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95 schnür unserer Lhaten zu machen. Ihr seid Bürger der Stadt, in welcher in alten Zeiten das Wort der Reformatoren treue Herzen und frohen Muth gefunden. Wir sind sicher, daß auch Diejenigen, die sich uns jetzt noch nicht anschließen, verstehen werden, was uns bewegt. Bittet Gott, daß er uw scrm Worte Gedeihen gebe! Neujahr 1846. Königsberg." Außerdem erscheint von llr. Rupp nächsten? ein offene? Sendschrei ben an die evangelische Gemeinde, daö die Aufmerksamkeit Deutschlands zu erregen nicht verfehlen wird. Bon Wichtigkeit für das Gedeihen der jungen Gemeinde ist cs in diesen Tagen geworden, daß der Prediger der französifch-rrformirten Kirche, vr. Detroit, am NeujahrStagc entschieden von der Kanzel herab die Verwerfung der Symbole proclamirtc und öf fentlich den Grundsätzen des l),-. Rupp im Angesicht seiner Gemeinde sich anfchloß. Heute predigte l)o. Detroit bei voller Kirche ähnliche ratio nalistische Ansichten, nachdem er vorher seinen Schritt mit Uebcremstim- mung der Gcmcindeältestcn dem Oberpräsidenicn bekannt gemacht hatte. Von andern Geistlichen hört man, daß sie ihre Entlassung cingercicht haben. Die Gemüther sind in großer Aufregung, und wer weiß, was noch zu erwarten steht. f Erkürt, 7. Jan. Der -26. Jahresbericht des hier bestehenden Mar tinsstiftes gibt wieder cineRcihe schöner Beweise des frommen, mild- thätigen Sinnes und der segensreichen Erfolge wahrhaften Gottvertraucns. Diesmal ist cS vornehmlich das durch die wohlwollende Fürsorge des Kö nigs in die ursprünglichen Ansprüche weit übertreffender Weise geförderte Bauwerk, was den trefflichen, sich ganz seiner edlen Sache hingehenden, mit dem Sinn eines Francke nur für sie lebenden und nur auf Gottes Gnade sic stützenden Vorstehers Neinthalcr mit Dank und Freude erfüllt und worüber er WohlthuendeS berichtet. Die Theilnahmc des frommen Königs, die milden Gaben edler Freunde Gottes und der Menschen, die wohlwollende Fürsorge örtlicher Behörden, das Aufblühen der Lulhcrs- cnkcl, die großen Verdienste um die tüchtige und zweckmäßige Pflege und Erziehung so vieler armen Kinder zu guten Christen ^und auch deshalb zu guten Menschen und nützlichen Staatsbürgern, der wegen Gottes, der sichtbar auf dem ohne Prunk und Selbstsucht, in Glauben und Liebe be gonnenen und geführten Werke ruht, das sind freundliche Lichtpunkte m der anspruchslosen Erzählung, die aber auch den Tod der wackcrn Lebens gefährtin deS Vorstehers in treuer, kindlicher Gottcrgcbung berichtet und auch aus ihm und seinen Umständen neue Stützen des gläubigen Ver trauens und der Verehrung der himmlischen Rathschlüssc zu gewinnen weiß. Mag Mancher über die Beziehungen, die der Berichterstatter zwi schen den Schicksalen seiner Anstalt und den wichtigsten Tagen in Luthcr'S Leben zu finden weiß, trotz des Frappanten, wäs sie thcilwcisc haben, lächeln, cs ist doch in diesem Glauben etwas Edleres und Höheres als in aller Weisheit der Spötter, und die ganze Schrift gibt den Beweis, daß dieser Glaube voll schaffender Kraft, daß er voll der Liebe ist und des Segens. — Nach der Zeitung für Preußen hat der König bestimmt, daß die Dotation derjenigen Pfarrstcllen landesherrlichen Patronats, mit wcl chen ein geringeres Dienstcinkommen als 400 Thlr. verbunden ist, bis zu diesem Betrage verbessert werde. — Am 4. Jan. weihte die deutsch-katholische Gemeinde zu Brandenburg, aus 30 selbständigen Mitgliedern bestehend, ihr Got teshaus, die ikr von der Stadtgemeinde überlassene alle Nikoläikirche, an die sie den Prediger AhrnSdorf berufen hat, feierlich ein. — Ditz Triersche Zeitung berichtet, daß Bischof Arnoldi am er sten Weihnachtsfcicrtage in seiner Predigt gesagt habe, es sei Nicht; nur unrecht und sündhaft, sic zu lesen, sondern auch unerlaubt, ihr durch Abon- niren dir Mittel zur ferner» Existenz zu verschaffen. v v Desterireich. S ÄUS Oesterreich, 6. Jan. Ein wiener Corrcspondent der Sion spricht bei Gelegenheit seines Berichts über die Anwesenheit des breö- lauer Bischofs am kaiserlichen Hose große Schmähungen über den re ligiösen Zustand der wiener Bevölkerung aus, welche nicht unwiderlegt bleiben dürfen, da sie ungerecht, wenigstens in ihrer Allge meinheit übertrieben sind. Es heißt dort, in Wien wie überhaupt in Oesterreich sei im Vergleiche mit Preußen Alles ruhig, „bis auf den vornchnren Pöbel, der, wie überall, voll religiöser Ignoranz, in großspre cherischer Indifferenz sein fades Urthcil auch über die Deutschhcit der Katholiken abgcbcn will". Dieser „vornehme Pöbel" umfaßt in Wien aber dir wahrhaft Gebildeten unter den hohen Ständen und den beiwci- tem größten Theil VeS Bürger - oder Mittelstandes. Von dem Jofephi- nischen Geiste noch beseelt, bekannt mit der Bildung unscrs Zeitalters, Zeuge der Anstrengungen der jesuitischen Partei, um die Generation un serer Tage ins 16. Jahrhundert zurückzuführen, ist der denkende Theil der wiener Bevölkerung den ultramontanen Ideen feind. Daß er deshalb den religiösen Ideen sich nicht entfremdet, beweist, daß die protestantischen Kirchen Wiens stets von Katholiken überfüllt sind. Dieser „vornehme Pöbel" kann doch unmöglich „indifferent" in der Religion sein, denn sonst würdc cr doch die protestantischen Kirchen nicht besuchen. Daß er sie besucht, beweist feine Thcilnahmc an der Religion, aber an der des Evangeliums, nicht an der Loyola'S. Diese aufgeklärte Religiosität der Oesterreichcr, wenn sie sich auch äußerlich maniscstirt, hindert die nichts weniger als römisch orgamsirtc österreichische Regierung nicht, und eS ist eine Beleidigung derselben, wenn jener Sionscorrespondcnt meint, ein fache Polizeimaßregcln genügten, um sic im Zaume zu halten. Wir lc den hier nicht in China, wo der Bambus Alles in Ruhe erhält. Die aufgeklärte unrömische Religiosität findet in Oesterreich noch ihren Schutz. Was übrigens jener Artikel über die Conferenzcn des brcslaucr Bischofs trnburg: Generalsuprrintcndent vr. Fritsche; 16) Mecklenburg-Sttclitz: geh. Justizrath Ur. Weber; <7) Anhalt Dessau: Regierungs und Con- sistmuälrath Mohs) 18) Ashalt-Bernbura: Lnndessuperintenoent und Con- sistsnalrath 0r. Walther; 19) Anhalt-Kotben: Consistorialrath Hartmann; Ä») Schwarzburg-Rudolstadt und 24) Schwarrburg-Sondershausm . Ca binetSrath Pietzker; sr) Waldeck-Pyrmont: geh. Justizrath v. Stockhau sen und Consistorialrath Steinmetz; 23) Reuß älterer Linie: Regierungs und Consistorialrath Henning; 24) Reuß jüngerer Linie: Kanzler und Confistorialpräfident Uo. v. Bretschneider; 26) Schaumburg-Lippe: Hof- predigcr Begemann und Archivrath Strauß; 26) Lippe: Gcncralsupcrin- tcndcnt Althaus. -t-Berlin, 8. Jan. Dem Vernehmen nach haben wir in den näch sten Jahren nicht allein die Errichtung eines so lange gewünschten Con- scroatoriumS für Musik zu erwarten, sondern auch den 'Bau eines neuen Opernhauses. Nach der Vollendung des Ausbaues des abgebrann ten Opernhauses, dem man gern seine ursprüngliche Form lassen wollte, fand man, daß dessen Raum doch nicht mehr recht den Ansprüchen der heutigen Theaterwelt genügt, und soll nun diesem Mängel durch den Aufbau eines ganz neuen umfangreichem Hauses auf dem Dönhofsplatz abgeholscn werden. Es sollen dem Könige bereits die fertigen Pläne und Riffe des Gebäudes selbst zur Begutachtung vorliegen sowie ein Plan der hierbei nöthig werdenden Erweiterungen des Platzes und der durch die erfoderte Verlegung des Wochenmarkts bedingten Umänderun gen in den Häufcrmaffen der Umgebung. In einer der letzten Stadtverordnetenversammlungen wurde beschlos sen, bis zum Jahr 1818 wo möglich die ganze Stadt mit Granit bahnen zu versehen. Im Jahr 1836 hatte man zuerst mit einer Trot- toirlcgung begonnen, und cs sind von jenem Jahr an bis zu Ende des eben zurückgclegtcn, also in zehn Jahren, bereits etwa 266,ooo Fuß Trottoirs gelegt worden. Dieselben wurden von den Hausbesitzern theils in Folge-polizeilicher Auffodcrung und theils aus eignem Antriebe ge legt, in beiden Fallen aber hatten sie das Recht, auf Hülfsgcldrr von Seiten der Commun Anspruch zu machen, was letztere bis jetzt durch die Hundesteuer ermöglichte. Diese Steuer wuchs mit jedem Jahr, und daß verwichenc Finanzjahr hatte sie bis auf etwa 16,ooo Thlr, steigen sehen. Es sind bis jetzt über io«,ooo Thlr. für Trottoirlcgung ver ausgabt worben, und es dürfte noch eine größere Summe erfödcrlich sein, den übrigen Theil der Stadt mit denselben Bahnen zu versehens da die der Trottoirs noch meistens ermangelnden Straßen wol die größere Hälfte der Residenz ansmachen. Es leuchtet ein, daß der Magistrat neben Ler Hundesteuer noch manche andere Einnahme diesem Unternehmen wird zuwcnden müssen, wenn anders binnen genannter Frist die ganze Stadt von einem Granitbahnnctzc durchzogen sein soll. * Königsberg., 4. Jan. Ich beeile mich, Ihnen anzuzcigcn, daß seit dem Beginne dieses Jahres die verschiedenen Kreise, in denen sich in den letzten Wochen Anfänge und augenscheinliche Ansätze zu einem neuen Protestantismus gebildet hatten, ihren wakren Mittelpunkt und Anhalt in der Person des abgcsetztcn Divisionspredigers tu. Rupp selbst gefunden haben, der sich nun offen an die Spitze der evangelisch- kirchlichen Bewegung gestellt hat. Es hatte allerdings, wie ich schon ge meldet, seine Nichtigkeit, daß I),. Rupp den Rccurs an das Ministerium nehmen wollte, ja cs ist gewiß, daß cr ihn bereits beim hiesigen Consisto- rium innerhalb zehn Tage nach der Publikation des Erkenntnisses angc- meldet hat. Als aber wiederholentlich an ihn die Anfoderung seiner ober» Kirchenbehördc zum förmlichen Widerruf erging, als nicht nur die 18 evangelischen Geistlichen, die sich für ihn bei jener Behörde verwendet hatten, ausdrücklich ihn zu diesem Widerrufe zu bewegen durch einen Consistorialbescheid (Nr. s) beauftragt wurden, sondern auch Abgeordnete in ihn drangen, der geschmähten Kirche Gcnugthumrg zu verschaffen, La sah cr sich endlich im offenen Widerstreite mit dem Consistorium bc- griffen, von dein er zwar mit schwerem Herzen, aber mit der vollsten Ue- oerzcugung eines auch von den Gegnern hochgeachteten Mannes sich für immer trennen mußte. Di-, Rupp — das ist thatsächlich — hat den Rc- curß nun entschieden abgrlehnt und tritt als eigentlicher Stifter der neuen protestantischen Gemeinde in Königsberg auf. Zu diesem Ende hat er am 2. Jan. die Vorsteher der bis dahin in kleinern Gesellschaften ver sammelt gewesenen Mitglieder einer neu sich constituirendcn Kirche zu sich cingeladen und Alle, unter denen auch Deputirte der reformieren Gc meindcn, dahin vereinigt, daß sie folgendes von ihm selbst verfaßtes Be kenntniß einstimmig annahmen und dasselbe unterschrieben: „Im Namen Gottes, der den Menschen zur Wahrheit Kraft und Aiuth verliehen, und im Namen Jesu, der den Menschen die Offenbarung der ewi gen Liebe brachte! Glaubcnsbrüder und Mitbürger! Wir gehören der Kirche des Esnflstvriums nicht Mehr an, weil es durch die Symbole hindern will, daß da» Wort Gottes frei gepredigt werde. Wir sind entschlossen, das hei lige Erbe der Reformation uns zu bewahren; darum sind wir zusammen- getreten zu einer freien evangelischen Gemeinde, welche die Sym bole als Zeugnisse von dem Glaubensleben und den Glaubensthaten der Vor fahren ehrt, aber nur Ein Gesetz kennt, das Wort Gottes in der heiligen Schrift, und darum auch Jeden, der auf Grund des ewigen Gottcswortcs gegen die Lehre der Symbole predigt, als den Ihrigen anerkennt. Unsere Gemeinde ist zusammengetretc» in dem Glauben Jesu, daß Gott den Men schen der Vater der Liebe ist, uni nach dem Willen Jesu Gott im Geist und in der Wahrheit anzubctcn, das heißt, das Gesetz der Bruderliebe zu erfül len. k>r. Rupp hat diese Grundsätze vor Gott und der Welt bekannt; cr ist unser Prediger; an ihn wendet sich ein Jeder, der sich unserer Gemeinde anschließt. Freunde und Mitbürger! entziehet uns euer Vertrauen nicht; wir sind dem Rufe des Ewigen gefolgt, indem wir uns entschlossen, die Ge danken, welche auch den Meisten von euch theuer sind, endlich zur Richt-