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60 — d«, giebt eS auch außerdem noch Leute, welche diese Pünktlichkeitsmaxime in sehr vergrößertem Maßstabe beim Essen anwendbar finden, und hier eine volle Stunde mit Zähnen, Händen- Kinnladen und Zunge unermüdlich arbeiten — oft ihr ganzes Tagewerk — und dabei so gut gedeihen, als wärm sie leib haftige Nachfolger des so wohlgenährten Abtes von St. Gallen. — Obwohl sich diesem Artikel von Püklktlichkeits- menschen eine gewisse interessante Seite (die Speck seite) nicht absprechen läßt, so kommt mir doch die Pünktlichkeit eines beklagenswerthen Ehemannes noch humoristischer und merkwürdiger vor. Mit der Minute, bis zu welcher er Urlaub hat, verläßt er die Kneipe, um zu Hause von seiner Ehehälfte Vorlesungen über die Naturgeschichte der Kalbfelle, aus denen man Pantoffel sabricirt, anzuhören; ängstlich' lauscht der arme Mann immer dem Schlage der Uhr- um ja keine Minute eher zu seinem Plag geiste zu gelangen, aber auch keine Minute später, wo er —die Thür verschlossen findet. Bei der artigen Hausherren sind Hausschlüssel eine eben so seltne Waare, als — liberale Ideen bei Ministern. Es giebt auch Personen, bei denen wir beinahe die Pünktlichkeit verabscheuen, und die doch immer ganz verteufelt pünktlich sind, d. i.: die Manichäer, die wir wieder bestellt, die Wochenbettler, wenn wir Viel zu thun, die Abgabenerheber, wenn wir kein Geld, die Postillons, welche vor unsern Au gen davonfahren, und wir den Postschein in den Händen mit langer Nase Nachsehen, die Postbe amten, welche sich streng und pünktlich an den Buchstaben des Gesetzes halten, um ja keinem Menschen einen Gefallen zu thun. Andrerseits giebt es aber auch wieder Leute, denen wir erst Pünktlichkeit vom Himmel herab erflehen möchten, als da sind: den Schneidern, welche uns erst zehn mal belügen, ehe sie den Rock bringen; den Wir- then, wenn wir Durst, und den Pumpiors, wenn wir kein Moos haben; den Barbieren, wenn wir zur Kirche oder zum Balle gehen wollen; den Brief trägern, wenn wir Geld mit der Post erwarten rc. Wir mögen die Pünktlichkeit immer herum- und hinumwenden, es bleibt doch eine schöne Sache damit, und wenn ich für meinen Theil für Je manden Pünktlichkeit erflehen sollte, so geschähe dieß jetzt ganz gewiß für unsere Rathhausuhr, welche einzig und allein daran Schuld ist, daß man seit einiger Zeit in Frankenberg gar nicht mehr so pünktlich ist, als sonst, (Andre wollen es fälsch licher Weise auf die schlechte Zeit wälzen,) denn dieselbe schämt sich seit einiger Zeit nicht einmal mehr, die ganze Stadt um halbe Stunden zu be lügen, um wie viel verzeihlicher ist es nicht, wenn uns (als einzelne Person) ein böser Kundmann um ein halbes Jahr belügt? — Zwar ist es oft Ge brauch, daß zur Unterhaltung einige Unwahrheiten erzählt werden, für welchen geistreichen Einfall wir unsrer Rathhausuhr eigentlich danken sollten, doch können solche Einfälle zu sehr unangenehmen Miß verständnissen führen, so daß durchreisende Fremde wohl sagen könnten, wir wüßten nicht einmal, wie wir in der Zeit lebten, oder: wir wüßten niemals, wie viel es geschlagen hätte. Wie sonderbar kam neulich es einem komwis vo^ugour vor, welcher Schlag 11 Uhr in Chemnitz abgefahren und nach dem er schon 5 Minuten in Frankenberg verweilt hatte, es hier erst 11 Uhr schlagen Hötte!!! —, Auch das Herz unsrer Lhurmuhr hat, leider! schon längst aufgehört zu schlagen, und man kann sich nur der sanguinischen Hoffnung hingeben, daß vielleicht einmal ein Arzt auferstehen wird (in dec einfachen Gestalt eines Uhrmachers,) welcher den entflohnen Geist derselben wieder herauf beschwört. Gott gebe ihr nur dann eine feste Gesundheit, denn wenn die Uhren krank werden, haben sie einen eben so ünsichern Pulsschlag als die Menschen, und wozu das führen >und welche Schlüsse dieß veranlassen kann, erfahren wir jetzt im ganzen Umfange; viel leicht kehrt dann mit den sichern, taktvoll-gewich tigen Schlägen auch die alte Pünktlichkeit der un ten wogenden, schaffenden, handelnden, fabrici- renden und jetzt vorzüglich lamentirenden Menge, und eine erfreulichere bessere Zeit wieder! — G c m e i n n ü tz i g e s. Weit kräftigeres und um einKünftheil er giebigeres Brod zu erhalten, als auf die gewöhnliche Art geschieht. Daß schwarzes Mehl kräftigeres Brod liefett, als weißes, ist allgemein bekannt. Die Ursache der stärkeren Kraft liegt in der Kleie, welche dem schwarzen Mehle beigemischt ist. Die Kleie des Getraides enthält nämlich ein Oel, welches die Nervendes Magens und mit diesen.die Nerven des ganzen Körpers in größere Lebensthätigkeit zu setzen vermag. Wem das schwarze Brod wegen seiner Farbe und gröberen Masse nicht behagt, der kann dem weißen die Kraft deS schwarzen dadllrch ertheilen, daß er zum Einmengen, anstatt des