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418 Stahl und Eisen. Referate und kleinere Mitteilungen. 28. Jahrg. Nr. 12. bedeutungsvollen Vortrages des Hrn. Lasius. Er hat uns einen Ueberblick über die geschichtliche Entwick lung des Kunstgusses gegeben, die uns recht viel Neues und Hochinteressantes gebracht hat. Sie haben bereits dem Herrn Vortragenden gegenüber durch Ihren lebhaften Beifall Ihrer Anerkennung Ausdruck verliehen; es erübrigt mir daher nur, dies hiermit ausdrücklich zu konstatieren. — Da mit diesem Vortrag die Tagesordnung er schöpft war, schloß der Vorsitzende die Versammlung. 0. V. Iron and Steel Institute. Wie bereits kurz gemeldet, findet die Frühjahrs versammlung am 14. und 15. Mai in London, die Herbstversammlung vom 28. September bis 1. Ok tober in Middlesbrough statt. Das Institute war zuletzt im Jahre 1883 in letzterer Stadt versammelt, und werden diesmal besondere Vor bereitungen zu einem glänzenden Empfang getroffen, da der jetzige Präsident, Hugh Bell, in der Nähe von Middlesbrough wohnt. Referate und kleinere Mitteilungen. Umschau im In- und Ausland. Oesterreich. Bei dem Reichtum Böhmens an Eisenerzen* ist es kein Wunder, daß die Anfänge der böhmischen Eisengewinnung sich weit in die prähistorische Zeit zurück verfolgen lassen. Aeußerst primitive Oefen, welche sich durch die in ihrem Innern und in ihrer Umgebung vorge fundenen Eisenschlacken, Kohlen- und Erzreste als vorgeschichtliche Eisenschmelzöfen zu erkennen geben, wurden in Gesellschaft prähistorischer Bronzegegen stände und Topfscherben als Ueberreste der damaligen Eisengewinnung an vielen Orten in Böhmen ausge graben. Dr. Ad alb. Wrany zählt in seiner „Ge schichte der Chemie und der auf chemischer Grund lage beruhenden Betriebe in Böhmen“ ** folgende Funde auf: Zu Bubenc und Nusle, in der Prager Sporner- oder Nerudagasse, in Slup, Koi, Bezno un weit Jungbunzlau, in Wiklitz im Karbitzer Bezirke, Roztok bei Prag, auf dem Svakov bei Sobeslau, in Liebshausen, bei Bydov u. a. O. Die betreffenden Schmelzöfen waren elliptisch oder birnförmig; sie besaßen 50 bis 120 cm Höhe bei 40 bis 80 cm Weite und wurden oft gruppenweise angetroffen. So in Bubenc 4, in Nusle und Slup 2, in Koi 15 usw. Am besten erhalten waren die Oefen von Bubenc und Nusle. Ihre Eigentümlichkeit bestand darin, daß sie mit 30 bis 50 cm hohen und 15 bis 22 cm weiten Schächten versehen waren. An einem der Oefen konnte an der Seite eine breite Oeff- nung nachgewiesen werden, welche zugleich die Wind zuführung, den Schlackenabfluß und das Herausnehmen des Schmelzproduktes (Wolf) ermöglichen sollte. Dieser prähistorische Ofen bildete daher wohl den Uebergang zu den sogenannten Stück- oder Wolfsöfen oder Blau öfen,*** welche etwa im 8. Jahrhundert aufkamen und aus Steiermark nach Böhmen verpflanzt sein sollen. Reste solcher Wolfsöfen sind auf verschiede nen Fundorten reicher Eisenerze in Böhmen noch heute anzutreffen, so bei Nischburg, Krun Hora, Althütten, Hyskow, ferner an vielen Orten der Herrschaft Zbirov, und fast im ganzen silurischen Teile Mittelböhmens finden sich alte, von solchen Wolfeöfen herrührende Schlackenfelder. + * Vergl. „Jahrbuch für das Eisenhüttenwesen“, III. Band, S. 193 bis 196. * * Prag 1902. Verlag von Fr. ivn. 8. 115 u. ff. * ** Aus der steirischen Bezeichnung Plaaöfen = Blaseöfen entstanden. f Noch 1637 wurde bei Rokycan ein solcher Wolfs ofen erbaut. Während bei diesen Schmelzöfen ursprüng lich Hand- oder Tretbälge in Gebrauch waren, kamen im 14. Jahrhundert mit Wasserkraft betriebene Gebläse in Anwendung. In Strasic (Zbirover Herrschaft) war eine Eisenhütte mit Wasserbetrieb bereits in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts vorhanden, und auch der Schmelzofen zu Karlshütte scheint schon ein Gebläse ofen gewesen zu sein. Die ersten geschichtlichen Nachrichten über den Eisenerzbergbau und die Eisenerzeugung betreffen das mittelböhmische Silurbecken. Die ältesten Eisen gruben und Schmelzwerke lagen bei Zdechovic. Wahrscheinlich ist hier Zdechovic bei Beraun — das heutige Zduchovic — gemeint, obwohl in der Nähe von Zdechovic bei Caslau ebenfalls sehr alte Eisen steinbergbaue betrieben wurden, in welche Hajek die ersten Anfänge des böhmischen Eisenhüttengewerbes verlegt,* ferner bei Horovic, Komarov und Svata. Komoravium wird bereits im Jahre 596 als eines der ersten Eisenwerke von Pubitschka erwähnt,** und von den Eisenwerken in Niibor (Nischburg) spricht der Chronist Hajek beim Jahre 776. Ebenso gehören die Hüttenwerke zu Holoubkau bei Zbirov und bei Klabawa in der Nähe von Rokycan der Urzeit Böhmens an. Bei dem Dorfe Hyskow nächst Alt hütten*** werden im 8. Jahrhundert Eisengruben und Schmelzen erwähnt, und in Krun Hora bei Neu- Joachimsthal, woselbst viele alte Pingen und Halden und die Spuren von sogenannten Wolfsöfen aufgefun den wurden, datiert die Eisengewinnung aus dem 9. Jahrhundert. Die Eisenschmelze zu Karlshütte bei Beraun wurde im 14. Jahrhundert betrieben, und 1350 erteilte Karl IV. dem Kloster Tepl die Bergfreiheit, auf dem Eisenbergwerke zu Lichtenstadt • Hammer und Pochwerke zu errichten. Auch bei den Eisen- gruben am Chrbinaberge und bei Libecov fanden sich Ueberreste sehr alter Eisenhüttenbetriebe, und im östlichen Böhmen geben alte verlassene Schmelzhütten bei Dobrey und Skuhrov unweit Neu-Aujezd Zeugnis von der einstigen Verwertung der dortigen Erze. Im Erzgebirge, wo sich der Eisensteinbergbau und Schmelz hüttenbetrieb im 16. Jahrhundert aus früher bestan denen Silberbergbauen entwickelte, beweisen zahlreich vorhandene Schlackenhalden an der sächsischen Grenze, welche von alten Rennfeuern herrühren, daß auch in diesen Gegenden der Eisenhüttenbetrieb schon in frühen Zeiten geführt wurde. Daß außerdem noch viele Eisensteingruben seit Jahrhunderten bestanden, ist bekannt und dürften auch bei diesen Schmelz werke in Betrieb gewesen sein; die meisten anderen Eisenwerke sind jedoch neuerer Entstehung. In Böhmen fällt der allmähliche Uebergang vom Stückofen- zum Hochofenbetrieb in das 16. Jahrhundert. So gab es schon damals bei Hyskow Hochöfen und Hämmer. Im Jahre 1643 kam ein Hochofen bei Rokycan unter Jos. Letnansky als Schichtmeister in Betrieb ; ebenfalls um die Mitte des 17. Jahrhunderts wurden auf der Zbirover Herrschaft Hochöfen in Straäic und St. Benigna erwähnt. 1690 wurde ein Hochofen in Klabava erbaut. Daß übrigens die Eisengewinnung im 16. Jahr hundert in Böhmen noch eine sehr mäßige war, be- * Gegenwärtig befinden sich in der Nähe die beiden Eisenwerke Hedwigsthal und Hammerstadt. ** Francisci Pubitschka: „Chronologische Ge schichte Böhmens“, Prag 1770, I. Teil, 8. 216. *** Vergl. „Stahl und Eisen“ 1907 Nr. 48 8. 1735.