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Spieldauer: ca. 30 Minuten Ludwig van Beethovens Klavier konzert Nr. 2 B-Dur op. 19, zarter und sparsamer instrumentiert als das erste und nach eigener Aussage des Komponisten noch vor diesem kom poniert, erklang zum ersten Male wahrscheinlich in einer der Wiener Akademien des Meisters im Jahre 1795. Drei Jahre später überarbei tete er das Werk - wie auch das er ste Konzert- und spielte beide Schöp fungen 1798 in Prag. Der offensicht lich zunächst mehr improvisierte So lopart des B-Dur-Konzertes wurde erst für die Drucklegung 1801 endgültig fixiert. Der Charakter des Werkes ist lyrischer, gedämpfter als der des er sten Konzertes. Doch tritt im Gesamt verlauf neben die Sensibilität auch die Vitalität des Ausdrucks. Chroma tische Wendungen in den ersten bei den Sätzen erinnern an Mozart. Das B-Dur-Hauptthema, mit dem die ausgedehnte Orchestereinleitung des ersten Satzes (Allegro con brio) beginnt, wird aus einer energisch markanten und einer gegensätzli chen gesangvoll-melodischen Mo tivgruppe gebildet. Der lyrischen Ent wicklung des Satzes, die dabei auf kraftvolle, virtuos-figurative Partien nicht verzichtet, dient auch das can- table zweite Thema in Des-Dur. Im zweiten, reich figurierten Satz, träumerisch-poetische Adagio-Va riationen, stellen zunächst die Strei cher das etwas zerklüftete Haupt thema vor, das dann vom Solisten übernommen und abgewandelt wird. Das Orchester greift gegen Schluß die Grundgestalt des The mas nochmals auf. Keck-kapriziös, den zweiten Taktteil betonend, ist das Hauptthema des Rondo-Finales (Molto allegro). Es ahmt den Kuckucksruf nach und ist mit seiner Synkopierung das trei bende Element des abwechselnd melodisch und brillant konzertie renden Schlußsatzes, der an folgen de Worte Beethovens über den Schaffensprozeß erinnert: „Woher ich meine Ideen nehme? Das ver mag ich mit Zuverlässigkeit nicht zu sagen; sie kommen ungerufen, mit telbar, unmittelbar, ich könnte sie mit Händen greifen, in der freien Natur, im Walde, auf Spaziergän gen, in der Stille der Nacht, am frü hen Morgen, angeregt durch Stim mungen, die sich bei dem Dichter in Worte, bei mir in Töne umsetzen, klingen, brausen, stürmen, bis sie endlich in Noten vor mir stehen." Mit dem Jahre 1 835 begann Felix Mendelssohn Bartholdys dritte und reifste Schaffensperiode, an deren Beginn und Ende jeweils ein bedeutendes Oratorium steht: „Pau lus" und „Elias". Neben dem groß artigen Streichquartett op. 80 ge hört dieser Epoche auch die 1 842 vollendete Sinfonie Nr. 3 a-Moll op. 56, die Schottische Sinfonie, an. Jene Schaffenszeit Mendels sohns war von inneren Krisen und Konflikten begleitet, die zu einer Vertiefung seiner Kunst führten. Die systematische Beschäftigung mit der Musik der Vorklassik löste eine stren gere Handhabung der Polyphonie,