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Im Schaffen Robert Schumanns ge bührt den sinfonischen Werken ein Platz, der auch musikgeschichtlich von hervorragender Bedeutung ist. Sinfonie und Ouvertüre gaben ihm neben seinen großen Klavierkom positionen, den musikdramatischen und oratorischen Werken vor allem Gelegenheit, sich großen Gegenstän den zuzuwenden. Schumann hat insgesamt sieben Ou vertüren für Orchester geschrieben. Drei von ihnen - „Genoveva" - (op. 81), „Manfred" - (op. 115) und „Faust"-Ouvertüre - sind Vorspiele zu dramatischen Werken. Die Ouvertü ren zu Schillers „Braut von Messina" (op. 100), zu Shakespeares Julius Cäsar" (op. 128) und zu Goethes „Hermann und Dorothea" entstanden eigentlich als Einleitungen zu Opern, die jedoch nie ausgeführt wurden. Angeregt durch den Text, komponier te Schumann die Ouvertüren, in de nen sich jeweils der Ideengehalt der literarischen Vorlagen komprimiert. Wie sehr die „mit großer Lust in we nigen Stunden" vom 19. - 23. De zember 1851 in Düsseldorf kompo nierte Ouvertüre zu Goethes „Her mann und Dorothea" op. 136-ein zu Unrecht fast vergessenes, zumin dest jedoch vernachlässigtes Spät werk des Komponisten - im Hinblick auf eine spezielle Theatersituation konzipiert wurde, geht aus einer Partituranmerkung hervor: „Zur Erklä rung der in die Ouvertüre eingefloch tenen Marseillaise möge bemerkt werden, daß sie zur Eröffnung eines dem Goetheschen Gedichte nachge bildeten Singspiels bestimmt war, dessen erste Szene den Abzug von Soldaten der französischen Republik darstellte." Goethes Epos als eine Darstellung des klassischen morali schen Bürgerideals hat Schumann sicher nicht nur aus dichterischen Gründen, sondern vor allem als ein im weitesten Sinne zu verstehendes Selbstbekenntnis ausgesprochen, das er mit seiner eigenen Haltung bekräf tigen konnte. Zu „Hermann und Do rothea" zitiert er wie schon früher in einigen Werken die Marseillaise, hier als Symbolisierung der Französi schen Revolution, vor deren Hinter grund die Handlung spielt. Ihr vor- wärtsstürmender Geschwindmarsch rhythmus und ihre mitreißende Me lodie werden zur Grundidee der Ouvertüre, die in übersichtlicher Son atenform geschrieben ist und mit ei nem Pianissimo-Schluß endet. Robert Schumann (1850) Spieldauer: ca. 10 Minuten