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1. Beilage zu Nr. 267 des DttAdNtv JllUNlllls Dienstag, 16. November 190S. Kunst und Wifienschast. Resiven-theater. Francis de LroifsetS „Das Glück der andern-.) Die Schauspielabonnenten be trachten jetzt mit vielem Vergnügen ein französische« Lust spiel, das im Grunde nicht anders geartet ist al« die meisten der französischen Lustspiele überhaupt; originell an ihm ist nur der Gedanke, den Helden des Stückes nicht ohne weitere- al- einen Mann zu schildern, der eS für eine KaoalierSaufgabe hält, neben feiner Gattin noch eine Geliebte zu besitzen. Die Gattin zwingt ihn viel mehr hierzu durch ihre Behauptung, daß er gar nicht das Zeug dazu habe, ihr untreu zu werden. Diese Idee ist mit gutem Humor von Hrn. de Croisset zu einem Lustspiel verarbeitet worden, und die Künstler de- ResidenMater-, vor allem Hr. Direktor Karl Witt al« Darsteller de- Schwerenöters wider Willen, vermitteln in belebtem Spiel da- heitere Werk. W. Dgs. Konzert. (Laura und Adrian Rappoldi.) Im dichtbesetzten Saale des Palmengarten- fand gestern der erste Abend der auf drei Aufführungen berechneten Beethovenschen Sonatenvorträge statt. Es war interessant und lehrreich, die berühmte Mutter und deren berühmten Sohn zu künstlerischem Tun auf dem Podium vereinigt zu sehen. Ältere Konzertbesucher wurden im Geiste wohl auch zu Vergleichen veranlaßt zwischen dem Spiele des verewigten unvergessenen Vater-, Professors und Hoskonzertmersters Eduard Rappoldi, und seinem hochbegabten künstlerischen Erben. Stellte jener eine kräftige Rhythmisierung und eine scharfe. Phrasierung im Spiele in den Vordergrund, so gab dieser einer mehr gesanglichen Behandlung der Aufgabe den Vorzug. Damit soll jedoch nicht gesagt sein, daß gelegentliche „energischere Anwandlungen" (Amoll-Sonate!) im Vortrag unwillkommen gewesen wären I Dann hätten sich auch Klavier und Violine — wie beispielsweise in den auf- steigenden Stakkato-Arpeggien de- Adagiosatzes oder in den kontrapunktischen Stimmenführungen der übrigen Sätze — in völligster Übereinstimmung befunden. Den Gipfelpunkt harmonisch - feinfühligen Zusammenspieles bildete das wundervolle „Adagio molto espressivo" aus der ^-ckur-Sonate ox». 30, I., die ihren Platz in der Mitte des genußreichen Abends hatte Als verheißungs- voller Anfang erschien die im Haydn-Mozartschen Stile frisch und fröhlich dahineilende v äur-Sonate aus opus 12. Den Konzertbesuchern wurden dankenswerterweise am Saaleingang ausführliche Einführungen zu dem Beethoven- zykluS verabreicht. Sie waren den Konzettgebern von der Firma Litolff in Braunschweig gewidmet worden, nach deren Phrasierungsausgaben die Violinsonaten gespielt wurden. Konzert. (Mischa Elman.) Als vor einigen Jahren fast gleichzeitig die beiden Wunderknaben Vesczy und El man erschienen, da tauchten allerhand Bedenken auf, ob sie wohl auch die Vorbedingungen einer günstigen Weiterentwickelung finden würden. Der Fälle konnte man genug namhaft machen, in denen Wunderkind- schäften ein recht klägliches Ende sahen. Jetzt seiert Vestzy in Berlin Triumphe, man spricht von ihm als von einem zweiten Joachim, der in ihm heranwüchst, und Elman schickt sich an, ins Dollarland zu reisen. Auf der Fahrt dahin, die ihn zunächst nach London führen wird, stattete er gestern auch unserer Stadt einen Besuch ab. Nur schade, daß der Besuch nicht annähernd so gut war, wie man erwartet hatte und wie er sicher gewesen wäre, wenn man gewußt hätte, wie der junge Virtuose jetzt spielt. Wir sprechen es offen aus, er stellte Kubelik in den Schatten. Vor allem ist er von einer noch intensiveren musikalischen Begabung. So zusagen bis in die Fingerspitzen musikalisch, atmet sein Spiel förmlich Musik, in der haarscharfen Rhythmik seines Vortrags, in dem unvergleichlichen Nüancen- reichtum des schlanken, reinen und blühend schönen Tone-, den er seinem herrlichen Instrument ent lockt u. a. m., und waS die souveräne Beherrschung deS rein Technischen anlangt, so hat er keine Konkurrenz zu scheuen. Um nur etwas herauszugreifen, so ist die Ausbildung seines rechten Armes erstaunlich, sein Triller verblüffend. Es bleiben also nur noch die geistigen und seelischen Werte seines Spieles zu erwähnen, da er nun einmal in der allerersten Reihe der Vertreter seines In struments rangiert. Wir glauben, daß man auch hier von dem noch sehr jungen Künstler — er dürste höchstens im Anfang der 20er Jahre stehen — eine schöne Ent wickelung erwarten darf, vorausgesetzt, daß ihn nicht seine Birtuosenerfolge allzusehr berauschen. Manches brütete auf günstige Zeichen hin. So spielte er Bach (Andante) bereits Bachscher als Kubelik, und das virtuose Element gewann hier und bei Händel (L-ckur-Sonate) nur in den Allegrosätzen die Oberhand. Im ganzen ist er gewiß vorläufig noch in erster Linie Virtuose, doch dürste bei seiner wetteren Entwickelung seine eminente musikalische Begabung auf seine Jnterpretationskunst be stimmend einwirken. Diesmal stellten Höhepunkte seiner Leistungen u. a. dar: die temperament- und dabei ge schmackvolle Wiedergabe der „spanischen Symphonie" von Lalo und der überaus subtile und lonschöne Vortrag kleiner Stücke, so Gluck-Wilhelmjs Melodie (a.„Orpheus") und einiger Nummern aus Burmesters hübscher Samm lung entstammend, darunter einer niedlich-zopfigen Gavotte von dem als Opernkomponist einst gefeierten französischen Meister Gossec, die Stürme von Beifall erweckte. Am Klavier begleitet wurde der Konzertgeber ausgezeichnet von Hrn. Percy Kahn, der sich als ein feinfühliger Musiker und trefflicher Pianist seiner nichts weniger als leichten Aufgaben entledigte. O. S. Wissenschaft. Die Nobelpreise sollen, wie jetzt gemeldet wird, in Stockholm in etwa vier Wochen zur Verteilung gelangen. Es wurde schon berichtet, daß der Preis für Literatur Selma Lagerlöf, der fchwedi- schen Schriftstellerin, zufallen wird. Kandidaten für die Preise für Physik und Lhemie sind Edison und Swedberg, Dozent der Universität Upsala, für Medi zin außer dem schon genannten Prof. Kocher-Bern Roux, Lhef des Pasteurinstituts in Pari«, und die schwedischen Professoren Hammerstedt und Wellander. — Einen weiteren bedeutungsvollen Schritt auf dem Girier? der Fernphotographre hat der in dem Bor- ort Friedrichshagen bei Berlin lebende Physiker Ernst Ruhm er gemacht, der übrigens durch seine Arbeiten über Ferntelegraphie und -telephonie einen Namen von gutem Klang hat. Ruhmer ist es gelungen, die von dem Münchner Prof. Korn erfundene Fernphotographie dadurch zu erweitern, daß er eine kompensierte Selen zelle konstruiert hat, die auf jede, auch auf die aller- feinste Belichtungsveränderung reagiert, so daß die Über tragung deS Bildes jetzt ungleich rascher vor sich gehen kann. Während die frühere Übertragung eines Bildes von 9 zu 12 om Größe etwa 12 Minuten beanspruchte, soll bei der neuen Erfindung nur der Bruchteil einer Sekunde dazu nötig sein. Das bedeutet die Lösung des Problems des Fernsehens. Die Ausführung deS für die Brüsseler Ausstellung bestimmten Apparats erfordert für die Herstellung größerer Naturaufnahmen 6 Mill. FrcS. — Ein avgeblich neues Mineral ist jetzt in ziemlich großer Menge durch den irischen Geologen Wilkinson in dem Basalt der irischen Provinz Antrim gefunden und der Geologischen Landesanstalt von Irland zur ge naueren Untersuchung überwiesen worden. Die dortigen Sachverständigen fanden daran so viele besondere Eigen schaften, daß sie es für eine neue Entdeckung erklärten, obgleich eine vollständige Prüfung noch nicht abgeschlossen ist. Nach der vorläufigen in der „Nature" gelieferten Beschreibung gleicht eS am meisten dem sogenannten Kobaltit, einem durch seinen Gehalt an dem Metall Kobalt ausgezeichneten und danach benannten Mineral. Der Glanz ist metallisch, die Härte ziemlich groß. Es bricht mit einer Fläche, die unter dem Mikroskop eine zart muschelähnliche Beschaffenheit zeigt. Nach Ätzung mit einer Säure tritt ein kristallinischer Aufbau des Metalls zutage: es ist schwer schmelzbar, widersteht jedoch einer Sauerstoff-Wasserstofflamme nicht, Arsen, wie der Kobalt glanz, scheint es nicht zu enthalten, nach der vorläufigen chemischen Untersuchung auch kein Kobalt, sondern im wesentlichen nur Eisen, Kieselsäure und, was besonders merkwürdig ist, Kohlenstoff. Wenn das Mineral zu Pulver zerstoßen oder auch nur an der Oberfläche geritzt wird, strömt cs einen sonderbaren Geruch, ähnlich dem des Azetylen, aus. Fluorwasserstoffsäure löst es auf, andere Säuren machen nur wenig Eindruck auf den Körper. Ein Name ist dem neuen Mineral visher noch nicht gegeben worden. Literatur. Pfarrer Wanholl in Wilkau hat ein Drama „Der Sohn des Pastors" verfaßt, das der Evangelische Arbeiterverein in Zwickau am 12. d. M. zur Aufführung gebracht hat. Es ist recht bühnenwirksam. — Der Witwe Ernst v. Wildenbruchs sandte die Generalversammlung der Deutschen Schiller- stiftung aus dem Schillerhause in Weimar die folgende Dankadresse: Deutsche Schillerstistung (Weimar, d. 10. Nov. 1909. Vorort Weimar. hochverehrte Frau! Aufs neue hat uns Ihr verewigter Herr Gemahl, dem die Deutsche Schillerstiftung schon bei seinen Lebzeiten für seine rege und tatkräftige Teilnahme an ihrer zugleich Humanitären wie nationalen Ausgabe zum größten Danke verpflichtet war, in seinem Testamente ein Zeugnis seiner hochherzigen und edlen Gesinnung vor die Augen gestellt. Indem er die Schllerstiftung zur dereinstigen Erbin seines Vermögens einsetzte, hat er noch über die Grenze hinaus, die seinen irdischen Tagen gezogen war, der vielen Notleidenden gedacht, deren ideales Streben nicht durch die Sicherstellung ihrer materiellen Lebenslage belohnt wird. Ernst v. Wildenbruch, dessen letztes dichterisches Werk gerade in diesen Tagen das deutsche Volk die Kraft seine» schöpferischen Geistes in einem hinreißende» und ergreifenden Nachllang noch- mals inne werden ließ, hat un» durch seine testamentarische Ber- fügung einen neuen Einblick in sein reiches, mitfühlendes Herz und seine vornehme Gesinnung eröffnet. Und indem er die Er füllung seines letzten Willens Ihrer Hand anverlraute, hoch geehrte Frau, hat er einen Strahl des Glückes, das ihm in der Verbindung mit dergleichgesinnten, edlen Lebensgefährtin erblüht war, auch auf die Nachwelt fallen lassen. Wenn wir heute, hochgeehrt« Frau, am 1K0. Geburtstage Friedrich Schillers, Ihnen den Dank der Schillerstiftung für die gütige Mitteilung der letztwill,gen Verfügung Ihres verstorbenen Gemahls, unseres einstigen Ehrenmitgliedes, übermitteln, so bringen wir damit zugleich den Dank zum Ausdruck, den da» deutsche Volk seinem begeisterten Dichter wie seinem hochherzigen Wohltäter Ernst von Wildenbruch für immer schuldet. In treuer Ergebenheit die Generalversammlung der Deutschen Schillerstiftung — Der Verband deutscher Bühnenschriftsteller hat, wie man aus Kopenhagen meldet, mit der dänischen Bereinigung der dramatischen Autoren ein Kartell zur gegenseitigen Vertretung der Inter essen ihrer Mitglieder in den beiden Ländern geschlossen. Bildende Knnft. Aus Berlin wird berichtet: Die Versteigerung der Sammlung Lanna-Prag bei Lepke nahm gestern nach einem Ruhetag ihren Fortgang. Das Wiener Porzellan war an der Reihe. Ein Räucher gefäß brachte als erster Gegenstand 155 M. Eine Tasse mit Miniaturmalerei (ZeuS und Ganymed), die wie die Kopie einer den gleichen Stoff behandelnden Radierung Joh. August Nahls des Jüngeren erscheint, kostete 265 M. Eine andere Tasse mit purpurviolettem Fond und einem Kranz auS Rosen, Päonien und zierlichen Reliefbordüren ging für 230 M., eine dritte mit einer Miniatur — ein junge« Mädchen mit gefangenen Liebesgöttern unter einem Baum — für 720 M. sott. Die Tassen und Service beherrschten überhaupt da« Feld und fanden Preise, die verhältnismäßig recht hoch zu nennen sind. Ein Kaffeeservice (1835), dessen einzelne Stücke präch- tige Landschafttdilder und figürlichen Schmuck ent- halten, ging um 350 M. weg. Eine Tasse mit Untertasse mit dem Panorama Wiens (Anfang 19. Jahrhundert) um 370 M. DaS Prager Museum erwarb diese Arbeit. Für ein dreiteilige« Frühstücksservice zahlte Attaria 2000 M., für eine Tasse mit Untertasse (Stil Börain) ein anderer Wiener Ländler 1275 M, für eine Schokoladenlasse wur den 3050 M. und für eine Spülkanne mit gemaltem Fries 3950 M. erlöst. Zwei Maßkrüge brachten je 1100 M., zwei Suppenterrinen 1020 M. Ein Fäßchen mit einem Pagodenuntersatz kam auf 4500 M. und ein Weihwasser- decken auf 2100 M Der höchste Preis de- Tage«, 5l00 M., wurde für einen Humpen in Form eines Tönnchens, dessen Henkel die Figur eines Böttchers bildet, gezahlt. Hr. Artaria gab noch für einen Deckelbecher 4050 M., ein anderer Händler 520 M. für eine Gruppe von drei Liebe-paaren. — Aus Breslau wird berichtet: In den Räumen am Tauentzienplatz 3, in denen vor zwei Jahren der Kunstsalon Franz Hancke ein vielversprechendes, durch den beklagenswerten frühen Tod seines umsichtigen Leiters leider bald wieder erloschenes Leben entfaltete, hat dieser Tage die Galerie Ernst Arnold unter lebhafter Be teiligung von Dresdner Kunstfreunden eine Filiale eröffnet. Die Vorbesichtigung hinterließ Bre-lau den denkbar besten Eindruck. Man sieht eine kleine, aber sehr gewählte Sammlung von älteren und neueren deutschen Werken zu einem gut arrangierten Ensemble vereint. Vertreten sind von Dresdner Künstlern: G. Kuehl, Hermann Prell, Graf v. Reichenbach und Franz Hegenbarth; außerdem A. Böcklins, Franz v. Lenbachs, Walter, Leistikows, L. v. Hofmann u. a. m. — In Venedig findet im nächsten Frühjahre eine Ausstellung der kleineren venetianischen Meister des 18. Jahrhunderts statt. —' Einen neuen Verlust hat der englische Gemäldebesitz zu verzeichnen. Frans Hals' große Familiengruppe, ein hochbedeutendes Werk des Haar lemer Meisters, wurde von seinem Besitzer Colonel Warde für 1100000 M. verkauft. Nach dem „Cicerone" (Verlag von Klinkhardt u Biermann in Leipzig) soll das Werk, eines der wichtigsten Bilder aus englischem Privat besitz, auf den Kontinent gelangt sein. s In einer Nervenheilanstalt bei Karlsruhe starb Ludwig Schmid - Reutte, der treffliche Maler und Lehrer an der Karlsruher Akademie der bildenden Künste sowie an der dortigen Malerinnenschule. Der Künstler wurde in Lech-Aschau bei Reutte am Lech geboren. Hier war der Vater ein kleiner Gebirgsbauer und Maurer. Wie Defregger hütete der junge Ludwig in der Jugend die Kühe Dann erkannte man das schlummernde Talent, er kam nach München und wurde Schüler von Defregger und Löfftz. Doch von der Mal- und Auffassungsweise seiner Lehrer rang er sich bald zu einer vollkommen eigenen Kunst durch. Er malte Porträts und Land schaften, dann wieder große Figurenbilder wie seine „Ringer", „Die ruhenden Flüchtlinge", „Die Arbeit". Und daneben entwickelte er schon früh eine erfolgreiche Tätigkeit als Lehrer. Seine Werkstatt wurde die ge suchteste bei den jungen Münchner Künstlern, und als ihn Hans Thoma vor etwa zehn Jahren an die Karls- ruher Akademie berief, da zogen seine Schüler mit in die badische Hauptstadt. Mit seinen Werken trat Schmid- Reutte zuerst geschlossen in der Münchner Sezession her vor, dann 1908 in der Großen Berliner Kunstausstellung. Die strenge Eigenart des Meisters fand hier die stärkste Bewunderung. Musik. „Die Dorfkomtesse", Operette in drei Akten, Text von Pordes-Milo und Erich Urban, Musik von R. Danziger, erzielte bei ihrer Urauffüh- rung im Neuen Operetten-Theater in Stockholm einen großen Erfolg. Das Werk erscheint im Verlage von Adolph Fürstner in Berlin und wurde bereits von Direktor Palfi sür das Neue Operetten Theater in Berlin zur Aufsührung angenommen. — Bon der Neuen Bach-Gesellschaft wird be richtet: Am 16. Oktober fand in Leipzig eine Sitzung des Direktoriums und der Ausschüsse der Neuen Bach-Gesellscbaft statt. Es wurde beschlossen, das fünfte Deutsche Bachfest in der Zeit vom 4. bis 7. Juni 1910 unter Leitung des Königl. Musikdirektors Hrn. Walther Josephson m Duisburg abzuhalten, über das Programm werden demnächst weitere Mitteilungen er folgen. — Aus Dortmund wird berichtet: Bei der Welt ausstellung in Buenos Aires im Jahre 19l0 aus Anlaß des hundertjährigen Bestehens der Republik Argentinien soll dort „Der Ring des Nibelungen" in deutscher Sprache und unter Leitung des hiesigen Stadttheater-Direktors Hrn. Hofmann aufgeführt werden. Theater. Der ausgezeichnete Wiener Komiker Franz Tewele ist nach einer langen Bühnenlaufbahn aus dem Wiener Deutschen Bollstheater ausgeschieden und hat sich in den Ruhestand zurückgezogen. — Wie das „Heidelberger Tageblatt" berichtet, ist dem „Landschaftstheater" (einem Privatunternehmen) die ministerielle Genehmigung erteilt worden, im Sommer nächsten Jahres die geplanten Festspiele (mit Natur- bühne) im Heidelberger Schloßhofe zu veranstalten. Vortragsabend. Einen Genuß eigener Art bot gestern der von der Tittmannschen Buchhandlung ver anstaltete literarische Abend. Hermann Bahr sprach über die verflossenen 25 Jahre deutscher Literatur. Wer in „Woher und Wohin" Anregung suchte, der fand sie hier überreich. Es kann nicht Aufgabe de- Bericht erstatters sein, eine genaue Analyse dessen, was Bahr sagte, zu geben. Vieles in seinen Worten war sprunghaft; eS entsprang mehr intuitivem Schauen als gedanklichen Gründen. Nicht strenge, logische Zusammenhänge wurden vor Augen geführt; nein, reflexartig fielen Strahlen auf gewisse Zeiten der modernen Literaturbewegung. Immer von neuem betonte Bahr den Zusammenklang der neuen Dichtergeneration mit dem Leben; immer auf« neue den Kampf -wischen dem inneren und dem äußeren Menschen. Wahrheit war höchstes Streben. Nie habe ich in diesem Zusammenhänge den Naturalismus tiefer begründet ge sunden als von Bahr. Dem Woher, dem gegen die Enge der alten Weltanschauung Ankämpfenden gesellte sich da- Wohin. Für die neue Literatur der Zukunst ist der Weg vorbereitet durch eben die herrschende Generation. Die Technik de- Kunstwerkes ist zu ungeahnter Höhe ge diehen: sie mit allgemein Menschlichem zu erfüllen, w,rd Aufgabe deS Dichter» der Zukunft sein. Tiefe Worte fielen über Künstlertum und Publikum in ihren Wechsel beziehungen, über Weltanschauung und Religion. Zugleich zeigte sich Vahr- warme Goetheverehrung. Wem es nicht auf ltteraturgeschichtliche Kenntnisse, sondern auf