dasein ihre ganze Welt begra ben liegt, gewiß pünktlicher hätschelt, füttert und pflegt, als sie es mit einem Manne gethan haben würde. Unter den pünktlichen Leuten der Männer welt nannte ich schon vorhin die Comptoiristen, Beamten und Schreiber, unter denen es oft so