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DRESDNER O PHILHARMONIE Sinfonie Nr. 6 F-Dur Zur Musik Der I.Satz trägt die Überschrift „Erwachen heite rer Gefühle bei der Ankunft auf dem Lande“. Das liedhafte Einleitungsmotiv (der ersten Violinen), eine Art Themenkopf, wird bereits im 4. Takt durch eine Fermate aufgehalten und bringt da mit - wie bei einem Blick durchs Schlüsselloch - den Hörer in eine freudige Erwartung. Und wirk lich, durch diesen Kunstgriff eröffnet der Kompo nist ein munteres Treiben verschiedener Motive, die sich zwar alle aus diesem ersten Grund gedanken ableiten lassen, aber immer wieder neu j ausgeformt, in neuem Licht erscheinen. Dieses tragende 1. Motiv entwickelt sich über eine an mutige Nebenmelodie allmählich zum eigentli chen Hauptthema, hervorgegangen aus einem kroatischen Reigenlied („Sirvonja“), das Beetho ven bei seinen zahlreichen Landausflügen aufge fangen hatte. Die Tendenz zu ständiger Wieder holung ist auch dem Seitenthema eigen. Nicht die Kontraste (wie bei der klassischen Sinfonie gefor dert), wenn auch gelegentlich kräftige Schat tierungen von Forte und Piano eingestreut sind, sondern schwärmerisches Ausbreiten von freudi gen Gemütsbewegungen tragen den Satz, An- mutigkeit anstatt Kampf. In der Durchführung wird der heiter-gelöste, pastoral anmutende Cha rakter des Satzes ohne dramatische Kompli kationen weiter ausgesponnen - bis dann als | Höhepunkt das volle Orchester jubelnd das Hauptthema aufgreift. Im Schlußteil, der Coda, entfaltet sich ein kleines, heiteres Duett zwischen den Klarinetten und den Flöten, bevor sich schließlich das Hauptthema (in Violinen und Flöten), gen Himmel zerflatternd, auflöst. Nach kräftiger Schlußkadenz des gesamten Orchesters verbleibt ein kleiner Hauch von Wehmut im Raume, gleichsam die Erinnerung an einen schö nen Frühsommertag. 1. Satz Allegro ma non troppo 2/4-Takt, F-Dur Johann Friedrich Reichardt, Komponist und Musikschriftsteller, berichtete im Rahmen seiner Reise nach Wien vom Ereignis der Urauf führung der 5. und 6. Sinfonie, die er in der Loge des Fürsten Lobkowitz erlebte: „Wir haben denn auch in der bittersten Kälte von halb sieben bis halb elf ausgehalten und die Erfahrung bewährt gefunden, daß man auch des Guten - und mehr noch, des Starken - leicht zuviel haben kann ... Der arme Beethoven ... hatte bei der Veranstal tung und Ausführung manchen großen Widerstand und nur schwache Unterstüt zung gefunden. Sänger und Orchester waren aus sehr heterogenen Teilen zusammenge setzt, und es war nicht einmal von allen auf zuführenden Stücken, die alle voll der größ ten Schwierigkeiten waren, eine ganze Probe zu veranstalten möglich geworden." 13