Volltext Seite (XML)
hilfreiche Unterstützung bieten könnte. So schaffte es Bach, wenn auch mit viel Mühe, nach einer immerhin dreijährigen Wartezeit ein Dekret (vom 19. November 1736) vom Dresdner Hof zu erhalten, das ihm das „Prae- dicat als Compositeur bey Dero HofCapelle“ zuerkannte, „... umb seiner guten Geschick lichkeit willen“ sowie „wegen seiner großen Annehmlichkeit aufm Clavier, und besonde rer Geschicklichkeit in Componiren“. Und so betrachtet, war es auch nicht ver wunderlich, daß man seinerzeit Bach das Tho- maskantorat in Leipzig erst angeboten hatte, als bereits andere Musiker - vermutlich weit aus berühmtere, wie Telemann, Fasch und Graupner - nicht zu gewinnen waren. Immer hin geht aus den Leipziger Ratsprotokollen hervor, daß Bachs Ernennung in Leipzig eher einer Verlegenheitslösung gleichkam. Die Leip ziger Honoratioren sind deshalb von der Nachwelt wegen ihres Philistertums mit Spott bedacht worden. Diese Sichtweise mag nicht ganz gerecht sein, denn der Mann, der nun mehr berufen wurde, galt zwar als ein her ausragender Orgelvirtuose und kenntnisreicher Orgelsachverständiger, doch in ihm den pro fundesten und genialsten Komponisten seiner Zeit sehen zu können, hatten die Leipziger Herren wirklich keine Möglichkeit. Man suchte ja schließlich auch nur nach einem Kantor, der neben seinen erzieherischen Pflichten Kom positionen für den kirchlichen Gebrauch zu liefern hatte. Ob da wirklich solche hohen Ansprüche gestellt wurden, wie wir gern ver muten, Ansprüche, die über das Leistungsni veau eines gut ausgebildeten Stadtmusikers hinaus gingen? Bach übernahm das kirchliche Amt in Leipzig, obwohl er selbst eher einen beruflichen und sozialen Abstieg darin zu erkennen glaubte. Immerhin war er in dieser Zeit Hofkapell-