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LL74 auch die Ansprüche in dieser Beziehung stellen möge, sind und hier blo» Körperkraft in die Wagschale legen. Darin liegt das Uebel: daß diese Menschen eine Arbeit verrichten, die nothwendig wegen der unermeßlichen Concurrenz Derer, die zu sol cher Arbeit fähig sind, und wegen ihres a» sich höchst niedersi Wcrthcö und ihres wohlfeilen Kostenpresses auch höchst niedrig im Preise stehen muß. Und Das ist eben die Schattenseite der Fabrikindustrie, daß sie so viele Arbeiter mit Arbeiten beschäftigt, zu denen nur die allercinfachstc Fertigkeit, ohne Kenntniß, ohne Nachdenken und ohne bildenden Einstuß für andere Arbeiten, gehört, und nun diese Tausende mit einigen wenigen Männern von viel höherer, von jenen gar nicht zu übersehender Kraft in eine bloS durch das Lohn vermittelte Verbindung setzt. Da hatte das Handwerk einen ganz andern Charakter (Nr. 232), und ebenso hat der Handel, der Landbau einen andern. Jenen Massen wird nur geholfen werden können, wenn ihre Arbeit wcrthvollcr, ihre Bildung vielseitiger wird, sie auch mit kleinem Besitz mehr anfangen können und ihnen er weiterte Aussichten geboten werden; wenn sich die Arbeiten, zu denen der Mensch nur ungefähr braucht, was er auf die Welt milbringt, vermin dern, dagegen solche, die mehre Geschicklichkeit und Umsicht crfodern, und bei denen Mehre in organischer inniger Verbindung zusammenwirkcn kön nen, vermehren und vervielfachen, und sie zur Benutzung solcher Bahnen geistig und sittlich gebildet und gehoben werden. Man kann recht wohl ausrechnen, daß z. B. die Fabrikindustrie, die aar nicht die ganze Industrie ist, für die sie sich ausgibt, mehr in das Land bringe als der Transitohandel, aber dieser verthcilt es wohlthäti- ger; daß sie mehr Menschen ernähre, aber sie ernährt und erzeugt Pro letarier, jener ernährt und erzeugt wohlkäbigc Bürger, um die sich ein gleichartiges Geschlecht von Kaufleuten, Handwerkern rc. ansetzt und sol chen Gegenden einen Charakter gibt, den man nur mit dem einer Fabrik gegend vergleichen darf, um zu wissen, welcher Betrieb für das Land der größere Segen ist. — Daß die Deutschen ein geduldiges Volk sind, beweisen sie unter Anderm auch dadurch, daß sie sich von ihren Publicisten täglich ohne zu mucksen die Lection lesen lassen. Es klingt recht vornehm, zu sagen: „Das Volk des Gedankens soll ein Volk der That werden." Aber waö ver steht man darunter? War, um ein analoges Beispiel anzuführen, die Hanse nichts als ein thatloser, nur im unendlichen Raume der Ideen schwebender Gedanke? Das deutsche Volk ist, wie schon seine Dampf schiffe, feine Eisenbahnen beweisen, so praktisch wie irgend eins in Eu ropa; seine Thatcn sind so glänzend und geben der deutschen Thatkraft ein so lautes Zeugniß, daß man wirklich sehr gedankenlos sein muß, im mer und immer wieder einen Vorwurf zu wiederholen, der die Deut schen, unser Volk, zu philosophischen, theosophischen und philologischen Schlafmützen macht. Es ist gewiß zu wünschen, daß der deutsche Han del immer mehr aufblühen möge, und wenn wir betrachten, was geschehen ist und was geschieht, so dürfen wir der Erfüllung dieses Wunsches mit Vertrauen entgegensetzen; aber wir würden es doch sehr beklagen, wenn die Deutschen darum aufhörcn wollten, ein denkendes Volk zu sein oder, wie cs in der neuen Sprache heißt, ein Volk des Gedankens. Es könnte in Deutschland allerdings gar Vieles, ja das Meiste, in den Kanzleien wie in den Studirzimmern, ungeschrieben bleiben, aber darum ist jener grandiose Satz: „Ein Handelnder wiegt Tausende von Schreibern und Besprechern aus," doch nur klingender Unsinn. (Rhein. B.) * Samberg, 15. Oct. Bei der Nachricht von dem vor kurzem erfolg ten Tode des Obcrappellationsraths vr. Mchn erinnerten sich viele Leser, daß er in der demagogischen Periode den strengsten Eifer gegen Unglück liche und Verblendete an den Tag gelegt hat. — So sehr die zunehmen den Feste der Vereine auch in Baiern gerühmt werden, so steht doch Ler Aufwand der städtischen Behörden mit den errungenen Äortheilcn in keinem Verhältnisse, seitdem jede Stadt die andere an Aufwand zu über treffen sucht. *AuS dem Mecklenburgischen, 13. Oct. Die im Landtags ausschreiben zu dem diesjährigen am 14. Nov. zu Malchin zu eröffnen den Landtage enthaltenen landesherrlichen Propositionen, welche bereits bekannt sind (Nr. 283), erstrecken sich sammt und sonders über wichtige Gegenstände, entsprechen jedoch den allgemeinen Erwartungen nicht. Un sere Rechtspflege ist zu sehr hinter den Federungen der Zeit zurückgeblie ben, als daß sic von der Gesetzgebung hätte aus den Augen gelassen werden sollen. Gleichwie auf dem gegenwärtigen Landtage zu Koburg, hätte auch auf unserm Landtage die Annahme eines von den in andern deutschen Ländern cingcführtcn Strafgesetzbüchern, sowie eine neue Civilproceßord- nung zur Berathung kommen müssen, nicht minder die so sehr gewünschte Errichtung von Schiedsgerichten. Preuße«. **Serlin, 15. Oct. Die Feier des heutigen königlichen Ge burtstags war nicht durch das Wetter begünstigt, und eS regnete schon am frühen Morgen, als von den Zinnen unserer Thürmc herab, deren wir freilich im Verhältnisse nur sehr wenige haben, Lob- und Danklieder und Fanfaren ertönten. Um Iv Uhr Vormittags begann die Feier der Kunstakademie, welche, weil ihr Local durch die Ausstellung in Anspruch genommen ist, in dem mit der lorbcerumkränztcn Büste des Königs ge schmückten Saale der Singakademie stattfand. Der Minister Eichhorn, in der großen Staatsuniform, der Generaldirektor der Museen v. Olfers und viele Räthe des Unterrichtsministeriums wohnten der Feier bei, welche der Dircctor Schadow mit einigen Worten eröffnete; es folgte das für die Rettung des Königspaars von dem mörderischen Anfalle componirte Tedeum von L. Granzin in Danzig, sodann die Rede des beständigen SccretairS der Akademie, geh. RegierungSrathS Prof, und Dircctor vr. Tölken. Er begann mit der Erwähnung des Attentats, bei dem die Vor sehung so sichtlich gewaltet und daS nur aufs neue den Glanz des zwi schen König und Volk geknüpften Vertrauens bewährt habe. Die Reift des LerrscherpaareS durch die Marken und Schlesien und des Königs durch die östlichen Provinzen habe einem Triumphzuge geglichen, bei dem die Treue, nach Bewährung in Gefahr, eine neue, herzliche Huldigung, welche mit dem jubelnden Empfang in der Hauptstadt geendet, dargebracht. Nachdem der Redner noch dabei verweilt, daß der redlichste Wille, die hochherzigste Ge sinnung, die wohlthätigstcn und großartigsten Unternehmungen nichts über das doch nun einmal vollbrachte Schreckliche vermocht hätten, betrachtete er die den König zierenden schönen Eigenschaften und stellte die Liebe zur Kunst mit oben an. Diese Liebe, von welcher der Monarch seit den Jugend- jahren beseelt gewesen, habe sich seit seinem Regierungsantritte deutlich be- thätigt, sie sei ihm „Erholung nach mühevoller Arbeit, Anlaß zu eigner schöpferischer Thätigkeit". Obwol nun diese Kunstliebt Allen zu gute komme, müßten sie doch grade die Künstler und daS von ihnen gebildete höchste Kunstinstitut anerkennen. Im Verlaufe der Rede wurde angezeigt, daß den gnädigen Acußerungcn des Königs zufolge der Akademie eine neue Organisation bevorstehe, weil das am 20. März I6SS verliehene Statut, obwol es 1786 von Friedrich dem Großen erneut und am 26. Jan. 1790 durch den „kunstlicbenden, wohlwollenden echt deutschen König Friedrich Wilhelm II." reglcmentarisch geordnet worden, thatsächlich dennoch er loschen sei. Die neue Organisation sei nothwendig, denn das preußische Volk und die deutsche Kunst seien andere geworden, wir ständen am Ein gang einer neuen Zeit. Hier ging nun der Redner auf die Zeiten zurück, in welchen sich Akademien gebildet, sprach von den akademischen Bestre bungen und von den Klippen, welche sich entgegcngcthürmt. Dann gab er die Geschichte der hiesigen Akademie, welche gleich in einem großarti gen Plan angelegt und von dem damaligen Kurfürsten, nachherigen Kö nige Friedrich I. als eine „Kunstunivcrsitat" betrachtet und gehalten wor den war. Es wurden hier alle Einzelheiten mitgctheilt und bei Erzäh lung der durch König Friedrich Wilhelm I. eingefuhrten großen Beschrän kungen die Bemerkung eingestrcut, daß Kunstblüte nur in der Sonne der Volks- oder Fürstengunst gedeihe; es wurde angeführt, wie 1709 die äußere Einrichtung nach der damaligen pariser gemodelt und der Zusatz „Akademie der mechanischen Wissenschaften" bcigefügt worden wäre, ein Zu satz, der erst ein Jahrhundert später mit der Ernennung Zcltcr'S zum Professor der Musik abgelegt wurde. Schließlich sprach der Redner das Vertrauen der Akademie zum König und zu dem anwesenden Minister Eichhorn äus, pries die Tugenden des Königs und endete mit Segens wünschen für den König, die Königin und den Prinzen von Preußen. Unmittelbar auf diese folgte die Feier auf der Universität, wohin sich der Minister Eichhorn begab und dort schon den Finanzminister Flott- wcll, den Gcncralmaior v. Reyher, Dircctor im Kriegsministermm, dcn Bischof Neander und viele andere höhere Beamte, sämmtlich in Gala uniform, vorfand. Der Universitätsrichter Kammergcrichtsrath Lehnert und der Professor Trendelenburg empfingen den Minister. Ein Musik stück eröffnete die Feier, und cs folgte eine über fünf Viertelstunden wäh rende lateinische Rede des Professors vr. Gabler und die Uebergabe des Rectorats von dem Professor Lachmann an den antretendcn Professor der Medicin vr. Hecker: Alles in lateinischer Sprache. Zuerst kam der Jah resbericht, aus welchem wir entnehmen, daß ein Studirender relegirt, vier consiliirt und neun mit der Unterschrift des <?onk-ilium ubvuncki be legt worden seien. Von Nauwcrck wurde berichtet, daß er freiwillig seine Stelle nicdergelegt habe. Der abgehende Rector verkündete darauf seinen Nachfolger, die vier Dekane (Twesten, Homeyer, Wagner, Böckh), die Mitglieder des Senats, und nahm seinem Nachfolger dcn Eid ab, worauf dieser seine Antrittsrede hielt. ^Vertin, 15. Oct. Die Reife des Königs nach Kopenhagen ist bei dem voraussichtlichen unfreundlichen Herbstwcttcr für diesmal ganz aufgeaebcn worden. Die feierliche Eröffnung des nach Phönixart aus der Asche wiedcrerstandcnen Opernhauses ist am 7. Dec. zu erwarten und wird mit einem Festspiel und Mcyerbecr'scher Composition stattfinden. *ÄUS ^Vestpreussen, 13. Oct. Die mehr und mehr benutzte öffentliche Besprechung der Communalangelegcnheiten hat doch ihr Gutes. Durch dieselbe sind beispielsweise die Ocnziger zur Einsicht gelangt, daß sie ein fressendes Capital in ihrem Stadtvcrmögen haben, nämlich dcn grcbincr Wald. Derselbe wurde von vielen Leuten als ein werthvolles Besihthum der Commun angesehen; nun ist cS aber im Ver lauf der öffentlichen Discussion anS Licht gekommen, daß die Einnahme von besagtem Walde in, dcn Jahren 1826—4V 4356 Thlr., die Ausgabe dagegen 5760 Thlr. für denselben betragen hat, daß also in 14 Jahren 1404 Thlr. eingcbüßt worden sind. Wenn der Wald umgehauen und während jener 14 Jahre nach den von einem namhaften Sachverständi gen ausgestellten Principien und Sätzen landwirthschaftlich benutzt wor den wäre, so würde die Stadtkämmerei statt jener Einbuße von 1404 Thlr. in demselben Zeiträume eine Mehreinnahmc von 16,800 Thlr. ge habt haben. So wird von den Gegnern des grcbincr Waldes behauptet und mit Zahlendetail unterstützt. — Der ständische Ausschuß hat, nach dem Westphälischen Merkur, am 7. Oct. seine Arbeiten beendigt und, dem Vernehmen nach, unter Mit wirkung von vier Staatscommiffaren einen neuen Gesetzentwurf über die bäuerliche Erbfolge in der Provinz Westfalen rediairt. Wie ver lautet, werden die dortigen Provinzialstande zu Anfang des künftigen Jah res cinberufcn werden. — Die Königsberger Zeitung enthält folgende Erklärung von vr.' Dinter: