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eher auf unbestimmte Zeit, auch »wischen den Reichstagen, fortdauern und in allen ihm von den ReichSständen zur Behandlung aufgrtragrnen Ge- sehfragen die volle Macht der Reichsstände besitzen würde. Eigentlich, heißt es, sollte dieser Ausschuß nur die Revision de» neuen Gesetzvorschlags »um Zwecke haben, welcher ohne ein solches Comite niemals zu Stande kommen werde, aber eine solche Beschränkung findet sich in dem übrigen» verworrenen und schleckt redigirten Borschlage nickt ausgcdrückt, und mit Recht befürchteten die Royalisten, daß der eigentliche Zweck wäre, perma nente Reichstage cinzuleiten. Für den Vorschlag sprachen zwei Staats- räthe, in Folge dessen die Zeitungen versicherten, daß der König einen solchen Ausschuß für die Bearbeitung des neuen Gesetzes wünscht. Nichts destoweniger verwarf der Adel den Vorschlag; unter den Sprechern be fanden sich der Kammcvherr Graf Gyllenstolpe und der Landeshauptmann Prinhenschiöld nebst vielen Andern, welche bei den vorigen Reichstagen von der Oppositionspresse als blinde, servile Werkzeuge des Absolutismus ver rufen und verketzert worden, während jetzt dieselben Blätter, die sich bei nahe in Hofzeitungcn verwandelt haben, ihnen vorwerfen, wie unanstän dig und unschicklich cs sei, daß sie als hohe Beamte dem königlichen Wil len entgegcnstimmlen. Dabei kam der Fall vor, daß Graf Gyllenstolpe bei einer kurz danach cintrelenden Cabinctskammerherrenpromotion übergan gen wurde, wicwol er der älteste Kammerhcrr war, und daß der Landeshaupt mann Prinhenschiöld unmittelbar danach von seinem Amt enthoben wurde, als Strafe, glaubt man, seiner politischen Meinung. Als dergleichen einige Mal unter der vorigen Regierung geschah, erhob die Presse dar über ein Zetergeschrei; jetzt lobpreist sie dasselbe Berfahren als eine für jede Regierung nothwcndige und natürliche Maßregel. Doch damit war die Geschichte noch nicht zu Ende. Die Bür ger und die Bauern sandten dem Adel eine Einladung »u, den Wunsch auödrückend, daß der Adel mit Abänderung seines Beschlusses der Ent scheidung der drei andern Stände bcitreten möchte, als die einzige Mög lichkeit, wodurch das Land jemals »um Segen des neuen Gcjetzes ge langen könnte. Darüber sollte der Adel am 2. Oct. entscheiden. Das Aftonblad prophezeite, daß diese Debatte überaus merkwürdig und hitzig werden würde. Als der Tag kam, waren die Galerien der Zuschauer ge drängt voll. Baron Palmstjerna eröffnete die Verhandlung mit der Vor stellung, wie wenig würdig cs dcm Stande wäre, von seinem vorigen Beschlusse abzugehen, zumal keine neuen Gründe dazu vorhanden wären; in derselben Richtung sprach der Präsident Freiherr Cedcrström, und als der Landmarschall fragte, ob das die Meinung des Standes wäre, wurde die Frage cinmüthig und ohne alle Diskussion augenblicklich bejaht, und keine einzige Stimme erhob sich dagegen. Daß die HH. Gyllenstolpe und Printzenschiöld betroffene Schicksal hat also gar nicht die Wirkung ge habt, den Adel cinzuschüchtcrn, sondern vielmehr das Gegcnthcil.. Un mittelbar darauf brachte der Justizrath Strähle eine andere Motion in Anregung, mittels welcher die Prüfung dcS Gesetzvorschlags auf dem nächsten Reichstage auf eine andere Weise zu Stande kommen würde. Um sich zu erklären, wie die Ungnade des Königs solche Männer, die das königliche Prärogativ vertheidigen, treffen könne, muß man wis sen, daß der König fick für den beinahe 30 Jahre lang theilS ruhende», theilS durch besondere Comites umgearbcitetcn Gcsetzvorsthlag sehr intcres- firr, und daß er gleich bei dem Antritt der Regierung ein neues Co mite für diesen Zweck errichtete und den Befehl gab, mit angestreng tem Fleiße zu arbeiten, damit der criminelle Theil den -jetzigen ReichS- ständen zur Prüfung vorgclcgt werden könne. Für das Mal ist diese Hoffnung also vereitelt; auf der andern Seite aber wird der von dem neuen Gesetz erwartete Gewinn von der konservativen Partei als sehr problematisch betrachtet. Mit Ausnahme dieser Fragen ist seit den letzten drei Wochen ein gewisser Stillstand in den Plenarsitzungen der Reichständc cingclrctcn, seit dem alle Motionen an die Ausschüsse remittirt, aber die Gutachten darüber noch nicht fertig sind. Was in den Ausschüssen vorfällt, kennt man nicht so genau; dcm Gerüchte nach fühlen die Mitglieder des StaatöauS- schusscs aus den Bauern und der Bürgerschaft sich von ihrem Enthusias mus für König Oskar gar nicht verhindert, auf die meisten seiner Pro positionen in Betreff der Ausgaben Nein zu votircn. Jetzt, sowie vorher, wollen sie von keinen Zulagen für die Armee und die Flotte reden hören. Wie lange der Reichstag dauern wird, ist noch unbestimmt — we nigstens bis zum nächsten Januar. Die gesetzliche Zeit ist bald vorbei; Einige befürchten, daß die Bauern sodann um keine Prolongation bei dem Könige nachsuchen werden; in diesem Falle wären alle Früchte deß bisherigen Reichstags verloren. Am 10. Oct. werden die beiden ältesten Prinzen in Upsala er wartet, um dort ihre Studien fortzusetzen. Ob sie länger als dieses Se mester dort verweilen werden, scheint noch nicht bestimmt. St«ßla«r ««L Mole«. ch Petersburg, 6. Oct. Die Anwesenheit des Kaisers von Rußland, sowie seines Ministers der auswärtigen Angelegenheiten in England, und die bald darauf erfolgfc Annäherung der Cabinetc von St. James und Pe tersburg haben zu verschiedenen politischen Conjccturcn Veranlassung gegeben. Jeder erklärte Ursache und Wirkung auf eine andere Art, und indem er die Gründe wer weiß wie weit herholte, übersah er den einfachen und klaren Thatbcstand. Frankreich und England, seit mehren Jahren in einer Verbin dung, die beiwcitem mehr durch künstliche und gezwungene als durch natür liche Bande geknüpft, und von der es vorauszuschen war, daß sie nicht lange Stand halten würde, haben sich jetzt merklich durch die Einwirkung verschiedener Umstände von einander entfremdet, und England, von seinem gegen Rußland gefaßten Vorurtheil zurückgekommen, von dessen Rechtlich keit Lord Palmerston schon längst überzeugt war, näherte sich dieser Macht, Macht auSgeübt weiden solle. Daö Ungenügende eines solchen AuskunftS- mittelS braucht gar nicht erst hervoraehobta zu werden. Angenommen, der französische Offizier auf einem englischen Kreuzer erkranke am gelben Fie ber, oder sterbe, oder weigere sich, bei Nacht in einem Ruderboote weit weg zu fahren, um ein verdächtiges Schiff unter französischer Flagge zu durchsuchen, denn wie läßt sich annehmen, daß der französische lDsfizicr mit dcm englischen Befehlshaber und der englischen Bemannung stets übercinstimmen werde? Dies würde nicht ein Mal unter zehn Malen der Fall sein. Ein Gleiches läßt sich von dem englischen Offizier aus einem französischen Kreuzer sagen. Aber wenn auch AlleS zwischen einem fran zösischen Offizier und der Bemannung unsers Kreuzers gut ginge: was hieße das Ganze anders, als unsere Kreuzer gegen den Sklavenhandel zu einer UebungSschule für die französische Flotte zu machen? Die französi schen Offiziere auf unsern Schissen würden sich bald belehren, wenn sie sähen, wie es dort zugehe, und unsere Offiziere auf französischen Kreu zern würden natürlich hcrvorheben, was dort weniger gut sei als bei uns. (Norn. 6kron.) — Ein spanisches Kriegsschiff verfolgte ein Küstenfahrzeug, das ihm wahrscheinlich als ein Schmugglcrschiff erschien. Dabei kam cs in den Bereich von Gibraltar, wo ;edcs Schiff seine Flagge aufzichen muß, that dies aber nicht. Ein Kanonenschuß von den englischen Festungswerken soderte die Befolgung dieser Vorschrift. Das spanische Kriegsschiff ge horchte aber nicht. Ein zweiter Schuß wiederholte das Verlangen ; da aber beide Schüsse aus kleinen Geschützen geschehen waren, so glaubte das spanische Kriegsschiff gegen jede Gefahr gesichert zu sein und zog seine Flagge nicht aus. Nun feuerten die Engländer aber ein größeres Geschütz ab, und dessen Kugel traf so genau, daß das spanische Kriegs schiff in den Grund gebohrt wurde. Ein zufällig in der Nähe befindli ches portugiesisches Fahrzeug rettete glücklicherweise die spanische Bemannung. — Die Morning Post erklärt das Anhalten und Verhaften eines eng lischen Offiziers bei Otahciti jetzt dahin, daß die Franzosen diese Insel in Blockadczustand versetzt hatten, das eben cingetroffene britische Kriegsschiff dies nicht wußte, das Anhalten des Offiziers also aus einem Jrrthum beruhte und durch eine darauf erfolgte Entschuldigung von Sei ten der Franzosen wieder gut gemacht worden sei. — Während des dritten Quartals find die Staatseinkünfte im Vergleich mit demselben Zeitraum im vorigen Jahre abermals bedeutend gestiegen. Diese Zunahme beträgt für die Zölle über 400,000, für das Postwescn etwa 20,000 Psd. Sterl, rc. — Der Franzose, welche vor einiger Zeit wegen einer Schuldfode- rung gegen Ludwig PHilipF auf einen Haftbefehl antlug, diesen aber gegen einen fremden Souverain nicht erhalten konnte, erschien nach Ler Ankunft des Königs der Franzosen jetzt wieder vor dcm Polizeigerichl und büt, seine Dokumente durch die Königin Victoria dcm König Ludwig Philipp vorlegen zu lassen. Er wurde abermals abgewiescn. Frankreich. Paris, 12. Oct. Das Journal des Debats äußert sich mit strengem Tadel über die eigenmächtige Veröffentlichung eines amtlichen Berichts an den Colonial- ministcr, die der Gouverneur Bruat in dcm von ihm auf Otahciti be gründeten lithographirten Journal sich erlaubt habe. (Nr. 200.) — Der Eonstitutionnel hebt hervor, daß dcr Marineminister Admiral Mackau ohne alles Aufsehen durch Rouen nach England gereist sei, wäh rend dagegen der Minister dcr auswärtigen Angelegenheiten, Hr. Gui- zot, in derselben Stadt mit allen Vorsichtsmaßregeln dcr Polizei um ringt wurde. — „Die Fregatten La Charte, L'Uranie, La Reine-Blanche und die Corvetten La Boüssole und L'Embuscade sind nach Frankreich zurückbe rufen", sagt der Constitutionncl. Dies sind die Kriegsschiffe, welche bis her die Insulaner dcr Südsce und namentlich Otahciti bekämpften. — Das Journal L'Orleannais will neuerdings erfahren haben, daß dcr Abbe Dombrowski, welcher früher als Flüchtling in Orleans gelebt habe und dann nach Posen zurückgckehrt sei, bei einem heimlichen Besuch in Polen erkannt, verhaftet und, zu >50 Knutenhiebcn verurthcilt, beim ^47stcn Hiebe gesiorbcn sei. Schwede« und Norwegen. ^ Stockholm, 7. Oct. Der Constitutionsausschuß des letzten Reichs tags hat eine ganze Ladung von Projekten zu Aenderungen in der Consti tution hinterlassen für den Fall, daß, was auch eingctroffcn ist, der neue Re- präsentationsvorfchlag fallen würde. Alle diese meist unbedeutenden Acnde- rungen sind von den Bauern und den Bürgern mit Acclamation, ohne De batte, angenommen, von den beiden obern Ständen aber theils gebilligt, thcils und zwar vom Adel meist verworfen worden. Darunter waren folgende drei von großem Gewicht. In dem Grundgesetze steht: „Der König soll allein das Reich regieren", und nun schlug der Ausschuß vor, das Wort al le in zu streichen, wovon die Folge die gewesen wäre, daß Schweden eine voll kommene Ministerialregierung, wie in England und Frankreich, bekommen hätte. Dcr Adel und die Geistlichkeit vcrwarsen aber den Vorschlag und retteten also das wichtigste dcr königlichen Prärogative. Das zweite Pro jekt war daß, daß die Rcichsstände künftig nicht in jedem fünften, son dern in jedem dritten Jahre zusammenkommcn sollten; und dieser Vor schlag ist wirklich bei allen vier Ständen durchgcgangen und erwartet nur die königl. Sanction, um förmliches Gesetz zu werden. Drittens hatte der genannte Ausschuß den Vorschlag gemacht, daß ein verstärkter, aus 48 Mitgliedern bestehender Gesctzausschuß errichtet werden sollte, wel-