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Doch noch weitzer Sport! L.as vor «velynachten einsetzende Tauweiter machte den Skiläufern und Wintersportfreunden sowie den Gast wirten im Gebirge einen argen Strich durch die Rech nung. Viele ließen sich abhalten, ins Gebirge zu fahren, »enn am Heiligabend sah es im Flachland stellenweise inch im Gebirge, trostlos aus. Die Wärmewelle dauerte »uch am ersten Feiertag an, doch in der Rächt zum zwei ten Feiertag kam der von den Unentwegten erhoffte Um- ichwung: Heller, klarer Frost stellte sich ein. dazu Neu schnee. So wurde der zweite Feiertag in den Kammlagen des Gebirges noch ein richtiger Wintersportsonn tag mit Kälte, Sonne und Rauhreif. In den höheren Lagen hielt sich die Attschnecdecke und ergab mit dem Neuschnee eine brauchbare Skiföhre. Von den Skisportveranstaltungen der Wcibnachts- lage mutzte der Sprunglauf in Johanngeorgenstadt am ersten Feiertag ausfallen. Am zweiten Feiertag konnten die Wettläufe in Sohland im Lausitzer Gebirge das vom Tauwetter am meisten betroffen wurde, ebenfalls nicht durchgeführt werden. Auf der „Sachsenabfahrt" am Gei singberg bei Altenberg gab es dagegen am Sonntag gut- besetzte Abfahrtsrennen bei herrlichen Schneeverhältnis sen. Gerade das Kammgebiet des Osterzgebirges hat ein mal mehr seine Schneesicherheit bewiesen. Sachsens beste Skispringer fanden sich am zweiten Feiertag auf der Schanze am Aschberg zu einem Sprunglauf ein, der eben falls reibungslos durchgeführt werden konnte. Feiertagswintersport um Altenberg Altenberg und das Kammgebiet des Osterzgebirges konnte mährend der Feiertage seine S ch n e e s i ch e r h e i t bewei- len: trotz dem Tauwelter war eine genügend starke Schnee- necke nbriggebl«eben. Als in der Nacht zum zweiten Feier- lag Kälte und Neuschnee eintraten, war die Durchführung der >m Gcisingberg geplanten Abfahrlsrennen gesichert. Der Sonn- lag zeigte sich als ein herrlicher Wintertag mit Frost, Schnee and Nauhreif. Die „Sachsenabfahrt" befand sich in ausgezcich- aeter Verfassung; die Strecke mußte zwar um 200 Meier ver kürzt werden, genügte aber allen Ansprüchen. Der Schnee war außerordentlich schnell, so daß sehr gute Zeiten gefahren wur- ven. Die Bestzeit von 1:06 für die rund 2000 Meter lies Fricke, üustnachrichienabteilung Dresden. Die Dresdener Soldaten schnitten wiederum hervorragend ab. Am Start standen noch die Vertreter des Erzgebirges sowie Läufer aus Dresden und aus Teutschböhmen. Für die Jugend fand am Nachmittag aus der Naupennestschanze in Altenberg ein Sprunglauf statt, bei dein die Jüngsten aus der kleinen und schwierigen Schanze Meisterleistungen vollbrachten. Sieger wurde Lötzsch, Alten- öerg, mit Note 225 und Sprüngen von 17,5 und 19 Meter vor Saidenmachcr, Altenberg, der mit 19,5 Meter den weitesten Sprung stand. Die Ergebnisse der Absahrtsläuse: Allg. Klasse: 1. Fricke, Lustnachrichtcnabteilung Dresden. 1:06; 2. Walter Böttrich, Altenberg, und Gempler, IN. 10 Dresden, 1:09; 1 Göpfert, 1860 München, 1:10. Altersklasse II: 1. Richard Schütze, Geising, 1:18: 2. Oberstscldm. Schneider, Ncichsar- beitsdienst, 1,21. Frauen, Klasse III: 1. Elisabeth Süß, Aussig «HDW.», 1:20. Jugend I: 1. Püschel, Altenberg, und Horn, Altenberg, 1:33. Jugend II: 1. Schäfer, Altenberg, 1:20; 2. Lötzsch, Altenberg, 1:24. Paul Krautz siegte am Aschbcrn Beim Springen, daS der Winiersportverein Aschberg an der L.A. Seydel-Schanze am Sonntag veranstaltete, erwies sich wiederum Versals Jungmann startende Johanngcorgcn- städier Paul Krauß II als der Beste. Sein weitester Sprung be- «rüg 51H Meter, blieb also nur um 1,5 Meter hinter vem Schanzenrekord von Birger Ruud zurück. Die Schneeverhält- ntssc waren am Sonntag ganz ausgezeichnet; insgesamt tra ten etwa sechzig Springer an den Start. Ergebnisse: Klassei: 1 Walter Glaß, Sachsenberg-Georaenthal, Note 305,9 (Weiten 44, 48, 47,5 Meters; 2. Schütze Böhm, JR. 31 Plauen, Note 303,2 <45, 46,5, 47 Meter»; Klasse II: 1. Otto Seifert, Mühl- Iciten, Note 281,5 <37,5, 43,5, 45 Meter»; 2. Schütze Weidlich, JR. 31 Plauen, Nole 253,3 <32, 34,5, 38,5 Meter); Jungman nen: 1. Paul Krauß, Johanngeorgenstadt, Note 327,2, Best- notc, <47, 49/>. üi,5 Meter«: 2 r-auver, uungemyai, vioic 27« >35, 39. 43,5 Meter); Jngend I: <14 bis 15 Jahre): 1. Hans Zipfer, Mühlleiten, Note 292,8 <39,5, 44, 47 Meter); Jugend II: <16 bis 17 Jahre»: 1. Hans Meinhold, Sachsenberg-Georgen thal, Notc 301 <38,5, 48,5, 49 Meter».' Der deutsche Meister Pau' Schneidenbach gab nach dem ersten Sprung aus. Von den sächsischen Skivcranstaltungcn zu Weihnachten mußten im Gegensatz zn Altenberg die für den zweiten Wcih- nachtsseiertag in Sohland geplanten Lang- und Sprungläufe aussallen. Der Wärmceinbruch brachte die Schneedecke so stark zum Schmelzen, daß sie kaum für einen Uebungslauf der Soh- landcr Vereinsmitgliedcr ausreichte. Auch die ostsächsischen Eissportveranstallungen mußten abgesagt werden. Die Gast spiele des Reichenberger SC. und die Spiele um die sächsische Eishockeumeisterschatt wurden auf später verschoben, obwohl der am zweiten Feiertag einsetzende Frost dir Durchführung gestattet hätte. Das für den ersten Feiertag auf der Hans-Heinz-Schanzc in Johanngeorgenstadt geplante Skispringen mußte wegen Tau- wcttcrs abgesagt werden. Dresdner Sportklub zum zweitenmal geschlage.. Die Fußball-Punktspiele der sächsischen Gaultga am zwei ten Feiertag Verliesen ohne Ueberraschungcn; nur der Dres dener SC. bezog durch Spiclvg. Leipzig mit 3:1 seine zweite Niederlage und steht jetzt punktgleich mit Fortuna Leipzig und BC. Hariha. Fortuna schlug Polizei Chemnitz 2:0 und die Harthaer setzten sich 4:2 gegen Guts Muts Dresden durch. SC. Planitz und VsB. Leipzig »rennten sich 1:1. Tura Leipzig fer- tigte den SV. Grüna 5:1 ab. Rangordnung: 1. Dresdner SC. 16:6 Pnnklc, 2. BC. Hartha 16:6, 3. Fortuna Leipzig 16:6, 4. Polizei Chemnitz 13.9, 5. VsB. Leipzig 12:10, 6. Tura Leip zig 11:11. 7. SC. Planitz 10:12, 8. Spielvg. Leipzig 8:14, 9. Guts Muts Dresden 5:17, 10. SV. Gttina 3:19 Punkte. In den Fußball-Bezirks klassen herrschte große Ruhe. Die Mannschaften schonten sich für die Punktspiele ain ersten Januarsonntag. Im Leipziger Bezirk gab es am zweiten Feiertag drei Freundschaftstreffen. Olympia 96 schlug SV. Naunhof 2:0. Wacker gewann 5:3 gegen MTV. Wurzen. Die Sportsr. Neukieritzsch behielten 3:2 gegen TV. 44 Borna die Oberhand. Im Bezirk Plauen-Zwickau wurde kein Sport ausgciragen, im Bezirk Chemnitz nur eines, das zwischen TV. Adorf und TV. Krummhermsdors 3:3 endete. Im Bezirk D r e s d e n - B a u tze n weilte der DSV Boden bach zu zwei Gästsvielen; das Spiel gegen VsB. 07 Radeberg am ersten Feiertag mußte beim Stand von 1:1 wegen Glatt eis abacbrochcn werden. Am zweiten Feiertag brachten die Sportfreunde 01 den Bodenbachern eine 3:1-Ntedcrlagc bei. ! Drcsdensia Dresden weilte beim SV. 08 Bischoksn,-»».-. »»tz siegte 1:0. Eder-Wouters in Brüssel. Der lanaerwaneie Kamp! um die Europameisterschaft tm Weltergewicht zwischen Europa- meister Wouters «Belgien) und seinem Vorgänger und »etzi- gen Herausforderer Gustav Eder ist jetzt abgeschlossen worden. Der Kamps soll am 2. Februar in Brüssel stattfinden Dr. Cstk in Berlin. Der ungarische Olympiasieger. und schnellste Kraulschwimmer Europas, Dr Lsik, Hat sich entschlos sen, seine Studien an der Universität Berlin sortzusetzen. Be reits im Januar wird der Ungar in Berlin etntreffen und für das nächste halbe Jahr sich hier aufhalton. Zweifellos wird der Olympiasieger die Gelegenheit wahrnehmen, sich an den wichtigsten deutschen Schwimmveranstaltungen zu beteiligen, um sich für die kommenden Europameisterschaften, die in Lon don stattsinden, bestens vorzubereiten. Rundfunk Deutschlandsender Dienstag, 28. Dezember. 6.30: Frühkanzett. Das Musikkorps eines Jnsanterie-Negr- ' ments. — 10.00: Sendepause. - 10.30: Fröhlicher Kindergar j ten. — 11.00: Sendepaufe. - 12.00: Aus Karlsruhe und Mann- heim: Musik zum Mittag. Das Melo-Trio, das Landesorche ! stcr Gau Baden. — 15.15: Walzer «Ausnahmen»? — 15.45: Erb ! anlage und Erziehung. — 16 00: Musil am Nachmittag. Da« Kleine Orchester bes Dculschlandscnders. In der Pause 17.0E > Aus dem Zeitgeschehen. — 18.00: Musikalische Kurzweil «Aus nahmen». — 18.30: Die Dichter verabschieden sich vom alte» j Jahr. Hörfolge von Alfred Prügel. — 18.55: Die Ahnentafel ! — . . . und jetzt ist Feierabend! Kleine Wünsche an das neu« Jahr! — 20.00: Barnabas von Geczy spielt zur Unterhaltung 21.00: Deutschlandecho, politische Zeitungsschau des Drahtloser Dienstes. - 21.15: Kammermusik. — 22.30: Eine kleine Nacht musik. — 23.00-24.00: Barnabas von Geczy spielt. Reichssender Leipzig Dienstag, 28. Dezember 6.30: Aus Freiburg: Frühkonzeri. Das Musiklorps emeS Infanterieregiments. — 8.30: Aus Köln: Morgenmusik. Her mann Hagestedt mit seinem Orchester. — 9.30: Sendepause. — 10.00: Sendepause. — 11.35: Heute vor . . . Jahren. — 11.40: Vom tätigen Leben. — 12.00: Aus Nürnberg: Mittagskonzert. Das NS.-Frankenorchester. — 14.00: Zeit, Nachrichten u. Börse. Anschließend: Aus Dresden: Musik nach Tisch. Die Dresdener Solistcnvereinignng. — 15.15: Landfrauenferien im Erzgebirge. — 15.30: Der wanderlustige Kartoffelknödel und andere Kinder märchen. Von Johanna Weißkirch. — 15.50: Kunstbericht. — 16.00: Vom Deutschlandsender: Mnsik am Nachmittag. Das Kleine Orchester des Deutschlandsenders. — 18.00: Deutsche ' Ausgrabungen auf Samos. — 18.20: Musikalisches Zwischen- j spiel. — 18.30: Dichterstunde: Andreas Weinberger: „Michaels ' Heimweg." — 18.50: Umschau am Abend. — 19.10: Es hat sich , halt auftan das himmlische Tor. Anslandsdeutsche Weibnachts- I und Neujahrslieder. Der Kleine Chor des Reichssenders Leipzig und das Leipziger Kammerorchester. — 20.00: Das Ballett tanzt! Die Splelzeugschachtel. Ein Kinderballett von Claude Debussy. — 20.45: Zum Tanz. Die Kapelle Otto Fricke. Anny Krug «Sopran». — 22.30 bis 24.00: Aus Hamburg: Unter haltung und Tanz. Das Kleine Orchester des Reichssenders Hamburg und die Tanzkapelle des Reichssenders Hamburg. lS3. Fortsetzung.) Vas offene Geständnis Bothmers, daß er das Mädchen läher gekannt habe und sich verschiedene Male mit einem, zrößeren Interesse für sie eingesetzt hatte, als man ge- vöhnlich Patienten entgegenbringt, das hätte man noch verständlich gefunden. Denn Bothmer hatte schon vielen Menschen, die ihn als Arzt aufgesucht hatten, in groß- nigigster Weise weitergeholfen und sie mit Geld unterstützt, aber die Frage, weshalb das Mädchen nachts in seinen Narten gekommen war und warum sie sich diese häßliche Kegennacht dazu ausgesucht hatte, blieb rätselhaft. Als der Wachtmeister sie fand, lag sie in Bothmers Studierzimmer auf der Chaiselongue, wie er sie vom Narten heretngetragen hatte. Im Garten hatte er sie er- schoflen, aber der Regen hatte den Rasen so gründlich auf- zeweicht, daß in den Wasserlachen keine Spuren davon lufzufinden waren. Man mußte ihm glauben oder nicht zlauben. Der Staqtsanwalt würde ihm natürlich nicht zlauben, dazu wÄl et ja da. Der einzige Zeuge, der alte Stroh, hatte nur die Schüsse gehört und war erst dazu- »ekommen, als das Mädchen schon in Bothmers Zimmer lag. Niemand hatte sie in dem Garten gesehen, das pförtchen war verschlossen, das Schloß verrostet und schwer »ufzubekommen, und die Mauer war mit Glasscherben besetzt. Ob eine junge Dame da so ohne weiteres darüber- teigen konnte, ohne sich das Kleid zu zerfetzen, schien Iweifelhaft. Die Personalien des Mädchens waren inzwischen fest- «estellt worden. Ihre Angaben, die sie Bothmer gemacht patte, erwiesen sich als unrichtig. Sie war die außer- »heliche Tochter eines Settreisenden, der schon vor ihrer Neburt außer Landes gegangen und verschollen war. kincn Stiefvater hatte sie überhaupt nicht und ihre Mutter var vor zehn Jahren gestorben und hatte sich durch Kaschen und Plätten ernährt. Auch die Sache mit der Münchener Fabrik und den Namcnsunlerschriftcn war licht so harmlos, wie das Mädchen sic dargestelll Halle. Sie hatte allerdings bei einer Abendgesellschaft zum Scherz »ie verschiedensten Namen nachgcmalt. Aber mit den acht hundert Mark hatte cs sich anders verhalten. Ihr Chef falte ihr, um sie vor der Gefängnisstrafe zu rette«, das Neld, die achthundert Mark, zurückerstaltet. Und sie halte »och einige Zeit in seinem Büro weitergearbeitct, mit einem flteren Zeichner. Als dieser einmal ein paar Tage ver- keist war und eine größere Geldsendung erwartete, hatte >r sie gebeten, dieses Geld für ihn anzunehmen. Die Geld sendung war gekommen, sie hatte sie angenommen, und »ertan. Wie und wo, wußte niemand. Als der Zeichner »urück kam, verschwand sie aus der Stadt. In ihrer Be- »rängnis hatte sie sich hierher gerettet und Bothmer auf- lvsucht. Sie hatte die achthundert Mark, die sie von Both- jner bekam, nicht dem Gericht, sondern dem bestohlenen Üetchner geschuldet. Und dieser hatte seine Drohung, sie ms Gefängnis zu bringen, zurückgezogen, nachdem das Neid wieder zurückerstattet war. Die Geschichte war nicht ganz so romantisch, wie sie sie Bothmer erzählt hatte, und sicher nicht so harmlos. Er hörte das alles mit einem bitteren Lächeln an. Er hatte mit Mörk eine lange Unterredung gehabt und in ihm einen verständnisvollen Zuhörer gesunden. Das Paket Briese, das vem Rettor der Universität von Mattl, der sich als Verlobter der Verstorbenen gebärdete, ein- gesandt worden wär, chatte Bothmer gelesen und als. von ihm geschrieben anerkannt. Offenbar hatten diese Briefe dem Mädchen etwas bedeutet, sie hatte jeden kleinen Zettel aufgehoben. Die Briefe steckten noch in den Umschlägen mit ihrem Poststempel, der bewies, daß sie nicht nur aus dieser Stadt, sondern auch in anderen Orten geschrieben und abgeschickt worden waren. Es waren keine Liebesbriefe; sie enthielten Ratschläge und Hinweise, sich das Leben einzurichten, philosophische Betrachtungen über das Leben, das Wort Liebe kam nie darin vor. Manche Briefe klangen fast väterlich und immer besorgt. Er suchte sie zu trösten und gufzurichten. Die zu weilen wiederkehrende Anschrift „Mein Liebling" mochte ein freundschaftlicher Ausdruck sein. Aber es stand da. Es war viel die Rede davon, »vo sie v ohnen und wie sie sich das Leben, einrichten sollte, und hin und wieder auch von Geld, das sie benötigte und das er ihr geschickt hatte. In einem Brief machte er ihr Hoffnungen, sie in sein Haus zu nehmen. »In Ihr Haus?" Mörk hob den Blick, seine Brillen gläser funkelten. ' „Ja, in mein Haus. Es war eine Idee", sagte Bothmer. „Ich habe sie auch aufgegebcn, nachdem ich mit meiner Frau darüber gesprochen habe." Das glaube ich, dachte der Anatom. „Ja, lieber Bothmer, Liebesbriefe, »vas ich darunter verstehe, sind das freilich nicht. Sic haben viel Zeit und viel Briefpapier an sic verschwendet und, soviel ich weiß, ist Ihre Zeit sehr teuer. Zu Ihren Arbeiten müssen Sie schon die Nacht nehmen. Aus den Briefen spricht ein warmes Interesse an der Person, an die.sie.gerichtet waren. Für mich ist das kein Beweis, daß sie Ihnen in irgendeiner Weise nähergestanden hat. Das einzige sind die immer wieder kehrenden Vorsichtsmaßregeln, die Briefe nicht hierher, sondern dorthin zu schicken, sie zu versiegeln, ihn nicht zu Hause anzurufen und nicht in die Klinik zu kommen. So was schreibt man Damen, die man gerne sieht, mit denen man aber nicht gern gesehen werden möchte. Ein junger Mann schreibt kürzere Briefe an die Dame seines Herzens, der nimmt keine Betehrungsversuche vor, der weiß, daß Belehrungen wie diese da, die vier Setten füllen, von den Leserinnen meist überschlagen werden. Die jungen Männer oon heute können überhaupt keine Liebesbriefe mehr schreiben, die hängen sich ans Telephon, fünf Worte: kommst du oder kommst du nicht? Das genügt. Ich bin überzeugt, daß Horsts Briefe, wenn er ihr überhaupt je einen geschrieben hat, kürzer waren. Es hat »uch genügt — es war sogar bester." „Ja, es war lächerlich. Ich weiß, es ist alles lächerlich, jetzt alles", sagte Bothmer düster. „Ich weiß gar nicht mehr, wie ich dazu kam, solche Briefe zu schreiben. Jeß lese sie wie von einer fremden Hand." „Gewiß", sagte der Anatom. „Und für mich ist das jn alles klar, aber die Sache H geschehen, und würde man- diese Briefe in der Zeitung avdrucken, so würde das Urteil schlimm ausfallen, denn wenige verstehen einen Liebes- drief zu unterscheiden von dem Briefe eines Ver» liebten." Machen Sie da Unterschiede?" fragte Bothmer. „Gewiß. Aber da? führt zu weit. > Es kommt jetzt darauf an, die Sache aus der Welt zu schaffen, und das will ich, bei Gott. Denn sie sind's nicht wert, daß man sich - den Kopf zerbricht über Dinge, die die anderen ja doch nicht begreifen. Wenn wir im Mittelalter lebten, würde ich beweisen, daß Sie behext waren", sagte Mörk. „Und was es eigentlich war, können Sie sich selbst nicht so klipp and klar erklären. Vielleicht war es das, daß Sie durch sie wieder jung geworden waren — oder es glaubten zu seift. Der Sommerwind hatte Ihnen diese achtzehn Jahre in Ihr Zimmer geweht; sie stand auf einmal vor Ihnen, ratlos, zart, hilfsbedürftig, Sie waren Ihre letzte Instanz. 8s rührte Sie, daß Ihr Vortrag so auf jemand gewirkt hatte, daß sie von Ihnen Rettung erhoffte. Sie glaubten ihr natürlich. Ich bin auch schon oft belogen worden, aber man wird ja niemals so klug, daß man Lügen von Wahr heit trennen lernt, wenn sie so vorgebracht werden, wie sie es verstand. Sie hat es vielleicht gar nicht gewußt, daß sie die Unwahrheit sagte, sie glaubte, was sie sagte, be stimm« selbst. Und es »vird lange dauern — vielleicht Ihr zanzes Leben —, bis Sie diese Erinnerung an jene Regen- nacht in DHrein Garten und dieses Mädchen loswerden. Sie haben nichts davon gewußt, daß sie andere Freunde hatte, daß Ihr eigener Sohn... Lieber Bothmer, auch aas versteh' ich und verstehe, daß Tic sich belügen ließen. IForlsehnng sol-»'' MWe die MWsregelli^