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2. Beiblatt zum ^srdopauee Tageblatt und An,«Iger ».-..»«.»,1° «-. - , --------1^-^-^- 77-- „ > . . S---------——_ Zum sieventen Lag ! Die SOstA «O uns selbst . Spatz und Ernst der lieben Eitelkeit. ha^' dich doch nicht so dergleichen, im Gegen- WM MM im WB MmMNmii KI« K«»H«ch, das mr drei Mimderle« Michie mW Von Wolfgang Warth. PerlM» mit Meuleibril Bericht aus dem Warteziiun er eiues Tierarztes Von B runo Ma n u c l. Wimmle Ms« Auf der jüngsten Tagung des Vereins für wissenschaft- liche Heilkunde in Königsberg wurden unter anderem die Er gebnisse eines planmäßig durchgcfnhrlcn „Wnrmfeldzugcs" in der Umgebung des Kurischen Haffs bckannlgegeben. Es han delte sich hierbei um eine staatliche Aktion zur Bekämpfung der dort sehr häufig auftretenden Wurmkrankheiten. Die Ursache dieser auffälligen „Verwurmung" ist darin zu suchen, daß die Bevölkerung von seit altersher Fischgerichte roh zu genießen Pflegt. Erfaßt wurden insgesamt 12 500 Perlonen. Man nahm an der ganzen Bevölkerung des Gebietes Stuhl untersuchungen auf Wurmeier vor. Ergebnis: 13,8 v. H. der Untersuchten hatten den breiten Fischbandwurm, 12,8 v.H. Spulwürmer, 42,8 v. H. Peitschenwürmer. Außerdem litten im Memeldelta noch 210 Personen am Katzenleberegel. Dorf weise durchgeführte Wurmkuren, unter ärztlicher Leitung, zeitigten sute Erfolge. Rolf hat sich im Verlauf freundschaftlicher Auseinander setzungen mit einem Hofhund eine klaffende Wunde zuge zogen. Rolf ist aber nicht unser überraschend artiger Junge, sondern ein Teufel von einem Terrier. Es erweist sich als erforderlich, ihn mit der tierärztlichen Heilkunde in Be rührung zu bringen. Er verzieht aber keine Miene, als wir das Wartc- nmmcr betreten. Den Bruchteil einer Minute mustert er hinter den halbgesenkten Lidern die Patienten. Er kann sich jedoch nicht entschließen, ihnen stärkeres Interesse entgegen zubringen. In seinem ruhigen Hundegcsicht liegt der Ab glanz einer Vorahnung. Da scheinbar auch Tiere die Gesundheit über alles schätzen, sind um uns alle möglichen Gebrechen versammelt. Die damit Behafteten harren ui besonnener Spannung der Dinge, die da kommen werden. Sie sind gebührend in Wolle gewickelt und sehen wehleidig ihresgleichen an. Doch über lassen sie es ihren besorgten Begleiter», sich nach den gegen seitigen Beschwerden zu erkundigen. "Die Gründe, warum Tiere zum Arzt gehen, sind ver schieden. Und mannigfach sind auch die Möglichkeiten der Heilkunde. Der überfahrene Dobermann, dessen Herr die ausführliche Geschichte seines Falles erzählt, darf mit einem Streckverband rechnen. Er wird seiner Lieblingsbeschäftigung, dem Wettlauf mit galoppierenden Pferdcgespcnmen, nicht mehr huldigen. Doch wird die ärztliche Kunst ihn in den Stand versetzen, bescheideneren Leidenschaften auch weiterhin zu frönen. Neben dem Dobermann erblicken wir eine Katze, der ein Zahn plombiert werden muß und ihr zur Linken wiederum einen Dackel, der wegen seiner Ischias allgemein bemitleidet wird. Er trägt um die Hüften einen Verband, der ihn maß los stört und den er zu entfernen sucht. Nicht etwa nur aus Eitelkeit, sondern weil er im Grunde seines Wesens gegen Verweichlichung ist. Er ist gewohnt, die Bitternisse dieser Welt mit Mannesmut zu ertragen. Alle Leiden, mit denen der Mensch behaftet ist, sind auch der Tierwelt beschicken. Man wundert sich, daß es so etwas wie nierenkranke Hunde und von Lungenhusten gepeinigte Angorakatzen gibt. Kasadus bleiben nicht davon verschont, an neuralgischen Beschwerden zu erkranken. Kanarienvögel, die im Zug gestanden haben, ziehen sich Hexenschüsse zu. Da ist freilich doch der Fall eines Perlhuhns interessanter, das infolge eines Nervenschocks keine Eier legen kann. Es leidet übrigens auch an einer Gleichgewichtsstörung und hat den Glauben an die Stabilität der Welt verloren. Wir wollen nicht darüber reden, wieviel vorteilhafter es doch ist, nur an Verstopfung zu leiden, statt eine geschwollene Leber mitzuschleppen und dadurch auch seelisch gehemmt zu sein. Wir wollen aber glücklich sein, daß Tiere nicht lesen er sollte an der Krankheit feines Fürsten M Schuld tragen. Der kühne Mann floh zu dem Grafen von Tecklenburg, den er wiederholt behandelt hatte, und fand hier ein Obdach. Aber inzwischen hatten sich die Gegner des Hexenwahns ge sammelt und zur Geltung gebracht. Weyer hatte sich in seinem Werk erboten, alle Fälle wirklicher oder vermeintlicher Besessenheit ärztlich zu heilen. Außerdem hatte er alle Hexen der Welt herausgefordert, ihre angebliche Macht an ihm selber zu beweisen. Herzog Wilhelm war noch vor seiner Er krankung so mutig, jegliche Hexenverfolaung in seinen Län- dern streng zu verbieten. Die geistliche Gerichtsbarkeit wurde aufgelöst. Die Scheiterhaufen erloschen. An allen Kirch türmen wurden leere Säcke aufgehängt, und die Büttel schellten aus, in diesen Säcken werde künftig jeder rücksichts los und ohne Verfahren ertränkt werden, der jemand des Zaubers oder der Hexerei verdächtige. Es gab andere Landesherren, die diesem Beispiel folgten; aber es gab auch noch genug Lander, wo die Verfolgung umso heftiger weiter tobte. Geborgen in der Stille des Hofes zu Simmern und zu Tecklenburg, schaute Weyer dem Kampfe für und Wider den gesunden Menschenverstand zu. Da erhielt er ein Schreiben des Kaisers, der ihm für sein Buch dankte. Nun mutzten die Feinde schweigen. Der Leibarzt konnte wieder nach Dussevrors zurückkebren. Indessen schien es, als sei das Schicksal mit den Hexen- gläubigen im Bunde. Herzog Wilhelm erlitt mehrere Schlyganfälle und wurde unheilbar geisteskrank. Die an seiner Stelle regierenden Räte waren Gegner des Arztes. Als Zweiundsiebzigjähriger mußte der furchtlose Kämpfer erneut fliehen. In Tecklenburg ist er gestorben. Sein Buch aber, das heute verstaubt in den Büchereien steht, wurde nicht ver gessen wie er selbst. Friedrich von Spee, der lange zu Un recht als der erste Vorkämpfer gegen den Herenwahn galt, trat 70 Jahre nach Weyer aus den Plan. Noch aber muhten Jahrhunderte vergehen, bis die letzte Hexe — im vorigen Jahrhundert! — auf dem Scheiterhaufen stand. Professor Christian Thomasius in Halle und Pfarrer Goes in Ründe roth waren die letzten großen Kämpfer gegen den Wahnwitz, der fast ein halbes Jahrtausend lang die Welt heimgesucht hatte. Längst war der erste Urheber des gewaltigen Geistes kampfes vergessen, und kein Denkmal kündet von dem, der sich und sein Leben opferte, um die Menschheit von ihrer gräßlichsten und schändlichsten Geißel zu befreien. Darum sei hier des Mannes gedacht, dessen Buch von 375 Jahren einen der härtesten und wichtigsten Kämpfe der Kultur geschichte begann. zwischen den Augenbrauen -weg!" Er durfte nicht etwa ant worten: „Unmöglich, gnädige Frau!" Er mußte massieren, er tat es mit dem heiligen Eifer eines Mannes, der für seinen Beruf geboren wurde. Damen mit dünnem Haar verlange» die üppigsten Nackenlocken von ihm, Jünglinge gehen ihn um ein süffisantes Bärtchen an, lockige Männer wünschen von ihm haarscharfe Offiziersscheitel... Unermüdlich läßt der Friseur die Spiegelbilder der Menschen durch seine Hände gehen, niemals verzweifelt er an ihnen, niemals geht der leiseste Schatten von Ironie über seine Züge. Wir überliefern ihm unsere Unvollkommenheit. Ihm allein wird es ängstlich an vertraut, wenn Haare sich zu lichten beginnen, und sein teil nehmend sorgenvoller Blick macht ihn zum Freunde. Die Zahl der Handwerker und körperlichen Arbeiter, die ihre Hände und Fingernägel pflegen, nimmt immer mehr zu. Viele, die es nicht selber zustande bringen, verzichten auf irgendein kleines Vergnügen und überlassen sich dafür von Zeit zu Zeit einer Handpflegerin. Was haben diese jungen Damen für Erfahrungen zu machen! Manche mächtige Pranke hat sich ihnen hingestreckt mit der Bitte: „Die Nägel so schmal wie möglich, Fräulein!" — Weiter: Haben Sie je einen Mann einen Hut kaufen sehen? ES ist ein seltenes Ver gnügen. Denn die meisten Männer genieren sich dabei und gehen zu stiller Dämmerstunde in das Hutgeschäft. Dort stehe» sie vor oem Spiegel und probieren. Treten drei Schritt zurück, drehen den Kopf bin und her wie ein Kanarienvogel, lächeln sich zu, runzeln die Brauen... Wenn sie mit dem Hutverkäufer allein sind, fühlen sie sich Wohl. Sie wissen, dieser Mann kennt ihre Schwäche. Man darf ihm seine Eitel keit zeigen. Wenn zeder gute Bekannte, jeder Freund und jede Freundin, sagen würde: „Gott, hab' dich doch nicht so affig!" — dieser Hutmann sagt nichts dergleichen, im Gegen teil, je mehr Hüte er anschleppen kann, um so glücklicher scheint er zu werden, um so vertraulicher. Er berät vorsichtig, er findet den grauen sehr vornehm, aber den schwarzen flotter. Wenn er hinter dem Käufer steht und nur einmal sagt: „Nein, diesen keinesfalls, mein Herr! Sie müssen zu Ihrem Sporttyp etwas Aparteres tragen, Sie können sich das leisten", dann schlägt das Herz schon für diesen Ver trauten, dessen Geduld mit unserer Eitelkeit endlos ist, ja, der fein ganzes Leben lang keine anderen Interessen zu haben scheint als unseren Typ und unsere geheimen Sehnsüchte, so oder so auSzusehen. Ganz schwer ift es natürlich mit den Verliebten, die alle auSsehen wollen wie Märchenprinzen und -Prinzessinnen (die sie auch sind). Sie verlangen vom Friseur ein schmales Ge sicht, vom Photographen einen tranmdunklen Blick und vom Hutgeschäft einen ganz neuen Stil. Hundertlausende gehen täglich unter uns um, die sich hoffnungsvoll auf dem Wege zu einem der fünfmalhunderttausend Spiegel befinden oder be schwingt von dort Herkommen. Und zwischendurch bleiben sie vor Schaufenstern stehen und betrachten sich in der Scheibe, alt wie jung. Und sie sehen in der schimmc-"den Fläche ihr schöneres Ich, das Bild ihrer Sehnsucht nach sich selber. können. Denn könnte» sie es, sie würden jetzt beleidigt sein. Und dies mit Recht. Es prangen Plataie an den Wänden mit kategorischen Imperativen, wie wir sie aus den Vorzimmern der ärztlichen Wissenschaft eigentlich nicht kennen. Es soll nicht gesagt sein, daß wir es überflüssig finden, wenn man die Anwesenden ersucht, Verunreinigungen des Warte zimmers zwar nicht zu unterlassen, wohl aber sofort zu melden. Auch ist es sehr in der Ordnung, daß gebeten wird, Tische und Bänke nicht mit Hunden zu besetzen. Was aber eine Tierscele, käme sie hinter den Sinn der Worte, auf das empfindlichste träfe, das ist der empfehlende Hinweis auf den nächsten Hundefriedhof. „Laßt eure Hunde in Stahnsdorf beerdigen!" In unseren Wartezimmern pflegt man höchstens das Leben, nicht aber das Sterben zu plakatieren. Es wäre keinem kranken Tiere zu wünschen, ein heimlicher Kenner der Schrift zu sein. Sonst käme sein Herz zum Stillstand gegen über einem Plakat, wie diesem: „Elektrische Tötung für Hunde 1,50 NM, für Katzen 1 NM." Es öffnet sich die Tür, und der Arzt im Meißen Kittel ruft die nächste Nummer hinein. Denn bekanntlich geht es auch im Reiche des Aeskulaps immer hübsch der Reihe nach. Soeben hat ein in Gips gelegter Zwergpinscher das Sprech zimmer verlassen. Im Hintergrund hockt ein Pudel unter der Höhensonne. Jetzt ist die Reihe an einem Foxterrier, dem zur Bekämpfung einer Drüsenstörung Injektionen ver abfolgt werden. Wenn sie ihm wehtun, zeigt er dem Arzt scin breites, schönes Gebiß. Erst lehnte er es prinzipiell ab, sich behandeln zu lassen. Von diesem Komplex hat man ihn bald befreit. Jetzt steht er der tierärztlichen Heilmethode mit wohlwollend erhobenem Pfötchen gegenüber. Der Arzt ist ein Meister, wenn es gilt, die Seele des Pattenten zu ge winne». Er macht dem an Appetitlosigkeit leidenden bissigen Köter klar, daß es erforderlich ist, ihm zunächst die Zunge zu zeigen. Er klopft eine englische Dogge ebenso gelassen auf ihre Symptome ab, wie er die noch unverheilte Wunde eines "mächtigen Leonbergers mit Jod einpinselt. Im übrigen fehlt nicht allen zur Behandlung kommen den Patienten wirklich etwas. Der Dackel, beispielsweise, der mit deutlichen Symptomen einer Gemütskrankheit behaftet zu sein scheint und einen unheimlich leblosen Eindruck macht, ist ein ausgesprochener Simulant. Er weiß von einer Speicheldrüscnbehandlung her, daß es wunderbar süße Tropfen gibt. Der Tierarzt aber, der selber einen Dackel hat und die freundliche List dieser Tiere liebt, gibt dem kleinen Heuchler eine Medizin, bei der er den Schwanz ein kneift und nie mehr auch nur eine Sekunde feines Lebens den kranken Mann machen wird. Dann kam Rolf an die Reihe, lietz sich brav mit Jod bepinseln, hörte die Engel im Himmel pfeifen und wollte um nichts in der Welt sich mehr mit einem Hofhund einlaffen. Von Carola Jhlenburg. ES heißt, niemand sei ein Held vor seinem Kammer diener. Wenn man aber keine» Hal? Auch das nützt einein nichts; denn es gibt Menschen genug, denen man seine ge heimen Wünsche offenbart und vor denen man seine Schwächen »ich: verheimlichen kann. Diese weisen uckd ab- geklärten Leute kennen uns. Sie lachen uns trotzdem nicht aus. Sie tun, als merken sie gar nichts und massieren sanft mütig unser Selbstgefühl, während sie unsere leisen Wünsche zu ihrer eigensten Sache machen. Ein Photograph, beispielsweise, ist ein weiser Mann. „Glauben Sie nicht", erzählte mir einer, „daß wir unseren Kunden viel raten können! Wenn sie zu uns kommen, haben sie das Bild, das sie von sich selber zu sehen wünschen, ganz test im Kopf. Leider entspricht es meistens nicht dein Bild, das ich photographieren kann. Da kam ein frisches Mädel mit dicken Backen und wollte durchaus dämonisch wirken, mit einem schwarzen Schal um den Hals und so. Eine liebe rundliche Dame bestand darauf, sich in einem Maskenkostüm als Kolombine und mit einer — Orchidee zwischen den Lippen aufnehmen zu lassen." — Unsere Schwächen scheinen zahlreich wie der Sand am Meer. Mancher hat den Wunsch, durchgeistigt auszusehen, auch wenn er es ganz und gar nicht ist und seine Vorzüge auf einem anderen Gebiet liegen. Da muß es -dann möglichst eine Hornbrille sein und als Hinter grund ein Schreibtisch mit Büchern. Alle leisen Sehnsüchte rühren sich und drängen ans Licht beim Photographen. Mancher blaße kleine Herr schwärmt fürs Brutale und bringt eine karierte Schirmmütze mit zum Photographen. Was im Atelier sich fix und fertig präsentiert, wird oft genug vorbereitet — beim Friseur. Was ist in seine Spiegel schon alles hineingesehen worden an Sehnsucht nach dem eigenen Bilde! Was für Wünsche und Sorgen, die niemand sonst anvertraut werden, bekommt er zu hören! Welche Hoff nungen hat sein Haarwasser erregt, wieviel Ungeduld sein Apparat für Gesichtsmassage! „Und dann, bitte", hörte ich ein Dame sagen, „massieren Sie mir heute dieses Fältchen Seitdem Luthers Bibelübersetzung erschienen war, hatte kein Buch mehr solch ein europäisches Aufsehen erregt wie das im Spätsommer 1563 in Basel herausgekommene Werk „Dämonenblendwerk" von vr Johannes Weyer. Der bis dahin kaum bekanntgewordene Verfasser erwies sich als der Düsseldorfer Leibarzt deS Herzogs Wilhelm von Kleve und Berg. Als sich am 24. Februar dieses Jahres sein Todes tag zum 350. Male jährte. Hai kaum noch jemand des Mannes gedacht, der nächst Luther der erfolgreichste Schrift steller des 16. Jahrhunderts gewesen ist. Schon mehr als ein Jahrhundert vorher wütete überall m Europa die Hexenfurcht und verzehrte aus Tausenden von lodernden Scheiterhaufen unzählige schuldlose Menschen- tebkn. Das durch die Reformatoren begonnene Ringen um die Wahrheit im Kirchenglauben übte seltsamerweise fast gar leinen hemmenden Einfluß auf diesen mörderischen Wahnwitz. Es hat genug Leute gegeben, die in klarem, nüchternem Denken den alle Welt beherrschenden Unsinn erkannten. Aber sie mußten schweigen, wenn sie nicht selbst verdächtigt werden wollten. Die weltlichen und kirchlichen Mächte waren von der Nichtigkeit ihres Hexenglaubens und von der Not wendigkeit der Ausrottungsmaßnahmen überzeugt; auch Luther, Calvin und Zwingli. Als der tüchtige Arzt Dr Johannes Weyer, Niederländer von Geburt, aus feiner großen Praxis zu Arnheim zum herzoglichen Leibarzt in die prunkvolle Residenz Düsseldorf berufen wurde, stand ihm ein angenehmes, mit wenig Mühe einträgliches Leben bevor. Aber Weyer war ein Idealist, dem eS nicht ums Wohlleben ging. Selbst Humanist und Freund der großen Humanistenführer, vor allem des noch jetzt vielverkannten Erasmus von Rotterdam, sah er in der Muße seiner neuen Stellung nur die Möglichkeit, durch ein umfassendes, unwiderlegliches Werk den Unsinn des Hexen wahns und der Massenmorde zu erweisen. Dreizehn Jahre arbeitete er an der umfangreichen Handschrift. Aber als das Buch fertig war, fand sich in ganz Deutschland kein Drucker, der den Verlag übernommen hätte. So mußte das dickleibige Buch, nach damaliger Gelehrtensitte lateinisch geschrieben, be- zeichnenderweise in der Hochburg der humanistischen Bewc- gung, in Basel erscheinen. Weyer selber war sich vollauf be- wußt, daß er gegen die ganze Welt seiner Zeit in die Schranken trat. Allein das kümmerte ihn nicht. Weyer hätte sein Werk namenlos oder unter einem Deck namen erscheinen lassen können. AIS etwa 70 Jahre später der Jesuit Friedrich von Spee ein ganz ähnliches, auf Weyers Forschungen fußendes Buch herausgab, wagte er cs nicht, sich als Verfasser zu bekennen. Der Leibarzt aber nannte sich furchtlos als den Schriftsteller, der allen kirch lichen und weltlichen Mächten entgegentrat. Er mußte es bitter büßen. DaS Schicksal wollte eS, daß Herzog Wilhelm gemütskrank wurde. Die Anhänger des Hexenwahns hatten nun leichte Mühe, Weyer selbst der Hexerei zu beschuldigen^