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Verlage zur „Weißcritz-Teilung Nr. 146 Sonnabend, am 26. Iuni 1937 103. Jahrgang (Weltbild M.1 Und obwohl es wahr sein möge, daß verschiedene Länder oder Regierungen es wünschten, daß die eine oder andere Seite in Spanien gewinne, gebe es doch kein Land oder keine Negierung, die einen europäischen Krieg zu er leben wünschten. Da dies so sei, müsse man einen kühlen Kopf bewahren und nichts tun oder sagen, was ein Un glück beschleunigt herbeiführen würde, das jeder zu ver meiden wünsche. Ma» müsse erkennen, daß, solange der Kampf andauere, sich Zwischenfälle notwendigerweise er eignen müßten, die fremde Mächte berührten. Im englischen Unterhaus fand eine außenpolitische Aussprache statt, in der erstmals Neville Chamberlain als Ministerpräsident sprach. Chamberlain beschränkte sich auf einige Ausführungen über die Lage in Spanien. Er sagte u. a., die britische Regierung sei zwar genötigt gewesen, ihre Unzufriedenheit mit den Fehlschlägen des Nichtein mischungsplanes auszudrücken, es sei jedoch auch wahr, daß die Nichteinmischung fortgesetzt worden sei, und daß das Nichteinmischungsabkommen fortbestehe. Er hoffe, daß es nicht phantastisch sei, wenn man glaube, daß diese Politik bis zum Ende fortgesetzt werden könne. Die Lage sei ernst, aber nicht hoffnungslos. Aufmarschstraße zum Märzfclo auf dem Reichsparteitaggelände. Ein Bild von der drei- ten, zum Märzfeld aus dem Reichsparteitagge lände führenden Auf- marschstraße. die guer ' >rch den Dutzendteich "Ngelegt wird. Spanien-Debatte im Unterhaus Chamberlain anerkennt die deutsche Haltung Außenpolitischer Lagebericht Edens In der UnterhauAAssprache behandelte Außenmini^ ster Edeü die außenpolitische Lage und erklärte, im Fernen Osten machten sich endgültig ermutigend^ Zeichen einer Besserung der internationalen Lage be-< merkbar. Die englisch-japanischen Beziehungen hättcw früher in gewissen Kreisen die Sorge hervorgerufcn, dass eine englisch-japanische Verständigung auf Kosten Chinas bewerkstelligt werden würde: er könne versichern, daßj die britische Regierung nichts dieser Art beabsichtige. Es sei oft im Unterhaus gesagt worden, daß Eng land in Mitteleuropa und anderswo Frieden und gutes Einvernehmen wünsche. Wir erkennen an. daß ans Handels- und wirtschaftlichem Gebiet andere Völker ein größeres Interesse am Donau decken als wir haben. Es wird uns oft vorgeworfen, daß wir wieder a u ft rüsten: unsere Freunde in Europa können sicher sein, daß das richtig ist. Unsere Waffen werden niemals in einem Angriffskrieg gebraucht werden oder für Zwecke, die nicht mit der Völkerbundssatzung oder dem Kellogg pakt übereinstimmen. Sie können vielleicht, wenn sich die Notwendigkeit ergibt, zur Verteidigung Frankreichs oder Belgiens gegen einen unprovozierten Angriff in Uebereinstimmung mit unseren bestehenden Verpflichtun gen benutzt werden. Hierüber gibt es keinen Zweifel, noch würde Deutschland ausgeschlossen sein, wenn Deutschland in einen Vertrag dieser Art eingeschlossen wäre. Eden sieht nach wie vor den Völkerbund alS ein wertvolles Instrument für die Regelung internatio naler Streitigkeiten an. i Zur spanischen Frage erklärte Eden: Dis NickUeinmischnngsvereinbarung ist seil acht Monaten iw Kraft gewesen. Alle Völker Europas haben dieses Ab kommen unterzeichnet und nicht eines von ihnen hat eine Kündigung angeregt, nicht einmal ' > Sowjelregiez rung. Wir stehen zur Zeit in enger Bevu ung mit der französischen Regierung über die künftige politische Li nie. Es ist selbstverständlich von Wichtigkeit zu wissen, wie die Haltung der deutschen nnd italieni schen Negierung sein wird. Wir stellen Nachfrage!, an, und cs scheint, als ob die deutsche und die italieni sche Regierung an dem Svstem weiter teilneh men werden, mit Ausnahme der Flotten kontrolle. Es wird eine Sitzung des Richteinmi- schungsausschusses stattfinden, an der wir die Haltung dieser Mächte erfahren werden. Wenn sie bereit sind, noch in dieser späten Stnnde milzuarbeiten, dann werden wir noch eine Anstrengung mehr machen und sehen, ob diese Angelegenheit zum Erfolg gebracht werden kann Zum „Leipzig".Zwischenfall erklärte Eden, die bri-i tische Regierung bedauere eS, daß es nicht möglich ge wesen sei, ein Abkommen in dieser Frage zwischen dew vier Mächten zu erreichen. Es habe nicht an Versuche!, gefehlt, aber cs habe eine echte Meinungsverschiedenheit bestanden. Die Haltung Englands schließe keinen Zweifel an der Aufrichtigkeit der deutschen Offiziere der „Leipzig" ein. Es sei eine bedauerliche Tatsache, daß alS Ergebnis des „Leipzig" Zwischenfalles das am 12. Juni erzielte Werk gemeinsamer Konsultation zerstört worden sei. Un-! vermcidlichcrwcife sei die Lage infolgedessen schwieriges geworden als vorher. Uebcr daö Ergebnis der Verhand lungen mit den Franzosen könne er sich nicht vorher äußern, jedoch verfolge die britische Regierung das gleiche! Ziel wie bei Beginn des Streites, nämlich die Verhinde rung der Ausbreitung des Konfliktes. Es könne sein, daß trotz aller Anstrengungen die Nichteinmischungspolitik sich nicht aufrechterhalten lasse. Hieran wolle er aber nichr denken, bevor nicht der Mei nungsaustausch mit der französischen Regierung beendet sei und bevor die Möglichkeiten der Lage nicht genügend überprüft seien. Die britische Regierung werde die Nicht- einmischungspolitik nicht aufgeben, weil sie die Gefahren Für eilige Leser lciters Dr .^ellmulh sowie des Staatssekretärs Hofmann eine Besichtigungsfahrt in die Rhön. An der Fahrt beteiligten sich etwa 20U Teilnehmer des Mainsränkischen Gantages, Vertreter der Wirtschaft, der Industrie, der Wehrmacht usw. Die Hauptversammlung des dritten Reichskleinglirtner- Maes wurde durch den Leiter des Neichsbundes der Klein gärtner, Stadtrat Hans Kaiser-Berlin, in Chemnitz feierlich eröffnet. London verstarb der Admiral Sir William Fisher, der zu den bekanntesten englischen Marineoffizieren gehörte, bisher war zuletzt Kowmandant des Kriegshafens Ports- mouth.. In der Skagerrak-Schlacht war er Kommandant des englischen Schlachtschiffes „St. Vincent". Am Ausgang des Krieges leiwte er die U-Boot-Abwehr in der englischen Admi ralität. Von l932 bis 1935 war Fisher Kommandant der Mittelmccrslotte. -"er Führer und Reichskanzler hat aus Vorschlag des Preußischen Ministerpräsidenten cntjprcchcnd dem -lntrage des Reichs- nnd Preußischen Ministers des Inner» Dr.^ den bisher kommissarischen Negicrungspw»d^ m Koblenz zum Rcgicrungsprandcntcn dawlbst ernannt. Der Führer und Reichskanzler Hai den Vizepräsident der Reichskuluirkammer. Siaciissckretar Walther Funk beaus- iragl eine deutsche Kulturwoche aus der Pariser Weltausstellung vorrübereiten und zu leiten. Diese wird m der Zen vom 2. bis.12. September in Paris staltslnden. -r-as hervorragende Programm licgi bereits kest. Wie aus Moskau gemeldei wird, siud im weißrussischen Leit Sowjeirnßlands ans Befehl Stalins wieder mehrere Ver- Mstungen vorgenommcn worden Festgenommen wurden der Kommissar der Minsker Segelslugschule, Schuromski, der poli- Üsche Kommissar der Kavallerieschule, Niesttrow, der Ches des Stabes dieser Schule. Tscherenkiewitsch. und der Landwirt- ichafissachverständige Simkin. Mehr als zehn weißrussische Schriftsteller, von denen vier mit Namen aufgcführ, werden, werden öffentlich zu „Feinden des Voltes" gestempelt. Eine imtliche Bestätigung der Verhaftungen ist noch nicht erfolgt. Schatzkanzler Simon erklärte im englischen Unterhaus, er scabsichtige, den englischen Währungsausgleichssonds um 200 Millionen Pfund zu erhöhen. Die bisherige Höhe des Aus- zleichssouds stell, sich aus 350 Millionen Pfund. Gleichzeitig »rächte er einen entsprechenden Gesetzentwurf ein. Aus Simla wird gemeldet, daß die englischen Truppen im Kampf gegen die Anhänger des aufständischen Fakirs von Zpi am Mittwoch nicht weniger als neben Tote nnd 3s Ver letzte zu verzeichnen hatten. Die Verluste des Gegners sind »ich, bekannt, ne sollen aber sehr hoch sein. Troy aller Be- inühutitzen ist es den Engländern noch immer nicht gelungen, »es Fakirs von Ipi habhaft zu werden. Eine Schankwirtin ermordet. In Wiese bei Greisjenbcrg wurde die 57 Fahre alte Witwe Hedwig Timmler, die Be sitzerin des Gasthauses „Brauerei", im Schankraum ermordet ausgesunden. Das Gasthaus liegt an der Landstraße Grcif- senberg—Fricdebcrg, in der Nähe der Queis-Brücke. Soweit bisher sestgestelli werden konnte, ist die Frau Timmler er- vrosselt. Sie wohnte mit ihrem sechsjährigen Neffen zusam men. Die Ta« wurde erst cutdeckt, als der Junge sich durch Rufe, daß die Großmutter toi sei, bemerkbar machte. Alle Fenster und Türen des Hauses waren verschlossen. Frau Timmler war zuletzt in der Nacht zum Donnerstag gesehen worden. Grotzfeurr im Stubaital. In Neustift im Stubaital ver nichtete an« Freitag ein Großseuer zwei Bauernhöfe samt den Wirtschaftsgebäuden. Auch das Dach der Kirche wurde von den Flammen ergriffen. Der Sachschaden ist bedeutend. Ein Feuer- wehrmann trug bei den Löscharbeiten schwere Verletzungen davon. Bergführer tödlich verunglückt. Bei einer Führungstour durch die bekannte Wcstwand des Kleinen Watzmann ist der Berchtesgadener Bergführer HanS Moderegger durch Stein schlag tödlich verunglückt. Die Arlberger Bundcsstratze verschüttet. Die Arlberger Vundesstraße ist auf der Vorarlberger Seite durch einen ge waltigen Erdrutsch vollkommen verlegt worden. Aus dem Klostertal brachen große Erd- und Steinmallen nieder, welche vie Snaße aus einer langen Strecke bis 5 Meter hoch bedeck ten. Der Verkehr mit Kraftfahrzeugen ist eingestellt worden. Bisher liegen keine Nachrichten vor, daß durch den Erdrutsch Menschenleben gefährde« wurde«». Neue DeuilmooethaHung in Polen Wie die „Deutsche Rundschau in Polen* erfährt, wurde der bekannte Geschäftsführer und Redner der Deutschen Vereinigung, Dr Gero Frhr. von Gersdorff, am Freitag in seiner Bromberger Woh nung verhaftet und in das Gerichtsgefängnis Konitz ge bracht, wo seit vielen Wochen die in Kensau verhafteten 18 deutschen Jugendlichen und die beiden bejahrten Gutseigentümerinnen Wehr die den Jungen auf ihrem Gut Arbeit gegeben hatten, der Verhandlung und Frei lassung entaegensehen. Haftbefehl gegen »elenntadpsarrer Ungehorsam gegen staatliche Anordnungen. Um umlaufenden Gerüchten entgegenzutreten, wird amtlich folgendes bekanntgegeben: Der sog. Rat der altpreußtschcn Union hatte in einer Sitzung des Brüderratcs beschlossen, entgegen der Ver ordnung dcS Reichs- und Preußischen Ministers deS Innern vom l8. 2. 1937 die Pfarrer zur öffentlichen Be- lanntgabe voi« Kirchemmstrittcn aufzufordcrn. Auf Grund dieser Widersetzung gegen staatliche Anordnungen wurde gegen vier an der Beschlußfassung Beteiligte, näm- Nch gegen die Pfarrer Jacobi und Niesel, Assessor Dr. Ehlers und von Arnim-Vützlow, sämtlich aus Berlin, vom zuständigen Richter Haftbefehl erlassen. Gegen zwei weitere Berliner Geistliche, die am Sonn- tag, dein 20. Juni, auf Grund dieses Beschlusses nnd ent- gegen dem Verbot Kirchenaustritte bekanntgabcn, wurde ebenfalls Haftbefehl erlassen. Ein weiterer Geistlicher ent zog sich der Verhaftung durch die Flucht Chamberlain erklärte weiter, daß die Lage notwen digerweise zu Anklagen führe, daß nicht unparteiisch ver fahren werde und zu Gegenbeschuldigungcn und solch be- idaucrlichen Zwischenfällen wie dem „Deutschlands-Zwi schenfall. (Zuruf eines Labour-Abgeordneten: „Und die Beschießung von Almeria!") Chamberlain: „Gut, und die Beschießung von Almeria." Er wolle nicht den „Lcipzig"-Zwischcnfall behandeln. ; Die deutschen Offiziere des Schiffes seien davon überzeugt, daß es unbestreitbare Beweise dafür gebe, daß sie zum Gegenstand von Torpedo-Angriffen gemacht worden seien. Er schließe die Möglichkeit eines Fehlers nicht ans. Er wisse, daß im Laufe des Weltkrieges viele britische Marine offiziere geglaubt hätten, daß sie Torpedobahnen gesehen > hätten, wobei man später aber beweisen konnte, daß es sich nicht um Torpedos habe handeln können. Deswegen denke man nichts Schlechtes von den Offizieren. Sie seien voll ständig aufrichtig. Unter diesen Umständen scheint die Maßnahme, daß «nan die Schiffe nicht «««ehr länger den Gefahren solcher Zwischenfälle aussetzen will, vernünftig. Sie sollte daher nicht feindschaftlich kritisiert werden. Ich möchte sogar noch ein wenig weiter gehen. Wenn ich daran denke, welche Erfahrungen die deutsche Flotte hat machen müssen, wen» ich an den Verlust an Menschenleben und die Verstümme lung von Mannschaften auf der „Deutschland" denke sowie an die natürlichen Gefühle der Empörung und Ent rüstung, die durch solch einen Zwischenfall hervorgerufcn werden können, muß ich feststellcn, daß meiner Ansicht nach die deutsche Regierung, indem sie lediglich ihre Schiffe zurückgezogen und fcstgestellt hat, daß dieser Zwischenfall damit abgeschlossen sei, ein Matz von Mäßigung gezeigt hat, das wir alle anerkennen. Auf jeden Fall bedeute« das Verschwinden der deut schen und italienischen Schiffe aus der Flottenkontrolle, daß es keine weitere Gefahr von Zwischenfällen dieser Art mehr gibt. Chamberlain schloß mit einer Mahnung an die Abgeordneten, sich in der Debatte Mäßigung aufzner- ! legen: „Ich habe gelesen, daß es auf hohen Bergen mit- .unter einen Zustand gibt, bei dem eine unvorsichtige Be wegung oder auch nur ein plötzlicher lauter Ausruf eine Lawine Hervorrufen kann. Das ist genau der Zustand, in dem wir uns heute befinden. Ich glaube jedoch, daß, ob wohl der Schnee sich in einer gefährlichen Lage befindet, er sich noch nicht zu bewegen begonnen hat. Wenn wir alle Vorsicht, Geduld und Zurückhaltung üben, können wir viel- leicht noch in der Lage sein, den Frieden der Welt zu irejten." (Lebhafter Beifall.)